IT- und Medienrecht

Diesel Abgasskandal

Aktenzeichen  73 O 75/19

Datum:
20.9.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 54569
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
EG-FGV § 25 Abs. 2, § 27 Abs. 1
HGB § 377 Abs. 3
BGB § 123 Abs. 2, § 134, § 278, § 346 Abs. 1, § 433, § 434, § 437 Nr. 2, § 323 Abs. 5

 

Leitsatz

Ein Verstoß gegen § 27 Abs. 1 EG-FGV führt nicht keinesfalls zu einer Nichtigkeit des Kaufvertrages. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 72.500,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist teilweise unzulässig, zumindest vollumfänglich unbegründet und daher abzuweisen.
I.
Die Klage ist in Ziffer 2. unzulässig.
Zwar ist das Landgericht Landshut örtlich gemäß § 32 ZPO zuständig, da der Kläger seine Ansprüche auch und im Wesentlichen auf deliktische Ansprüche stützt.
Es fehlt jedoch das Feststellungsinteresse wegen des Vorrangs der Leistungsklage, § 256 Abs. 1 ZPO.
Die Höhe des Kaufpreises, welchen der Kläger hier in erster Linie begehrt (vgl. Klageschrift vom 09.01.2019, dort S. 137), ist bezifferbar. Eine Feststellungsklage ist jedoch lediglich dann zulässig, wenn dem Kläger eine Bezifferung seines Schadens gegenwärtig nicht möglich wäre bzw., wenn der Kläger seinen Schaden nicht ohne Durchführung einer aufwändigen Begutachtung beziffern kann oder noch nicht beziffern kann, weil Art, Umfang, Dauer und Kosten der Schadensbehebung noch offen sind (vgl. BGH NJW-RR 2008, 1520). Auch ist für eine zulässige Antragstellung weder eine Darlegung der Höhe der Nutzungsentschädigung durch die Beklagte noch ein Sachverständigengutachten erforderlich. Denn ein etwaiger Vorteil wird vom Schadensersatzanspruch automatisch abgezogen, ohne dass es einer entsprechenden Erklärung des Schädigers bedarf. Auch weitere drohende Schäden sind nicht ersichtlich, sodass gerade nicht bislang lediglich ein Teil des geltend gemachten Schadens schon entstanden und damit bezifferbar wäre. Soweit klägerseits vorgetragen wird, dass eine Zulässigkeit bereits deshalb gegeben sei, weil eine Feststellungsklage gegen große Unternehmen immer zulässig sei, da solche die Schadensersatzansprüche erfüllen werden und dafür die Feststellungsklage ausreiche, ist dies nicht zutreffend. Dies wird in der Rechtsprechung bejaht bei Klagen gegen große Versicherungsunternehmen, welche besondere Pflichten treffen und deren Hauptgeschäft gerade die Schadensregulierung gegenüber Endkunden ist (vgl. BGH, Urt. v. 09.03.2004, Az. VI ZR 439/02), außerdem bei Klagen gegen öffentliche Behörden oder soweit sich Parteien ausdrücklich darüber einig sind, einen Rechtstreit durch eine Feststellungsklage klären zu lassen (vgl. BGH, NJW 1995, 2221). Keine dieser Voraussetzungen für ein Feststellungsinteresse trotz Vorrangs der Leistungsklage liegt vor.
Klageantrag 2. ist daher unzulässig. Hierauf musste das Gericht nicht gemäß § 139 Abs. 1 ZPO hinweisen, weil die Beklagte zu 2) hierauf in ihrem Schriftsatz vom 18.04.2019 (dort S. 2 und 35) verwiesen hat. Außerdem wäre die Klage auch bei unterstellter Zulässigkeit unbegründet.
II.
Die Klage ist überdies unbegründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu.
1. Zunächst hat der Kläger keine Ansprüche gegen die Beklagte zu 1).
a. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB, denn der Kaufvertrag ist nicht von Anfang an nichtig.
Der Kläger hat den Kaufvertrag nicht wirksam angefochten. Dem Kläger stand kein Anfechtungsrecht im Sinne des § 123 BGB zu, sodass die Anfechtungserklärung ins Leere ging.
Unstreitig erfolgte eine arglistige Täuschung durch die Beklagte zu 1) nicht.
Der Beklagten zu 2) ist auch eine etwaige Täuschung der Beklagten zu 2) nicht zuzurechnen, denn diese ist „Dritte“ im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB. „Nichtdritter“ im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB kann nur sein, wer nicht Vertragspartei ist und aber gleichwohl im Lager des Vertragspartners des Getäuschten steht. Hierfür ist nicht ausreichend, dass die Beklagten ihrerseits in einem Vertragsverhältnis zueinander stehen. Vielmehr kann aus dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung auf den Rechtsgedanken des § 278 BGB abgestellt werden. Im dortigen Fall muss sich ein Vertragspartner das Verschulden seines Erfüllungsgehilfen zurechnen lassen. Erforderlich ist insoweit, dass die Rechtsbeziehungen zwischen dem Täuschenden und dem Vertragspartner des Getäuschten so eng sind, dass dieser sich die Täuschung zurechnen lassen muss. Dies kann regelmäßig angenommen werden, wenn der Täuschende im Pflichtenkreis des Vertragspartners tätig wird. Unerheblich ist insoweit, dass die Beklagte zu 1) die an die Kunden weitergegebenen Informationen von der Beklagten zu 2) bezieht. Dies liegt in der Natur der Sache und vermag eine besondere Nähe zwischen den Beklagten nicht zu begründen. Erforderlich und dem Sinn und Zweck der Vorschrift gemäß ist eine Verbindung, die derart eng ist, dass sich der Vertragspartner eine Täuschung wie eine eigene zurechnen lassen muss und ein Festhalten des Vertragspartners an dem Vertrag unzumutbar macht.
