IT- und Medienrecht

Bestimmung eines zuständigen Gerichts nur auf Antrag des Klägers

Aktenzeichen  34 AR 216/17

Datum:
25.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MDR – 2018, 550
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3

 

Leitsatz

Die Bestimmung eines zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kann nur auf Antrag des Klägers erfolgen. Die Vorlageverfügung eines Gerichts ist nicht ausreichend. Eine Bestimmung kann auch nicht von Amts wegen erfolgen. (Rn. 4)

Verfahrensgang

10 O 7201/17 2017-10-09 Vfg LGMUENCHENI LG München I

Tenor

Die Bestimmung eines zuständigen Gerichts wird abgelehnt.

Gründe

I.
Die Klägerin begehrt mit ihrer zum Landgericht München I (Az.: 10 O 7201/17) erhobenen Klage von den beiden Beklagten als Gesamtschuldnerinnen Ersatz des Schadens, der ihr durch den Kauf eines mit einer manipulierten Abgassoftware ausgestatteten Gebrauchtwagens entstanden sein soll. Zur Begründung trägt sie vor, sie habe den PKW 2014 bei der in München ansässigen Beklagten zu 1 erworben. Bei der im Landgerichtsbezirk Braunschweig ansässigen Beklagten zu 2 handele es sich um die Herstellerin. Die Klägerin ist der Ansicht, sie sei wegen des Mangels wirksam vom Vertrag zurückgetreten. Die Beklagte zu 2 hafte ihr als mittelbare Täterin für den durch den unwissenden Verkäufer begangenen Betrug nach deliktischen Grundsätzen.
Mit Verfügung vom 15.9.2017 wies das Landgericht München I darauf hin, dass es für die Beklagte zu 2 örtlich nicht zuständig sei. Gleichzeitig forderte es die Klägerin auf, entweder Antrag auf Abtrennung des Verfahrens gegen die Beklagte zu 2 und insoweit Verweisung oder aber Antrag auf Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zu stellen. Mit Schriftsatz vom 25.9.2017 beantragte die Klägerin, den gesamten Rechtsstreit an das Landgericht München II zu verweisen. Mit Verfügung vom 9.10.2017 wies das Landgericht München I darauf hin, dass eine Verweisung hinsichtlich der Beklagten zu 1 nicht möglich sei, weil die Klägerin insoweit ihr Wahlrecht (§ 35 ZPO) ausgeübt habe. Weiter führte es aus, dass es, wenn die Klägerin keinen Verweisungsantrag allein hinsichtlich der Beklagten zu 2 stelle, beabsichtige, das Verfahren dem Oberlandesgericht nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO vorzulegen. Daraufhin beantragte die Klägerin mit Schriftsatz vom 12.10.2017, das Landgericht München II als zuständiges Gericht zu bestimmen. Zur Begründung führte sie aus, dass nach ihrer Auffassung jedenfalls das Landgericht München II das zuständige Gericht sei. In der mündlichen Verhandlung vom 9.11.2017 führte das Landgericht aus, dass nach dem bisherigen Vortrag der Klägerin eine örtliche Zuständigkeit für die Beklagte zu 2 nicht bestehe. Die Beklagte zu 2 erhob erneut die Rüge der örtlichen Unzuständigkeit. Mit Schriftsatz vom 6.12.2017 führte die Klägerin unter Bezugnahme auf die Hinweise des Gerichts u.a. aus, dass ihrer Ansicht nach das Landgericht München I für beide Beklagte örtlich zuständig sei. Hilfsweise, für den Fall, dass das Landgericht weiterhin an seiner Auffassung festhalte, stelle sie den Antrag, den Rechtsstreit hinsichtlich der Beklagten zu 2 an das Landgericht München II zu verweisen. Daraufhin hob das Landgericht München I den für den 21.12.2017 bestimmten Verkündungstermin mit der Begründung „Vorlage zur Bestimmung der Zuständigkeit“ auf und übersandte die Akten an das Oberlandesgericht.
II.
Eine Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kann nicht erfolgen, da die gesetzlichen Voraussetzungen fehlen.
