Handels- und Gesellschaftsrecht

Elektrizitätsunternehmen i.S.d. EEG; Haftung aller zusammenwirkenden Elektrizitätsunternehmen gegenüber Übertragungsnetzbetreiber – Letztverbraucherbelieferung

Aktenzeichen  XIII ZR 7/19

Datum:
3.3.2020
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2020:030320UXIIIZR7.19.0
Normen:
§ 37 Abs 2 EEG 2012
Art 105 GG
Spruchkörper:
13. Zivilsenat

Verfahrensgang

vorgehend OLG Bamberg, 19. Januar 2017, Az: 1 U 19/16vorgehend LG Bayreuth, 12. Januar 2016, Az: 34 O 737/14

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg aufgehoben, soweit die Widerklage abgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Beklagte ist einer von vier in Deutschland tätigen Übertragungsnetzbetreibern. Die vormalige Klägerin, über deren Vermögen im Oktober 2018 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (im Folgenden: Schuldnerin), die Expertos Unternehmens- und Wirtschaftsberatungs GmbH & Co. KG (im Folgenden: Expertos) sowie die Streithelferin waren drei rechtlich selbständige Unternehmen einer zuletzt unter der Bezeichnung “Care-Energy” agierenden Gruppe, die verschiedene Leistungen im Energiebereich anbot. Die Expertos schloss mit ihren Kunden, überwiegend Privathaushalten, keine üblichen Stromlieferungsverträge, sondern Verträge über die Versorgung mit Licht, Kraft, Wärme und Kälte, welche sie zusammenfassend als Nutzenergie bezeichnete. Danach hatten die Kunden die bei ihnen vorhandenen elektrischen Geräte der Expertos “beizustellen”, mit der Folge, dass das Betreiben der Geräte als der Expertos zuzurechnende Maßnahmen zur Umwandlung von Strom in Nutzenergie einzuordnen sein sollte. Zusätzlich hatten die Kunden die Möglichkeit, entgeltlich Dienstleistungen der Expertos wie Energieeffizienzberatung und Energiecontrolling in Anspruch zu nehmen. Die Abrechnung der Leistungen der Expertos erfolgte abgesehen von einer Grundgebühr nach Kilowattstunden aufgrund der tatsächlich bezogenen elektrischen Energie. Im Gegenzug sollte der Kunde für die Beistellung seiner Geräte und seines Netzes von der Expertos eine Vergütung von 1 Cent pro Kilowattstunde erhalten. In der Präambel der Verträge wurde darauf hingewiesen, dass die Streithelferin Erfüllungsgehilfe der Expertos sei.
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Zwischen der Streithelferin und der Expertos als Kunde bestand seit dem Jahr 2011 ebenfalls ein als Energiedienstleistungsvertrag bezeichnetes Vertragsverhältnis, das die Versorgung der Expertos mit “Nutzenergie” zum Zwecke des Betriebs der “in der Immobilie” der Expertos vorhandenen Anlagen und Geräte zum Gegenstand hatte. Auch hier erfolgte die Vergütung der Vertragsleistung auf der Grundlage des tatsächlich bezogenen Stroms.
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Vertraglich miteinander verbunden waren des Weiteren die Streithelferin und die Schuldnerin, ein Energieversorgungsunternehmen. In dem zwischen ihnen mit Wirkung vom 1. August 2011 geschlossenen “Rahmenvertrag über die Lieferung und Abnahme von Strom” sowie den darauf bezogenen Einzelverträgen war geregelt, dass die Schuldnerin der Streithelferin an der jeweiligen Übergabestelle – dieses waren die Anschlusspunkte und Zähler der “Nutzenergie-Kunden” der Expertos – die jeweilige Vertragsmenge “in den Fahrplan einstellt, verkauft und liefert” oder deren Lieferung veranlasst und die Streithelferin der Schuldnerin den jeweiligen Vertragspreis bezahlt.
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Die Beklagte stellte der Schuldnerin ab Januar 2012 monatliche Abschlagsrechnungen über die EEG-Umlage für die innerhalb ihrer Regelzone aus deren Bilanzkreis an die Kunden der Expertos abgegebenen Strommengen, welche die Schuldnerin zunächst auch bezahlte. Nachdem sie jedoch die Abschlagsrechnungen der Beklagten nicht mehr beglich und die bereits erbrachten Zahlungen zurückforderte, nahm die Beklagte die Schuldnerin gerichtlich auf Zahlung von Abschlägen auf die EEG-Umlage für den Zeitraum November 2012 bis einschließlich Mai 2013 in Anspruch. Ihre Klage wurde in der Berufungsinstanz rechtskräftig abgewiesen.
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Mit der vorliegenden Klage hat die Schuldnerin zunächst die Feststellung begehrt, dass die Beklagte von ihr Abschlagszahlungen auf die EEG-Umlage in Höhe von 17.646.114,50 Euro für den Zeitraum Januar 2013 bis Oktober 2014 nicht verlangen könne. Im Wege der Widerklage hat die Beklagte von der Schuldnerin Zahlung von Abschlägen auf die EEG-Umlage für die im Zeitraum August bis November 2014 innerhalb ihrer Regelzone an deren Kunden abgegebenen Strommengen in Anspruch genommen. Nachdem die Beklagte gegen die Schuldnerin vor dem Landgericht Hamburg eine weitere Klage erhoben hatte, die auf Zahlung der Abschläge auf die EEG-Umlage für den Zeitraum Juni 2013 bis Juli 2014 gerichtet war, hat die Schuldnerin den Rechtsstreit hinsichtlich ihrer Feststellungsanträge insgesamt in der Hauptsache für erledigt erklärt.
