IT- und Medienrecht

Einstweilige Einstellung der Vollziehung der einstweiligen Verfügung

Aktenzeichen  3 HK O 2070/17

Datum:
24.5.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 120393
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Nürnberg-Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 707, § 924 Abs. 3
GWB § 33 Abs. 1, § 35

 

Leitsatz

1 Die einstweilige Einstellung der Vollziehung der einstweiligen Verfügung kommt in besonderen Ausnahmefällen in Betracht und wird insbesondere als zulässig erachtet bei einer einstweiligen Verfügung, die die Rechtslage einstweilen umgestaltet. (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien und die erkannten Erfolgsaussichten des Widerspruchs der Antragsgegnerin rechtfertigen es, der Beschlussverfügung vorläufig ihre Vollziehbarkeit zu nehmen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Die Zwangsvollstreckung aus der Beschlussverfügung des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 31.03.2017, Geschäftszeichen: 3 HKO 2070/17, wird einstweilen eingestellt.

Gründe

Die Zwangsvollstreckung ist einstweilen einzustellen; denn eine Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien und die erkannten Erfolgsaussichten des Widerspruchs der Antragsgegnerin rechtfertigen es, der Beschlussverfügung vorläufig ihre Vollziehbarkeit zu nehmen.
1. Dieser Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
a) Die Antragstellerin ist ein Zulieferbetrieb in der Automobilindustrie. Im Kerngeschäft entwickelt und liefert sie Sitzkomponenten und Komplettsysteme sowie Autositzbezüge aus Leder und Textilien. Die Antragsgegnerin ist ein börsennotiertes Unternehmen, spezialisiert auf die Entwicklung und Herstellung von Komponenten für die PKW-Innenausstattung sowie von Fahrer- und Passagiersitzen für Offroad-Nutzfahrzeuge, LKW, Busse und Bahnen. Der Konzernumsatz der Antragsgegnerin betrug im Jahr 2016 1.696 Mrd €. Ca. zwei Drittel ihrer Aktien befinden sich in Streubesitz. Die Antragsgegnerin hat im Februar 2017 zugunsten der JAP Capital Holding GmbH eine Pflichtwandelanleihe „ausgegeben“, die in Aktien in Höhe von etwa 9,2% ihres Grundkapitals wandelbar ist. Alleiniger Zeichner der Anleihe, die zwingend in Aktien der Antragsgegnerin gewandelt werden, ist der chinesische Automobilzulieferer Ningbo Jifeng Auto Parts Co. Ltd. Die JAP Capital Holding GmbH ist ein verbundenes Unternehmen dieser Gesellschaft, bei der es sich ihrerseits um einen chinesischen Wettbewerber beider Parteien handelt. Die Laufzeit der Pflichtwandelschuldverschreibungen endet am 14.02.2018. Nach Ablauf der Laufzeit werden die ausstehenden Schuldverschreibungen zwingend in Aktien der Antragsgegnerin gewandelt, soweit der Anleihegläubiger nicht bereits zuvor mit seinem entsprechenden Wahlrecht die Wandelung herbeiführt, was erstmalig am 12.04.2017 möglich war.
b) Mit Schriftsatz vom 31.03.2017 beantragte die Antragstellerin, es der Antragsgegnerin strafbewehrt zu untersagen, ihre Aktien an die JAP Capital Holding GmbH oder deren Rechtsnachfolgern in Ausübung und dem Umfang einer durch sie begebenen Pflichtwandelanleihe auszugeben, bevor das Bundeskartellamt das Zusammenschlussvorhaben Grammer/Ningbo Jifeng freigegeben hat, die Fristen nach § 40 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 2 GWB abgelaufen sind oder das Bundeskartellamt eine Befreiung vom Vollzugsverbot erteilt hat.
c) Zu den Umsätzen der Ningbo Jifeng Auto Parts Co. Ltd führt die Antragstellerin dabei wörtlich in ihrer Sachverhaltsdarstellung Folgendes aus:
