IT- und Medienrecht

Auskunft nach dem Verbraucherinformationsgesetz; Antrag über Internetplattform

Aktenzeichen  3 EO 280/20

Datum:
2.11.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Thüringer Oberverwaltungsgericht 3. Senat
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:OVGTH:2021:1102.3EO280.20.00
Normen:
§ 40 Abs 1a LFGB
§ 2 Abs 1 S 1 VIG
§ 2 Abs 4 VIG
§ 3 S 1 Nr 2c VIG
§ 3 S 5 Nr 1 VIG
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Spruchkörper:
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Leitsatz

1. Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den jedermann zustehenden Informationsanspruch nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG (im Anschluss an: BVerwG, Urteil vom 29. August 2019 – 7 C 29/17 – BVerwGE 166, 233-251, Rn. 41 53).(Rn.19)

2. Der Einwand des Unternehmers, der die Information nach dem VIG begehrende Antragsteller agiere lediglich im Rahmen einer politischen Kampagne für „foodwatch“ und es sei mit einer Veröffentlichung der ihm übermittelten Informationen auf der Internet-Plattform „Topf Secret“ zu rechnen, führt nicht auf eine Unzulässigkeit der Antragstellung wegen Rechtsmissbrauchs nach § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG.(Rn.38)

3. Für die Feststellung nicht zulässiger Abweichungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG ist ausreichend, aber auch erforderlich, dass die zuständige Behörde die Abweichung unter Würdigung des Sachverhalts und der einschlägigen Rechtsvorschriften abschließend aktenkundig festgestellt hat (im Anschluss an: BVerwG, Urteil vom 29. August 2019 – 7 C 29/17 – BVerwGE 166, 233-251 Rn. 32).(Rn.49)

4. Der Informationsanspruch nach § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG ist gegenüber der Regelung des § 40 Abs. 1a LFGB nicht subsidiär.(Rn.55)

5. Mit § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG hat sich der Gesetzgeber entschieden, dem Informationsinteresse der Verbraucher generell einen höheren Stellenwert einzuräumen als dem Interesse des betroffenen Betriebs an der Geheimhaltung von Informationen über lebensmittelrechtliche Beanstandungen (im Anschluss an: BVerwG, Urteil vom 29. August 2019 – 7 C 29/17 – BVerwGE 166, 233-251 Rn. 13).(Rn.61)

Verfahrensgang

vorgehend VG Weimar, 2. April 2020, 8 E 648/19 We, Beschluss

Tenor

Die Beschwerde des Antragsstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar vom 2. April 2020 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Streitwert wird unter gleichzeitiger Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für beide Rechtszüge auf jeweils 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Beschwerdeverfahren weiterhin gegen die Erteilung von Informationen über durchgeführte Betriebsprüfungen an den Beigeladenen nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG).
Mit E-Mail vom 28. Januar 2019 wandte sich der Beigeladene an den Antragsgegner und beantragte die Herausgabe von Informationen über die beiden letzten lebensmittelrechtlichen Betriebsprüfungen und die dabei festgestellten Beanstandungen im Betrieb des Antragstellers, der Bäckerei „…“ in … . Ferner beantragte er die Herausgabe der entsprechenden Kontrollberichte. Der Antragsgegner informierte den Antragsteller in der Folge über diesen Antrag und seine Absicht, diesem Antrag stattzugeben. Dem widersprach der Antragsteller insbesondere im Hinblick auf datenschutzrechtliche Bedenken.
Mit Bescheid vom 9. April 2019 entsprach der Antragsgegner dem Antrag des Beigeladenen und teilte mit, dass – zum einen – die Auskunft darüber, ob es bei den beiden lebensmittelrechtlichen Betriebsprüfungen am 21. Februar 2018 und am 24. September 2018 Beanstandungen gab, und gegebenenfalls – zum anderen – die Übermittlung von Kontrollberichten in Form von Ausdrucken aus dem EDV-System zur behördlichen Überwachung im Veterinär- und Lebensmittelbereich 14 Tage nach Bekanntgabe des Bescheides postalisch erfolge, wenn nicht das Lebensmittelunternehmen innerhalb von 14 Tagen nach Bekanntgabe dieses Bescheides gerichtlich gegen die Entscheidung vorgehe. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Voraussetzungen für den Zugang zu Informationen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG vorlägen und kein Ausschluss- und Beschränkungsgrund nach diesem Gesetz gegeben wäre. Der Bescheid wurde mit Schreiben vom 9. April 2019 dem Antragsteller am 10. April 2019 zugestellt.
Der Antragsteller legte dagegen am 17. April 2019 Widerspruch ein und hat am gleichen Tag beim Verwaltungsgericht Weimar einen Antrag nach §§ 80, 80a VwGO gestellt.
Das Verwaltungsgericht Weimar hat mit Beschluss vom 2. April 2020 den Antrag abgelehnt. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Drittwiderspruchs gegen den zugunsten des Informationsbegehrens des Beigeladenen ergangenen und von Gesetzes wegen sofort vollziehbaren Bescheid anzuordnen, sei zwar zulässig, jedoch unbegründet. Die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erforderliche Abwägung gehe zu Lasten des Aussetzungsinteresses des Antragsstellers. Sein Widerspruch habe keinen Erfolg; der angegriffene Bescheid sei rechtmäßig. Der Antragsteller habe schon nicht vorgetragen, dass die Bekanntgabe der zwei Kontrollberichte bei ihm zu schlechthin unzumutbaren Nachteilen führe. Allein eine eventuelle Verschlechterung der Stellung im Marktgeschehen stelle keinen solchen Nachteil dar. Der vom Gesetzgeber gewollte Sofortvollzug trete nicht gegenüber dem geltend gemachten Interesse zurück. Der formell rechtmäßig ergangene Bescheid sei auch materiell rechtmäßig. Die vom Beigeladenen begehrten Informationen seien solche im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c VIG. Es sei nicht erforderlich, dass der Antragsgegner die Mängel durch Verwaltungsakt festgestellt habe. Es reiche aus, dass Abweichungen unter Würdigung des Sachverhalts und der einschlägigen Rechtsvorschriften aktenkundig dokumentiert worden seien. Mit der Eingabe der Mängel in das elektronische Datenverarbeitungssystem zur behördlichen Überwachung im Veterinär- und Lebensmittelbereich nehme der zuständige Sachbearbeiter des Antragsgegners die rechtliche Wertung eines Verstoßes gegen EU-rechtliche Vorschriften vor. Unerheblich sei, ob die festgestellten Abweichungen im Zeitpunkt der Geltendmachung des Informationsanspruchs noch bestünden oder ob sie mittlerweile beseitigt worden seien. Dem Informationsanspruch des Beigeladenen stünden auch keine Ausschlussgründe entgegen. Der Antrag sei nicht missbräuchlich im Sinne von § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG. Diese Vorschrift vermittle dem betroffenen Unternehmen kein subjektives Abwehrrecht. Die Unterrichtung sei auch nicht aufgrund des § 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c VIG ausgeschlossen, da diese Regelung im vorliegenden Fall nach § 3 Satz 5 Nr. 1 VIG nicht zur Anwendung komme. Ebenso wenig greife der Ausschlussgrund des § 2 Abs. 4 VIG. Der Informationsanspruch nach dem Verbraucherinformationsgesetz werde nicht durch die Bestimmung des § 40 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) verdrängt, der eine grundsätzlich andere Art amtlicher Informationen regele. Insoweit sei hier auch nicht die einschränkende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu dieser Vorschrift anzuwenden. Es sei auch unerheblich, ob der Beigeladene beabsichtige, die erlangten Informationen im Internet zu veröffentlichen. Auf die Weiterverwendungsabsicht des jeweiligen Antragstellers, der einen voraussetzungslosen und nicht von einem wie auch immer geartetem besonderem Interesse abhängigen Anspruch geltend mache, komme es nicht an. Auch die vom Antragsgegner beabsichtigte Form der Herausgabe der Informationen als Fotokopie der Kontrollberichte sei rechtlich zulässig. Es sei letztlich auch kein Verstoß gegen höherrangiges Recht ersichtlich. Weder werde Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) oder Art. 14 GG verletzt, noch sei erkennbar, dass gegen EU-Recht verstoßen werde.
