IT- und Medienrecht

Ausstellung einer Niederlassungserlaubnis auf den deutschen, dem Namen im ausländischen Pass widersprechenden Familiennamen

Aktenzeichen  B 4 K 15.853

Datum:
10.5.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 122684
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 4 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 3, § 78 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
BGB § 1355 Abs. 2
EGBGB Art. 10 Abs. 2 S. 1
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
AufenthV § 59 Abs. 2 S. 3

 

Leitsatz

1 Der Name eines Menschen ist als Unterscheidungs- und Zuordnungsmerkmal und als Ausdruck der Identität und Individualität von dem in Art. 1 iVm Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Persönlichkeitsrecht umfasst. Dies gilt auch für den durch Ehenamenwahl erworbenen Namen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die in Massenverfahren durchzuführenden Kontrollen bei Ein- und Ausreisen würden entscheidend erschwert, wenn sich aufgrund anderslautender Angaben im Aufenthaltstitel im Vergleich zum Pass Zweifel an der Echtheit des elektronischen Aufenthaltstitels ergäben. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
3 Hat ein Ausländer nach deutschem Recht infolge Eheschließung den Namen seines Ehepartners angenommen, erkennt sein Heimatstaat diesen neuen Namen aber nicht an, hat der Ausländer keinen Anspruch, dass sein Aufenthaltstitel (nur) mit seinem neuen Namen ausgestellt wird. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3 Der Ausländer hat in diesem Fall jedoch einen Anspruch darauf, dass sein deutscher Name in gleicher Größe wie sein ursprünglicher Name auf seinem elektronischen Aufenthaltstitel aufgebracht wird. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger einen elektronischen Aufenthaltstitel (Niederlassungserlaubnis) auszustellen, auf dem seine deutsche Namensführung in der gleichen Schriftgröße wie sein ägyptischer Name aufgebracht ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und der Beklagte jeweils die Hälfte.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.