„Das Unternehmen hatte im Jahr 2015 weltweit Umsätze in Höhe von ca. EUR 140 Mio.; 87% seiner Umsätze erwirtschaftete das Unternehmen in China, 13% in den USA, Europa und Japan… Nach den der Antragstellerin zugänglichen Informationen dürfte Ningbo – zu deren Kunden die BMW AG und die VW AG zählen – in Deutschland im Jahr 2016 einen Umsatz in Höhe von über EUR 5 Mio. gehabt haben; Ningbo liefert unter anderem die Kopfstützen für die neue Dreierbaureihe von BMW. Der Unterzeichner hatte auch deshalb als anwaltlicher Vertreter der Cascade International Investment GmbH den Vorstandsvorsitzenden der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 6. März 2017 aufgefordert, ihn über den Stand der Kooperationsverhandlungen und die ins Auge gefassten Maßnahmen und zum anderen über die bestehende Wettbewerbssituation zu informieren – ‚dabei insbesondere über die Frage, in welchen Bereichen unserer Unternehmen gemeinsam mit der Ningbo Jifeng Auto Parts für die gleichen Aufträge geboten hat und in welchem Umfang Ningbo Jifeng Auto Parts überhaupt im Inland in den Jahren 2015/2016 sowie im laufenden Geschäftsjahr Umsätze erzielt hat.‘… Die erbetenen Informationen hat die Antragsgegnerin bis heute nicht gegeben.“
d) Rechtlich bewertet sie diesen Sachstand wie folgt:
„Die Schwellenwerte nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 GWB sind – soweit dies in Erfahrung zu bringen war – erfüllt. Die weltweiten Umsatzerlöse der Antragsgegnerin betrugen 2016 weit über EUR 500 Mio. Zahlen der Ningbo für das Jahr 2016 sind zwar noch nicht bekannt bzw. werden von der Antragsgegnerin nicht bekannt gegeben. Ninbgo hat aber nach eigenen Angaben im Jahr 2015 weltweit Umsätze in Höhe von ca. EUR 140 Mio. und davon 87% in China und 13%, d. h. ca. 18,2 Mio., in den USA, Europa und Japan erzielt. Berücksichtigt man die Bedeutung der deutschen Autohersteller im Vergleich zu den sonstigen Autoherstellern in den USA, Europa und Japan, lässt dies den Schluss zu, dass der Inlandsumsatz der Ningbo in 2016 die Grenze von 5 Mio. EUR überschritten hat.“
e) Mit Beschluss vom 31.03.2017 hat das Gericht ohne mündliche Verhandlung die beantragte einstweilige Verfügung erlassen. Die Antragsgegnerin hat dazu mit Schriftsatz vom 07.04.2017 Widerspruch eingelegt. Zu dessen Begründung stellt sie insbesondere darauf ab, dass die Antragstellerin nicht dargelegt bzw. glaubhaft gemacht habe, dass der Schwellenwert des § 35 Abs. 1 Nr. 2 GWB durch die Ningbo Jifeng Auto Parts Co. Ltd. überschritten worden sei. Vielmehr habe diese Gesellschaft im Jahr 2016 in Deutschland einen Umsatz von weniger als 2 Mio € erzielt. Der Antragsgegnerin gehe es nicht um die Durchsetzung eines wettbewerblichen Unterlassungsanspruchs, sondern um die Verhinderung der Verwässerung der Mehrheitsverhältnisse zu Ungunsten der Aktionäre Cascade International Investment GmbH und der HALOG GmbH & Co. KG. Beide Unternehmen halten 10,001 bzw. 10,22% der Aktien der Antragsgegnerin und gehörten wie die Antragstellerin zur Unternehmensgruppe der Familie Hastor. Diese wolle in der ordentlichen Hauptversammlung der Antragsgegnerin u. a. eine Neubesetzung des Aufsichtsrats sowie des Vorstands nach ihren Wünschen durchsetzen. Die durchschnittliche Präsenz von Aktionären der Antragsgegnerin auf den Hauptversammlungen in den Jahren 2014, 2015 und 2016 betrug ca. 40%.
