IT- und Medienrecht

Auskunft über die Verarbeitung von personenbezogenen Daten

Aktenzeichen  M 13 K 18.4419, M 13 E 18.4420

Datum:
20.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 54539
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 43 Abs. 2 S. 1, § 44a,§ 52 Nr. 1- 4, 5, § 75, § 83, § 88, § 123 Abs. 2 S. 1
GVG § 17, § 17a
DSGVO Art. 15, Art. 46
SGB X § 83
UIG § 6 Abs. 2
IFG § 9 Abs. 4
LABV § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1
BayVwVfG Art. 35 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Das Verwaltungsgericht München erklärt sich für örtlich unzuständig.
II. Der Rechtsstreit wird im Hauptsacheverfahren und im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes an das Verwaltungsgericht Bayreuth verwiesen.

Gründe

I.
Der Kläger und Antragsteller begehrt von dem Beklagten und Antragsgegner eine Bestätigung darüber, ob ihn betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden und, falls ja, die Erteilung bestimmter Auskünfte über diese personenbezogenen Daten sowie bestimmte weitere Informationen.
Der Kläger und Antragsteller ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 70. Sein Arbeitgeber hat beim Beklagten und Antragsgegner (Inklusionsamt) am 3. Juli 2018 die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des mit dem Kläger und Antragsteller bestehenden Arbeitsverhältnisses beantragt.
Nachdem dies dem Kläger und Antragsteller mitgeteilt worden war, zeigte sein Verfahrensbevollmächtigter dem Beklagten und Antragsgegner mit Schreiben vom 6. Juli 2018 die Vertretung an und bat unter Hinweis auf Art. 15 DSGVO und § 83 SGB X, dem Antragsteller eine Bestätigung dahingehend auszustellen, ob ihn betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden, und, falls ja, gleichzeitig Auskunft über diese personenbezogenen Daten in Form einer Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, und die Informationen gem. Art. 15 Abs. 1 Buchstaben a bis h und Abs. 2 DSGVO zu erteilen. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass der Beklagte bzw. Antragsgegner insbesondere beim Versorgungsamt (betreffend die Schwerbehinderung) und beim Inklusionsamt personenbezogene Daten speichere.
Nachdem bis dahin die begehrten Informationen seitens des Beklagten und Antragsgegners nicht erteilt waren, erinnerte der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers und Antragstellers den Beklagten und Antragsgegner mit Schreiben vom 30. August 2018 an seine Bitte vom 6. Juli 2018.
Mit Schriftsatz vom selben Tag, eingegangen am 5. September 2018, erhob der Kläger und Antragsteller durch seinen Verfahrensbevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragte,
1. den Beklagten und Antragsgegner zu verurteilen, dem Kläger und Antragsteller eine Bestätigung gemäß Art. 15 DSGVO und § 83 SGB X dahingehend auszustellen, ob die Person des Klägers und Antragstellers betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden,
2. soweit dies der Fall ist, den Beklagten und Antragsgegner zu verurteilen, dem Kläger und Antragsteller gem. Art. 15 DSGVO und § 83 SGB X gleichzeitig Auskunft über diese personenbezogenen Daten in Form einer Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, und folgende weitere Informationen zu erteilen
a) Verarbeitungszwecke;
b) die Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden;
c) die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, insbesondere bei Empfängern in Drittländern oder bei internationalen Organisationen;
d) falls möglich die geplante Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden, oder, falls dies nicht möglich ist, die Kriterien für die Festlegung dieser Dauer;
e) das Bestehen eines Rechts auf Berichtigung oder Löschung der den Beklagten und Antragsgegner (gemeint: Kläger und Antragsteller) betreffenden personenbezogenen Daten oder auf Einschränkung der Verarbeitung durch den Verantwortlichen oder eines Widerspruchsrechts gegen diese Verarbeitung;
f) das Bestehen eines Beschwerderechts bei einer Aufsichtsbehörde;
g) wenn die personenbezogenen Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben werden, alle verfügbaren Informationen über die Herkunft der Daten;
h) das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling gemäß Art. 22 Absätze 1 und 4 DSGVO und – zumindest in diesen Fällen – aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für die betroffene Person,
3. soweit personenbezogene Daten an ein Drittland oder an eine internationale Organisation übermittelt werden, den Beklagten und Antragsgegner zu verurteilen, dem Kläger und Antragsteller über die geeigneten Garantien gem. Art. 46 DSGVO im Zusammenhang mit der Übermittlung zu unterrichten.