Für eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist stets ein Antrag des Klägers erforderlich. Die durch § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO eröffnete Möglichkeit, aus prozessökonomischen Gründen ein gemeinsames Gericht für Streitgenossen zu bestimmen, dient nicht dazu, dem Gericht der Hauptsache die Prüfung der Zuständigkeit abzunehmen. Es kann daher das Verfahren nicht von sich aus zur Bestimmung vorlegen, wenn es hinsichtlich einzelner Streitgenossen seine Zuständigkeit bezweifelt (Musielak/Voit ZPO 14. Aufl. § 36 Rn. 16 m.w.N.; Hüßtege in Thomas/Putzo ZPO 38. Aufl. § 36 Rn. 2; Zöller/Schultzky ZPO 32. Aufl. § 37 Rn. 2; jeweils m.w.N.). Ebensowenig kann eine Bestimmung von Amts wegen vorgenommen werden. Erhebt ein Kläger eine im Verhältnis zu einigen Beklagten wegen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts unzulässige Klage, so ist es allein Sache des Klägers, durch eine nachträgliche Gerichtsstandsbestimmung die Zuständigkeit herbeizuführen. Unterlässt er dies – etwa weil nach seiner Ansicht das angerufene Gericht für alle Beklagten zuständig ist -, so hat er einen Anspruch auf Klärung (notfalls mit Hilfe eines Rechtsmittels), der ihm nicht durch eine von Amts wegen vorgenommene Gerichtsstandsbestimmung genommen werden darf.
An einem derartigen Antrag fehlt es aber. Bei dem mit Schriftsatz vom 12.10.2017 gestellten Antrag handelt es sich um keinen Bestimmungsantrag im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, da der Antrag nicht darauf gerichtet ist, ein gemeinsames Gericht deshalb zu bestimmen, weil für die beiden Beklagten kein gemeinsamer Gerichtsstand besteht. Vielmehr ist der Antrag darauf gerichtet, das Landgericht München II zu bestimmen, weil dort nach Ansicht der Klägerin für beide Beklagte einen gemeinsamer Gerichtsstand besteht. Doch selbst wenn man diesen Schriftsatz als Bestimmungsantrag auslegen würde, wäre er jedenfalls mittlerweile prozessual überholt. Denn die Klägerin hat zuletzt unmissverständlich klar gemacht, dass es das Landgericht München I hinsichtlich beider Beklagten für örtlich zuständig hält. Hilfsweise, für den Fall, dass das Landgericht die Zuständigkeit weiterhin anders bewerten sollte, wurde die Abtrennung des Verfahrens gegen die Beklagte zu 2 und Verweisung an das Landgericht München II beantragt.
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.


Ähnliche Artikel

Unerwünschte Werbung: Rechte und Schutz

Ganz gleich, ob ein Telefonanbieter Ihnen ein Produkt am Telefon aufschwatzen möchte oder eine Krankenkasse Sie abwerben möchte – nervig können unerwünschte Werbeanrufe, -emails oder -schreiben schnell werden. Was erlaubt ist und wie Sie dagegen vorgehen können, erfahren Sie hier.
Mehr lesen

Was tun bei einer negativen Bewertung im Internet?

Kundenbewertungen bei Google sind wichtig für Unternehmen, da sich potenzielle Neukunden oft daran orientieren. Doch was, wenn man negative Bewertungen bekommt oder im schlimmsten Fall sogar falsche? Das kann schädlich für das Geschäft sein. Wir erklären Ihnen, was Sie zu dem Thema wissen sollten.
Mehr lesen

Der Influencer Vertrag

In den letzten Jahren hat sich Influencer Marketing einen starken Namen in der Werbebranche gemacht. Viele Unternehmen setzen auf platzierte Werbeanzeigen durch Influencer. Was jedoch zwischen Unternehmer und Influencer vertraglich im Vorfeld zu beachten ist, werden wir Ihnen im Folgenden erläutern.
Mehr lesen


Nach oben