f) Die ordentliche Hauptversammlung der Antragsgegnerin ist auf den 24.05.2017 terminiert. Gem. § 22 Abs. 1 deren Satzung sind zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts nur diejenigen Aktionäre berechtigt, die sich unter Nachweis ihres Anteilsbesitzes zur Hauptversammlung anmelden. Gem. § 22 Abs. 2 der Satzung muss sich der Nachweis des Aktienbesitzes auf den Beginn des 21. Tages vor der Hauptversammlung, vorliegend also auf den 03.05.2017, beziehen. Er ist durch Bestätigung des depotführenden Instituts in Textform zu erbringen. Der Tag der Hauptversammlung ist bei der Fristberechnung nicht mitzurechnen (§ 22 Abs. 3 der Satzung).
g) Zunächst hatte das Gericht Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 20.04.2017 bestimmt, diesen Termin aber am Morgen dieses Tages auf den 16.05.2017 verlegt, nachdem es festgestellt hatte, dass die Ladungsfrist für die Antragstellerin nicht eingehalten war. Mit Antrag vom 20.04.2017 lehnte diese den Vorsitzenden der 3. Kammer für Handelssachen wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Eine zeitnahe, formell rechtskräftige Entscheidung über den Befangenheitsantrag ist derzeit nicht absehbar. Termin zur Verhandlung über den Widerspruch der Antragsgegnerin ist bislang bestimmt auf 16.05.2017.
2. Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen und des derzeitigen wechselseitigen Parteivortrages war die Vollstreckung der erlassenen einstweiligen Verfügung einstweilen einzustellen:
a) Nach §§ 936, 924 Abs. 3 S. 2 ZPO kann die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung mittels einstweiliger Anordnung gemäß § 707 ZPO einstweilen eingestellt werden. Die Entscheidung über das Ob und das Wie der Einstellung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, das die gegenseitigen Interessen von Gläubiger und Schuldner gegeneinander abzuwägen hat (Musielak ZPO/Lackmann ZPO § 707 Rn. 6). Auch darf die sachliche Erfolgsaussicht nicht fehlen (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., 2016, § 707 Rn. 9). Zwar ist wegen der sich aus der Natur des Verfahrens der einstweiligen Verfügung ergebenden Besonderheiten die einstweilige Einstellung der Vollziehung der einstweiligen Verfügung regelmäßig ausgeschlossen (BGH NJW-RR 1997, 1155, Rz. 12, zitiert nach juris); denn die einstweilige Verfügung stellt eine vorläufige Regelung dar. Ihr Charakter würde unterlaufen, wenn die – noch vordergründigere – Prüfung im Verfahren auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung schon bei bloßen Zweifeln dazu führen könnte, eine einstweilige Regelung außer Kraft zu setzen (OLG Frankfurt, GRUR 1989, 932). Sie kommt aber in besonderen Ausnahmefällen in Betracht und wird insbesondere als zulässig erachtet bei einer einstweiligen Verfügung, die die Rechtslage einstweilen umgestaltet (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 924 Rn. 13 m. w. N.).
b) Eine derartige Situation ist vorliegend gegeben; denn die Beschlussverfügung untersagt der Antragsgegnerin die Abwicklung der detailliert geregelten Umwandlung ihrer Anleihe in Aktien. Der eingelegte Widerspruch ist indes zulässig und scheint alles andere als aussichtslos:
aa) Die im Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vorgetragenen Tatsachen müssen den Verfügungsanspruch ergeben und die für den Verfügungsgrund erforderliche Gefahr begründen (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 922 Rn. 5). Dabei findet auch bei der einstweiligen Verfügung eine volle, nicht nur eingeschränkte Schlüssigkeitsprüfung statt. Die den Verfügungsanspruch ergebenden Tatsachen sind glaubhaft zu machen. Der Umfang der Glaubhaftmachung hängt dabei von der Intensität des Eingriffs in der Sphäre des Schuldners ab (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 935 Rn. 7 u. 8 m. w. N.). Dementsprechend obliegt es der Antragstellerin im hiesigen Verfahren, die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch gem. § 33 Abs. 1 GWB darzulegen und glaubhaft zu machen. Konkret bedeutet dies, das die Antragstellerin gehalten ist, darzulegen, dass die Antragsgegnerin insbesondere gegen eine Vorschrift des GWB verstößt bzw. zu verstoßen droht und die Antragstellerin durch den Verstoß beeinträchtigt ist bzw. wird (vgl. § 33 Abs. 1 S. 1 u. 2 GWB). Die danach erforderliche Darlegung des Gesetzesverstoßes, wie ihn die Antragsschrift annimmt, muss dementsprechend Sachvortrag dazu beinhalten, dass die Ausgabe von Aktien an die JAP Capital Holding GmbH durch die Antragsgegnerin einen nach § 41 Abs. 1 S. 1 GWB verbotenen Vollzug eines gem. § 39 Abs. 1 S. 1 GWB anzeigepflichtigen, aber nicht angezeigten und vom Bundeskartellamt nicht freigegebenen bzw. nicht als freigegeben geltenden Zusammenschlussvorhabens „Grammer/Ningbo“ ist. Dies wiederum bedingt, dass die Antragstellerin darlegt und glaubhaft macht, dass vorliegend die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle überhaupt zur Anwendung kommen, also die Voraussetzungen des § 35 GWB erfüllt sind.
bb) Dies ist vorliegend indes nicht der Fall. Die Antragstellerin hätte nämlich insbesondere vortragen und glaubhaft machen müssen, dass im Jahre 2016 als dem letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss im Inland mindestens ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 25 Millionen Euro und ein anderes beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 5 Millionen Euro erzielt haben (§ 35 Abs. 1 Nr. 2 GWB). Insoweit behauptet die Antragstellerin indes lediglich, dass Ningbo Jifeng Auto Parts Co. Ltd. in Deutschland im Jahr 2016 einen Umsatz in Höhe von über EUR 5 Mio. gehabt haben dürfte. Der Sachvortrag ist insoweit im Konjunktiv gehalten. Dass der Umsatz(erlös) tatsächlich diesen Wert erreicht oder überschritten hat, trägt die Antragstellerin aber nicht vor, von einer Glaubhaftmachung ganz zu schweigen. Im Rahmen ihrer rechtlichen Bewertung schildert sie stattdessen, dass die Schwellenwerte nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 GWB überschritten sind, soweit dies in Erfahrung zu bringen war. Was sie in Erfahrung gebracht hat, legt die Antragstellerin aber nicht offen. Vielmehr stellt sie darauf ab, dass die Zahlen der Ningbo Jifeng Auto Parts Co. Ltd. für das Jahr 2016 zwar noch nicht bekannt sind bzw. von der Antragsgegnerin nicht bekannt gegeben werden. Wieso die Antragsgegnerin hier etwas bekannt geben sollte, bleibt jedoch offen. Die Ninbgo Jifeng Auto Parts Co. Ltd. soll ferner im Jahr 2015 weltweit Umsätze in Höhe von ca. EUR 140 Mio. und davon 87% in China und 13%, d. h. ca. 18,2 Mio., in den USA, Europa und Japan erzielt haben. Wie unter Berücksichtigung der Bedeutung der deutschen Autohersteller im Vergleich zu den sonstigen Autoherstellern in den USA, Europa und Japan der Schluss zulässig sein soll, dass der Inlandsumsatz der Ningbo Jifeng Auto Parts Co. Ltd. in 2016 die Grenze von 5 Mio. EUR überschritten hat, erschließt sich nicht. Diese Annahme ist im Übrigen bereits deshalb kritisch zu hinterfragen, weil in mehreren europäischen Ländern (neben Deutschland etwa Frankreich, Spanien, Italien, Tschechien, Schweden) für unterschiedliche Marken und Autohersteller Fahrzeuge oder deren Komponenten zum Teil grenzüberschreitend