Gleichzeitig beantragte der Kläger und Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Zur Begründung der Klage wurde u.a. vorgetragen, dass der Kläger und Antragsteller die datenschutzrechtliche Auskunft in dem Schreiben vom 6. Juli 2018 verlangt habe, um seine Rechte gegenüber dem Inklusionsamt in gehöriger Weise wahrnehmen zu können. Der Beklagte und Antragsgegner habe das Auskunftsverlangen bis heute nicht erfüllt; zwischenzeitliche Mahnungen seien ebenfalls unbeantwortet geblieben.
Der Kläger und Antragsteller habe einen Anspruch auf Erteilung der datenschutzrechtlichen Auskunft. Es handele sich dabei um einfaches Verwaltungshandeln. Völlig belanglos sei, dass die Auskunft nach Art. 15 DSGVO und § 83 SGB X keinen Verwaltungsakt darstelle. Nachdem sich der Beklagte und Antragsgegner zu Unrecht weigere, sei einfache Leistungsklage zum Verwaltungsgericht einzureichen; § 75 VwGO komme nicht zur Anwendung. Zulässigkeitsvoraussetzung für die allgemeine Leistungsklage sei lediglich ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis, nicht dagegen das Verstreichenlassen einer Sperrfrist von sechs Monaten. Auch die Anwendung einer Verbescheidungsfrist von drei Monaten analog § 75 VwGO sei falsch.
Mit Schreiben vom 11. September 2018 erhielten die Beteiligten Gelegenheit, sich zum örtlich zuständigen Gericht und einer möglichen Verweisung der Verfahren an das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth zu äußern.
Mit Schriftsatz vom 11. September 2018 bat der Kläger und Antragsteller um eine Verweisung an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Bayreuth.
Der Beklagte und Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 14. September 2018 ebenfalls, die Verwaltungsstreitsache an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Bayreuth zu verweisen. Bei dem begehrten Auskunftsanspruch handele es sich um eine Leistungsklage, so dass gem. § 52 Nr. 5 VwGO das Verwaltungsgericht Bayreuth zuständig sei.
II.
Für den vorliegenden Rechtsstreit ist nach § 52 Nr. 5 VwGO das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth örtlich zuständig, da die klageartunabhängigen Gerichtsstände gemäß § 52 Nr. 1 und Nr. 4 VwGO vorliegend nicht einschlägig sind (1.), statthafte Klageart in der Hauptsache die allgemeine Leistungsklage ist (2.) und der Beklagte und Antragsgegner seinen Sitz im Bezirk des Verwaltungsgerichts Bayreuth hat (3.).
1. Die vorliegend vom Kläger bzw. Antragsteller verfolgten Begehren – die Erteilung einer Bestätigung im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Hs. 1 DSGVO und die hilfsweise begehrte Erteilung von Auskünften gem. Art. 15 Abs. 1 Hs. 2 DSGVO i.V.m. § 83 SGB X – fallen thematisch nicht unter die klageartunabhängigen Gerichtsstände gemäß § 52 Nr. 1 und Nr. 4 VwGO.