Gründe

I.
Die zulässige Klage ist im Hilfsantrag begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.
1. Die Klage ist unbegründet, soweit der Kläger mit seinem Hauptantrag beantragt, ihm einen Aufenthaltstitel mit dem Familiennamen „N.“ auszustellen.
a) Der Kläger hat einen Anspruch auf Ausstellung eines elektronischen Dokuments zum Nachweis, dass er über eine wirksame Niederlassungserlaubnis verfügt.
Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG bedürfen Ausländer für die Einreise und den Aufenthaltstitel im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder aufgrund des Assoziationsabkommens EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden u.a. als Niederlassungserlaubnis erteilt (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AufenthG). Besitzt der Ausländer den nach § 4 erforderlichen Aufenthaltstitel nicht, ist seine Einreise in das Bundesgebiet unerlaubt (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG). Hält er sich im Bundesgebiet auf und besitzt er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr, ist er zur Ausreise verpflichtet (§ 50 Abs. 1 AufenthG).
Aus dieser Verpflichtung, einen Aufenthaltstitel zu besitzen, folgt, wenn die entsprechenden Voraussetzungen dafür gegeben sind, ein Anspruch auf Erteilung dieser Erlaubnis als gebundene oder als Ermessensentscheidung. Verkörpert wird das durch Verwaltungsakt erteilte Aufenthaltsrecht durch entsprechende „Aufenthaltstitel-Urkunden“, die durch Verwaltungsrealakt ausgestellt werden (Maor in Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand 01.02.2017, § 4 AufenthG Rn. 4). Besteht ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, besteht deshalb auch ein Anspruch auf Ausstellung eines entsprechenden Dokuments zum Nachweis, dass ein wirksamer Aufenthaltstitel besteht.
b) Der Kläger hat weiter einen Anspruch darauf, dass auf dem Dokument u.a. seine Vornamen und sein Familienname aufgebracht sind.
Eine Niederlassungserlaubnis als einer der gesetzlich vorgesehenen Aufenthaltstitel wird als eigenständiges Dokument mit elektronischem Speicher- und Verarbeitungsmedium ausgestellt (§ 78 Abs. 1 Satz 1 AufenthG i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AufenthG). Dieses Dokument enthält gemäß § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG als sichtbar aufgebrachte Angaben u. a. Name und Vornamen. Weiter befindet sich auf dem Dokument gemäß § 78 Abs. 2 Satz 1 AufenthG eine Zone für das automatische Lesen, die nur die in Satz 2 Nrn. 1 bis 11 sichtbar aufgedruckten Angaben enthalten darf, u.a. den Namen (Nr. 8) und den oder die Vornamen (Nr. 9).
c) Der Kläger kann jedoch nicht beanspruchen, dass das elektronische Dokument auf den Namen “ N.“, den er (nur) nach deutschem Recht als Familiennamen führt, ausgestellt wird.
Der ägyptische Kläger und seine deutsche Ehefrau, die beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben, haben sich gemäß Art. 10 Abs. 2 Satz 1 EGBGB bei der Eheschließung dafür entschieden, den Ehenamen nach deutschem Recht zu wählen und haben gemäß § 1355 Abs. 2 BGB gegenüber dem Standesamt erklärt, dass sie den Namen der Ehefrau zum Ehenamen bestimmen. Nach der Geburt ihrer gemeinsamen Tochter wurde der Ehename auch Familienname. Nach den glaubhaften Angaben des Klägers weigert sich die Arabische Republik Ägypten jedoch, die in Deutschland getroffene Namenswahl anzuerkennen und stellte ihm einen auf „ …“ lautenden Pass aus, obwohl er sich intensiv darum bemüht hatte, einen auf „ …“ lautenden Pass zu erhalten.
aa) § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG und § 78 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 AufenthG schreiben zwar vor, dass auf dem Dokument selbst bzw. in der Zone für das automatische Lesen der Name aufzubringen bzw. aufzudrucken ist. Das Gesetz trifft jedoch keine Regelung, welcher Name zu verwenden ist, wenn der Ausländer im Bundesgebiet einen nach deutschem Recht abweichenden Namen führt als im Ausland (sog. „hinkende Namensführung“).