hergestellt bzw. zusammengebaut werden. Eine Tatsachengrundlage für die Schlussfolgerung der Antragstellerin, dass in Deutschland etwas mehr als ein Drittel der Umsätze für Europa, die USA und Japan insgesamt erlöst werden, ist nicht ersichtlich. Damit fehlt es an einem schlüssigen Sachvortrag zum Erreichen der Umsatzschwelle und damit zur Eröffnung der Zusammenschlusskontrolle, die das Bundeskartellamt „auf den Plan rufen“ könnte. Dies gilt umso mehr, als sich der Schwellenwert des § 35 Abs. 1 Nr. 2 GWB nach § 38 GWB richtet: Danach gilt für die Ermittlung der Umsatzerlöse die Regelung des § 277 Abs. 1 HGB. Als Umsatzerlöse sind danach Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von Produkten sowie aus der Erbringung von Dienstleistungen nach Abzug von Erlösschmälerungen und der Umsatzsteuer sowie sonstiger direkt mit dem Umsatz verbundener Steuern auszuweisen. Für den Handel mit Waren sind nur ¾ der Umsatzerlöse in Ansatz zu bringen (§ 38 Abs. 2 GWB). Vorliegend ist anhand des aktuellen Sachvortrages der Antragstellerin, der auf ein Zahlenwerk vollständig verzichtet, nicht nachzuvollziehen, wie sich der Schwellenwert errechnen könnte.
cc) Folglich stellt sich auf Basis des derzeitigen Sachvortrages der Antragstellerin und des nach der Beschlussverfügung eingegangenen Widerspruchs der Antragsgegnerin die erlassene einstweilige Verfügung als rechtswidrig dar. Ein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Beschlusslage ist nicht anzuerkennen. Demgegenüber überwiegen die berechtigten Interessen der Antragsgegnerin die der Antragstellerin. Einerseits ist nach dem derzeitigen Vorbringen der Antragstellerin nicht auszuschließen, dass tatsächlich ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch besteht. Andererseits besteht für die Antragsgegnerin die Gefahr, dass sich bei Aufrechterhaltung der nach derzeitigem Sachstand zu Unrecht erlassenen Beschlussverfügung Mehrheitsverhältnisse für wichtige, zunächst nicht mehr umkehrbare Entscheidungen insbesondere zur Besetzung von Vorstand und Aufsichtsrat auf der zeitnah bevorstehenden Hauptversammlung mit der weit vorgelagerten Anmeldefrist für die Aktien bilden und ggf. auch weitreichende Entscheidungen getroffen werden, die sich sonst nicht durchsetzen ließen. Die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung mit der damit verbundenen Aussetzung der Vollziehung der einstweiligen Verfügung vom 31.03.2017 hindert dabei bei veränderter Sachlage nicht deren Aufrechterhaltung nach dem Verhandlungstermin vom 16.05.2017, der noch vor der Hauptversammlung liegt und vor dem ggf. zu Unrecht gewandelte Aktien noch abgemeldet werden könnten.
dd) Dass die Antragsgegnerin keinen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gestellt hat, spielt für die Entscheidung keine Rolle. Der Wortlaut des § 924 Abs. 3 S. 2 ZPO setzt einen Antrag nicht voraus, sondern verweist auf die Regelung des § 707 ZPO. Zwar ist in dieser Vorschrift ein Antragserfordernis normiert. § 924 Abs. 3 ZPO verweist aber nur hinsichtlich der vom Gericht zu treffenden Anordnung auf § 707 ZPO und nicht auf die dortigen Anordnungsvoraussetzungen (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 924 Rn. 12: – „ggf. ein Antrag“ – u Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 75. Aufl. 2017, § 924 Rn. 17 – kein Antragserfordernis gesehen).
ee) Eine Einstellung gegen Sicherheitsleistung war angesichts der derzeit eindeutigen materiellen Rechtslage nicht veranlasst.


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