IT- und Medienrecht

Einwurfeinschreiben, Defekter Wasserzäher:

Aktenzeichen  AN 19 K 20.00087

Datum:
23.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 51061
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KAG Art. 8

 

Leitsatz

Tenor

1.Die Klage wird abgewiesen.
2.Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.  
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage, über die auf Grund der Verzichtserklärungen der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die Klage ist zulässig. Der Vortrag der Kläger, vom Bescheid erstmalig Kenntnis erhalten zu haben durch die E-Mail der Mitarbeiterin der Beklagten vom 23. Oktober 2019, ist vor dem Hintergrund der angeführten Beispiele, die belegen, dass es immer wieder zu Unzuverlässigkeiten der Post gekommen sei, glaubhaft. Auch wenn im vorliegenden Fall ein Versand des Einwurfeinschreibens anstelle eines einfachen Briefes gewählt wurde, so ist dessen Beweiswert nicht höher einzustufen. Dem Gericht genügen die von den Klägern genannten Beispiele, um die ernsthafte Möglichkeit des Nichtzugangs des Bescheids zu begründen. In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger glaubhaft dargelegt, dass es immer wieder zu Falscheinwürfen von Postsendungen gekommen ist. Ihr Vortrag, dass ihre Beschwerde bei der Post dahingehend beantwortet worden sei, dass vermehrt Aushilfen eingesetzt würden und es daher leichter zu Falscheinwürfen kommen könnte, ist nachvollziehbar. Dabei möchte das Gericht auch betonen, dass gerade ein „Nichtzugang“ im Konkreten schwer nachzuweisen ist. Denn die Lebenserfahrung zeigt, dass die Empfänger von Briefen oftmals entweder nicht merken, dass die für sie bestimmte einfache Post nicht oder erst verspätet zugegangen ist, weil sie der ursprüngliche – falsche – Empfänger nachträglich und ohne Wissen des korrekten Adressaten in dessen Briefkasten geworfen hat. Daher genügen dem Gericht vorliegend die vom Kläger angeführten Beispiele, dass es in der Vergangenheit immer wieder zu Falscheinwürfen gekommen ist, um die ernsthafte Möglichkeit des Nichtzugangs des Bescheides zu begründen. Daran ändert auch das Einwurfeinschreiben nichts, da bei diesem ein Empfang wie beim einfachen Brief nicht zu quittieren ist. Aufgrund der dadurch bestehenden Zweifel am Zugang des Bescheides am dritten Tag nach Aufgabe zur Post, muss die Behörde den Zeitpunkt des Zugangs des Verwaltungsaktes nachweisen, Art. 41 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG. Dies war ihr nicht möglich.
2. Die Klage ist jedoch unbegründet, da der streitgegenständliche Bescheid rechtmäßig ist.
a) Gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) können die Gemeinden für die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen Benutzungsgebühren erheben, wobei diese nach dem Ausmaß zu bemessen sind, in dem die Gebührenschuldner diese Einrichtung in Anspruch nehmen, Art. 8 Abs. 4 KAG. Von dieser Ermächtigung hat der Beklagte mit dem Erlass der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung (BGS-WAS) vom 31. Oktober 2006 in der Fassung vom 15. November 2012 sowie der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS-EWS) vom 31. Oktober 2006 in der Fassung vom 18. Februar 2019 Gebrauch gemacht. Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen und die materielle Gültigkeit dieser Satzungen sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
b) Die – hier allein strittige – Gebührenerhebung für Wasser und Abwasser findet seine satzungsrechtliche Grundlage in § 10 BGS-EWS und § 10 BGS-WAS. Nach § 10 Abs. 2 BGS-EWS und § 10 Abs. 2 BGS-WAS werden die Wassermengen bzw. der Wasserverbrauch durch Wasserzähler ermittelt. Gem. § 19 Abs. 1 der Satzung für die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung des Marktes … (Wasserabgabesatzung – WAS -) vom 1. Dezember 2010 ist der Wasserzähler Eigentum des Beklagten. Die Lieferung, Aufstellung, technische Überwachung, Unterhaltung, Auswechslung und Entfernung der Wasserzähler sind dessen Aufgabe. Der Grundstückseigentümer hat hingegen gem. § 19 Abs. 3 Satz 2 WAS Verlust, Beschädigungen und Störungen dieser Einrichtungen dem Markt unverzüglich mitzuteilen. Gem. § 19 Abs. 4 WAS werden die Wasserzähler von einem Beauftragten des Marktes möglichst in gleichen Zeitabständen oder auf Verlangen des Marktes vom Grundstückseigentümer selbst abgelesen. Dieser hat dafür zu sorgen, dass die Wasserzähler leicht zugänglich sind. Nach § 21 Abs. 1 WAS kann der Grundstückseigentümer jederzeit die Nachprüfung der Wasserzähler durch eine Eichbehörde oder eine staatlich anerkannte Prüfstelle im Sinne des § 6 Abs. 2 des Eichgesetzes verlangen.