In Ziffer 3.0.9.1 AVwV AufenthG v. 26.10.2009 hat das Bundesministerium des Innern im Hinblick auf diese Fälle vorgegeben, dass in Klebeetiketten für Aufenthaltstitel der Name einzutragen ist, der im Pass verzeichnet ist. Damit wird verdeutlicht, dass das Etikett zum Pass gehört; andernfalls bestünde auf Reisen die Gefahr, dass vermutet wird, der Aufenthaltstitel gehöre nicht zum Pass, sei also gefälscht. Diese Regelung, die den Ausfüllhinweisen Klebeetiketten vom 21.09.2007 entspricht, gilt nach Angaben des Bundesministeriums des Innern vom 08.04.2017 auch nach der Einführung des elektronischen Aufenthaltstitels weiter und wird von den Ausländerbehörden bundesweit in ständiger Verwaltungspraxis angewandt.
Wie es seiner ständigen Verwaltungspraxis entspricht, hat der Beklagte am 04.09.2016 deshalb bei der Bundesdruckerei ein auf „ …“ ausgestelltes elektronisches Dokument beantragt, bei dem in der Zone für automatisches Lesen ebenfalls dieser Name aufgedruckt ist.
bb) Der Kläger hat keinen aus den Grundrechten des Art. 2 Abs. 1 i. V .m. Art. 1 Abs. 1 GG herzuleitenden Anspruch darauf, dass der Beklagte in Abweichung von seiner ständigen Verwaltungspraxis ihm eine auf seinen deutschen Namen lautende Niederlassungserlaubnis ausstellt.
Einschlägiges Grundrecht ist nicht der Schutz von Ehe und Familie gemäß Art. 6 Abs. 1 GG, sondern das allgemeine Persönlichkeitsrecht Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG. Denn der Kläger beruft sich nicht darauf, dass er ganz allgemein gehindert sei, als Ausdruck der Freiheit, eine Ehe zu schließen und einen Familie zu gründen sowie einen deutschen Ehe- und Familiennamen zu führen. Vielmehr macht er im Wesentlichen geltend, dass er wiederholt konkrete Schwierigkeiten gehabt habe, seine Identität glaubhaft nachzuweisen, weil sich in seinem Niederlassungserlaubnisdokument nicht sein deutscher, sondern sein ägyptischer Name befindet.
Der Name eines Menschen ist als Unterscheidungs- und Zuordnungsmerkmal und als Ausdruck der Identität und Individualität von dem in Art. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Persönlichkeitsrecht umfasst (BVerwG, B. v. 01.12.2016 – 6 B 32/16 – NJW 2017, 747/747 Rn. 9 m. w. N.). Dies gilt auch für den durch Ehenamenwahl erworbenen Namen. Er wird, auch wenn er sich vom Namen des anderen Ehegatten ableitet, zum eigenen Namen seines neuen Trägers, verdrängt dessen bisherigen Namen und wird nunmehr Teil der Persönlichkeit seines Trägers. Eingriffe in das Namensrecht dürfen angesichts des hohen Wertes, der dem Recht am eigenen Namen zukommt, nicht ohne gewichtige Gründe geschehen und nur unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgen (BVerfG, U. v. 18.02.2004 – 1 BvR 193/97 – BVerfGE 109, 256/267 = NJW 2004,1155/1156).
Durch die Angabe des ägyptischen Namens des Klägers in dem elektronischen Dokument und der automatisch lesbaren Zone seitens der Ausländerbehörde wird zwar das Recht des Klägers, in Deutschland den Familiennamen „ …“ zu führen, beeinträchtigt. Der Kläger hat deutlich gemacht, dass er bei verschiedenen öffentlichen Stellen und Arbeitgebern bereits öfter Schwierigkeiten bekommen hat, wenn er sich als „ …“ vorgestellt und dann zum Nachweis seiner Identität seinen ägyptischen Pass sowie seinen deutschen elektronischen Aufenthaltstitel, die jeweils auf „ …“ lauten, vorgelegt hatte.
Eine Abwägung zwischen der Schwere der Beeinträchtigung und dem Gewicht der für die getroffene Regelung sprechenden Gründe ergibt jedoch, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist und der elektronische Aufenthaltstitel auf den Namen „ …“ mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers in Einklang steht.
Die Ausstellung des elektronischen Dokuments, auf den im Pass verzeichneten Namen, die auf Ziffer 3.0.9.1 der vom Bundesministerium des Innern gemäß Art. 84 Abs. 2 GG erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift AufentG und auf den gemäß § 99 Abs. 1  Nr. 13 AufenthG, § 61 Abs. 2 AufenthV ergangenen Ausfüllhinweisen beruht, ist aus gewichtigen Gründen gerechtfertigt.