2. Mangels Einschlägigkeit von § 52 Nr. 1 und Nr. 4 VwGO bestimmt sich das örtlich zuständige Gericht im vorliegenden Fall nach der statthaften Klageart im Hauptsacheverfahren (vgl. BVerwG, U.v. 30.6.1972 – VII C 22.71 – juris Rn. 15; VGH Kassel, B.v. 10.3.1987 – 10 TG 628/87 – juris Rn. 16; VG Hannover, U.v. 19.9.2007 – 5 A 3261/05 – juris Rn. 13); das für die Hauptsache zuständige Gericht ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 bzw. § 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO auch für die Entscheidung über den Antrag im einstweiligen Rechtsschutz zuständig. Im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung (§ 83 Satz 1 VwGO, § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG) ist statthafte Klageart im vorliegenden Hauptsacheverfahren die allgemeine Leistungsklage.
a) Die statthafte Klageart beurteilt sich gem. § 88 VwGO nach dem Begehren des Klägers und dem diesem zugrunde liegenden Lebenssachverhalt. Vorliegend begehrte der Kläger und Antragsteller zum Zeitpunkt der Klageerhebung die Erteilung einer Bescheinigung im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Hs. 1 DSGVO und, hilfsweise, die Erteilung bestimmter Auskünfte im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Hs. 2 und Abs. 2 DSGVO. Bei der begehrten Bestätigung als solcher sowie den hilfsweise begehrten Auskünften als solchen handelt es sich offensichtlich um ein schlichthoheitliches Verwaltungshandeln (= Realakt), nicht um Verwaltungsakte im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG. Denn die begehrte Bestätigung als solche und die hilfsweise begehrten Auskünfte als solche sind nach ihrem objektiven Sinngehalt nicht auf eine unmittelbare, für den Betroffenen verbindliche und auf Rechtsbeständigkeit angelegte Festlegung von Rechten und Pflichten oder eines Rechtsstatus gerichtet (vgl. BVerwG, U.v. 22.5.1980 – 2 C 30/78 – juris Rn. 14; U.v. 20.5.1987 – 7 C 83/84 – juris Rn. 9; U.v. 15.2.1989 – 6 A 2/87 – juris Rn. 21;), so dass sie nicht als Regelung im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG anzusehen sind (vgl. zur Auskunft BVerwG, U.v. 30.10.2013 – 2 C 23/12 – juris Rn. 33; BSG, U.v. 13.11.2012 – B 1 KR 13/12 R – juris Rn. 9; VGH Mannheim, U.v. 7.12.2001 – 3 S 334/01 – juris Rn. 19; VG Ansbach, U.v. 20.11.2007 – AN 9 K 07.00165 – juris Rn. 29; FG, U.v. 15.5.2002 – 2 K 1781/99 – juris Rn. 57; vgl. zur Bestätigung BVerwG, U.v. 24.1.1992 – 3 C 33/86 – juris Rn. 152).
b) Die begehrte Bestätigung und die hilfsweise begehrten Auskünfte sind auch nicht deshalb grundsätzlich als Verwaltungsakte zu qualifizieren, weil mit ihrer Erteilung von der Behörde zwingend (konkludent) eine verbindliche behördliche Entscheidung über die Erteilung der Bestätigung und Auskunft bzw. über das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs auf die Bestätigung und die Auskünfte getroffen werden soll bzw. getroffen wird und sie insofern als Regelung im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG anzusehen wären (vgl. VG Ansbach, U.v. 5.5.2011 – AN 14 K 10.02132 – juris Rn. 39; VG Darmstadt, G.v. 14.11.1994 – 5 E 1538/94 (3) – NVwZ 1996, S. 92 ; VG Darmstadt, U.v. 12.10.2015 – 5 K 1164/14.DA – juris Rn. 32; Schleswig-Holsteinisches VG, U.v. 11.5.2009 – 15 A 160/08 – juris Rn. 18 jeweils zur Akteneinsicht; a.A. BVerwG, U.v. 21.3.1986 – 7 C 71/83 – juris Rn. 11; VGH Mannheim, U.v. 1.4.1992 – 6 S 2203/90 – juris Rn. 20; VGH Mannheim, U.v. 26.5.1992 – 1 S 668/90 – juris Rn. 23; VGH Kassel, U.v. 8.12.1992 – 