Eine derartige Nähe kann im Verhältnis zwischen Hersteller und (Vertrags-)Händler nicht angenommen werden. Die höchstrichterliche Rechtsprechung geht davon aus, dass Hersteller regelmäßig nicht denselben Pflichtenkreis teilen wie der Händler. Dem tritt das Gericht bei. Der Hersteller schuldet dem Endkäufer nicht die Übereignung des Fahrzeugs. Umgekehrt schuldet der Händler nicht die Herstellung. Eine Überschneidung der Pflichtenkreise besteht insoweit gerade nicht.
Besondere Umstände, die für den hiesigen Fall ein anderes Ergebnis rechtfertigen würden, hat der Kläger nicht vorgetragen und sind auch im Übrigen für das Gericht nicht ersichtlich.
Eine Nichtigkeit des Kaufvertrages ergibt sich auch nicht aus einem Verstoß gegen ein Verbotsgesetz, § 134 BGB i.V.m. § 27 Abs. 1 EG-FGV.
Selbst wenn man einen Verstoß gegen § 27 Abs. 1 EG-FGV annehmen würde, führt dies keinesfalls zu einer Nichtigkeit des Kaufvertrages. Um die Nichtigkeit nach § 134 BGB auszulösen, ist stets ein bewusster und beiderseitiger Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot erforderlich.
§ 27 Abs. 1 EG-FGV stellt ein solches Verbotsgesetz nicht dar (vgl. so auch Armbrüster, NJW 2018, 3481). Ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB können nur solche Rechtsnormen im Sinne des Art. 2 EGBGB sein, die eine nach der Rechtsordnung grundsätzlich mögliche Regelung wegen ihres Inhalts oder wegen der Umstände ihres Zustandekommens untersagen. Letztlich muss sich das Verbot gegen die Vornahme des Rechtsgeschäfts als solches richten. Ein Verbotsgesetz liegt damit nur dann vor, wenn die Verletzung der Norm auch zur zivilrechtlichen Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führen soll, wenn also der wirtschaftliche Erfolg schlechthin verhindert werden soll. Ein entsprechendes Durchschlagen auf die zivilrechtliche Ebene kann indes regelmäßig nur dann angenommen werden, wenn die Abwehrmöglichkeiten des betroffenen Gesetzes allein nicht ausreichen würden. Die EG-FGV ist indes ihrerseits wehrhaft genug ausgestaltet. Auch wenn der Kaufvertrag über das Fahrzeug im Falle einer unwirksamen Übereinstimmungsbescheinigung wirksam bleibt, kann das KBA nach § 25 EG-FGV die erforderlichen Maßnahmen anordnen, um die Übereinstimmung der Produktion mit dem genehmigten Typ sicherzustellen. Letztlich kann die Nichtigkeit des Kaufvertrages auch deshalb nicht gewollt sein, weil diese für die Erwerber, der ja gerade nicht gegen Rechtsnormen verstoßen hat, regelmäßig ungünstige Folgen zeitigt.
Außerdem liegt kein bewusster, beidseitiger Verstoß gegen § 27 Abs. 1 EG-FGV vor. Dafür, dass der Kläger bewusst gegen das Verbot verstoßen hätte bzw. den Verstoß durch die Beklagte zu 1) bewusst gebilligt hätte, hat der Kläger nichts vorgetragen.
Im Übrigen führt ein Verstoß gegen eine Norm, welche Rechtsgeschäfte nur für einen Teil verbietet, regelmäßig nicht zur Nichtigkeit des gesamten Rechtsgeschäfts (BGH NJW 2000, 1186).
Der Kaufvertrag besteht damit weiter fort.
b. Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 1) weiter keinen Anspruch aus § 346 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 433, 434, 437 Nr. 2, 323 Abs. 5 BGB.
Das Gericht geht bereits davon aus, dass ein Sachmangel des streitgegenständlichen Fahrzeugs nicht mehr gegeben ist.
Das Gericht geht zunächst davon aus, dass das streitgegenständliche Fahrzeug in seiner ursprünglichen Motorenkonfiguration mangelhaft im Sinne des § 434 Abs. 1 S.2 Nr.2 BGB gewesen ist und macht sich diesbezüglich die Begründung des BGH (vgl. NJW 2019, 1133) zu eigen.
Zum streitgegenständlichen Zeitpunkt der Rücktrittserklärung (im Jahr 2018) war das Auto jedoch bereits nachgebessert und mangelfrei.
Der Kläger hat angegeben, dass bei seinem Fahrzeug das „2016er“ Softwareupdate durchgeführt wurde. Anders als in den amtsbekannten Fällen im Zusammenhang mit dem Motor EA189 von Volkswagen lag zu diesem Zeitpunkt noch kein bestandskräftiger Bescheid des KBA vor, durch den nachträgliche Nebenbestimmungen zur EG-Typengenehmigung erlassen worden wären. Ein solcher folgte erst im Juli 2018. Zum Zeitpunkt dieser „verbindlichen Anordnung“ von Servicemaßnahmen hatte das Fahrzeug des Klägers also bereits den ordnungsgemäßen und gesetzeskonformen, mithin mangelfreien Zustand, wie sich aus Anlage B1 der Prozessbevollmächtigen der Beklagten zu 1) ergibt.