Der Beklagte verwendet den im Pass angegebenen Namens auch im elektronischen Aufenthaltstiteldokument deshalb, weil der Aufenthaltstitel zwar heute nicht mehr mittels eines Etiketts in den Pass geklebt wird, er aber dennoch eine Einheit mit dem Ausweisdokument bildet (Einheit von Primär- und Sekundärdokument). Dies wird daran deutlich, dass der Kläger verpflichtet ist, den mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten Behörden, zu denen auch die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden und die Polizeien der Länder gehören, auf Verlangen Pass und Aufenthaltstitel gemeinsam vorzulegen, auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen, soweit dies zur Durchführung oder Sicherung von Maßnahmen nach dem AufenthG erforderlich ist (§ 48 Abs. 1, § 71 Abs. 4 Satz 1 AufenthG). Die in Massenverfahren durchzuführenden Kontrollen bei Ein- und Ausreisen würden aber entscheidend erschwert, wenn sich aufgrund anderslautender Angaben im Aufenthaltstitel im Vergleich zum Pass Zweifel an der Echtheit des elektronischen Aufenthaltstitels ergäben. Der Verdacht einer Fälschung kann sich aber auch dann ergeben, wenn zwar die Angaben in den beiden automatisch lesbaren Zonen übereinstimmen, im Namensfeld des Aufenthaltstitels dagegen der deutsche Familienname des Inhabers der Niederlassungserlaubnis angegeben ist.
Damit war die Klage im Hauptantrag abzuweisen.
2. In ihrem Hilfsantrag ist die Klage jedoch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass sein deutscher Name entgegen der bisherigen Verwaltungspraxis des Beklagten in gleicher Größe wie sein ägyptischer Name auf seinem elektronischen Aufenthaltstitel aufgebracht wird.
a) Gemäß § 78 Abs. 1 Satz 3 Nr. 12 AufenthG enthält das elektronische Aufenthaltstiteldokument ein sichtbar aufgebrachtes Feld „Anmerkungen“. Ziffer 3.0.9.1 AllgVwV AufenthG sieht vor, dass in diesem Feld oder auf einem Zusatzblatt ein Vermerk über den in Deutschland geführten Ehenamen anzubringen ist. Ziffer 2.7 der „Ausfüllhinweise zu eAufenthaltstitel“ vom 11.01.2012 des Bundesministerium des Innern schreibt den Eintrag nicht zwingend vor, erlaubt es den Ausländerbehörden aber, im Feld „Anmerkungen“ einen Eintrag „Namen n. dt. Recht ….“ vorzunehmen, wenn dadurch die Ausstellung eines Zusatzblattes entbehrlich wird.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger die neu ausgestellte Niederlassungserlaubnis vorgelegt, in der im Feld „Anmerkungen“ – wie in seiner Aufenthaltserlaubnis vom 27.11.2012 – in kleinerer Schrift vermerkt ist „NAME N. DT. RECHT N.“. Das Zusatzblatt ist somit nicht mehr erforderlich.
Gemäß § 59 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. Satz 1 AufenthV ist das für die Ausstellung einer Niederlassungserlaubnis als Aufenthaltstitel zu verwendende Muster in Anlage D 14 a zur AufenthV abgedruckt. Die produktions- und sicherheitstechnischen Spezifikationen für dieses Vordruckmuster werden vom Bundesministerium des Innern festgelegt und nicht veröffentlicht (§ 61 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthV). Nach Angaben des Bundesministeriums des Innern vom 08.04.2017 ist die entsprechende Produktionssoftware der Bundesdruckerei derzeit so programmiert, dass der Hinweis auf die deutsche Namensführung in geringerer Schriftgröße aufgebracht wird, als der sich aus dem Pass ergebende ausländische Familienname.
b) Nach Ansicht des Gerichts hat der Kläger, wie hilfsweise beantragt, einen Anspruch darauf, dass der Beklagte dafür Sorge trägt, dass dem Kläger ein elektronisches Niederlassungserlaubnisdokument ausgestellt wird, in dem sein deutscher Familienname in der gleichen Schriftgröße erscheint wie sein ägyptischen Name.
Gemäß Art. 2 Abs. 1 i. V .m. Art. 1 Abs. 1 GG kann der Kläger verlangen, dass die Rechtsordnung seinen deutschen Familiennamen respektiert und schützt. Dieser Schutzanspruch ist jedoch nicht uneingeschränkt gewährleistet. Insbesondere sind Belange der Allgemeinheit zu berücksichtigen. Eingriffe dürfen jedoch nicht ohne gewichtige Gründe geschehen und nur unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgen (BVerfG, B. v. 08.03.1988 – 1 BvL 9/85, 1 BvL 43/86 – BVerfGE 78,38/49 = NJW 1988,1577/1577).