Gegen diesen ihm am 6. April 2020 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 20. April 2020 beim Verwaltungsgericht Beschwerde eingelegt und diese gegenüber dem Thüringer Oberverwaltungsgericht mit am 6. Mai 2020 zugegangenem Schreiben begründet.
Im Wesentlichen trägt der Antragsteller vor, dass das Verwaltungsgericht grundlegend und unzureichend berücksichtigt habe, dass der Beigeladene seine Anfrage über das Internetportal „fragdenstaat.de“ an den Antragsgegner gerichtet habe, was befürchten ließe, dass die angeforderten Informationen im Falle ihrer Weitergabe auf der Internetplattform „Topf Secret“ veröffentlicht werden. Dies führe zu einer Verschlechterung seiner Stellung im Marktgeschehen. Dieser Umstand sei bei der notwendigen Interessenabwägung zu berücksichtigen, was auch zur Stattgabe vergleichbarer Anträge bei anderen Verwaltungsgerichten geführt habe. Der Bescheid sei rechtswidrig, da die verfahrensgegenständlichen Kontrollprotokolle keine Mängel im Sinne des Gesetzes verzeichneten. Die Ausdrucke aus dem Datenverarbeitungssystem, die der Antragsgegner zur Offenbarung der beantragten Informationen überstellen möchte, enthielten lediglich Feststellungen beschreibender Natur, die bei der Kontrolle in den Betriebsräumen gemacht worden seien, ohne dass die einzelnen Feststellungen in einem zweiten Schritt den gesetzlichen Vorgaben zugeordnet und juristisch bewertet worden seien. Zwar bedürfe es nicht der Feststellung durch einen Verwaltungsakt, wohl aber einer aktenkundigen rechtlichen Subsumtion. Es sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht unerheblich, ob die festgestellten Abweichungen im Zeitpunkt der Geltendmachung des Informationsanspruchs noch bestünden oder ob sie mittlerweile beseitigt worden seien. Es sei insoweit dem Antrag des Beigeladenen auch entgegenzuhalten, dass dieser keine zeitliche Einschränkung für das Informationsbegehren benenne. Der Antrag des Beigeladenen sei ferner rechtsmissbräuchlich. Da der Antrag auf Informationsweitergabe aufgrund der Art und Weise der Antragstellung offenkundig darauf abziele, eine rechtswidrige Veröffentlichung im Internet mit einer für das jeweilige Lebensmittelunternehmen nachteiligen Prangerwirkung herbeizuführen, liege eine Rechtsmissbräuchlichkeit im Sinne des Gesetzes vor. Der Beigeladene verfolge mit seinem Auskunftsersuchen offensichtlich ein verborgenes Ziel, welches rechtswidrigen Zwecken diene und den Informationsanspruch sinnwidrig instrumentalisiere. Mit der Veröffentlichung sei allein beabsichtigt, ein anderes vom Gesetzgeber nicht gewolltes Transparenzsystem zu schaffen. Der vom Beigeladenen geltend gemachte Anspruch sei auch subsidiär gegenüber § 40 LFBG. Bei Annahme einer Veröffentlichungsoption behördlicher Informationen durch Private würden die strengen rechtlichen Anforderungen an eine aktive staatliche Informationspolitik in diesem Bereich umgangen. Eine Veröffentlichung behördlicher Informationen über das Internet durch die Verbraucher sehe das Verbraucherinformationsgesetz nicht vor. Vielmehr seien auf der Grundlage des Gesetzes erlangte behördliche Informationen ausschließlich für den jeweiligen Antragstellenden bestimmt und dürften nicht über das Internet veröffentlicht werden. Auch die beabsichtigte Art der Informationserteilung durch Zurverfügungstellung der Kontrollberichte als Fotokopie sei rechtlich unzulässig. Die Veröffentlichung eines behördlichen Schreibens erwecke beim Leser den fehlerhaften Eindruck einer amtlichen Bekanntmachung. Der Antragsgegner könne den Beigeladenen auch mündlich informieren. Der Antrag des Beigeladenen sei auch zu beanstanden, da er keinen unmittelbaren Produktbezug erkennen ließe. Insgesamt verkenne das Verwaltungsgericht, dass auch vor dem Hintergrund der bundesverwaltungsgerichtlichen Entscheidungen die Informationsgewährung gegen Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14 GG wie auch gegen das EU-Recht verstieße. Die Veröffentlichungen könnten dazu führen, dass Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse offenbart würden, was einen Eingriff in die Berufsfreiheit bedeute. Die Herausgabe von Daten, die letztlich auf einer öffentlich zugänglichen Internetplattform eines privaten Anbieters veröffentlicht würden, verstieße ferner gegen das Rechtsstaats- als auch Demokratieprinzip gemäß Art. 20 GG. Überdies beträfe die Informationsweitergabe auch personenbezogene Daten, was datenschutzrechtlich zu beanstanden sei. Insgesamt sei bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass im Falle der Ablehnung seines Rechtsschutzantrags dies zu einer unumkehrbaren Regelung führen würde. Auch spätere Gegendarstellungen, Richtigstellungen oder sonstige Korrekturen würden an der sodann irreversiblen Fehlinformation nichts zu ändern vermögen. Die faktischen Wirkungen einer Fehlinformation, zumal unter Berücksichtigung einer möglichen Veröffentlichung im Internet, könnten regelmäßig nicht mehr eingefangen und umfassend beseitigt werden. Demgegenüber sei kein gesteigertes Interesse des Antragsgegners oder des Beigeladenen an der sofortigen Übermittlung der beantragten Informationen ersichtlich.
Der Antragsteller beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Weimar vom 2. April 2020 die aufschiebende Wirkung seines Drittwiderspruchs vom 16. April 2019 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 9. April 2019 anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Antragsgegner verteidigt den angegriffenen Beschluss. Dass der Beigeladene bei der Antragsstellung sich einer Internetplattform bediene, sei für die grundsätzliche Bearbeitung des Antrags nach Prüfung der entsprechenden Voraussetzungen des Verbraucherinformationsgesetzes kein Versagungsgrund für die Informationsgewährung.