Sofern man unterstellen würde, erst ein weiteres Update, welches im Anschluss an den Bescheid des KBA aus dem Juli 2018 angeboten wurde, würde zu einem ordnungsgemäßen Zustand (vgl. Anlage B2 der Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1)), dann würde der Anspruch aus §§ 433, 434 Abs. 1, 437 Nr. 2, 323 Abs. 5 BGB daran scheitern, dass der Beklagten zu 1) einerseits keine Gelegenheit zur Nacherfüllung gegeben wurde, der Mangel aber zumindest unerhebliche im Sinne von § 323 Abs. 5 BGB wäre.
Ein zweites Update hat der Kläger nicht mehr durchführen lassen.
Weder aus dem Vortrag der Parteien noch aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass die Nachrüstung nicht zeitgerecht vorgenommen worden wäre oder unzumutbar lange gedauert hätte. Vielmehr hat der Kläger sogar erst nachträglich von der Durchführung des Updates erfahren. Dem Argument des Klägers, er sei arglistig getäuscht worden, deswegen müsse er auch keine Nachbesserung vornehmen lassen, kann ebenfalls nicht gefolgt werden. Wie dargelegt, muss sich die Beklagte zu 1) die Kenntnis von Verantwortlichen des Herstellerkonzerns zur Manipulation der Abgaswerte nicht zurechnen lassen. Auch aus anderen Gründen war es nicht entbehrlich, die Beklagte zu 1) zur Nacherfüllung aufzufordern und hierzu eine Frist zu setzen. Nach § 440 BGB bedarf es keiner Fristsetzung, wenn von vornherein feststeht, dass die Nacherfüllung fehl schlägt, oder wenn sie dem Käufer unzumutbar ist. Die diesbezüglichen Voraussetzungen hat der Kläger nicht hinreichend substanziiert dargetan.
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang in den Raum stellt, dass zugesicherte Abgaswerte nicht erreicht werden würden, dass Verbrauchswerte steigen und Leistungswerte sinken würden, kann das Gericht weder aus den vertraglichen Unterlagen noch aus dem Vortrag des Klägers eine vertragliche Vereinbarung über bestimmte Abgas-, Verbrauchs- und/oder Leistungswerte entnehmen. Die einzige vertragliche Regelung, die die Parteien getroffen haben, ist, dass der Wagen die Abgasnorm EU 6 einhält. Hierzu haben die Beklagten vorgetragen, dass die Beklagte zu 2) über ein taugliches Software-Update verfügt, das den Mangel beseitigt, und dass dem Maßnahmenplan vom Kraftfahrtbundesamt zugestimmt worden ist. Diesem Vorbringen ist der Kläger weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung entgegengetreten. Auch ansonsten enthält der Vortrag des Klägers keine konkreten Darlegungen, aus denen der Schluss einer Entbehrlichkeit der Fristsetzung gezogen werden könnte. Insbesondere genügt die pauschale Behauptung, dass Verbrauchswerte steigen und Leistungswerte sinken, auch nicht für eine Darlegung der Unzumutbarkeit der Nachbesserung. Weder wird mitgeteilt, welche Verbrauchs- bzw. Leistungswerte aus Sicht des Kl. eingehalten werden müssten, noch wie sich diese bei einer Nachrüstung nachteilig verändern würden. Dass der Wagen nach einer Nachrüstung immer noch mangelhaft wäre oder einen anderen Mangel hätte, ist damit nicht hinreichend dargetan (vgl. auch BGH, NJW 2007, 2111 zum unwesentlichen Abweichen des Kraftstoffverbrauchs von den Herstellerangaben beim Kauf eines Neuwagens). Es fehlt an der Darlegung konkreter Anknüpfungstatsachen seitens des Klägers.
Darüber hinaus ist nach § 323 Abs. 5 S.2 BGB der Rücktritt ausgeschlossen, wenn die in der Mangelhaftigkeit der Kaufsache liegende Pflichtverletzung unerheblich ist, das heißt, wenn der Mangel geringfügig ist. Das ist nach der Rechtsprechung des BGH der Fall, wenn der Mangel behebbar und die Kosten der Mangelbeseitigung im Verhältnis zum Kaufpreis geringfügig sind. Mängel, deren Beseitigung Aufwendungen in Höhe von nur knapp einem Prozent des Kaufpreises erfordern, sind unzweifelhaft als unerheblich iSd der Norm einzustufen, so dass auf sie ein Rücktritt nicht gestützt werden kann (vgl. BGH, NJW 2011, 2872) . Wie dargelegt, ist der Kläger dem Vortrag der Beklagten zur Behebbarkeit des Mangels nicht substanziiert entgegengetreten (s. o.). Ebenso wenig hat der Kläger den Vortrag der Beklagten zu 1) bestritten, die Kosten für das Aufspielen der neuen Software würden unter 100 Euro liegen, mithin nicht einmal 1% des Kaufpreises erreichen. Auch aus diesem Grund scheidet ein Rücktritt vorliegend aus. Die Erheblichkeit des Mangels ergibt sich auch nicht, wie der Kläger meint, aus der behaupteten arglistigen Täuschung, weil die Beklagte zu 1) weder getäuscht hat noch sich Fehlverhalten Dritter (Hersteller) zurechnen lassen muss (s. o.).
Wie aber bereits ausgeführt kommt es nach Meinung des Gerichts angesichts der Mangelfreiheit des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Rücktritt auf die Ausführungen zur Nachfrist und Erheblichkeit des Mangels sowie auf eine mögliche Verletzung der Rügeobliegenheit aus § 377 HGB gar nicht mehr an.
c. Eine Haftung der Beklagten zu 1) ergibt sich auch nicht aus den Grundsätzen der Prospekthaftung. Dies ist schon deshalb verfehlt, da sich der Kläger nicht an einer Gesellschaft beteiligt hat, sondern ein Kfz erworben hat. Das Kaufrecht regelt derartige Ansprüche abschließend, sodass Ansprüche nach §§ 311, 241 ff. BGB ausgeschlossen sind und durch die Mängelgewährleistungsrechte verdrängt werden.