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Die Vorinstanzen haben der zuletzt auf Feststellung der Hauptsacheerledigung gerichteten Klage der Schuldnerin stattgegeben und die Widerklage der Beklagten abgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat sich die Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision gewendet. Sie erstrebt nunmehr die Feststellung der mit der Widerklage gegen die Schuldnerin geltend gemachten Forderung nebst Zinsen und Kosten zur Insolvenztabelle. Der Kläger, der den Prozess hinsichtlich der Klageforderung nicht aufgenommen hat, tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit die gegen die Schuldnerin gerichtete Widerklage abgewiesen worden ist, und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
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I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
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Die Schuldnerin sei kein Elektrizitätsversorgungsunternehmen, das Strom an Letztverbraucher liefere. Eine Lieferung setze das Bestehen einer vertraglichen Beziehung zwischen dem Empfänger und dem Lieferanten voraus. Eine solche Beziehung habe aber allein zwischen den Letztverbrauchern und der Expertos bestanden, nicht jedoch zwischen den Letztverbrauchern und der Schuldnerin. Die rein faktische Stromlieferung an die Haushaltskunden der Expertos stelle kein taugliches Anknüpfungsmerkmal für die Frage dar, wer im Sinne des § 60 Abs. 1 EEG 2014 Strom liefere. Dass die Schuldnerin die an die Kunden der Expertos gelieferten Strommengen ihrem bei der Beklagten unterhaltenen Bilanzkreis zugeordnet habe, stehe dem nicht entgegen; vielmehr folge aus diesem Umstand, dass die Expertos ihre Kunden unter Einschaltung der Schuldnerin beliefert habe, indem sie deren Bilanzkreis faktisch mitgenutzt habe. Damit sei auch die Vermutung des § 60 Abs. 1 Satz 2 EEG 2014 widerlegt. Schließlich komme auch eine gesamtschuldnerische Haftung der Schuldnerin und der Expertos nicht in Betracht, da nicht beide Unternehmen zugleich als Elektrizitätsversorgungsunternehmen, das Strom an Letztverbraucher liefert, qualifiziert werden könnten.
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II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung in einem entscheidungserheblichen Punkt nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts konnte die Beklagte nicht nur von der Expertos, sondern auch von der Schuldnerin Zahlung der EEG-Umlage verlangen.
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1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass als Anspruchsgrundlage für die von der Beklagten gegen die Schuldnerin geltend gemachten Zahlungsansprüche, welche die EEG-Umlage für die an die Vertragskunden der Expertos gelieferten Strommengen für den Zeitraum von August bis einschließlich November 2014 betreffen, in sachlicher wie zeitlicher Hinsicht § 60 Abs. 1 EEG 2014 in Betracht kommt. Nach dieser Vorschrift kann der Übertragungsnetzbetreiber von einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen, das Strom an Letztverbraucher liefert, anteilig zu dem gelieferten Strom die EEG-Umlage verlangen, wobei der Anteil so zu bestimmen ist, dass jedes Elektrizitätsversorgungsunternehmen für jede von ihm an einen Letztverbraucher gelieferte Kilowattstunde Strom dieselben Kosten trägt, und auf die Zahlung monatliche Abschläge in angemessenem Umfang zu entrichten sind.
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2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 EEG 2014 auch in Bezug auf die Schuldnerin erfüllt. Nach der Ausgestaltung des von der Schuldnerin, der Expertos und der Streithelferin ins Werk gesetzten Geschäftsmodells ist nicht nur, wie das Berufungsgericht angenommen hat, die Expertos, sondern auch die Schuldnerin als Elektrizitätsversorgungsunternehmen einzuordnen, welches Strom an Letztverbraucher liefert. Sie schuldet daher gesamtschuldnerisch mit der Expertos die EEG-Umlage.
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a) Ein Liefern an einen Letztverbraucher im Sinne des § 60 Abs. 1 EEG 2014 setzt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht zwingend ein Vertragsverhältnis in Form eines Kaufvertrags zwischen dem Elektrizitätsversorgungsunternehmen und dem den Strom verbrauchenden Abnehmer voraus.