Mit seiner Weigerung, den deutschen Namen in gleicher Größe auf dem elektronischen Aufenthaltstitel aufzubringen wie den ägyptischen Namen, hat der Beklagte in das grundrechtlich geschützte Namensrecht des Klägers eingegriffen. Denn der Kläger hat ein Recht darauf, in Deutschland von seinem deutschen Namen Gebrauch zu machen und dazu auf die Angaben in seiner Niederlassungserlaubnis zu verweisen. Dieses Recht wird verletzt, wenn der Hinweis auf die deutsche Namensführung lediglich auf einem Zusatzblatt oder in der schlecht lesbaren sehr kleinen Schrift am Ende des Feldes „Anmerkungen“ erfolgt.
Diese Beeinträchtigung verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Zwar kann der Beklagte selbst die Schriftgröße nicht ändern, weil ihre Bestimmung einer Festlegung durch das Bundesministerium des Innern bedarf, das dann der Bundesdruckerei aufgibt, die Produktionssoftware entsprechend umzuprogrammieren. Als der für die Ausstellung des elektronischen Dokuments Verantwortliche muss er es sich jedoch entgegenhalten lassen, wenn es nicht für notwendig gehalten wird, die Schriftgröße durch eine generelle Änderung anzupassen, weil sie bisher lediglich vom Kläger verlangt wurde und die erforderliche Umprogrammierung Kosten verursachen würde.
Gegenüber diesen Gründen überwiegt die Schwere des mit der Ablehnung verbundenen Eingriffs in das Namensrecht.
Das Argument, beim Verlangen des Klägers handle es sich um den einzigen bisher an das Ministerium herangetragenen Fall, ist nicht entscheidungserheblich, wenn dem Kläger ein Anspruch zuzubilligen ist. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung Verständnis für das Anliegen des Klägers gezeigt und gemutmaßt, dass es künftig bei Verlängerungen von Aufenthaltstiteln beispielsweise türkischer Männer, die ebenfalls einen deutschen Ehenamen führen, zu gleichen Verlangen kommen kann, weil die Türkei die Namenswahl ebenfalls nicht anerkennt. Gleiches dürfte für die Staatsangehörigen einer Reihe weiterer Länder, insbesondere aus dem Orient, gelten. Wie das Bundesministerium des Innern selbst einräumt, ist die Änderung technisch durch eine Umprogrammierung der Software der Bundesdruckerei zu bewerkstelligen. Auch rechtlich ist sie zulässig, weil in den Mustern für die elektronischen Aufenthaltstitel keine Schriftgrößen zwingend vorgegeben sind. Schließlich überzeugt auch der Hinweis auf die Kosten nicht. Die Kosten für die Umprogrammierung wurden nicht beziffert und können außerdem nicht dem Kläger aufgebürdet werden. Die Schriftgröße soll nicht nur in seinem Fall angepasst werden, sondern im Hinblick auf die einheitlich zu handhabende Ausstellung von elektronischen Aufenthaltstiteln ein für alle Mal erfolgen.
Die Ablehnung der rechtlich gebotenen, mit vertretbarem Aufwand durchführbaren Ausstellung des Aufenthaltstitels unter Anpassung der Schriftgröße war deshalb rechtswidrig.
Somit ist der Beklagte auf den Hilfsantrag hin zu verurteilen, ihm einen Aufenthaltstitel in der begehrten Form auszustellen.
II.
Da der Kläger mit seinen Hauptantrag unterlag, mit seinem Hilfsantrag jedoch obsiegte, waren die Kosten gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO hälftig zu teilen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 Satz 1 ZPO.
III.
Das Gericht lässt die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zu (§ 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Rechtssache wirft die klärungsbedürftigen Fragen auf, auf welchen Namen ein elektronischer Aufenthaltstitel bei hinkender Namensführung auszustellen ist bzw. ob ein Anspruch darauf besteht, den Hinweis auf die deutsche Namensführung in gleicher Schriftgröße wie den ausländischen Name anzubringen, die über den Einzelfall hinaus einer Klärung in verallgemeinerungsfähiger Form bedürfen.


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