Denn die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Prospekthaftung im Bereich des „grauen“ Kapitalmarkts sind nicht übertragbar. In derartigen Fällen stellt der Prospekt im Regelfall die einzige Informationsquelle für den Anleger dar. Dies ist bei Kfz-Kaufverträgen nicht der Fall. Hier bestehen für den potenziellen Käufer eine Vielzahl von alternativen Erkenntnismöglichkeiten, insbesondere aus Fachzeitschriften oder durch Vornahme einer Probefahrt, so dass eine gleichartige Schutzbedürftigkeit wie im Bereich des „grauen“ Kapitalmarkts nicht gegeben ist. Zudem ist auszuführen, dass die Kenntnisse der Beklagten zu 2) auch hier, wie ausgeführt, der Beklagten zu 1) nicht zurechenbar sind.
2. Der Kläger hat auch keine Ansprüche gegen die Beklagte zu 2).
a) Die Kläger kann die Beklagte nicht aus Vertrauenshaftung nach §§ 311 Abs. 2, 3, 241 Abs. 2 BGB in Anspruch nehmen. Der Kläger trägt keine Tatsachen vor, aus denen sich ergäbe, dass die Beklagte den Erwerb des streitgegenständlichen Pkw durch den Kläger von einer dritten Person durch Inanspruchnahme von Vertrauen in besonderem Maße erheblich beeinflusst hätte. Hierfür ist es jedenfalls nicht ausreichend, dass dem Kläger beim Erwerb die Marke des Pkw und allgemeine werblichen Aussagen der Beklagten bekannt waren, denn werbliche Anpreisungen eines Fahrzeugs durch seinen Hersteller sind nach der Verkehrsanschauung nicht geeignet, einen gesteigerten Vertrauenstatbestand zu begründen. Ein sich so konstruierende Haftung hätte eine völlig uferlose Reichweite, gerade bei großen Markteilnehmern mit einem „Namen“ von überragender Bekanntheit. Insbesondere wurde auch hinsichtlich der Übereinstimmungsgenehmigung nicht gegen eine Aufklärungspflicht verstoßen. Das Fahrzeug unterfällt der für den Typ bestehenden Typengenehmigung, diese ist nicht erloschen (vgl. Anlage B2 der Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 1)). Es existiert ein bestandskräftiger Bescheid des KBA, nachdem das Fahrzeug in seiner Konfiguration nach dem Update den Voraussetzungen der Schadstoffklasse Euro-6 entspricht. Dass dem klägerischen Fahrzeug dennoch ein Entzug der Typengenehmigung drohen würde, ist dem Gericht nicht ersichtlich.
Soweit der Kläger in der Klageschrift pauschal auf Ansprüche nach den Grundsätzen culpa in contrahendo verweist, ergibt sich schon nicht, wie eine vorvertragliche Pflichtverletzung gegenüber dem Hersteller eines Fahrzeugs bestehen soll. Dies wird seitens des Klägers auch nicht näher ausgeführt. Nachdem die Beklagte zu 2) nicht Vertragspartner des Klägers geworden ist, können Ansprüche auf die Fehlerhaftigkeit von Verkaufsunterlagen der Beklagten zu 2) nicht gestützt werden. Die für das Kapitalanlagerecht entwickelten Grundsätze der Prospekthaftung sind hier nicht analog anwendbar, da im Gegensatz zu den Kapitalanlagesachen der Käufer von Wertpapieren nicht Vertragspartner des Prospektemittenten wird. Ohnehin hat der Kläger auch nicht vorgetragen, welche Prospekte er eigentlich bei seiner Kaufentscheidung überhaupt beeinflusst haben.
b) Ebenso bestehen keine Ansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. dem UWG. Ein solcher Anspruch scheitert bereits daran, dass §§ 3, 16 UWG keine Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB sind (Palandt, BGB, 76. A., § 823, Rn. 72). Selbst wenn man dies anders sähe, fehlt es bereits daran, dass nicht klar wird, worin das „besonders günstige Angebot“ bestehen soll, welches die Beklagte zu 2) offerieren müsste. Es verbleibt bei der reinen Behauptung der Klagepartei, dass ein ordnungsgemäßes Fahrzeug teurer gewesen wäre. Konkret wird man hier nicht. Hier wird ersichtlich Ursache und Wirkung verwechselt. Wie sich aus den KBA-Unterlagen ergibt, wäre mit dem Softwareupdate das Fahrzeug von Anfang an innerhalb der Euro-6-Norm zu betreiben gewesen. Die Kosten, welche die Beklagte zu 2) aufgrund der vom KBA angeordneten Nachbesserung an der Motorsoftware aufwenden muss, können nicht für die Beurteilung eines „besonders günstigen Angebots“ herangezogen werden. Es darf vielmehr berechtigterweise davon ausgegangen werden, dass die Entwicklung der jetzt eingesetzten Software bei Entwicklung des streitgegenständlichen Motors die gleichen Kosten hervorgerufen hätte und damit wie Sowieso-Kosten zu behandeln gewesen wären. Davon abgesehen ist fraglich, ob die Verletzung einer Vorschrift über irreführende Werbung einen kausalen Schaden bei einem Kunden des Autohauses hervorrufen kann. Außerdem stellt die Anpreisung bestimmter Abgaswerte nicht die Anpreisung eines besonderen Vorteils dar, weil alle Fahrzeuge am Markt diese Werte einhalten müssen (vgl. LG Braunschweig, 11 O 4019/16).