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Im allgemeinen wie im juristischen Sprachgebrauch werden auch rein tatsächliche Transport- und Übergabevorgänge als Lieferung bezeichnet, wie sich etwa aus den von der Revision in Bezug genommenen Normen des § 478 BGB und der §§ 407 ff. HGB ergibt. Auch die Gesetzessystematik zwingt nicht zu der Interpretation, dass Lieferant im Sinne des § 60 Abs. 1 EEG 2014 ausschließlich ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen sein kann, welches mit dem Letztverbraucher einen entgeltlichen Stromlieferungsvertrag geschlossen hat. Eine entsprechende Definition des Begriffs des Lieferns enthält weder das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2014 noch das Energiewirtschaftsgesetz. Die Definition der Letztverbraucher in § 3 Nr. 25 EnWG als “natürliche oder juristische Personen, die Energie für den eigenen Verbrauch kaufen”, welche der Definition der Endkunden in der Elektrizitätsrichtlinie (RL 2009/72/EG) entspricht, besagt ebenfalls nichts darüber, ob als Stromlieferant nur ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen in Betracht kommt, welches den Letztverbrauchern elektrische Energie verkauft.
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b) Allerdings erfüllt grundsätzlich bei mehreren auf der Lieferseite tätigen Elektrizitätsversorgungsunternehmen nur dasjenige Unternehmen den Tatbestand des § 60 Abs. 1 EEG 2014, welches den Letztverbrauchern Strom aufgrund einer mit diesen geschlossenen vertraglichen Vereinbarung zur Verfügung stellt.
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aa) Die Frage, wer bei einer Stromlieferung an einen Letztverbraucher als Lieferant im Sinne des § 60 Abs. 1 EEG 2014 einzuordnen ist, wenn an diesem Liefervorgang mehrere Personen beteiligt sind, kann nicht durch eine abstrakte Definition des Begriffs des Lieferanten beantwortet werden. Vielmehr sind die tatsächlichen und rechtlichen Gesamtumstände des Liefervorgangs in den Blick zu nehmen und zu bewerten. Diese Bewertung führt regelmäßig zu dem Ergebnis, dass im Verhältnis zwischen dem mit den stromabnehmenden Letztverbrauchern vertraglich verbundenen Unternehmen und einem Unternehmen, das als Netzbetreiber den physikalischen Durchleitungsvorgang steuert und daher faktisch den Letztverbrauchern den Strom zur Verfügung stellt, grundsätzlich nur ersteres als Lieferant im Sinne des § 60 Abs. 1 EEG 2014 einzuordnen ist. Gleiches gilt für das Verhältnis des Vertragsunternehmens zu einem Unternehmen, das als bloßer Zwischenhändler tätig ist und ersterem die an die Letztverbraucher gelieferten Strommengen seinerseits veräußert.
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bb) Aus dem objektiven Empfängerhorizont des Kunden ist in der genannten Konstellation die Stromlieferung allein dem Unternehmen zuzurechnen, mit dem er einen entsprechenden Liefervertrag geschlossen hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Kunde – wie im Regelfall – keine Kenntnis davon hat, auf welcher tatsächlichen und rechtlichen Grundlage das mit ihm vertraglich verbundene Elektrizitätsversorgungsunternehmen seinerseits den Strom bezieht. Selbst wenn das Vertragsunternehmen offenlegt, dass es die Stromlieferungen an den Kunden seinerseits bei einem Dritten einkauft, hat dies für den Kunden keine Relevanz. Insofern verhält es sich bei Stromlieferverträgen nicht anders als bei anderen Lieferketten.
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Vor diesem Hintergrund hat der Bundesgerichtshof die Frage, wer als Energielieferant von Haushaltskunden im Sinne des § 3 Nr. 18 EnWG einzuordnen und daher gemäß § 5 Abs. 1 EnWG zur Anzeige seiner Tätigkeit an die Regulierungsbehörde verpflichtet ist, bereits dahingehend beantwortet, dass die Einordnung nicht von dem physikalischen Durchleitungsvorgang und damit von der tatsächlichen Leistungserbringung abhängt, sondern maßgeblich ist, wer aufgrund der getroffenen vertraglichen Vereinbarungen aus Sicht des Kunden als Stromlieferant auftritt (BGH, Beschluss vom 7. Juni 2016 – EnVZ 30/15, ZNER 2016, 475 Rn. 15).
