IT- und Medienrecht

Begrenzung der Vereinbarung eines Erfolgshonorars auf den Einzelfall

Aktenzeichen  37 O 8325/17

Datum:
18.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 13314
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
EGRDG § 4 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 2
GewO § 34e
UWG § 3, § 4 Nr. 11, § 8 Abs. 3
RVG § 4a Abs. 1 Satz 1
BRAO § 49b Abs. 2 Satz 1
UKlaG § 2 Abs. 1, § 2 Abs. 2 Nr. 8, § 3 Abs. 1 Nr. 1
VVG § 204

 

Leitsatz

Versicherungsberater, die über eine Erlaubnis nach § 34e GewO verfügen, sind “registrierte Erlaubnisinhaber” im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 EGRDG mit der Folge, dass für die Vergütungsansprüche die Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes entsprechend gelten, somit auch die Begrenzung der Vereinbarung eines Erfolgshonorars auf den Einzelfall. (Rn. 27)

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der
Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei Ordnungshaft an ihrem jeweiligen gesetzlichen Vertreter zu vollziehen ist und insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf,
zu unterlassen,
geschäftlich handelnd als Versicherungsberater im Sinne von § 34e GewO selbst oder durch Mitarbeiter oder Beauftragte Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einem Tarifwechsel in der privaten Krankenversicherung nach § 204 WG gegen eine erfolgsabhängige Vergütung anzubieten, zu erbringen und/oder hierfür zu werben, wenn diese wie gemäß Anlage A geschieht:
“Wie genau errechnet sich das Honorar der Minerva KundenRechte? Das Honorar für unseren Tarifwechsel-Service ist ersparnisbezogen. Es beträgt netto einmalig die Hälfte der jährlichen Ersparnis an Versicherungskosten für den Mandanten, die durch den Wechsel in einen der von uns ermittelten Tarife erwirkt wird. Das Honorar wird nur dann fällig, wenn die Ersparnis durch den PKV Tarifwechsel tatsächlich erwirkt ist. Wenn wir keinen Tarif ermitteln können, in den der Mandant wechselt, erhalten wir kein Honorar.
Dabei ist Grundlage der Berechnung des Honorars die Ersparnis an Versicherungskosten eines Jahres des Mandanten in seiner spezifischen, seinem gegenwärtigen Gesundheitszustand entsprechenden Situation. Konkret heißt das: In die Ersparnis der Versicherungskosten wird neben der Beitragsreduzierung auch die eventuelle Veränderung der wegen Selbstbehalt (SB) selber getragenen Leistungen, sowie die Veränderung eines eventuellen ArbeitgeberZuschusses zur Krankenversicherung und einer eventuellen Beitragsrückerstattung (BRE) mit eingerechnet.“
und/oder
“Unser Komplett-Service: risikofrei und ersparnisbezogen.” und/oder
“Unser Honorar ist ersparnisbezogen und beträgt einmalig 50% der Jahresersparnis” und/oder Und das zu einem sehr fairen Preis – und nur bei Erfolg.” und/oder
“Kosten entstehen Ihnen nur, wenn unsere Empfehlung Sie überzeugt. Erst wenn Sie sich für den Tarifwechsel entscheiden, fällt nach Vertragsumstellung unser ersparnisbezogenes Honorar an: einmalig 50% der Jahresersparnis zzgl. 19% MwSt. Entscheiden Sie sich nicht für den Tarifwechsel, ist unser Service für Sie kostenfrei.“
und/oder
“Unser Komplett-Service mit bestem Preis-Leistungs-Verhältnis. Wenn Sie sich für den Tarifwechsel entscheiden, beträgt unser Honorar einmalig 50% der Jahresersparnis zzgl. 19% MwSt. Grundlage ist die tatsächliche Ersparnis an „Versicherungskosten” eines Jahres und nicht nur die Beitragsveränderung.“
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.531,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 14.07.2017 zu zahlen.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Die Beklagte trägt 90% der Kosten des Rechtsstreits die Klägerin 10% der Kosten des Rechtsstreits.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, in Ziff. I gegen die Leistung einer Sicherheit von 45.000 Euro.

Gründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. A. Antrag Ziff. I (Unterlassungsantrag)
Dem auf Ausspruch eines Verbots des Angebots streitgegenständlicher Beratungsdienstleistungen gegen Bezahlung eines sich nicht auf den Einzelfall beschränkenden Erfolgshonorars gerichteten Antrag war stattzugeben. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin folgt aus § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG i.V.m. § 3, § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 4 Abs. 2 EGRDG, § 4a Abs. RVG, § 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO, § 2 Abs. 1, 2 Nr. 8, § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG.
Die Beklagte unterliegt, soweit sie im Rahmen der ihr erteilten Erlaubnis nach § 34e GewO als Versicherungsberaterin tätig wird, gemäß § 4 EGRDG der Vergütungsregelung des § 4a Abs. 1 Satz 1 RVG (so auch Urteil des Oberlandesgerichts München vom 26.09.2013, 6 U 3968/12, S. 15 ff.; Landgericht Hamburg vom 22.03.2013 – 315 O 76/12, S. 13 ff.).
Versicherungsberater, die über eine Erlaubnis nach § 34e GewO verfügen, sind „registrierte Erlaubnisinhaber“ im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 EGRDG mit der Folge, dass für deren Vergütungsansprüche die Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes entsprechend gelten, somit auch die Begrenzung der Vereinbarung eines Erfolgshonorars auf den Einzelfall.
Soweit in § 2 EGRDG geregelt ist, dass abweichend von § 1 Abs. 1 Satz 2 EGRDG Personen mit einer Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten auf dem Gebiet der Versicherungsberatung nur eine Erlaubnis als Versicherungsberater nach § 34e GewO beantragen können, kommt hinzu, dass der Gesetzgeber auch durch den Verweis auf Artikel 1 § 1 Satz 2 Nr. 2 des Rechtsberatungsgesetzes, wonach die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, einschließlich der Rechtsberatung, nur durch Personen erfolgen darf, denen von der zuständigen Behörde die Erlaubnis hierzu erteilt wurde, namentlich Versicherungsberatern für die Beratung und außergerichtliche Vertretung gegenüber Versicherern bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen, zu erkennen gegeben hat, dass nach dem Wortlaut, dem Sinn und Zweck sowie der Systematik des EGRDG die Erlaubnis des Versicherungsberaters nach Maßgabe des § 34e GewO unter den Regelungsgehalt des § 4 Abs. 1 EGRDG fällt (vgl. OLG München, aaO, S. 17).
Das Argument, dass Versicherungsberater nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 3 S. 2 EGRDG gerade keine registrierten Erlaubnisinhaber seien, da sie sich nicht nach § 13 RDG haben registrieren lassen (so LG München I, 19.09.2014, 41 O 2962/14, S. 6 und LG Münster, 27.10.2015, 3 S 31/15 Rn. 13-15) überzeugt demgegenüber nicht.
Die unterschiedliche Behandlung eines Rechtsanwalts und eines Versicherungsberaters ist in diesem Fall nicht gerechtfertigt.
Was den Willen des Gesetzgebers anbelangt, kommt dieser in der Gesetzesbegründung im Regierungsentwurf der Bundesregierung entsprechend zum Ausdruck, wenn es zum Regelungsgehalt von § 4 EGRDG dort auszugsweise lautet (vgl. BT-Drs. 16/3655, S. 80): „Für die Vergütung (…), der sonstigen Erlaubnisinhaber (…) soll das RVG entsprechend anwendbar sein. (…) In den Bereichen, in denen diese Personen Rechtsdienstleistungen erbringen dürfen, nehmen sie Tätigkeiten wahr, die auch ein Rechtsanwalt besorgen dürfte. Es ist daher angemessen, ihnen denselben Vergütungsanspruch zukommen zu lassen, den ein Rechtsanwalt für dieselbe Tätigkeit erheben dürfte. Dies dient auch dem fairen Wettbewerb, da so verhindert wird, dass eine zur entsprechenden Rechtsdienstleistung befugte Person eine geringere Vergütung erheben darf als ein Rechtsanwalt.“