Der Beigeladene äußert sich im Beschwerdeverfahren nicht.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 147, 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO). Ausgehend von den vom Antragsteller dargelegten Gründen – nur diese sind grundsätzlich Gegenstand der Prüfung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts durch den Senat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) – ist die Beschwerde jedoch unbegründet.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der – hier nach § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG von Gesetzes wegen entfallenden – aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 9. April 2019 abgelehnt.
1. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht bereits Überwiegendes dafür, dass das Verwaltungsgericht im Rahmen der nach §§ 80 Abs. 5, 80a VwGO erforderlichen Interessensabwägung zutreffend von der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides ausgegangen ist.
a. Rechtsgrundlage für den Anspruch des Beigeladenen auf Erteilung der begehrten Information ist § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG. Nach dieser Vorschrift hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten über von den nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stellen festgestellte nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen a) des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und des Produktsicherheitsgesetzes, b) der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen, c) unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich der genannten Gesetze sowie über Maßnahmen und Entscheidungen, die im Zusammenhang mit den in den Buchstaben a) bis c) genannten Abweichungen getroffen worden sind.
b. Der Senat teilt nicht die verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers an der Verfassungsmäßigkeit dieser Rechtsgrundlage, auch nicht im Hinblick auf die von ihm angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu amtlichen Informationen nach § 40 Abs. 1a LFGB (BVerfG, Beschluss vom 21. März 2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40 Rn. 26 ff.). Insoweit schließt sich der Senat der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an (Urteil vom 29. August 2019 – 7 C 29/17 -, BVerwGE 166, 233-251, Rn. 41-53; vgl. auch: OVG Niedersachsen, Beschlüsse vom 20. August 2021 – 2 ME 126/21 – juris Rn. 20 und vom 16. Januar 2020 – 2 ME 707/19 – juris Rn. 13; OVG Bremen, Beschluss vom 8. April 2021 – 1 B 431/20 – juris Rn. 40; Bayerischer VGH, Beschluss vom 7. August 2020 – 5 CS 20.1302 – juris Rn. 24-29; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. Januar 2020 – 15 B 814/19 – juris Rn. 38-71; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. Dezember 2019 – 10 S 2687/19 – juris Rn. 17-19), das hierzu ausführt:
„bb) Die weitere Rüge der Klägerin, § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG und dessen Anwendung verletze sie in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG, bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
Der Informationszugang nach dem Verbraucherinformationsgesetz ist an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen, weil er direkt auf die Marktbedingungen individualisierter Unternehmen zielt, das Konsumverhalten von Verbraucherinnen und Verbrauchern beeinflussen und auf diese Weise mittelbar-faktisch die Markt- und Wettbewerbssituation zum wirtschaftlichen Nachteil der betroffenen Unternehmen verändern kann.
Art. 12 GG gewährt das Recht der freien Berufswahl und -ausübung und ist gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch auf juristische Personen anwendbar, soweit sie – wie hier die Klägerin – eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit ausüben, die ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise einer juristischen wie einer natürlichen Person offensteht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 558/91 u.a. – BVerfGE 105, 252 <265>). Allerdings schützt die Berufsfreiheit grundsätzlich nicht vor bloßen Veränderungen der Marktdaten und Rahmenbedingungen der unternehmerischen Tätigkeit. Marktteilnehmer haben keinen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen für sie gleich bleiben. Regelungen, die die Wettbewerbssituation der Unternehmen lediglich im Wege faktisch-mittelbarer Auswirkungen beeinflussen, berühren den Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2013 – 1 BvR 1842/11 u.a. – BVerfGE 134, 204 Rn. 114). Demgemäß ist nicht jedes staatliche Informationshandeln, das die Wettbewerbschancen von Unternehmen am Markt nachteilig verändert, ohne Weiteres als Grundrechtseingriff zu bewerten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2005 – 1 BvR 1072/01 – BVerfGE 113, 63 <76>).
Die Grundrechtsbindung aus Art. 12 Abs. 1 GG besteht jedoch dann, wenn Normen, die zwar selbst die Berufstätigkeit nicht unmittelbar berühren, aber Rahmenbedingungen der Berufsausübung verändern, in ihrer Zielsetzung und ihren mittelbar-faktischen Wirkungen einem Eingriff als funktionales Äquivalent gleichkommen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 558/91 u.a. – BVerfGE 105, 252 <273>; vgl. auch BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juli 2007 – 1 BvR 1031/07 – NVwZ 2007, 1168 <1169>), die mittelbaren Folgen also kein bloßer Reflex einer nicht entsprechend ausgerichteten gesetzlichen Regelung sind. Das gilt auch für die Grundrechtsbindung des Staates bei amtlichem Informationshandeln. Die amtliche Information der Öffentlichkeit kann in ihrer Zielsetzung und ihren mittelbar-faktischen Wirkungen einem Eingriff als funktionales Äquivalent jedenfalls dann gleichkommen, wenn sie direkt auf die Marktbedingungen konkret individualisierter Unternehmen zielt, indem sie die Grundlagen der Entscheidungen am Markt zweckgerichtet beeinflusst und so die Markt- und Wettbewerbssituation zum wirtschaftlichen Nachteil der betroffenen Unternehmen verändert (BVerfG, Beschluss vom 21. März 2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40 Rn. 26 ff.).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommen Veröffentlichungen nach § 40 Abs. 1a LFGB in ihrer Zielgerichtetheit und Wirkung einem Eingriff in die Berufsfreiheit gleich (BVerfG, Beschluss vom 21. März 2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40 Rn. 26 ff.). § 40 Abs. 1a LFGB verpflichtet die Behörden, der Öffentlichkeit lebensmittel- und futtermittelrechtliche Verstöße von Unternehmen umfassend und in unternehmensspezifisch individualisierter Form mitzuteilen. Die umfassende Information der Verbraucher erfolgt zu dem Zweck, diese in die Lage zu versetzen, ihre Konsumentscheidung in Kenntnis der veröffentlichten Missstände zu treffen und gegebenenfalls vom Vertragsschluss mit den benannten Unternehmen abzusehen.
Auch die antragsgebundene Informationsgewährung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 VIG entspricht in ihrer Zielgerichtetheit und Wirkung einem Eingriff in die Berufsfreiheit und ist darum an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen.