Ebenso steht dem Kläger kein Anspruch aus § 823 Abs. 2 iVm § 4 Nr.11 UWG a. F. zu. Die Beklagte zu 2) hat nicht gegen Vorschriften verstoßen, deren Einhaltung diese Norm schützt. Die §§ 1, 4, 5 Pkw-EnVKV gebieten lediglich, dass die im Typengehemigungsverfahren erzielten Kraftstoffverbrauchs- und Emissionswerte zu nennen sind. Die in dem Verfahren gewonnenen Werte wurden unstreitig auch veröffentlicht.
c) Entsprechendes gilt für § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6, 27 EG-FGV. Diesen Vorschriften fehlt der Schutzgesetzcharakter, weshalb auch dahinstehen kann, ob die Beklagte diese Vorschrift tatsächlich verletzt hat. Ein Schutzgesetz ist dann ein solches, wenn es zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsgutes zu schützen (Sprau in Palandt, BGB, 77. Aufl., § 823, RdNr. 58). Dabei kommt es auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten eben dieser Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder zumindest mitgewollt hat. Bei Vorschriften, die – wie hier §§ 6, 27 EG-FGV – Richtlinien umsetzen, kommt es nach der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung insoweit maßgeblich auf den Inhalt und Zweck der Richtlinie – hier der RL 2007/45/EG – an (LG Braunschweig, Urteil vom 10.01.2018, Az. 3 O 622/17, RdNr. 27 mit Verweis auf BGH, EuGH-Vorlage vom 09.04.2015, Az. VII ZR 36/14).
Die RL 2007/46/EG bezweckt jedoch die Harmonisierung des Binnenmarktes und zielt auf hohe Verkehrssicherheit, hohen Schutz der Umwelt und Gesundheit, rationale Energienutzung und wirksamen Schutz gegen unbefugte Benutzung ab (vgl. Erwägungsgründe 2 und 3 der Richtlinie (s.o.)). Der Richtlinie ist nicht zu entnehmen, dass der Richtliniengeber darüber hinaus den Schutz des einzelnen Fahrzeugerwerbers bzw. -besitzers gegen Vermögensbeeinträchtigungen im Blick hatte (LG Braunschweig, a.a.O., RdNr. 28).
d) Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 2) keinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. § 263 StGB oder § 826 BGB.
Der Tatbestand des Betruges ist bereits in objektiver Hinsicht nicht erfüllt. Es fehlt an einer Täuschung durch die Beklagte zu 2).
Angesichts des unstreitigen Umstands, dass die fraglichen Motoren von Dritten zugekauft wurden, liegt eine Täuschungshandlung durch die Beklagte zu 2) fern, weshalb der vom Kläger behauptete Vertrauensverlust einer tragfähigen und nachvollziehbaren Grundlage entbehrt (OLG München, Beschl. vom 18.06.2019, Az.: 20 U 1934/18).
Weiter hat der Kläger bereits nicht dargelegt, inwiefern der Beklagten zu 2) ein vorsätzliches Handeln zur Last fallen sollte.
Den Anforderungen an einen substanziierten Vortrag genügt der klägerische Vortrag vorliegend nicht. Selbst wenn man von einer gesetzeswidrige Motorsteuerungssoftware ausgeht und auch unterstellt, dass hierin eine Schädigung des Klägers erkennt, bleibt dennoch unklar, worin die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung oder eine sonstige unerlaubte Handlung in Form einer konkreten Täuschung der Beklagten 2), als juristischer Person, bestanden haben soll.
Die Beklagte zu 2) müsste sich ggf. das Wissen und Verhalten ihrer Repräsentanten/ Organe auch im Zusammenhang mit der Haftung nach § 826 BGB zurechnen lassen. Grundsätzlich haftet eine juristische Person gemäß § 31 BGB für das Verhalten ihrer verfassungsmäßigen Vertreter. Diese Repräsentantenhaftung gilt nicht nur im vertraglichen Bereich, sondern auch bei der deliktischen Haftung. Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung (Urteil v. 28.06.2016, Az.: VI ZR 536/15 = NJW 2017, 250, 251 Rz. 13) im Zusammenhang mit der Haftung nach § 826 BGB ausdrücklich auf die weite Auslegung des Begriffs des verfassungsmäßigen Vertreters hingewiesen und die hierzu ergangene Grundsatzentscheidung zitiert (BGH,Urt. v. 30.10.1967, Az.: VIi ZR 82/65 = NJW 1968, 391 = BGHZ 49, 19).
Vor diesem Hintergrund ist der klägerische Vortrag nicht geeignet, die von Klägerseite geltend gemachten Rechtsfolgen zu begründen. Der Vortrag in der Klageschrift vom 11.04.2018 (BI. 3 ff. d. A.) erschöpft sich weitgehend in Ausführungen zu den Ermittlungen und Feststellungen USamerikanischer Behörden zu den Vorgängen in den Vereinigten Staaten von Amerika und den dortigen Einlassungen der Volkswagen AG bzw. konzernangehöriger Tochtergesellschaften. Eine Verbindung zu dem streitgegenständlichen Fahrzeug – einem in Deutschland erworbenen Porsche – ist nicht ersichtlich. Der Kläger führt an keiner Stelle aus, welchen Wissensstand die Porsche-Verantwortlichen zu welchem Zeitpunkt hatten oder wann, wo und durch wen bei der Beklagten zu2) die bewusste Entscheidung zum Einsatz einer bekannt nicht regelkonformen Motorsteuerungssoftware gefallen sein soll.