Ein Versicherungsberater, der im Rahmen der ihm nach § 34e GewO erteilten behördlichen Erlaubnis befugt ist, Dritte bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen oder bei der Wahrnehmung von Ansprüchen aus einem Versicherungsvertrag im Versicherungsfall rechtlich zu beraten und gegenüber dem Versicherungsunternehmen zu vertreten, nimmt in diesem Rahmen Tätigkeiten wahr, die auch ein Rechtsanwalt besorgen könnte. Daher ist es angemessen, dem Versicherungsberater denselben Vergütungsanspruch zukommen zu lassen, den auch ein Rechtsanwalt für dieselbe oder eine vergleichbare Tätigkeit erheben dürfte (so Landgericht Hamburg vom 22.03.2013 – 315 O 76/12, S. 13 ff. -juris). Letztlich dient dies der Sicherung einer objektiven Beratungsleistung – auch durch den Versicherungsberater.
Dieser Beurteilung kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, bei dem streitgegenständlichen Dienstleistungsangebot handele es sich nicht um eine Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 1 RDG. Vielmehr beschränke sich die Beratungstätigkeit auf die wirtschaftlichen Belange des Auftraggebers.
Die Regelung des § 2 Abs. 1 RDG definiert die Rechtsdienstleistung als jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Nach ihrem Wortlaut führt grundsätzlich jede rechtliche Prüfung des Einzelfalls in den Anwendungsbereich des RDG (vgl. Grunewald/Römermann, RDG 2008, § 2, Rn. 29). Sobald eine Tätigkeit in einer konkreten fremden Angelegenheit eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert, können Dienstleister diese nur erbringen, wenn zu ihren Gunsten ein Erlaubnistatbestand eingreift (Deckenbrock/Henssler, RDG, 4. Auflage 2015, § 2 Rn. 1).
Zwar ist die Frage, ob eine erforderliche rechtliche Prüfung voraussetzt, dass der Rechtssuchende eine besondere rechtliche Betreuung oder Aufklärung erkennbar erwarte oder nach der Verkehrsanschauung eine besondere rechtliche Prüfung erforderlich sei, oder ob an das Ausmaß der rechtlichen Prüfung kein hoher Maßstab anzulegen, hiervon vielmehr alle Prüfungstätigkeiten umfasst seien, soweit sie über eine einfache rechtliche Prüfung und Rechtsanwendung hinausgehen und einer gewissen Sachkunde bedürfen, umstritten (vgl. BGH GRUR 2011, 539 Tz. 28 -Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker m. w. N.).
Hier liegt jedoch zweifelsfrei eine Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 1 RDG vor.
Grundsätzlich gehört es zum Berufsbild des Versicherungsberaters, dass er Dritte bei der Prüfung von Versicherungsverträgen berät (Deckenbrock/Henssler, a. a. O., § 5 Rn. 128). Auch der streitgegenständliche Werbeauftritt der Beklagten spricht für eine Rechtsberatung.
Die Beklagte bietet in ihrer angegriffenen Werbung an: „Dank § 204 VVG können Sie von ihrem Versicherer einen PKW-Tarifwechsel in jeden der gleichwertigen und dennoch günstigeren Tarife verlangen: – ohne Vertragskündigung -Alterungsrückstellung geht nicht verloren – in jedem Alter – auch wenn Vorerkrankungen bestehen – (…)“ sowie ferner: „Bestmöglicher und beitragsstabiler Vertrag für Sie“ und darüber hinaus „Sie wollen ihren Versicherungsschutz nicht gefährden? Das verstehen wir. Oberstes Ziel: Ihre erworbenen Rechte wahren. Als aktuarieller Rechtsberater unterstützen wir langjährige PKV Kunden“.