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cc) Auch nach der Systematik des im Erneuerbare-Energien-Gesetz geregelten Belastungsausgleichs ist in einer Mehrpersonenkonstellation auf der Seite der Strom liefernden Elektrizitätsversorgungsunternehmen grundsätzlich dasjenige Unternehmen als Lieferant im Sinne des § 60 Abs. 1 EEG 2014 einzuordnen, welches mit den Endkunden vertraglich verbunden ist. Die in § 60 Abs. 1 EEG 2014 geregelte vierte Stufe des EEG-Belastungsausgleichs, auf welcher die Belastung des Übertragungsnetzbetreibers durch einen diesem eingeräumten Zahlungsanspruch kompensiert werden soll, knüpft nämlich nicht an die vertragliche Beziehung der Elektrizitätsversorgungsunternehmen zu den Bilanzkreisverantwortlichen an, sondern an deren Beziehung zu Letztverbrauchern. Der Gesetzgeber hat damit darauf verzichtet, die EEG-Umlage für jede einzelne vertragliche Transaktion in den – auch im Strommarkt bestehenden – Lieferketten zu erheben, und sich stattdessen für ihre Erhebung beim letzten Weitergabeakt vor dem Verbrauch des Stroms entschieden. Da die EEG-Umlage im Ergebnis durch eine Erhöhung des Strompreises finanziert wird, hat der Gesetzgeber also an das Verhältnis angeknüpft, in dem die EEG-Umlage typischerweise erwirtschaftet wird.
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c) Aus diesem Grund ist im Streitfall die Expertos ein zur Zahlung der EEG-Umlage nach § 60 Abs. 1 EEG 2014 verpflichtetes Elektrizitätsversorgungsunternehmen.
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Dieser Einordnung steht nicht entgegen, dass sich die Expertos in den mit ihren Kunden abgeschlossenen Verträgen dem Wortlaut nach nicht zur Stromlieferung, sondern zu einer Versorgung mit Nutzenergie verpflichtet hat, was nach der Vorstellung der Beklagten zur Folge haben sollte, dass eine Lieferung von elektrischer Energie an Letztverbraucher nicht stattfindet und eine EEG-Umlage nicht zu entrichten ist. Die vertragliche Leistung der Expertos sollte nach dem Willen der Vertragsparteien in der Zurverfügungstellung elektrischer Energie bestehen, damit diese – dem Zweck einer Stromlieferung an Endverbraucher entsprechend – zur Energieversorgung elektrischer Anlagen und Geräte im Kundenhaushalt oder -unternehmen eingesetzt werden konnte. Hiernach wurde dementsprechend auch das nach Kilowattstunden berechnete Entgelt bemessen. Der Deklaration des Vertragsverhältnisses als Vertrag über die Umwandlung elektrischer Energie in Nutzenergie, bei dem der Betrieb “beigestellter” Kundengeräte gedanklich der Expertos als vertraglich geschuldeter Energieumwandlungsprozess zugerechnet wird, kommt für den sachlichen Gehalt der beiderseitigen Leistungspflichten keine Bedeutung zu. Maßgeblich sind die Vertragspflichten, nicht deren Bezeichnung.
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d) Neben der Expertos ist für den Anspruch des Übertragungsnetzbetreibers auf die EEG-Umlage im Streitfall aber auch die Schuldnerin als an den Letztverbraucher lieferndes Elektrizitätsversorgungsunternehmen anzusehen.
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aa) Die aus dem Verhältnis zum Endkunden entwickelte Bestimmung des Stromlieferanten ist im Regelfall auch für den Anspruch des Übertragungsnetzbetreibers nach § 60 Abs. 1 EEG 2014 maßgeblich und abschließend. Da die Umlage an die Letztverbraucherbelieferung anknüpft, ist sie von demjenigen zu verlangen, der sich zur Belieferung des Letztverbrauchers verpflichtet hat und diesem das vereinbarte Entgelt berechnet. Wegen dieser Anknüpfung an die vertraglich übernommene Lieferverpflichtung steht dieses Unternehmen auch ohne weiteres fest. Es ist damit sach- und interessengerecht, auch nur dieses Unternehmen als Stromlieferanten anzusehen.
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bb) Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn nicht nur bei der physikalischen, sondern auch bei der vertraglichen Ausgestaltung der Belieferung des Letztverbrauchers mit Strom mehrere Unternehmen zusammenwirken und Inhalt sowie Handhabung der getroffenen Vereinbarungen für den Übertragungsnetzbetreiber nicht klar erkennen lassen, welches der beteiligten Unternehmen hiernach als an den Letztverbraucher lieferndes Elektrizitätsversorgungsunternehmen anzusehen ist.
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Der Übertragungsnetzbetreiber hat typischerweise keinen Einblick in die Letztverbraucherverträge und kann diesen auch nicht ohne Weiteres beanspruchen. Er darf gleichwohl erwarten, dass das vertraglich an den Letztverbraucher liefernde Elektrizitätsversorgungsunternehmen und damit der Schuldner der EEG-Umlage feststeht. Schaffen bei der vertraglichen Belieferung des Letztverbrauchers zusammenwirkende Unternehmen zulasten des Übertragungsnetzbetreibers eine Sach- und Rechtslage, bei der unklar ist, welches Unternehmen als Stromlieferant anzusehen ist, ist dem Übertragungsnetzbetreiber das Recht zuzubilligen, jedes Unternehmen als Stromlieferanten in Anspruch zu nehmen, das an der vertraglichen Ausgestaltung der Belieferung des Letztverbrauchers beteiligt ist.