Zwischen beiden Arten der Information bestehen allerdings große Unterschiede, die es ausschließen, die dargestellte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ohne Weiteres auf die antragsgebundene Informationsgewährung zu übertragen. Wie der Senat in seinem Beschluss vom 15. Juni 2015 – 7 B 22.14 – (Buchholz 404.1 VIG Nr. 1 Rn. 12) ausgeführt hat, verschafft das aktive Informationsverhalten des Staates an alle Marktteilnehmer den übermittelten Informationen breite Beachtung und gesteigerte Wirkkraft auf das wettbewerbliche Verhalten der Marktteilnehmer. Die Auswirkungen einer antragsgebundenen Informationsgewährung auf das Wettbewerbsgeschehen bleiben dahinter qualitativ und quantitativ weit zurück. Gleichwohl hat der Senat in seinem Beschluss vom 15. Juni 2015 die Freistellung der informationspflichtigen Stelle von einer Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der begehrten Information an Art. 12 Abs. 1 GG gemessen. Die dahinter stehende Annahme eines funktionalen Äquivalents rechtfertigt sich daraus, dass auch der Verbreitung von Informationen durch Private nicht jegliche mittelbar-faktische Wirkung abgesprochen werden kann. Dies gilt insbesondere in Fällen wie dem vorliegenden, in dem der antragsgebundene Informationszugang erklärtermaßen dem Ziel dient, mit den so erlangten Informationen unter Einschaltung von Verbraucherschutz- und anderen Organisationen gezielt und kampagnenartig an die Öffentlichkeit zu gehen. Es leuchtet ohne Weiteres ein, dass hierdurch ausgelöste Reaktionen für die betroffenen Unternehmen erhebliche ökonomische Wirkungen entfalten können. Derartige Auswirkungen der Informationsgewährung stellen auch keinen bloßen Reflex einer nicht auf sie gerichteten gesetzlichen Regelung dar. Ähnlich wie beim Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch ist es auch beim Verbraucherinformationsgesetz Zweck der Regelung, die informationellen Grundlagen für eigenverantwortliche Kaufentscheidungen der Verbraucher zu schaffen. Die Verbraucher sollen in die Lage versetzt werden, als Marktteilnehmer einen entscheidenden Faktor für die Steuerung des Gesamtsystems darzustellen (BT-Drs. 16/5404 und 17/7374 S. 2).
Der Eingriff in die Berufsfreiheit ist gerechtfertigt.
Die antragsgebundene Information der Öffentlichkeit über festgestellte nicht zulässige Abweichungen u.a. von Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches dient legitimen Zwecken des Verbraucherschutzes. Gegen die Eignung von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken; diese macht die Revision auch nicht geltend.
Gleichfalls ist die Regelung erforderlich. Ein gleich wirksames, aber für den Grundrechtsträger weniger und Dritte und die Allgemeinheit nicht stärker belastendes Mittel steht zur Erreichung des Ziels nicht zur Verfügung. Die Erforderlichkeit der Bestimmung kann auch nicht mit der Erwägung der Revision verneint werden, Bußgelder könnten billigere, aber gleich geeignete Mittel sein und einen generalpräventiven Zweck erfüllen. Dass Bußgelder in der Lage wären, den Verbraucher umfassend zu informieren und für Transparenz zu sorgen, ist nicht im Ansatz erkennbar. Soweit die Veröffentlichung für die Betroffenen negative Folgen entfaltet, ist der potentiell gewichtige Grundrechtseingriff zudem dadurch relativiert, dass die betroffenen Unternehmen negative Öffentlichkeitsinformationen durch rechtswidriges Verhalten selbst veranlasst haben (BVerfG, Beschluss vom 21. März 2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40 Rn. 35 f.).
Die beanstandeten Rechtsvorschriften (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG i.V.m. § 3 Satz 5 Nr. 1 VIG) sind auch nicht unverhältnismäßig im engeren Sinn. Der Gesetzgeber hat mit § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG eine verfassungsrechtlich vertretbare Bewertung und Abwägung der gegenläufigen Interessen vorgenommen. Die angegriffenen Regelungen verfolgen wichtige Ziele des Verbraucherschutzes. Im Grundsatz ist es angemessen, die Interessen der Unternehmen im Fall eines im Raum stehenden Rechtsverstoßes hinter die Schutz- und Informationsinteressen der Verbraucherinnen und Verbraucher zurücktreten zu lassen. Dass die Rechtsverstöße nicht notwendig mit einer Gesundheitsgefährdung verbunden sind, steht dem nicht entgegen, weil auch der Schutz vor Täuschung und der Nichteinhaltung hygienischer Anforderungen und die Ermöglichung eigenverantwortlicher Konsumentscheidungen legitime Zwecke des Verbraucherschutzes sind (so auch BVerfG, Beschluss vom 21. März 2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40 Rn. 49 zu § 40 Abs. 1a LFGB). Diese legitimen Zwecke rechtfertigen es auch, dass der Zugang zu Informationen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG gemäß § 3 Satz 5 Nr. 1 VIG nicht unter Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse abgelehnt werden kann.
Damit die Veröffentlichung der Informationen für das Unternehmen nicht zu unzumutbaren Folgen führt, hat der Gesetzgeber Schutzvorkehrungen geschaffen, die solche Konsequenzen ausschließen sollen. So hat die informationspflichtige Stelle bekannte Hinweise auf Zweifel an der Richtigkeit mitzuteilen (§ 6 Abs. 3 Satz 2 VIG). Ferner ist die Behörde zur unverzüglichen Richtigstellung verpflichtet, wenn sich die zugänglich gemachten Informationen im Nachhinein als falsch oder die zugrunde liegenden Umstände als unrichtig wiedergegeben herausstellen, sofern der oder die Dritte dies beantragt oder dies zur Wahrung erheblicher Belange des Gemeinwohls erforderlich ist (vgl. § 6 Abs. 4 Satz 1 VIG; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 558/91 u.a. – BVerfGE 105, 252 <272> zum aktiven staatlichen Informationshandeln). Die Richtigstellung soll in derselben Weise erfolgen, in der die Information zugänglich gemacht wurde (§ 6 Abs. 4 Satz 2 VIG). Dabei wird die informationspflichtige Stelle zu beachten haben, dass die Richtigstellung nicht nur gegenüber dem Antragsteller geboten sein kann, sondern eine öffentliche Bekanntmachung vonnöten ist, wenn die Publikation der Informationen über das Verhältnis zum Antragsteller hinausgegangen ist. Wenn ein Antragsteller die zugänglich gemachten Informationen etwa an eine Verbraucherschutzorganisation weitergegeben hat und diese ihr einen hohen Verbreitungsgrad der Informationen verschafft hat. In einem solchen Fall kann die informationspflichtige Stelle zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sein, für eine hinreichende Publikation der Richtigstellung zu sorgen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht stellt die Beteiligung des Dritten, dessen rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden könnten, den wichtigsten Schutz dar. Durch die Beteiligung kann der Dritte insbesondere in die Lage versetzt werden, im Wege des verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes die Herausgabe von Informationen und damit die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern. Um einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz nicht leerlaufen zu lassen, wird die informationspflichtige Stelle von der ihr in § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VIG eingeräumten Möglichkeit, von der Anhörung des Dritten abzusehen, soweit es um die Weitergabe von Informationen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG geht, nur dann Gebrauch machen zu dürfen, wenn für sie, z.B. aus vorangegangenen Anträgen auf Informationszugang, absehbar ist, dass der Dritte gegen die Weitergabe keine Einwände geltend machen wird. Schließlich hat die zuständige Behörde bei der Zugänglichmachung von Informationen stets darauf zu achten, dass allein die vom Gesetz in den Blick genommenen Abweichungen mitgeteilt werden. Regelhaftes Verhalten des Unternehmers darf hierbei auch nicht mittelbar oder nebenbei zugänglich gemacht werden. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die solchem regelhaften Verhalten zu Grunde liegen, können daher von vornherein nicht zum Gegenstand des Informationszugangs werden. Diese Schutzvorkehrungen führen zu einem angemessenen, den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG gerecht werdenden Ausgleich zwischen dem Informationsinteresse des Antragstellers und dem Schutzbedürfnis des von der Informationsgewährung betroffenen Unternehmens (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Juni 2015 – 7 B 22.14 – Buchholz 404.1 VIG Nr. 1 Rn. 12).