Die Beklagte prüft demnach laut eigenem Bekunden auch die Wahrung bereits erworbener Rechte. Dies zeigt klar, dass eine derartige, auf die Vereinbarung eines Tarifwechsels nach § 204 VVG abzielende Tätigkeit sich nicht allein auf wirtschaftliche Gesichtspunkte beschränkt, sondern aus der Sicht des von der angegriffenen Werbung angesprochenen Verbrauchers einer intensiven rechtlichen Prüfung im Einzelfall bedarf. Insbesondere bezeichnet sich die Beklagte im vorliegenden Fall in der angegriffenen Werbung auch als „Rechtsberater1, was ebenfalls eindeutig gegen den alleinigen wirtschaftlichen Ansatz spricht.
Es liegt eine umfassende und vollwertige Beratung des Rechtssuchenden auf einem Teilgebiet des Rechts vor (vgl. hierzu BGH NJW 2005, 969; BGH NJW 2005, 2458). Die Beratungsleistung eines Versicherungsberaters und eines Rechtsanwalts sind in diesem Fall nahezu identisch, deshalb muss § 4 a Abs. 1 Satz 1 RVG zur Anwendung gelangen.
Hierfür spricht im Ergebnis auch, dass der Gesetzgeber den Beruf des Versicherungsberaters aufgrund seiner Unabhängigkeit (was Provisionen betrifft) mit dem Beruf des Rechtsanwalts als vereinbar angesehen hat (vgl. hierzu Deckenbrock/Henssler, aaO, § 2 EGRDG, Rn. 10).
Gemäß § 4a Abs. 1 Satz 1 RVG darf ein Erfolgshonorar (§ 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO) nur für den Einzelfall und nur dann vereinbart werden, wenn der Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde. Diesen Anforderungen trägt die angegriffene Werbung der Beklagten nicht Rechnung, wenn sie wie aus Anlage K 3 ersichtlich die Erbringung der Beratungsleistungen zum Zwecke der Prüfung und Herbeiführung eines Tarifwechsels nach § 204 VVG von der Bezahlung eines Erfolgshonorars abhängig macht.
Der streitgegenständliche Verstoß gegen das Verbot der nicht auf den Einzelfall bezogenen Vereinbarung eines Erfolgshonorars (§ 4 Abs. 2 EGRDG i.V.m. § 4a Abs. 1 Satz 1 RVG, § 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO) stellt sich auch als unlautere Handlung im Sinne von § 3, § 4 Nr. 11 UWG dar (vgl. Köhler/Bornkamm UWG, 35. Auflage, 2017, § 4 Rn. 11.60). Bei den vorgenannten Vergütungsvorschriften handelt es sich um Marktverhaltensregeln im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG (OLG Hamm 29.03.2012 – I-4 U 167/11, Rn. 54 zitiert nach juris).
Ob darüber hinaus die Vergütungsvereinbarung gem. § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB unwirksam ist (so LG Saarbrücken, 17.05.2016, 14 O 152/15, Rn. 17 zitiert nach juris), kann vor diesem Hintergrund dahinstehen.
Dass die Beklagtenseite die streitgegenständliche Werbung in der Form inzwischen nicht mehr verwendet, führt nicht zum Wegfall der Wiederholungsgefahr (vgl. BGH GRUR 2002, 717).
B. Antrag Ziff. II (Auskunft)
I. Bestimmtheit des Antrags
Der Antrag des Klägers auf Auskunft ist hinreichend bestimmt gem. § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der Auskunftsanspruch bezieht sich auf die konkreten Verletzungshandlungen sowie auf die zur Berechnung des abzuführenden Gewinns maßgeblichen Tatsachen (OLG Stuttgart, 02.11.2006, 2 U 58/06; Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Auflage, § 10, Rn. 15). In der Anlage K 1 ist der Service der Beklagten genau beschrieben. Auf diese Anlage (fälschlich als Anlage A bezeichnet) nimmt der Kläger in seinem Antrag zu Ziff. II Bezug. Der Auskunftsanspruch bezieht sich auf eben jenes erfolgsbezogene Honorar, das die Beklagte von ihren Kunden erhalten hat. Die Beklagte hat demnach mit dem Auskunftsanspruch die Frage zu beantworten, wie oft sie ein Erfolgshonorar seit dem 09.02.2017 vereinbart hat und welchen Gewinn sie hiermit erzielt hat.