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cc) So verhält es sich nach den getroffenen Feststellungen im Streitfall.
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Das Geschäftsmodell der Expertos, der Schuldnerin und der Streithelferin als zur Care-Energy-Gruppe gehörenden Gesellschaften zielte darauf ab, die EEG-Umlage zu vermeiden. Da dies voraussetzte, dass keines der beteiligten Unternehmen der Gruppe Strom an Letztverbraucher lieferte, hat die Schuldnerin als dasjenige Unternehmen, das einen Bilanzkreis bei der Beklagten als zuständiger Übertragungsnetzbetreiberin unterhielt und zunächst die EEG-Umlage auch gezahlt hatte, ihre Zahlungspflicht noch im Jahr 2012 wieder in Abrede gestellt. Zugleich hat die Expertos zwar Versorgungsverträge mit Haushaltskunden und damit mit Letztverbrauchern abgeschlossen, dabei aber, wie ausgeführt, eine Vertragsgestaltung gewählt, mit der der Anschein erweckt wurde, die Vertragsleistung bestehe nicht in der Stromlieferung, sondern in einem Aliud, nämlich der Umwandlung von elektrischer Energie in Nutzenergie. Auf die “Mitnutzung” ihres Bilanzkreises durch die Expertos hat die Schuldnerin die Beklagte nicht hingewiesen. Noch unklarer wurde die Ausgestaltung der Leistungsbeziehungen dadurch, dass vertraglich zwischen die Schuldnerin und die Expertos die Streithelferin geschaltet war, an welche die Schuldnerin Strom liefern sollte, die jedoch mit der gegenüber der Expertos übernommenen Verpflichtung, für diese und ihre Haushaltskunden den von der Schuldnerin gelieferten Strom in Nutzenergie umzuwandeln, ebenfalls nicht eindeutig als Letztverbraucherin zu erkennen war und von der Schuldnerin und den übrigen Mitgliedern der Care-Energy-Gruppe auch nicht als Letztverbraucherin angesehen und gegenüber der Beklagten offengelegt wurde.
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e) Da im Streitfall sowohl die Expertos als auch die Schuldnerin aus demselben Rechtsgrund für dieselben Strommengen zur Zahlung der EEG-Umlage verpflichtet sind, die Beklagte diese Zahlung jedoch nur einmal verlangen kann, haften die Expertos und die Schuldnerin als Gesamtschuldner (§ 421 BGB).
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3. Dem Widerklagebegehren stehen auch die vom Kläger geltend gemachten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der EEG-Umlage nicht entgegen.
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a) Der Bundesgerichtshof hat für die EEG-Umlage nach § 37 Abs. 2 EEG 2012 bereits entschieden, dass diese nicht gegen die in Art. 105 ff. GG niedergelegten Grundsätze der Finanzverfassung verstößt, da sie keine unzulässige Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion, sondern eine gesetzliche Preisregelung darstellt, auf welche die für Sonderabgaben entwickelten Maßstäbe keine direkte oder entsprechende Anwendung finden, da weder ein “Formenmissbrauch” des Gesetzgebers ersichtlich ist noch eine Verletzung von Grundrechten der Netzbetreiber, Elektrizitätsversorgungsunternehmen oder Endkunden (BGH, Urteil vom 25. Juni 2014 – VIII ZR 169/13, BGHZ 201, 355 Rn. 12 ff.).
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b) Von dieser rechtlichen Bewertung bei der inhaltsgleichen Regelung des § 60 Abs. 1 EEG 2014 abzuweichen, besteht kein Anlass.
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aa) Dass die in § 60 Abs. 1 EEG 2014 geregelte Verpflichtung der Elektrizitätsversorgungsunternehmen, durch Entrichtung der EEG-Umlage den Übertragungsnetzbetreibern die Differenz zwischen den Kosten aufgrund der abzunehmenden EEG-Strommengen und den Einnahmen aus deren Vermarktung zu erstatten, keine Sonderabgabe darstellt, folgt bereits aus dem Umstand, dass es an der erforderlichen Aufkommenswirkung zugunsten der öffentlichen Hand fehlt (vgl. BGHZ 201, 355 Rn. 14 mwN).
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(1) Das Bundesverfassungsgericht definiert die – verfassungsrechtlich nur unter engen Voraussetzungen zulässige – Sonderabgabe dahin, dass sie die Abgabenschuldner über die gemeine Steuerpflicht hinaus mit Abgaben belastet, ihre Kompetenzgrundlage in einer Sachgesetzgebungszuständigkeit sucht und das Abgabeaufkommen einem Sonderfonds vorbehalten ist (BVerfGE 145, 171 Rn. 102; BVerfGE 101, 141, 148). Die Beschreibung der Sonderabgabe dahingehend, dass das Aufkommen in einen Sonderfonds gelangt, dient der Abgrenzung von der Steuer, bei welcher die Einnahmen direkt in den Staatshaushalt fließen. Diese Abgrenzung ist erforderlich, um verfassungsrechtlich zulässige und verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässige Abgaben zu unterscheiden. Denn die Finanzverfassung des Grundgesetzes, die eine Finanzordnung sicherstellen will, die den Gesamtstaat und die Gliedstaaten am Gesamtertrag der Volkswirtschaft sachgerecht beteiligt, regelt die Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenz im Wesentlichen nur für das Finanzierungsmittel der Steuer und versagt es daher dem Gesetzgeber grundsätzlich, unter Inanspruchnahme einer Sachkompetenz Sonderabgaben zur Erzielung von Einnahmen für den allgemeinen Finanzbedarf eines öffentlichen Gemeinwesens zu erheben und das Aufkommen aus derartigen Abgaben zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben zu verwenden (vgl. BVerfGE 101, 141, 147 mwN).
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Dass das Bundesverfassungsgericht bei der Definition der Sonderabgabe die Aufkommenswirkung zugunsten der öffentlichen Hand nicht ausdrücklich erwähnt, beruht allein auf dem Umstand, dass es diese Wirkung gerade voraussetzt. Denn nur, wenn die in Frage stehende Abgabe direkt oder indirekt dem Staat zugutekommt, dieser also das Aufkommen verteilen bzw. die Verteilung beeinflussen kann, besteht eine Konkurrenz zu dem Instrument der Steuer und den sonstigen (zulässigen) Abgaben und damit eine finanzverfassungsrechtliche Problematik. Liegt hingegen eine reine Umverteilung unter Privatrechtssubjekten ohne Zwischenschaltung der öffentlichen Hand vor, kann ein Ertragsverteilungsproblem nicht entstehen (vgl. BVerfGE 77, 308, 339).
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Aus der von der Revisionserwiderung in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13. April 2017 (BVerfGE 145, 171 Rn. 102) folgt nichts Anderes. Soweit dort ausgeführt wird, das Abgabeaufkommen müsse in einen Sonderfonds gelangen, entspricht dies der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Auch in früheren Entscheidungen wird lediglich von einem Zufluss in einen Sonderfonds gesprochen und die erforderliche Aufkommenswirkung zugunsten der öffentlichen Hand nicht ausdrücklich erwähnt (vgl. BVerfGE 101, 141, 148; BVerfGE 91, 186, 201).
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(2) Wie der Bundesgerichtshof bereits ausgeführt hat, fließt die EEG-Umlage, mit der die Förderung des Stroms aus erneuerbaren Energien finanziert wird, weder einem von der öffentlichen Hand verwalteten Sonderfonds noch einer anderen staatlichen Institution zu. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2014 regelt vielmehr – ebenso wie frühere Fassungen oder das Stromeinspeisungsgesetz (vgl. dazu BGH, Urteile vom 11. Juni 2003 – VIII ZR 160/02, BGHZ 155, 141, 148 ff.; vom 22. Dezember 2003 – VIII ZR 90/02, WM 2004, 748) – ausschließlich Leistungs-, Abnahme- und Zahlungspflichten zwischen Rechtssubjekten des Privatrechts. Die den Übertragungsnetzbetreibern zufließenden Gelder stehen ungeachtet der Tatsache, dass auf der in § 60 Abs. 1 EEG 2014 geregelten letzten Stufe des EEG-Belastungsausgleichs mit der EEG-Umlage nur noch eine Weitergabe der Weiterverkaufsverluste nebst Transaktionskosten erfolgt, der öffentlichen Hand weder unmittelbar noch mittelbar zur Verfügung, sondern verbleiben vielmehr in der Hand autonomer Privatrechtssubjekte (vgl. BGHZ 201, 355 Rn. 16).
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(3) Der Umstand, dass die Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde in das System des EEG-Belastungsausgleichs eingeschaltet ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Als Aufsichtsbehörde überwacht sie lediglich die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen zur Höhe der auf den jeweiligen Stufen des Abwälzungsmechanismus gezahlten Vergütungen beziehungsweise Kostenerstattungen, kann jedoch keinen Zugriff auf die Finanzströme nehmen (BGHZ 201, 355 Rn. 20). Diese Überwachung führt nicht dazu, dass im Rahmen der EEG-Umlage der Betrieb eines Sonderfonds von der öffentlichen Hand auf Private delegiert würde.
38
bb) Wie der Bundesgerichtshof zu § 37 Abs. 2 EEG 2012 ebenfalls bereits entschieden hat, stellt die EEG-Umlage eine – von der Sonderabgabe zu trennende – gesetzliche Preisregelung dar (BGHZ 201, 355 Rn. 20).