Die Beklagte zu 2) hat demgegenüber schlüssig dazu ausgeführt, dass sie den Motor von Audi nur zugekauft hat (was unstreitig ist) und von Audi bis ins das Jahr 2017 hinein mitgeteilt worden sei, es liege keine unzulässige Abschalteinrichtung vor.
Es genügt diesbezüglich nicht, einfach nur vorzutragen, aus welchen Gründen die streitgegenständliche Software von anderen Konzerngesellschaften entwickelt worden ist und dass die Beklagte zu 2) bei der Markteinführung ihrer Dieselfahrzeuge mit diesen anderen Tochtergesellschaften des VW-Konzerns kooperiert hat. Daraus lässt sich nicht schließen, dass die Beklagte zu 2) sich bewusst für den Einsatz einer illegalen Software entschieden hätte.
Das Gericht verkennt nicht, dass der Kläger als außenstehender Dritte keine Kenntnis von internen Entscheidungsvorgängen bei der Beklagten haben kann und daher die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast trifft. Grundsätzlich muss ein Anspruchsteller alle Tatsachen behaupten und beweisen, aus denen sich sein Anspruch herleitet. Dieser Grundsatz bedarf jedoch dann einer Einschränkung, wenn die primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den Sachverhalt von sich aus nicht ermitteln kann, während dem Prozessgegner die erforderliche tatsächliche Aufklärung ohne weiteres möglich und auch zuzumuten ist. Dabei obliegt es dem Bestreitenden im Rahmen der sekundären Darlegungslast auch, zumutbare Nachforschungen zu unternehmen. Der Kläger hat hier aber schon nicht nachvollziehbar vorgetragen, dass die Beklagte eine eigene bewusste Entscheidung aufgrund eigener Sachkenntnis zum Einsatz der streitgegenständlichen Software getroffen hat. Im Wesentlichen erschöpft sich der Vortrag des Klägers darin, dass die Beklagte zu 2) zum VW-Konzern gehört und aus den USA bekannt sei, dass dort VW und seine Tochtergesellschaften bewusst auf die streitgegenständliche Software zurückgegriffen hätten. Dies kann aber auch vor dem Hintergrund der genannten Grundsätze für die primäre Darlegungslast des Klägers nicht genügen, weil die Verbindung der Vorgänge in den USA zu dem in Deutschland erworbenen Fahrzeug nicht hinreichend deutlich ist. Weiterhin ist es nicht naheliegend, anzunehmen, dass die Verantwortlichen einer konzernangehörigen Tochtergesellschaft über alle wesentlichen Vorgänge bei der Konzernmutter oder anderen konzernangehörigen Gesellschaften informiert sind. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um derart brisante Vorgänge wie den Einsatz einer nicht gesetzeskonformen Motorsteuerungssoftware handelt (vgl. so auch die sehr überzeugende Begründung des LG Stuttgart, 28 O 125/18).
Es kann vorliegend auch nicht die Rede davon sein, dass sich die Beklagte zu 2) jeglichen Angaben über ihre internen Vorgänge entzogen hat. Vielmehr meint das Gericht ohnehin, dass die Beklagte zu 2) einer sekundären Darlegungslast nachgekommen wäre, denn sie hat einigermaßen dezidiert dargestellt, dass ihr aufgrund diverser Zusicherung der Audi AG etwaige Umstände, die auf eine unzulässige Abschalteinrichtung hindeuteten, nicht bekannt gewesen seien (vgl. Hierzu Annex 1, Anlage zum Schriftsatz vom 13.06.19).
e) Eine Haftung des Herstellers aus §§ 826, 31 BGB scheitert (auch) daran, dass die Ersatzpflicht eines Schädigers auf solche Schäden beschränkt ist, die in den Schutzbereich des verletzten Ge- oder Verbots fallen. Auf eine derartige Eingrenzung kann, um das Haftungsrisiko in angemessenen und zumutbaren Grenzen zu halten, auch im Rahmen des § 826 BGB nicht verzichtet werden. Der von dem Käufer eines mit einer unzulässigen Abschaltvorrichtung versehenen Fahrzeugs geltend gemachte Schaden ist indes nicht vom Schutzzweck des § 826 BGB gedeckt.