11 UE 1486/88 – juris Rn. 22; VG Karlsruhe, U.v. 27.10.2009 – 5 K 949/08 – juris Rn. 22; VG Neustadt (Weinstraße), U.v. 2.10.2015 – 4 K 292/15.NW – juris Rn. 20). Dies ist allenfalls dann der Fall, wenn sich eine solche verbindliche Entscheidung aus den näheren Umständen des Einzelfalls (darauf abstellend auch BVerwG, U.v. 25.2.1969 – I C 65.67 – juris Rn. 40) ergibt, wovon bei der Erteilung einer Auskunft regelmäßig nicht auszugehen ist (vgl. VGH Mannheim, U.v. 7.12.2001 – 3 S 334/01 – juris Rn. 19; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 99). Andernfalls wäre – bei Vorliegen der übrigen Tatbestandsmerkmale eines Verwaltungsaktes im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG – praktisch jede tatsächliche Handlung der öffentlichen Hand aufgrund der ihr logisch vorangehenden Entscheidung, sie vorzunehmen oder nicht, als Verwaltungsakt anzusehen und bliebe für die in § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO ausdrücklich vorgesehene allgemeine Leistungsklage tatsächlich kein praktischer Anwendungsbereich. Zudem gebietet auch die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 VwGO keine so weite Auslegung des Begriffs des Verwaltungsaktes, da im Fall der Verweigerung eines begehrten Realaktes Rechtsschutz im Wege der allgemeinen Leistungsklage möglich ist. Für die Eröffnung von Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Verwaltung muss nicht (mehr) notwendigerweise ein Verwaltungsakt vorliegen bzw. dessen Erlass begehrt werden (vgl. VGH Mannheim, U.v. 7.12.2001 – 3 S 334/01 – juris Rn. 19).
Daher ist die Vornahme oder Nichtvornahme eines Realaktes nur dann als gleichzeitiger Erlass eines (feststellenden) Verwaltungsaktes zu qualifizieren, wenn die Behörde aufgrund der besonderen Umstände des konkreten Einzelfalls mit der Vornahme bzw. Nichtvornahme des Realaktes erkennbar auch eine verbindliche Entscheidung über das tatsächliche Handeln bzw. das Bestehen oder Nichtbestehen des geltend gemachten Anspruchs auf dieses Handeln treffen will (vgl. VGH Mannheim, U.v. 7.12.2001 – 3 S 334/01 – juris Rn. 19; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 100). Dabei ist zu berücksichtigen, dass für eine solche Entscheidung in der Regel nur dann Anlass besteht, wenn das Fachrecht dem jeweiligen Antragsteller keinen unmittelbaren Anspruch auf Vornahme des begehrten Realaktes einräumt, sondern „nur“ einen Bescheidungsanspruch gewährt, was z.B. gem. § 9 Abs. 4 IFG beim Auskunftsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz (vgl. VG des Saarlandes, B.v. 4.12.2007 – 10 K 1140/07 – juris Rn. 4) und gem. § 6 Abs. 2 UIG beim Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen nach dem Umweltinformationsgesetz der Fall ist. Ein Anhaltspunkt für einen bloßen Bescheidungsanspruch besteht auch dann, wenn die Nichtvornahme eines begehrten Realaktes nach den fachrechtlichen Regelungen zu begründen ist (vgl. BVerwG, U.v. 28.11.2007 – 6 A 2/07 – juris Rn. 13; BSG, U.v. 13.11.2012 – B 1 KR 13/12 R – juris Rn. 11 f.; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 100 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG 19. Aufl. 2018, § 35 Rn. 44) oder die Verwaltung nach detaillierten fachrechtlichen Vorgaben und/oder im Rahmen einer Ermessenentscheidung besonders zu prüfen hat, ob und in welchem Umfang einem Begehren auf Vornahme eines Realaktes zu entsprechen ist (vgl. BVerwG, U.v. 28.11.2007 – 6 A 2/07 – juris Rn. 13; BVerwG, U.v. 25.2.1969 – I C 65.67 – juris Rn. 40; BayVGH, U.v. 1.8.1984 – BayVBl. 