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(1) Reine Preisregelungen des Staates liegen vor, wenn die gesetzlich geregelten Belastungen der Bürger keine Geldleistungspflicht gegenüber dem Staat begründen und nicht die Bildung eines zweckgebundenen Sondervermögens zur Folge haben (vgl. BVerfGE 77, 308, 339), sondern Interventionen in den Marktmechanismus vorliegen, die sich nur im Bereich privatautonom vereinbarter Leistungsbeziehungen auswirken (BGHZ 201, 355 Rn. 21). Eben dies ist Gegenstand der EEG-Umlage nach § 60 Abs. 1 EEG 2014 und der übrigen Regelungen des Gesetzes zum Belastungsausgleich. Denn sowohl die Verpflichtung zunächst der Verteilernetzbetreiber und sodann der Übertragungsnetzbetreiber, einen regulierten und damit staatlich vorgeschriebenen Preis für die Einspeisung von aus erneuerbaren Energien erzeugtem Strom zu bezahlen, als auch der vorgeschriebene Belastungsausgleich unter den Übertragungsnetzbetreibern und die den Elektrizitätsversorgungsunternehmen auferlegte Pflicht zur Entrichtung der EEG-Umlage an die Übertragungsnetzbetreiber wirken ausschließlich unter diesen Privatrechtssubjekten, die auch die erzielten “Einkünfte” ausschließlich und unmittelbar erhalten.
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(2) Dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen an Sonderabgaben auf gesetzliche Preisregelungen für Rechtsbeziehungen zwischen Privaten weder direkte noch entsprechende Anwendung finden, weil sie weder die Budgethoheit des Parlaments noch die Kompetenzregelungen der Finanzverfassung berühren, ist höchstrichterlich geklärt (vgl. BVerfGE 114, 196, 249 f.; BGHZ 201, 355 Rn. 20 ff.) und wird von der Revisionserwiderung nicht in Frage gestellt.
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cc) Ein sonstiger Verstoß gegen das Grundgesetz, insbesondere ein Grundrechtsverstoß oder die fehlende Sachkompetenz des Gesetzgebers, welche der Bundesgerichtshof bereits in seiner zitierten Entscheidung verneint hat (vgl. BGHZ 201, 355 Rn. 23 ff.), ist auch im Streitfall weder geltend gemacht noch ersichtlich.
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4. Auch die Vereinbarkeit der gesetzlichen Regelungen über die EEG-Umlage mit dem Recht der Europäischen Union ist nicht zweifelhaft, so dass auch insoweit dahinstehen kann, welche Auswirkungen eine andere Beurteilung auf den Widerklageanspruch hätte.
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a) Der von der Revisionserwiderung erhobene Einwand, die EEG-Umlage stelle eine unzulässige staatliche Beihilfe dar, greift nicht durch.
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Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in Bezug auf das Förder- und Ausgleichssystem des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2012, welches in den hier relevanten Punkten dem des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2014 entspricht, entschieden, dass dieses nicht gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV verstößt (EuGH, Urteil vom 28. März 2019 – C-405/16, juris – Kommission/Deutschland). Danach umfasst das Verbot in Art. 107 Abs. 1 AEUV sowohl unmittelbar vom Staat oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen als auch jene Beihilfen, die von öffentlichen oder privaten Einrichtungen gewährt werden, die der Staat zur Verwaltung der Beihilfe errichtet oder benannt hat. Die in dieser Bestimmung getroffene Unterscheidung zwischen “staatlichen” und “aus staatlichen Mitteln gewährten” Beihilfen bedeutet nicht, dass alle von einem Staat gewährten Vorteile unabhängig davon Beihilfen darstellen, ob sie aus staatlichen Mitteln finanziert werden oder nicht; sie dient vielmehr nur dazu, in den Beihilfebegriff die unmittelbar vom Staat gewährten sowie diejenigen Vorteile einzubeziehen, die über eine vom Staat benannte oder errichtete öffentliche oder private Einrichtung gewährt werden, damit Umgehungen verhindert werden (EuGH, C-405/16 Rn. 52 ff.). Art. 107 Abs. 1 AEUV erfasst somit sämtliche Geldmittel, die die öffentlichen Stellen tatsächlich zur Unterstützung der Unternehmen verwenden können, ohne dass es darauf ankommt, ob diese Mittel dauerhaft zum Vermögen des Staates gehören. Für ihre Einstufung als “staatliche Mittel” genügt der Umstand, dass die Mittel ständig unter staatlicher Kontrolle und somit den zuständigen nationalen Behörden zur Verfügung stehen (EuGH, C-405/16 Rn. 57).
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Die Vorteile der Übertragungsnetzbetreiber aus den Mechanismen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes werden nach dem Urteil des Gerichtshofs jedoch nicht unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt, da der Staat aus den oben ausgeführten Gründen (Rn. 36 f.) weder eine Verfügungsgewalt über die mit der EEG-Umlage erwirtschafteten Gelder hat noch auch nur eine staatliche Kontrolle über die mit der Verwaltung dieser Gelder betrauten Übertragungsnetzbetreiber ausübt (EuGH, C-405/16 Rn. 75 ff.).