Zutreffend ist, dass – wie bei allen deliktsrechtlichen Ansprüchen – die Ersatzpflicht eines Schädigers auf solche Schäden beschränkt ist, die in den Schutzbereich des verletzten Ge- oder Verbots fallen. Auf eine derartige Eingrenzung kann, um das Haftungsrisiko in angemessenen und zumutbaren Grenzen zu halten, auch im Rahmen des § 826 BGB nicht verzichtet werden. Ein Verhalten kann hinsichtlich der Herbeiführung bestimmter Schäden insbesondere auch hinsichtlich der Schädigung bestimmter Personen als sittlich anstößig zu werten sein, während ihm diese Qualifikation hinsichtlich anderer, wenn auch ebenfalls adäquat verursachter Schadensfolgen nicht zukommt. Die Ersatzpflicht beschränkt sich in einem solchen Fall auf diejenigen Schäden, die dem in sittlich anstößiger Weise geschaffenen Gefahrenbereich entstammen (BGHZ 96, 231, 236f). Damit wären die im Zusammenhang mit dem Gefahrenbereich „Übereinstimmungsbescheinigung/ Typengenehmigung“ möglicherweise entstandenen Schäden aus der Haftung auszunehmen, denn der Schutzzweck der diese Aspekte betreffenden gesetzlichen Regelungen des europäischen und des nationalen Rechts umfasst nicht den von dem Kläger geltend gemachten Schaden. Der Hersteller eines Fahrzeugs, das mit einer unzulässigen Abschaltvorrichtung (einer abgasbeeinflussenden Software) versehen ist, haftet dem Käufer des Fahrzeugs auch nicht nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-​FGV (s. o.). Der Hersteller hat zum einen nicht gegen die genannten Vorschriften verstoßen, da sowohl die Übereinstimmungsbescheinigung als auch die zugrundeliegende Typgenehmigung trotz der Abschaltvorrichtung (formell) wirksam bleiben. Zum anderen sind die Vorschriften nicht als Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB anzusehen, da sie nicht dazu dienen, das Vermögen des Erwerbers eines Kraftfahrzeugs zu schützen, sondern vor allem auf hohe Verkehrssicherheit, Gesundheits- und Umweltschutz und rationelle Energienutzung abzielen (vgl. Insoweit zutreffend OLG Braunschweig, a. a. O.; s. o.). Sonstige, zum Schutzzweck dieses Gefahrenbereichs gehörende Schäden sind jedenfalls nicht ersichtlich. Aufgrund des Umstands, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein Drittschutz nicht zwingende Voraussetzung für die Geltendmachung von Schäden im Rahmen des § 826 BGB ist, (so ausdrücklich für einen Verstoß gegen nicht drittschützende Normen des Wertpapierhandelsgesetzes BGH, Urteil vom 19. Juli 2014 – II ZR 402/02 -, BGHZ 160, 149-159, R. 43, zitiert nach juris; ebenso BGH, Urteil vom 20. November 1990 – VI ZR 6/90 -, R. 16, zitiert nach juris für den Verstoß gegen Einfuhrbestimmungen), gelangt man nach der vorzunehmenden Gesamtwürdigung nicht zu einer sittenwidrigen Schädigung der Endkunden und im vorliegenden Fall des Klägers. Denn Voraussetzung einer Haftung wäre das Bestehen einer Aufklärungspflicht gegenüber dem Kläger als potentiellem Käufer gewesen. Denn ohne Aufklärungspflicht fehlt es auch an einem Ansatzpunkt für eine Erörterung der Frage, ob eine darin begründete Pflichtverletzung von solcher Schwere ist, dass eine Aufklärung einem sittlichen Gebot entsprochen hätte. Das ist zu verneinen. Zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs gegenüber einer bestehenden vertraglichen oder vorvertraglichen Bindung, die eine Offenbarungspflicht nur bei Vorliegen erkennbar wertbestimmender Faktoren beinhaltet, ist hier ebenfalls darauf abzustellen, ob erhebliche wertbildende Faktoren verletzt werden. Das ist zu verneinen, zumal der Kläger sich schlicht auf die Behauptung beschränkt, ihr inzwischen entsprechend der Freigabeerklärung des KBA mit neuer Software ausgestattetes Fahrzeug sei jetzt weniger wert, ohne aber auf den Marktwert näher, bzw. in substantiierter Form einzugehen.
f) Spätestens beim Tatbestandsmerkmal des Schadens müssten die klägerischen Ansprüche jedoch scheitern.
aa) Selbst wenn man eine rechtlich relevante, vorsätzliche Täuschungshandlung und auch eine haftungsbegründende Kausalität (die angesichts der Ausführungen des Klägers im Termin im Übrigen auch sehr zweifelhaft ist, denn dass der Kläger sich für einen Porsche Macan Diesel entschieden haben will, um ein „möglichst sauberes Auto“ zu fahren, kann eigentlich nur Kopfschütteln auslösen) beim Anspruch nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB unterstellte, fehlte es jedenfalls an einer Stoffgleichheit zwischen dem Vermögensvorteil der Beklagten zu 2) (das Gericht meint, die Klagepartei stellt dabei ab, auf einen nicht näher definierten Marktvorsprung und das Einsparen etwaiger Kosten) und dem – zugunsten des Klägers unterstellten – Schaden, der in dem Kauf eines mangelbehafteten, weil nicht gesetzeskonformen Pkw bestehen soll. Auch beim Kauf eines Neuwagens scheitert die Stoffgleichheit schon daran, dass zwischen Kläger und Beklagter zu 2) ein Dritter als Händler und Verkäufer (Beklagte zu 1) steht und der mögliche Vorteil der Beklagten zu 2) nur sehr mittelbar durch den Absatz des Fahrzeuges besteht, ohne dass sich dies zahlenmäßig beziffern ließe. Im Übrigen wäre der Vorteil der Beklagten zu 2) dann auch nicht gleich dem Vorteil des Händlers (Gewinnspanne des Vertragshändlers).
bb) Darüber hinaus ist es nach hier vertretener Auffassung schlicht unzutreffend, den (vermeintlich wirtschaftlich unvorteilhaften) Vertragsschluss als solchen und die damit verbundene Vermögensverfügung per se als den Schaden ins Feld zu führen. Das könnte ersichtlich nur dann richtig sein, wenn der Kläger substanziiert darlegen würde, dass er ohne die vermeintliche Täuschung der Beklagten zu 2) keine Vermögenseinbußen gehabt hätte, was hier denklogisch den Vortrag erfordert hätte, er hätte dann ganz auf den gefälligen Macan und auch jedes andere Fahrzeug verzichtet. Dies trägt der Kläger aber nicht vor und wäre auch gegen jede Lebenserfahrung. Es ist völlig verständlich, dass er ein Auto besitzen möchte.