cc) Ungeachtet der Frage, ob die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, deren Verletzung die Revision rügt, das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb umfasst (etwa BVerfG, Urteil vom 10. Juni 2009 – 1 BvR 706/08 – BVerfGE 123, 186 Rn. 218), gelten die obigen Erwägungen hier gleichermaßen. Auch eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Dieses Grundrecht scheidet als Prüfmaßstab bereits deshalb aus, weil die Fragen nach dem Schutz von Marktteilnehmern im Wettbewerb von der sachlich spezielleren Norm des Art. 12 Abs. 1 GG erfasst werden (BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 558/91 – BVerfGE 105, 252 <279>).“
Soweit der Antragsteller Verstöße gegen EU-rechtliche Normen geltend machen sollte, bleibt dieser Vortrag viel zu unbestimmt und genügt nicht den Darlegungsanforderungen nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Im Übrigen nimmt der Senat auch insoweit auf die solche Bedenken zurückweisende höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung Bezug (BVerwG, Urteil vom 29. August 2019 – 7 C 29/17 – BVerwGE 166, 233-251, Rn. 54-55; OVG Bremen, Beschluss vom 8. April 2021 – 1 B 431/20 – juris Rn. 42; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. Januar 2020 – 15 B 814/19 – juris Rn. 72-95).
c. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Anspruchsvor-aussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG mit hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt sind.
aa. Zunächst genügt der Antrag des Beigeladenen den formellen Voraussetzungen eines hinreichend bestimmten Antrags im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 VIG.
Das Bestimmtheitserfordernis soll dem entgegen wirken, dass pauschale Anträge „ins Blaue hinein” gestellt werden und damit einen hohen Verwaltungsaufwand bei der Bescheidung solcher Anträge vermeiden. Im Interesse eines möglichst ungehinderten Zugangs zu Verbraucherinformationen ist aber, soweit ein Betrieb in Rede steht, die Angabe des Unternehmens, des Zeitraums für den Auskunft begehrt wird und der Art der Information ausreichend. Eine strengere Sichtweise würde den Informationszugang wesentlich erschweren; dies würde dem Anliegen des Verbraucherinformationsgesetzes, wonach der Verbraucher als Sachwalter der Allgemeinheit tätig wird, nicht gerecht (BVerwG, Urteil vom 29. August 2019 – 7 C 29/17 – BVerwGE 166, 233-251, Rn. 19).
Diesen Anforderungen genügt der – zulässigerweise per E-Mail (OVG Niedersachsen, Beschluss vom 20. August 2021 – 2 ME 126/21 – juris Rn. 10) – gestellte Antrag des Beigeladenen vom 28. Januar 2019. Der Antragsgegner konnte ohne Weiteres erkennen, auf welche Informationen sich das Begehren des Beigeladenen bezog. Zwar benennt der Beigeladene nicht exakt den Zeitraum, auf den sich sein Auskunftsbegehren hinsichtlich der lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfungen des von ihm konkret bezeichneten Unternehmens bezieht; dies lässt sich jedoch unschwer dadurch eingrenzen, dass er seine Auskunft auf die beiden letzten Überprüfungen nicht nur sachlich, sondern auch zeitlich begrenzt.
bb. Der Vortrag des Antragstellers, der Beigeladene agiere lediglich im Rahmen der politischen Kampagne für „foodwatch“ und es sei mit einer Veröffentlichung der ihm übermittelten Überprüfungsprotokolle auf der Internet-Plattform „Topf Secret“ zu rechnen, führt nicht auf eine Unzulässigkeit der Antragstellung wegen des Einwandes des Rechtsmissbrauchs nach § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG.
Mit diesem Einwand kann der Antragsteller schon deshalb nicht gehört werden, weil § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG kein subjektives Abwehrrecht des von der Herausgabe betroffenen Dritten begründet, sondern allein das Allgemeininteresse an einer funktionierenden Verwaltung schützt (OVG Niedersachsen, Beschluss vom 20. August 2021 – 2 ME 126/21 – juris Rn. 18; Bayerischer VGH, Urteil vom 16. Februar 2017 – 20 BV 15.2208 – juris Rn. 32 und Beschluss vom 6. Juli 2015 – 20 ZB 14.977 – juris Rn. 7).
Ungeachtet dessen ist dem Vorwurf auch in der Sache nicht zu folgen. Eine kampagnenartige Weiterverwendung der Information ist im Verbraucherinformationsgesetz gerade angelegt und ist grundsätzlich zulässig (BVerwG, Urteil vom 29. August 2019 – 7 C 29/17 – BVerwGE 166, 233-251; Rn. 22). Im Anschluss an die Rechtsprechung des OVG Niedersachsen (Beschluss vom 20. August 2021 – 2 ME 126/21 – juris Rn. 18) gilt, dass das Verbraucherinformationsgesetz – wie oben im zitierten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts ausgeführt – ausweislich der Gesetzesbegründung der Transparenz staatlichen Handelns und dem ungehinderten Zugang zu Informationen – und zwar im Interesse der Ermöglichung eigenverantwortlicher Entscheidungen der Verbraucher am Markt – dient; dies sieht der Gesetzgeber als wesentliches Element eines demokratischen Rechtsstaates an (BT-Drucks. 17/7374, S. 2). Mit diesem Gesetzeszweck steht es im Einklang, wenn ein Verbraucher die erhaltenen Informationen mit anderen teilt und der Öffentlichkeit zugänglich macht. Eine Regelung dazu, wie der Verbraucher die erlangten Informationen verwendet, trifft das Verbraucherinformationsgesetz folgerichtig nicht. Dass sich die Vorschriften des Verbraucherinformationsgesetzes auf eine Informationsvermittlung zwischen dem privaten Verbraucher und der Überwachungsbehörde beschränken wollen, liegt vor dem Hintergrund des Gesetzeszwecks fern und widerspricht im Übrigen auch den Wertungen der deutschen und europäischen Grundrechte, die mit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und Art. 11 Abs. 1 EU-Grundrechte-Charta (GRC) auf eine freie gesellschaftliche Debatte abzielen (vgl. auch OVG Bremen, Beschluss vom 8. April 2021 – 1 B 431/20 – juris Rn. 41; Hessischer VGH, Beschluss vom 18. September 2020 – 8 B 1355/19 – juris Rn. 21; Bayerischer VGH, Beschluss vom 7. August 2020 – 5 CS 20.1302 – juris Rn. 20; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 16. Januar 2020 – 2 ME 707/19 – juris Rn. 14-15; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. Dezember 2019 – 10 S 2687/19 – juris Rn. 11-15).