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b) Die gesetzliche Regelung der EEG-Umlage verstößt auch nicht gegen die Warenverkehrsfreiheit nach Art. 34 AEUV. Ein etwaiger Verstoß wäre jedenfalls nach Art. 36 AEUV gerechtfertigt.
47
Die im Erneuerbare-Energien-Gesetz geregelte Pflicht der Netzbetreiber, im Inland aus erneuerbaren Energien erzeugten Strom einzuspeisen und zu festgelegten Preisen zu vergüten, sowie die damit zusammenhängenden Ausgleichsregeln stehen im Einklang mit den Vorgaben der Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Erneuerbare-Energien-Richtlinie). Diese bestimmt in Art. 3 Abs. 1 und 2, dass jeder Mitgliedstaat dafür zu sorgen hat, dass sein Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch im Jahr 2020 mindestens seinem nationalen Gesamtziel für den Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen entspricht, und dass er effektive Maßnahmen zur Erreichung oder sogar zum Übertreffen dieses Ziels trifft. In Art. 3 Abs. 3 ist sodann geregelt, dass die Mitgliedstaaten zur Erfüllung dieser Ziele u.a. Förderregelungen schaffen können. Diese sekundärrechtlichen Vorgaben rechtfertigen das im Erneuerbare-Energien-Gesetz 2014 enthaltene Fördersystem, zu welchem auch die EEG-Umlage nach § 60 Abs. 1 EEG 2014 zählt.
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Der Gerichtshof der Europäischen Union hat bereits zum Stromeinspeisungsgesetz in der Fassung von 1998, welches in § 2 ebenfalls eine Pflicht der Elektrizitätsversorgungsunternehmen vorsah, den in ihrem Versorgungsgebiet erzeugten Strom aus erneuerbaren Energien abzunehmen und dafür gesetzlich festgelegte Preise zu zahlen, entschieden, dass diese Regelung nach dem damaligen Stand des Gemeinschaftsrechts auf dem Gebiet des Elektrizitätsmarkts nicht gegen die Warenverkehrsfreiheit verstoße (EuGH, Urteil vom 13. März 2001 – C-379/98, juris Rn. 81 – Preussen Elektra). Diese Beurteilung ist auf die Vorschriften des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2014 unmittelbar zu übertragen, da bislang keine unionsweit einheitliche Regelung zur Förderung der erneuerbaren Energien in den Mitgliedstaaten geschaffen worden ist. Dementsprechend hat der Gerichtshof am 1. Juli 2014 judiziert, dass das mit einer nationalen Regelung verfolgte Ziel, die Nutzung erneuerbarer Energiequellen für die Stromerzeugung zu fördern, grundsätzlich geeignet ist, etwaige Behinderungen des freien Warenverkehrs zu rechtfertigen, da die Nutzung erneuerbarer Energiequellen zur Stromerzeugung sowohl dem Umweltschutz dient als auch zugleich dem Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen, der in Art. 36 AEUV unter den Gründen des Allgemeininteresses genannt ist (EuGH, Urteil vom 1. Juli 2014 – C-573/12, juris Rn. 77 ff. – Ålands Vindkraft AB/ Energimyndigheten).
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Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung stellen die gesetzlichen Regelungen keine unverhältnismäßige Beschränkung des freien Warenverkehrs dar. Wie der Unionsgerichtshof in der vorgenannten Entscheidung ausgeführt hat, kann beim derzeitigen Stand des Unionsrechts eine territoriale Beschränkung einer nationalen Fördermaßnahme als erforderlich angesehen werden, um das verfolgte legitime Ziel der Förderung einer vermehrten Nutzung erneuerbarer Energiequellen zur Stromerzeugung zu erreichen (C-573/12 Rn. 92 ff.). Dies gilt speziell für die unmittelbare Begünstigung nicht erst des Verbrauchs von “grünem” Strom, sondern bereits seiner Erzeugung auf dem Territorium des Mitgliedstaats (C-573/12 Rn. 94 ff.), wie sie auch hier – samt der wirtschaftlichen Konsequenzen – normiert ist.
50
III. Da sich die Entscheidung des Berufungsgerichts auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist, ist das Berufungsurteil aufzuheben. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, da das Berufungsgericht – nach seiner rechtlichen Beurteilung folgerichtig – keine Feststellungen zur Höhe der Widerklageforderung getroffen hat. Die Sache ist daher im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Meier-Beck     
        
Bacher     
        
Schoppmeyer
        
Picker      
        
Linder      
        
Berichtigungsbeschluss vom 10. März 2020
Das Urteil des Senats vom 3. März 2020 wird wegen einer offensichtlichen Auslassung berichtigt.
Der Tenor lautet wie folgt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 19. Januar 2017 aufgehoben, soweit die Widerklage abgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
 
Meier-Beck     
  
Kirchhoff     
  
Tolkmitt
  
Rombach     
  
Linder     
  


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