Ausgangspunkt der Schadensberechnung ist die Dogmatik der §§ 249 ff. BGB. Diese werden geprägt vom Grundsatz der Totalreparation, wonach der Geschädigte durch den Schadensersatz so zu stellen ist, als wäre das schädigende Ereignis nicht eingetreten. Gleichzeitig ist das schadensrechtliche Bereicherungsverbot zu beachten, das den Ersatzanspruch auf den tatsächlichen Schaden beschränkt. Insbesondere ist dem deutschen Schadensrecht eine Genugtuungs- oder auch Vergeltungsfunktion fremd. Wo kein materieller Schaden ist, fließt auch dann kein Ersatz, wenn das Verhalten des in Anspruch genommenen an sich durchaus zu missbilligen oder zu verachten ist. „Punitive damages“, wie sie das US-Amerikanische Recht kennt, sind mit den deutschen Rechtsgrundsätzen unvereinbar. Die auch von den Prozessbevollmächtigten des Klägers weiter befeuerte (und wahrscheinlich ein wenig typisch deutsche) allgemeine Empörung über VW, Herrn Winterkorn, Herrn Stadler, Porsche oder wen oder was auch immer, letztlich also ein allgemeines Gefühl, betrogen worden zu sein, haben in einem deutschen Zivilprozess nichts zu suchen, auch wenn sie menschlich nachvollzogen werden können.
Ganz nüchtern zu prüfen ist nach der Differenzhypothese des § 249 Abs. 1 BGB, worin der genaue Schaden des Klägers bestehen könnte. Es ist seine gegenwärtige Lage mit der Lage ohne das schädigende Ereignis zu vergleichen. Wenn man also einmal ein solches relevantes schädigendes Ereignis und auch die Kausalität unterstellt, dann bestünde der Schaden zunächst einmal tatsächlich in dem vermögensbelastenden Vertragsschluss. Spätestens seit dem Hinweisbeschluss des BGH (vgl. NJW 2019, 1133) dürfte schließlich klar sein, dass das Fahrzeug in seiner ursprünglichen Motorenkonfiguration einen Sachmangel aufgewiesen hat. Inwiefern hier dann aber überhaupt ein geschütztes Rechtsgut aus dem Deliktsrecht betroffen ist, sei ohnehin einmal dahingestellt, wenn der Schaden im Wesentlichen der Kauf einer mangelhaften Sache sein soll, wofür eigentlich das Gewährleistungsrecht zuständig wären. Der hypothetische Kausalverlauf ist im Weiteren aber vollständig zu hinterfragen. Dabei ist als Reserveursache in jedem Fall relevant, dass der Kläger bei Kenntnis der behaupteten Täuschung eben nicht dieses, sondern ein anderes Auto gekauft hätte; der Kläger hat auch angegeben, ein hypothetisches Alternativfahrzeug hätte eine vergleichbare Größenkategorie gehabt. Er hätte also so oder so, mit Täuschung oder ohne Täuschung, Geld für ein Auto aufgewandt. Jedem Autokäufer ist nun aber bewusst, dass ein erworbenes Fahrzeug stets einem Wertverlust unterliegt, der sich aus einer Vielzahl relevanter Markt-Kriterien ergibt. Insoweit kann hier wiederum auf die Rechtsprechung zum Kapitalmarktrecht zurückgegriffen werden, wonach dort bei der Berechnung eines Schadens relevant ist, welche andere Kapitalanlage die Partei statt der in Streit stehenden gewählt hätte und wie verlustreich diese ggfs. ohnehin gewesen wäre (vgl. Staudinger/ Schiemann, BGB, § 252, Rn.56). Für die Darlegung eines Schadens hätte der Kläger also nachvollziehbar darlegen und unter Beweis stellen müssen, inwieweit wegen der behaupteten Tathandlungen der Beklagten zu 2) er nun bei Beachtung der skizzierten Reserveursachen vermögensmäßig schlechter steht, als ohne diese Handlungen. Der gesamte Klagevortrag schießt insofern aber völlig am Ziel vorbei und ist letztlich als substantiiert zu bewerten. Die Behauptung eines merkantilen Minderwertes wird lediglich nach dem Motto „ist doch eh alles klar, steht doch in der Zeitung, genau beziffern kann ich ihn aber nicht“ vorgebracht. Bauchgefühle ersetzen aber im Zivilprozess keinen konkreten Vortrag. Ohnehin dürfte jedem vernünftig denkenden klar sein, dass ein etwaiger Wertverlust von Dieselfahrzeugen, sofern er denn besteht, mannigfaltige Ursachen haben wird. Wie jemals ein nachvollziehbarer empirischer Nachweis gelingen sollte, warum ein bestimmter Wertminderungsbetrag X allein (!) auf den Abgasskandal zurückzuführen ist (das wäre nämlich tatsächlich der Schaden des Klägers, eine Haftung dem Grunde nach unterstellt), ist dem Gericht in Zeiten von Diskussionen um Fahrverbote in Innenstädten und der allgemeinen Klimadiskussion, die die gesamte Mobilität mittels Verbrennungsmotor, insbesondere mittels hochmotorisierter SUV-Modelle wie dem streitgegenständlichen Macan, in Frage stellt, schleierhaft. Diese Fahrverbote haben wiederum – das mögen die Klageparteien in den unzähligen „VW-Prozessen“ endlich einmal zur Kenntnis nehmen – nichts mit einem etwaigen Betrug durch VW, Audi, Porsche oder welchen Hersteller auch immer zu tun.
III.
Zu den Nebenentscheidungen ist auszuführen:
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, S. 2 ZPO.
Der Streitwert wurde gemäß § 3 ZPO festgesetzt.

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