cc. Der Beigeladene ist auch antragsberechtigt.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG hat „jeder” nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu den unter Nummern 1 bis 7 genannten Daten. Nicht nur der uneingeschränkte Wortlaut spricht dafür, dass es sich um ein Jedermanns-Recht handelt, das an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft ist, sondern auch die Entstehungsgeschichte des Verbraucherinformationsgesetzes. Bereits § 1 Abs. 1 Satz 1 VIG in der ursprünglichen Fassung vom 5. November 2007 (BGBl. I S. 2558) gewährte jedem nach Maßgabe des Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu allen im Verbrauchergesetz genannten Daten. Nach der Gesetzesbegründung sollte für jede natürliche oder juristische Person der Zugang zu Informationen über Erzeugnisse im Sinne des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches eröffnet sein (BT-Drucks. 16/5404 S. 10; BVerwG, Urteil vom 29. August 2019 – 7 C 29/17 – BVerwGE 166, 233-251, Rn. 14).
dd. Dem Einwand des Antragstellers, der hier allein in Streit stehende Anspruch des Beigeladenen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG sei produktbezogen, ist mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu folgen (Urteil vom 29. August 2019 – 7 C 29/17 – BVerwGE 166, 233-251, Rn. 23-26), das insoweit ausführt:
„d) Auch die Annahme des Berufungsgerichts, der Informationsanspruch nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG sei nicht auf produktbezogene Informationen beschränkt, verstoße nicht gegen Bundesrecht.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG betrifft der Anspruch auf Zugang zu Informationen (u.a.) alle Daten über die von der zuständigen Stelle festgestellten nicht zulässigen Abweichungen von Anforderungen der unter Nummer 1 bestimmten Art. Einen Produktbezug verlangt die Vorschrift im Unterschied (etwa) zu § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VIG (“Erzeugnis oder Verbraucherprodukt”) nicht. Dem steht nicht entgegen, dass in § 1 VIG unter Nummer 1 von “Erzeugnissen im Sinne des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (Lebensmittel)” und unter Nummer 2 von “Verbraucherprodukten, die § 2 Nummer 26 des Produktsicherheitsgesetzes unterfallen (Verbraucherprodukte)”, die Rede ist. Eine Einschränkung des Informationszugangs folgt hieraus nicht (vgl. aber Grube/Immel/Wallau, Verbraucherinformationsrecht, 2013, Teil D, § 1 VIG Rn. 17).
Die Gesetzesmaterialien sprechen dafür, dass der Informationsanspruch nicht auf produktbezogene Information beschränkt ist. Das Verbraucherinformationsgesetz ist eine Reaktion auf die bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten bei der Herstellung, Lagerung und Lieferung von Lebensmitteln (“Gammelfleischskandal”) und ein zentraler Baustein zur Vorbeugung und raschen Eindämmung von Lebensmittelskandalen. Ziel ist die Gewährleistung einer umfassenden Information der Verbraucher (BT-Drs. 16/5404 S. 1 und 7). Dieser Zielsetzung würde die Forderung nach einem Produktbezug über die im Gesetz ausdrücklich genannten Beispiele hinaus widersprechen. Die Beschränkung auf Informationen über Erzeugnisse und Verbraucherprodukte könnte dazu führen, dass die Herstellung, Erzeugung, Lagerung und Lieferung von Produkten, mithin wesentliche Vorgänge, deren Kontrolle auch durch den Verbraucher das Entstehen von Lebensmittelskandalen verhindern soll, von der Anwendung des Verbraucherinformationsgesetzes ausgeschlossen wären (vgl. auch Heinicke, in: Zipfel/Rathke, a.a.O., VIG § 2 Rn. 16). Dass ein genereller Produktbezug zu erheblichen Einschränkungen des Informationszugangs führen würde, ergibt sich auch aus dem bei der Änderung des Verbraucherinformationsgesetzes berücksichtigten Evaluationsbericht. Dieser hatte aufgezeigt, dass ca. 66 % der Anfragen auf der Grundlage des Verbraucherinformationsgesetzes nicht produktbezogen, sondern pauschal nach größeren Datenbeständen gestellt wurden (BT-Drs. 17/1800 S. 7). Eine Empfehlung, bei einer Änderung des Verbraucherinformationsgesetzes einen Produktbezug einzuführen, wurde nicht ausgesprochen.
Schließlich spricht auch der unionsrechtliche Zusammenhang gegen ein enges und für ein weites Normverständnis von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG. Der Verwaltungsgerichtshof hat insoweit auf den 4. Erwägungsgrund der EG-Kontrollverordnung Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 191 S. 1) verwiesen. Danach geht das Lebensmittel- und Futtermittelrecht der Europäischen Union von dem Grundsatz aus, dass Futtermittel- und Lebensmittelunternehmen auf allen Stufen der Produktion, der Verarbeitung und des Vertriebs in den ihnen unterstehenden Unternehmen sicherstellen, dass Futtermittel und Lebensmittel die für ihre Tätigkeit relevanten Vorschriften des Futtermittel- und Lebensmittelrechts erfüllen. Dem entspricht es, wenn die Verbraucher als Sachwalter des allgemeinen Interesses die Einhaltung dieser Anforderungen ohne Produktbezug kontrollieren können. Dies gilt etwa für die Beachtung von Hygienevorschriften oder Vorgaben zur baulichen Beschaffenheit von Betriebsräumen oder Dokumentationspflichten.“
ee. Die Beschwerde hat mit dem Vortrag, dass es sich bei den begehrten Kontrollberichten nicht um Daten über festgestellte nicht zulässige Abweichungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG handele, ebenfalls keinen Erfolg.
