IT- und Medienrecht

Besoldungsgruppe, Bescheid, Mitverschulden, Unfall, Wiedereinsetzung, Widerspruch, Dienstunfall, unfallfolge, Anerkennung, Frist, Klage, Dienstunfallfolge, Schriftform, formgerecht, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Antrag auf Wiedereinsetzung, Kosten des Verfahrens

Aktenzeichen  Au 2 K 20.1060

Datum:
7.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 54713
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Die Klage ist schon unzulässig, weil es der Klägerin am erforderlichen Rechts schutzbedürfnis fehlt. Da der mit ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrungversehene Bescheid des Beklagten vom 9. April 2020 von der Klägerin nicht mit einem formgerechten Widerspruch und daher nicht rechtswirksam angegriffen wurde, hat der Bescheid mit Ablauf des 18. Mai 2020 Bestandskraft erlangt (§ 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB). Die Erhebung des Widerspruchs durch einfache EMail genügt nicht den Anforderungen von § 70 Abs. 1 VwGO (vgl. z.B. HessVGH, B.v. 18.7.2018 – 1 B 2029/17 – NVwZ-RR 2019, 376; VG Augsburg, U.v. 25.7.2019 – Au 2 K 19.169; Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 70 Rn. 2). Nur wenn der Widerspruch mittels eines elektronischen Dokuments eingelegt wird, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinn von Art. 3a Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG, § 2 Nr. 3 SigG versehen ist, kann ein elektronisches Dokument in gleicher Weise wie die Unterschrift unter dem Widerspruchsschreiben die Gewähr dafür bieten, dass es von dem Widerspruchsführer herrührt und mit dessen Willen in den Verkehr gebracht worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2017 – 6 C 12.15 – juris Rn. 21). Da sonstige schriftliche Unterlagen, die zweifelsfrei den Schluss zulassen, dass mit der E-Mail vom 5. Mai 2020 von der Klägerin Widerspruch erhoben werden sollte, innerhalb der Widerspruchsfrist nicht eingegangen sind, war der Widerspruch als nicht formgerecht und damit unwirksam anzusehen. Insbesondere die E-Mail-Adresse der Klägerin lässt nicht den Schluss zu, dass es sich eindeutig um die Klägerin handelt. Denn der Name * ist eher gewöhnlich und daher nicht eindeutig einer einzigen Person im Geschäftsbereich des * zuzuordnen.
2. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung nach Art. 32 BayVwVfG ist nicht stattzuge ben.
Eine Wiedereinsetzung setzt nach Art. 32 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG voraus, dass jemand ohne Verschulden an der Einhaltung einer gesetzlichen Frist gehindert war. Jede schuldhafte (vorsätzliche oder fahrlässige) Verletzung einer Obliegenheit zur Fristwahrung hindert grundsätzlich die Wiedereinsetzung; leichte Fahrlässigkeit genügt (Baer in Schoch/Schneider, VwVfG, Stand: Juli 2020, § 32 Rn. 18).
Ein schuldloses Handeln der Klägerin ist gerade nicht ersichtlich. Eine objektiv sorgfältige Widerspruchsführerin (insbesondere eine Beamtin der Besoldungsgruppe A 15) hätte die Hinweise zur Rechtsbehelfsbelehrungsowie die Aussage zur Unzulässigkeit der Widerspruchseinlegung per E-Mail zur Kenntnis nehmen müssen. Als Akademikerin und Lehrerin ist davon auszugehen, dass sie im Umgang mit schriftlichen Ausführungen geübt ist. Insbesondere der Fettdruck und die Unterstreichung der Überschrift machen nach Auffassung der Einzelrichterin deutlich, dass es sich hierbei um wichtige Informationen handelt, zumal der Hinweis auf die Unzulässigkeit zur Einlegung des Rechtsbehelfs per einfacher E-Mail sogar mit einem Ausrufezeichen endete. Die persönliche und belastende Situation der Klägerin zum Zeitpunkt ihrer Widerspruchseinlegung ist äußerst bedauerlich. Allerdings entbindet sie das nicht von der Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten. Schließlich war es ihr auch möglich, sich mit ihrem Vorbringen per E-Mail an das * zu wenden. Außerdem ist es ihr gelungen, trotz der großen psychischen und physischen Belastung eine mehrseitige Widerspruchsbegründung zu verfassen, die ebenfalls auf den 5. Mai 2020 datiert. Deshalb war sie keineswegs in einem Zustand der Handlungsunfähigkeit. Von einem zumindest fahrlässigen Handeln ist daher auszugehen.
Soweit die Klägerin – wie sie es in ihrer eidesstattlichen Versicherung vorträgt – irrig davon ausging, eine E-Mail wahre die Frist, hinderte diese lediglich subjektive Vorstellung (Motivirrtum) nicht die rechtzeitige – und ggf. zur Fristwahrung wenigstens vorsorgliche – Erhebung eines schriftlichen Widerspruchs (vgl. BayVGH, U.v. 14.10.2014 – 22 A 13.40069 – juris Rn. 37). Ein objektives Hindernis im Sinne von Art. 32 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG bestand also nicht.
Ein Mitverschulden durch das * ist nicht ersichtlich. Wesentliche (Mit-)Ursache der Fristversäumnis ist das Behördenhandeln regelmäßig, wenn die Behörde bei einer Privatperson einen Rechtsirrtum erzeugt (Baer in Schoch/Schneider, VwVfG, Stand: Juli 2020, § 32 Rn. 61). Wie bereits erwähnt, ist von einem beachtlichen Rechtsirrtum nicht auszugehen. Durch die ausdrücklichen Hinweise zur Rechtsbehelfsbelehrungwurde ein Irrtum nicht erzeugt, sondern vermieden. Ein erneuter Hinweis durch die Behörde auf die Unzulässigkeit war nicht erforderlich; insbesondere nicht vor dem Hintergrund, dass die Klägerin in ihrer E-Mail auch angekündigt hatte, in den nächsten Tagen eine Begründung nachzureichen.
Da die Einlegung des Widerspruchs schuldhaft nicht formgerecht erfolgte, kommt es auf die Frage, ob das Gericht während eines anhängigen Klageverfahrens Wiedereinsetzung in die (behördliche) Widerspruchsfrist gewähren kann, nicht an (str., siehe Michler in Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, Stand 01.07.2021, Rn. 43; für eine Wandelung eines etwaigen Wiedereinsetzungsanspruchs in einen Anspruch auf Berücksichtigung (des nicht rechtzeitig eingewendeten Vorbringens) im gerichtlichen Verfahren (BVerwG, Gb.v. 30.7.1998 – 4 A 1/98 – juris Rn. 20; BayVGH, U.v. 14.10.2014 – 22 A 13.40069 – juris Rn. 34).
Die Klage war daher als unzulässig abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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