II. Aktivlegitimation
Die Aktivlegitimation des Klägers bezüglich des Auskunftsanspruchs ergibt sich aus § 8 Abs. 3 Nr. 3, 10 UWG.
III. Unbegründetheit des Antrags
Ein Auskunftsanspruch zur Vorbereitung der Gewinnabschöpfung der Klageseite besteht nicht.
Der Auskunftsanspruch folgt aus § 10 UWG in Verbindung mit § 242 BGB.
Nach Treu und Glauben besteht eine Auskunftspflicht, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, er sich nicht auf zumutbare Weise selbst beschaffen kann und der Verpflichtete sich unschwer, d.h. ohne unbillig belastet zu sein, zu geben vermag (Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Auflage 2017, § 9 Rn. 4.6).
Nach § 10 UWG entsteht der Gewinnabschöpfungsanspruch gegen denjenigen, der eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, wenn dies vorsätzlich geschieht und er hierdurch zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern einen Gewinn erzielt.
Ein vorsätzliches Handeln der Beklagten lässt sich aus dem festgestellten Sachverhalt nicht ableiten.
Vorsätzlich handelt, wer eine von der eigenen rechtlichen Einschätzung abweichende Beurteilung tatsächlich in Betracht zieht, aber gleichwohl ins Blaue hinein und ohne Beachtung der Rechtsordnung und Prüfung der Rechtslage einfach Fakten schafft und sich im Sinne eines bewussten Ignorierens der Rechtskenntnis verschließt (Harte-Bavendamm/Hennig-Bodewig, UWG, 3. Auflage 2013, § 10, Rn. 66). Dem gegenüber werden die Unternehmer, die sich im Grenzbereich wettbewerbsrechtlicher Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit bewegen und deswegen mit einer abweichenden Beurteilung ihres zumindest bedenklichen Verhaltens rechnen konnten und deshalb fahrlässig handeln, vom Gewinnabschöpfungsanspruch bewusst herausgenommen, da der Gesetzgeber gerade diese lauterkeitsrechtlichen Grenzgänger schützen wollte (vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, aaO, Rn. 64).
Die Klageseite führt selber aus, dass im vorliegenden Fall die zu klärenden Rechtsfragen als rechtlich anspruchsvoll anzusehen sind und eine umfassende Prüfung unter Einsatz versicherungsrechtlicher Spezialkenntnisse erfordern (Bl. 20 der Klageschrift). Dies spiegelt sich auch in der bisher uneinheitlichen Rechtsprechung wieder. Während beispielsweise das Landgericht München I und das Landgericht Münster ablehnend entschieden haben, bejahen das Landgericht Hamburg und das Oberlandesgericht München in ihren Entscheidungen die Anwendbarkeit der Vergütungsregeln für Rechtsanwälte bei Versicherungsberatern. Ein anderer Senat des Oberlandesgerichts München (17 U 4052/14) hat wiederum in einer Verfügung zu erkennen gegeben, dass Versicherungsberater nicht unter den Begriff „registrierter Erlaubnisinhaber“ und damit nicht unter die Vergütungsregelungen des RVG fallen. Auch in der Kommentarliteratur finden sich unterschiedliche Auffassungen (vgl. Dörner in Prölls/Martin, VVG, 28. Auflage 2010, Rn. 154, der dort die Auffassung des Landgerichts Hamburg zitiert, sowie Dörner in Prölls/Martin, VVG 30. Auflage 2018, Rn. 154, der nun die Auffassung des Landgerichts Münster zitiert).
Vor diesem Hintergrund ist das Handeln der Beklagtenseite allenfalls fahrlässig. Ein Auskunftsanspruch zur Vorbereitung der Gewinnabschöpfung scheidet aus.
C. Antrag Ziff. III (Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten)
Der Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten folgt aus § 10 UWG.
D. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709, ZPO.


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