Ausreichend, aber auch erforderlich ist insoweit, dass die zuständige Behörde die Abweichung unter Würdigung des Sachverhalts und der einschlägigen Rechtsvorschriften abschließend aktenkundig festgestellt hat. Es muss sich mithin um tatsächlich und rechtlich gewürdigte Informationen handeln (grundlegend: BVerwG, Urteil vom 29. August 2019 – 7 C 29/17 – juris Rn. 32). Dabei genügt die Benennung einer Rechtsgrundlage hinsichtlich der einzelnen jeweils als Verstoß gekennzeichneten Beanstandungen im Rahmen einer Betriebskontrolle, worin zugleich die rechtliche Subsumtion in Form einer juristisch-wertenden Einordnung der tatsächlichen Feststellungen bei der Kontrolle liegt. Ein im Kontrollbericht festgestellter Sachverhalt in Verbindung mit der Benennung der Rechtsvorschrift, gegen die verstoßen worden sei, belegt eine rechtliche Subsumtion mit dem Ergebnis einer festgestellten, nicht zulässigen Abweichung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG. Einer Begründung der Subsumtion bedarf es dabei nicht, weil ein Kontrollbericht keinen Verwaltungsakt darstellt und damit nicht der Begründungspflicht des § 39 Abs. 1 ThürVwVfG unterliegt. Allein die Angabe des festgestellten Sachverhalts und die Zuordnung zu einer Rechtsvorschrift reichen mithin aus (OVG Niedersachsen, Beschlüsse vom 20. August 2021 – 2 ME 126/21 – juris Rn. 11 und vom 16. Januar 2020 – 2 ME 707/19 – juris Rn. 9; OVG Bremen, Beschluss vom 8. April 2021 – 1 B 431/20 – juris Rn. 37; Hessischer VGH, Beschluss vom 18. September 2020 – 8 B 1355/19 – juris Rn. 23-29; Bayerischer VGH, Beschluss vom 7. August 2020 – 5 CS 20.1302 – juris Rn. 13-17; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16. Januar 2020 – 15 B 814/19 – juris Rn. 13-25; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. Dezember 2019 – 10 S 2687/19 – juris Rn. 6-9).
Diesen Anforderungen genügen die vom Beigeladenen angeforderten Berichte der beiden zuletzt durchgeführten Betriebskontrollen. Dabei geht der Senat davon aus, dass dem Beigeladenen die im Verfahren vom Antragsgegner vorgelegten Dokumente nach der elektronischen Aufarbeitung der Kontrollen übersandt wurden. Nur diese sind nach dem Tenor des Bescheides vom 9. April 2020 Gegenstand der Informationsgewährung. Zwar lassen die zuvor handschriftlich angefertigten Kontrollberichte neben der Feststellung von Mängeln keine Zuordnung zu einschlägigen Rechtsvorschriften erkennen. Dies holen jedoch die insoweit maßgeblichen und zur Bekanntgabe vorgesehenen Protokolle über die Betriebskontrollen nach, die nach Eingabe in das vom Antragsgegner benutzte elektronische Datenverarbeitungssystem BALVI-iP erstellt wurden. Wegen der Darstellung dieser Datenverarbeitung wird auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen (Beschlussumdruck Bl. 5 f.). Diese Protokolle ordnen den festgestellten tatsächlichen Mängeln die dadurch verletzten – vor allem EU-rechtlichen – Bestimmungen zu.
ff. Der Herausgabe der begehrten Information stehen Ausschluss- und Beschränkungsgründe nach § 2 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 3 VIG nicht entgegen.
Zwar besteht nach § 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c VIG der Informationsanspruch wegen entgegenstehender privater Belange nicht, soweit durch die begehrten Informationen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse offenbart würden. Nach § 3 Satz 5 Nr. 1 VIG sind jedoch festgestellte nicht zulässige Abweichungen von vornherein nicht als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse einzustufen, an denen ein schutzwürdiges Interesse der Unternehmen bestehen könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. August 2019 – 7 C 29/17 – BVerwGE 166, 233-251, Rn. 34). Der Gesetzgeber hat mit dieser Regelung die divergierenden Interessen selbst abgewogen und dem öffentlichen Interesse an Information den Vorrang eingeräumt; dies unabhängig davon, ob die in lebensmittelrechtlichen Kontrollberichten festgestellten Normabweichungen begrifflich überhaupt als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse angesehen werden können.
Soweit der Antragssteller ferner datenschutzrechtliche Bedenken geltend macht, ist auch dem nicht zu folgen. Der Senat folgt insoweit den Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschluss vom 7. August 2020 – 5 CS 20.1302 – juris Rn. 23), das ausführt:
„(2) Auch der Schutz personenbezogener Daten nach § 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a VIG kann dem Auskunftsanspruch nicht entgegengehalten werden. Soweit die Herausgabe von Informationen durch die Antragsgegnerin als Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinn des Art. 4 Nr. 1 und 2 DSGVO zu werten sein sollte, wäre der Vorgang gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c, Abs. 3 Satz 1 DSGVO gerechtfertigt (vgl. VGH BW, a.a.O., Rn. 25). Dem Beigeladenen sind etwaige personenbezogene Daten der Antragstellerin, sofern sie diese in ihrem Firmennamen verwendet, ohnehin bekannt. Nach Art. 86 DSGVO können personenbezogene Daten in amtlichen Dokumenten von der Behörde offengelegt werden, um den Zugang der Öffentlichkeit zu amtlichen Dokumenten mit dem Recht auf Schutz personenbezogener Daten in Einklang zu bringen. Den Vorgaben dieser Öffnungsklausel, die eine Regelungsbefugnis des nationalen Gesetzgebers für das Informationszugangsrecht enthält (vgl. BayVGH, U.v. 13.5.2019 – 4 B 18.1515 – NJW 2020, 85 Rn. 28), trägt das Verbraucherinformationsgesetz mit seinem abgestuften, die wechselseitigen Interessen berücksichtigenden Regelungsmodell Rechnung. Soweit die Antragstellerin datenschutzrechtliche Verstöße des Beigeladenen oder der Plattform TopfSecret bei einer späteren Weiterverwendung der Informationen befürchtet (dazu Becker, LMuR 2020, 57/60 f.), wäre ein solcher Verstoß der Antragsgegnerin nicht zuzurechnen (vgl. dazu sogleich).“
gg. Dem Informationsanspruch des Beigeladenen steht auch nicht § 2 Abs. 4 VIG entgegen, wonach die Vorschriften des Verbraucherinformationsgesetzes nicht gelten, soweit in anderen Rechtsvorschriften entsprechende oder weitergehende Vorschriften vorgesehen sind. Die Auffassung des Antragstellers, der Anspruch sei gegenüber der Regelung des § 40 Abs. 1a LFGB subsidiär, greift nicht. Dies verkennt grundhaft die Unterschiedlichkeit beider Rechtsgrundlagen für das Tätigwerden der Behörden. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Beschluss vom 13. Dezember 2019 – 10 S 2687/19 – juris Rn. 20-23), der ausführt:
„b) Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin sind die für § 40 Abs. 1a LFGB normierten Standards auf den VIG-Anspruch nicht zu übertragen. Dass die Grenzen zwischen der aktiven staatlichen Verbraucherinformation nach § 40 Abs. 1a LFGB und der antragsgebundenen Verbraucherinformation nach § 2 VIG wegen einer angeblich gleichen Wirkungsweise gleichsam “verschwimmen”, ist unzutreffend. Schon die faktische Vermischung verschiedenartiger Typen der Publikumsinformation – behördliche Unterrichtung der Verbraucher von Amts wegen unter Inanspruchnahme staatlicher Autorität versus private Verbraucherinformation über eine erkennbar privat betriebene Internetplattform – ist fragwürdig. Die Zurechnung einer mutmaßlichen privaten Internetveröffentlichung an den Antragsgegner – etwa unter Heranziehung des “Rechtsgedankens” des § 830 Abs. 2 BGB – ist rechtlich nicht haltbar. Verwaltung und Rechtsprechung sind an das geltende Recht gebunden und nicht dazu berufen, Rechtspolitik zu betreiben.