1984, S. 758). Denn die ausdrückliche Erwähnung einer Behördenentscheidung im Gesetz sowie die an sie gestellten verfahrens- und materiellrechtlichen Anforderungen lassen erkennen, dass der rechtliche Schwerpunkt der behördlichen Tätigkeit nicht in der Vornahme oder Nichtvornahme einer Handlung als solcher, sondern in der zugrunde liegenden Entscheidung zu sehen ist, die – dem regelmäßigen Abschluss eines antragsgebundenen, nicht auf das Zustandekommen eines öffentlich-rechtlichen Vertrags gerichteten Verwaltungsverfahrens entsprechend – in der Form eines Verwaltungsaktes ergeht (vgl. BVerwG, U.v. 28.11.2007 – 6 A 2/07 – juris Rn. 13 unter Bezugnahme auf BVerwG, U.v. 25.2.1969 – I C 65.67 – juris Rn. 40 und BVerwG, U.v. 21.3.1986 – 7 C 71/83 – juris Rn. 11). Zumindest für den vorliegend gegenüber dem Beklagten bzw. Antragsgegner hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Erteilung von Auskünften und Informationen gem. Art. 15 Abs. 1 Hs. 2, Abs. 2 DSGVO sieht § 83 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 5 SGB X ein spezielles Prüfprogramm vor und enthält § 83 Abs. 3 Satz 2 SGB X für den Fall der Ablehnung der Auskunftserteilung eine spezielle Vorschrift über die Begründung dieser Entscheidung (vgl. VG Karlsruhe, U.v. 27.10.2009 – 5 K 949/08 – juris Rn. 22; vgl. auch BVerwG, U.v. 28.11.2007 – 6 A 2/07 – juris Rn. 13).
Allerdings ist auch dann, wenn fachrechtlich „nur“ ein Anspruch auf Bescheidung vorgesehen ist, die Vornahme bzw. Nichtvornahme des begehrten Realaktes nicht stets gleichbedeutend mit einer konkludenten Entscheidung über das begehrte Handeln und das Bestehen bzw. Nichtbestehen eines Anspruchs auf das begehrte Handeln (vgl. VG Stuttgart, B.v. 12.12.2005 – 16 K 379/05 – NVwZ-RR 2006, 392 ). Denn kommt die Behörde dem Antrag formlos nach bzw. nicht nach, ist hierin nicht zwingend ein (konkludenter) Verwaltungsakt über das begehrte Handeln und das Bestehen bzw. Nichtbestehen des geltend gemachten Anspruchs zu sehen (Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 103). Ob dies der Fall ist, d.h. ob die Behörde durch die Vornahme oder Nichtvornahme des begehrten Handelns konkludent über das begehrte tatsächliche Handeln und das Bestehen bzw. Nichtbestehen des geltend gemachten Anspruchs auf dieses Handeln entscheidet und entscheiden will, ist vielmehr anhand der erkennbaren Umstände des konkreten Einzelfalls zu ermitteln.
Gemessen hieran ist die vom Kläger und Antragsteller zum Zeitpunkt der Klageerhebung begehrte Bestätigung gemäß Art. 15 Abs. 1 Hs. 1 DSGVO und sind die zum Zeitpunkt der Klageerhebung hilfsweise begehrten Auskünfte gemäß Art. 15 Abs. 1 Hs. 2 DSGVO i.V.m. § 83 SGB X als Realakte zu qualifizieren. Denn bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Beklagte und Antragsgegner die geltend gemachten Ansprüche weder – zumindest teilweise – erfüllt noch sich zu den geltend gemachten Ansprüchen in sonstiger Weise verhalten. Daher war zu diesem Zeitpunkt nicht ansatzweise erkennbar, ob er mit der späteren Erteilung oder Ablehnung der begehrten Bestätigung und/oder der hilfsweise begehrten Auskünfte eine Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen der geltend gemachten Ansprüche treffen will. Daher war jedenfalls zum Zeitpunkt der Klageerhebung statthafte Klageart im Hauptsachverfahren die allgemeine Leistungsklage. Somit bestimmt sich das örtlich zuständige Gericht auch nicht nach § 52 Nr. 2 und Nr. 3 VwGO, sondern nach dem „Auffanggerichtsstand“ gem. § 52 Nr. 5 VwGO.