Diesen satzungsrechtlichen Verpflichtungen sind die Kläger nicht nachgekommen. Trotz mehrfacher Schreiben des Beklagten haben sie einen Austausch des Wasserzählers über Jahre hinweg nicht ermöglicht. Zwar hat der Kläger zu 1) bestritten, jemals Handzettel zum Austausch des Wasserzählers erhalten zu haben. Für das Gericht ist jedoch aufgrund des Vortrags des Beklagten, der internen dienstlichen Erklärung eines Mitarbeiters der Beklagten vom 14. August 2019 sowie eines in der Akte befindlichen Schreibens an die Kläger vom 20. Februar 2019, dass der Hauptwasserzähler am 28. Februar 2019 ausgewechselt werden soll oder ein anderer Termin mit dem Beklagten vereinbart werden soll, auf das die Kläger nachweislich nicht reagiert haben, erwiesen, dass es bereits über Jahre hinweg von Seiten der Beklagten Aufforderungen zum Austausch des Wasserzählers gab, denen von Seiten der Kläger – wie zuletzt auch der dokumentierten Aufforderung – nicht nachgekommen wurde. Auch haben sie keine Nachprüfung des Wasserzählers durch eine Eichbehörde oder eine staatlich anerkannte Prüfstelle im Sinne des § 6 Abs. 2 des Eichgesetzes verlangt, wie dies durch § 21 Abs. 1 WAS ermöglicht wird. Dementsprechend ist es den Klägern versagt, sich auf die abgelaufene Eichfrist oder auf eine anderweitige Fehlfunktion des Wasserzählers, als sie nach Ausbau des Wasserzählers festgestellt worden ist, zu berufen.
Zwar war der Wasserzähler vorliegend unstreitig defekt. Demzufolge ist gem. § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BGS-WAS bzw. BGS-EWS grundsätzlich der Wasserverbrauch zu schätzen. Vorliegend hat sich der Beklagte bei seiner Schätzung an den auf der Wasseruhr angegebenen Wert gehalten. Dies hat jedenfalls keine Rechtsverletzung der Kläger zur Folge. Aus dem Prüfgutachten vom 21. August 2019 ergibt sich, dass der Zähler bei hohem und normalem Durchfluss einen etwas zu niedrigen Durchfluss misst, der jedoch innerhalb der Verkehrsfehlergrenze liegt. Bei minimalem Durchfluss hingegen lag die Abweichung bei – 96,3% und damit außerhalb der Verkehrsfehlergrenze, die eine Abweichung von bis zu +/- 10% zulässt. Diese Abweichung führte zu einer zu geringen Aufzeichnung des Wasserverbrauchs durch den Wasserzähler. Der Beklagte hat dennoch die aufgezeichneten Werte seinem Bescheid zugrunde gelegt, da nicht nachvollzogen werden konnte, wann nur ein niedriger Wasserdurchfluss vorhanden war. Ob der Beklagte zurecht den gemessenen – zu niedrigen Wert – der Gebührenberechnung zugrunde gelegt hat oder er zusätzlich noch weitere Gebühren für den – geschätzten – niedrigeren Durchfluss hätte erheben müssen, kann vorliegend dahinstehen, da in der Zugrundelegung des abgelesenen Wertes jedenfalls keine Rechtsverletzung der Kläger liegt, weil der zugrunde gelegte Wert allenfalls zu gering angesetzt worden ist und damit die geforderten Gebühren zu niedrig sind.
c) Der Wasserverbrauch von 2195 m³ im strittigen Abrechnungsjahr ist exorbitant hoch. Diesem errechneten Verbrauch liegt allerdings die Meldung der Kläger zugrunde. Legt man den letzten von der Behörde abgelesenen Wert – das ist der Einbau des Wasserzählers und somit der Verbrauch „0“ – zugrunde, so ergibt sich über die letzten 18 Jahre ein durchschnittlicher Wasserverbrauch von etwa 222 m³ pro Jahr. Dies liegt bei einem Dreipersonenhalt zwar auch über dem Durchschnitt von etwa 135 m² pro Jahr (so für das Jahr 2016 unter: https://www.umweltbundesamt.de/daten/private-haushalte-konsum/wohnen/wassernutzung-privater-haushalte#direkte-und-indirekte-wassernutzung), wobei der Wasserverbrauch in den letzten 20 Jahren stetig zurück ging (https://www.umweltbundesamt.de/daten/private-haushalte-konsum/wohnen/wassernutzung-privater-haushalte#direkte-und-indirekte-wassernutzung). Er weicht jedoch vom Durchschnitt, der sich ja gerade aus Nutzern mit höherem und Nutzern mit geringerem Wasserverbrauch zusammensetzt, nicht so weit ab, dass der von der Wasseruhr beim Ausbau angezeigte Wert nicht als Anhaltspunkt für die Abrechnung hätte herangezogen werden können.
d) Ausgehend von dieser Sach- und Rechtslage konnte für die Wasser- und Abwassergebührenerhebung im Ausgangspunkt als Schätzung die auf der Wasseruhr angezeigte Menge zugrunde gelegt werden.
3. Die Kostenentscheidung basiert auf § 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.


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