Die Übertragung der gesetzlichen Anforderungen für die aktive staatliche Publikumsinformation auf die antragsbasierte Informationsgewährung nach dem VIG (wegen einer zu erwartenden Internetveröffentlichung) infolge einer – angeblich – vergleichbaren Wirkung (so VG Ansbach, Urteil vom 12.06.2019 – AN 14 K 19.773 – BeckRS 2019, 15084 Rn. 27; Kluge, ZLR 2019, 518, 526 ff.) käme einer aus Gründen der Gewaltenteilung verfassungsrechtlich unzulässigen Ersatzgesetzgebung seitens der Verwaltungsrechtsprechung gleich. Unabhängig davon trifft die Prämisse jener Rechtsauffassung nicht zu. Schon bei der Schaffung des VIG 2008 hat der Gesetzgeber ausdrücklich zwischen dem individuellen Zugang zu amtlichen Informationen und der aktiven behördlichen Information der Öffentlichkeit unterschieden (BT-Drs. 16/5404, S. 8: “zwei Säulen, die sich ergänzen”). An diesem Konzept ist bei der Entwicklung des VIG 2012 mit gleichzeitiger Änderung des § 40 Abs. 1 LFGB und Einfügung des § 40 Abs. 1a LFGB (Gesetz zur Änderung des Rechts der Verbraucherin-formation vom 15.03.2012, BGBl. I S. 476) festgehalten worden (BT-Drs. 17/7374, S. 12: “Optimierung des VIG”, “flankiert durch eine Ausweitung der Verpflichtung der Behörden zur aktiven Information der Öffentlichkeit gemäß § 40 LFGB”). Beide Teilsysteme des Verbraucherinformationsrechts folgen unterschiedlichen Rationalitäten. Konsequenterweise normiert § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG andere Voraussetzungen und eine andere Rechtsfolge als § 40 Abs. 1a LFGB. Die objektive Gesetzeslage ist von den Verwaltungsgerichten angesichts ihrer Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3, Art. 97 Abs. 1 GG) zu respektieren. Eine Übertragung von Anforderungen des § 40 Abs. 1a LFGB auf den VIG-Anspruch scheidet aus (VG Augsburg a. a. O. Rn. 28; VG München a. a. O. Rn. 64 f.; VG Weimar a. a. O. Rn. 21). Hält ein Verwaltungsgericht – anders als der Senat – § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG aus verfassungsrechtlichen Gründen für nicht hinnehmbar, ist es auf den Weg nach Art. 100 Abs. 1 GG verwiesen; es steht ihm aber nicht zu, die Gesetzesbindung abzustreifen.
In der Sache ist das System des Verbraucherinformationsrechts von der Rechtsprechung längst rezipiert worden. Die behördliche Befugnis zur Information der Öffentlichkeit von Amts wegen ist gegenüber dem individuell geltend zu machenden Informationszugangsanspruch rechtlich ein aliud. Zutreffend wird bei den sich ergänzenden “Säulen” unterschieden zwischen “dem subjektiven Recht der Verbraucher auf Zugang zu den bei Behörden vorhandenen Informationen und der gesetzlichen Befugnis der Behörden zur Information der Öffentlichkeit von Amts wegen” (so OVG Saarland, Beschluss vom 03.02.2011 – 3 A 270/10 – NVwZ 2011, 632, 633). Das Bundesverwaltungsgericht differenziert kategorial zwischen Akten “aktiver staatlicher Verbraucherinformation” und “antragsgebundener Informationsgewährung” und sieht zwischen beiden Arten der Informationsgewährung “gravierende Unterschiede” (BVerwG, Beschluss vom 15.06.2015 – 7 B 22.14 – NVwZ 2015, 1297 Tz. 12).
Diese Auffassung hat weithin Zustimmung gefunden (vgl. etwa BayVGH a. a. O. Rn. 54; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.12.2016 – 13 A 941/15 – NVwZ-RR 2017, 447 Tz. 59; VG Augsburg a. a. O. Rn. 26; VG Freiburg a. a. O. Rn. 22; VG Weimar a. a. O. Rn. 20; VG Gelsenkirchen a. a. O. Rn. 108; VG Düsseldorf, Beschluss vom 07.06.2019 – 29 L 1226/19 – juris Rn. 68 f.). Sie entspricht der geltenden Gesetzeslage, an deren Verfassungsmäßigkeit zu zweifeln der Senat keinen Anlass sieht.“
hh. Besteht mithin ein Anspruch des Beigeladenen auf die von ihm begehrte Information, ergeben sich auch keine Bedenken an der konkreten Art und Weise der Informationsgewährung durch den Antragsgegner im Hinblick auf die Bestimmung des § 6 Abs. 1 VIG. Zwar entspricht die postalische Übersendung der Kontrollberichte nicht dem Antrag des Beigeladenen; auf einen darauf begründeten Mangel kann sich der Antragsteller jedoch nicht berufen. Soweit der Antragsteller geltend macht, die Information sei vorrangig mündlich zu gewähren, findet dies im Gesetz keine Grundlage und würde der aufgezeigten gesetzgeberischen Intention widersprechen.
2. Auch die vom Verwaltungsgericht angestellte Interessensabwägung nach § 80 Abs. 5 VwGO im Übrigen vermag die Beschwerdebegründung nicht zu erschüttern. Ausgehend davon, dass bereits Überwiegendes – insbesondere im Hinblick auf die gefestigte höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung – für die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides spricht, hat das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt (Bl. 4 f. des Beschlussumdrucks), dass sich die Folgenabschätzung an der gesetzlichen Wertung des § 5 Abs. 4 VIG auszurichten hat. Die vom Antragsteller betonte Vorwegnahme der Hauptsache ist in der Normstruktur des Verbraucherinformationsgesetzes angelegt. Mit § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG hat sich der Gesetzgeber entschieden, dem Informationsinteresse der Bürger generell einen höheren Stellenwert einzuräumen als dem Interesse des betroffenen Betriebs an der Geheimhaltung von Informationen über lebensmittelrechtliche Beanstandungen (BVerwG, Urteil vom 29. August 2019 – 7 C 29/17 – juris Rn. 13). Dem Schutzinteresse des betroffenen Dritten wird durch die Regelungen des § 6 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 VIG hinreichend Rechnung getragen. Mangels erkennbarer Besonderheiten verbleibt es bei der gesetzlichen Grundentscheidung für den Sofortvollzug. Insofern hat der Antragsteller es auch im Beschwerdeverfahren nicht vermocht, konkret darzulegen, dass das Bekanntwerden von zwei Einzelberichten der Kontrollbehörden – deren Richtigkeit im Übrigen nicht in Streit steht – zu schlechthin unzumutbaren Nachteilen für ihn führen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da der anwaltlich nicht vertretene Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine etwaigen außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Von einer Reduzierung des Streitwerts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sieht der Senat im Hinblick auf die mit der Entscheidung verbundene Vorwegnahme der Hauptsache ab. Die Abänderungsbefugnis folgt aus § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Hinweis:Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG)


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