Dies gilt unabhängig von der Frage, ob § 44a VwGO der Zulässigkeit der vorliegenden Klage entgegensteht. Denn § 44a VwGO regelt keinen Teilaspekt der Statthaftigkeit, sondern eine eigenständige (negative) Zulässigkeitsvoraussetzung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 44a Rn. 1; Geiger, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 44a Rn. 1), eine spezielle Ausprägung des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses (vgl. VG Stade, U.v. 21.4.1993 – 7 A 79/92 – NVwZ 1994, S. 201 ; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 44a Rn. 14 f.) oder einen Ausschlussgrund für die Klage- bzw. Antragsbefugnis (vgl. Stelkens/Schenk, in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 44a Rn. 20 ; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 44a Rn. 13).
3. Nach § 52 Nr. 5 VwGO ist örtlich zuständiges Gericht im vorliegenden Fall das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth. Gemäß § 52 Nr. 5 VwGO ist im Fall der Uneinschlägigkeit der vorrangigen Nummern 1 bis 4 von § 52 VwGO das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte. Beklagter ist vorliegend der Freistaat Bayern, der gemäß Art. 16 Satz 1 AGVwGO, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 LABV durch das Zentrum Bayern Familie und Soziales vertreten wird. Das Zentrum Bayern Familie und Soziales ist eine dem Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales unmittelbar nachgeordnete zentrale Landesbehörde. Es hat seinen Sitz in Bayreuth, Oberfranken. Die Zuständigkeit der Behörde erstreckt sich auf ganz Bayern. Die für das Zentrum Bayern Familie und Soziales nach dessen interner Behördenorganisation möglicherweise handelnden bzw. zum Handeln verpflichteten Regionalstellen sind keine selbständigen Behörden, sondern nur unselbständige Außenstellen dieser zentralen Landesbehörde (vgl. VG München, B.v. 13.5.2013 – M 18 K 13.1668 – juris Rn. 10 unter Bezugnahme auf Art. 12a des Bayerischen Kinder- und Jugendhilfegesetzes in der Fassung des Art. 30 Nr. 2 des Zweiten Verwaltungsmodernisierungsgesetzes v. 26.7.2005; Art. 25 des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze; Bekanntmachung des StMAS v. 23.8.2005, Az. P 6/1028/135/0 AIIMBl. S. 344; Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1-3 Organisationsplan ZBFS v. 22.9.2005, Az. P 6/1042-20/10/05; so auch VG München, B.v. 19.5.2009 – M 15 K 09.42 n. V. sowie VG München, B.v. 16.6.2010 – M 18 K 08.5619 n.V. jeweils unter Verweis auf VG Ansbach, B.v. 14.12.2007 – AN 14 K 07.02674 und AN 14 K 07.02675 – juris Rn. 3 ff.; vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 14.2.2011 – B 3 K 10.639 – juris Rn. 25; VG München, B.v. 4.2.2013 – M 18 K 12.4847 – juris Rn. 9). Damit ist das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth gem. § 52 Nr. 5 VwGO, Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 AGVwGO für das Hauptsacheverfahren und gem. § 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes örtlich zuständig.
Nach Anhörung der Beteiligten ist daher vorliegend die örtliche Unzuständigkeit des Bayerischen Verwaltungsgerichts München für das Hauptsacheverfahren und das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auszusprechen und der Rechtsstreit im Hauptsacheverfahren und im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes an das örtlich zuständige Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth zu verweisen (§ 83 Satz 1 VwGO, § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG, § 52 Nr. 5 VwGO, Art. 1 Abs. 2 Nr. 3 AGVwGO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 83 Satz 2 VwGO).


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