IT- und Medienrecht

Erstattung der Reparaturkosten für einen Wasserrohrbruch im Wege der Geschäftsführung ohne Auftrag

Aktenzeichen  AN 1 K 16.01766

Datum:
17.1.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KAG Art. 9 Abs. 1
BGB BGB § 670, § 677, § 683

 

Leitsatz

1 Aufwendungen für die Reparatur eines Grundstücksanschlusses an die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung können nicht im Wege der Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) geltend gemacht werden, wenn die Geschäftsbesorgung unberechtigt ist, weil ein aufgetretener Wasserrohrbruch dem Versorgungsträger nicht rechtzeitig angezeigt wird, so dass er seiner Unterhaltspflicht selbst nachkommen kann. (redaktioneller Leitsatz)
2 Sind nach der maßgeblichen Wasserabgabensatzung die Kosten für die Unterhaltung des Grundstückanschlusses außerhalb des öffentlichen Straßengrundes dem Einrichtungsträger vom Benutzer zu erstatten (sog. Erstattungsmodell), scheidet ein Anspruch aus GoA aus, weil der Benutzer nach dieser Rechtslage die Kosten selbst zu tragen hat. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig, insbesondere ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (vgl. BVerwG, U.v. 6.9.1988 – 4 C 5/86, BVerwGE 80, 170; BayVGH, B.v. 18.7.2002 – 23 C 02.462, juris).
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Aufwendungen für die Reparatur ihres Grundstücksanschlusses an die von dem Beklagten betriebene öffentliche Wasserversorgungseinrichtung nicht zu.
Als Rechtsgrundlage für den behaupteten Anspruch kommen lediglich die Bestimmungen zur Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA; § 677 BGB i.V.m § 683 BGB) in Betracht. Die von den Bevollmächtigten der Klägerin herangezogene Regelung des § 9 Abs. 3 WAS bestimmt lediglich, dass die Grundstücksanschlüsse vom Beklagten hergestellt, unterhalten, erneuert, geändert, abgetrennt und beseitigt werden.
Diese Satzungsbestimmung trägt den rechtlichen Vorgaben bei einer öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses einer als öffentliche Einrichtung betriebenen Wasserversorgungseinrichtung Rechnung. Es besteht ein Wahlrecht des Einrichtungsträgers, ob er den Grundstücksanschluss der Einrichtung zuordnet (dann Finanzierung über Beiträge und Gebühren) oder ob er das sog. Erstattungsmodell wählt (vgl. Art. 9 Abs. 1 KAG). Beide Varianten stehen in Einklang mit § 10 Abs. 3 Sätze 3 bis 6 AVBWasserV, wonach die Grundstücksanschlüsse ausschließlich vom Einrichtungsträger zu bewirtschaften sind. Die Vorschrift findet bei öffentlich-rechtlicher Ausgestaltung entsprechende Anwendung (§ 35 Abs. 1 Halbs. 1 AVBWasserV; zum Ganzen: Ecker, Kommunalabgaben in Bayern, Erl. 3 zu 71.03).
Der Beklagte hat sich für das sog. Erstattungsmodell entschieden (vgl. § 8 BGS/WAS).
§ 9 Abs. 3 WAS setzt die Vorgaben des § 10 Abs. 3 Sätze 3 bis 6 AVBWasserV i. V. m. § 35 Abs. 1 Halbs. 1 AVBWasserV entsprechend um, gewährt dem einzelnen Grundstückseigentümer jedoch keine Zahlungsansprüche für den Fall, dass dieser – abweichend von § 9 Abs. 3 WAS – selbst Reparaturen an seinem Grundstücksanschluss durchführen lässt.
Der von der Klägerin geltend gemachte Zahlungsanspruch lässt sich auch nicht auf § 677 BGB i.V.m § 683 BGB stützen.
Nach Rechtsprechung und herrschender Meinung sind Ansprüche aus GoA öffentlich-rechtlich, wenn sie aus der Führung öffentlich-rechtlicher Geschäfte herrühren, d. h. das Geschäft zum öffentlich-rechtlichen Pflichtenkreis des Geschäftsherrn gehören würde, wenn er es selbst geführt hätte. Geschäftsführer kann in diesem Fall auch eine Privatperson sein (BVerwG, U.v. 6.9.1988 – 4 C 5/86, a. a. O.; Kopp/Schenke, VwGO, Rn. 26 zu § 40; Palandt, BGB, 72. A. 2013, Rn. 13 ff. Einf. v. § 677). Die Regelungen der §§ 677 ff. BGB finden in diesem Fall entsprechende Anwendung.
Die Klägerin hat mit den außerhalb des Bereichs des öffentlichen Straßengrundes durchgeführten Reparaturarbeiten am Anschluss ihres Grundstückes an die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung des Beklagten zwar ein objektiv fremdes Geschäft besorgt. Sie verweist insoweit zutreffend darauf, dass die im Eigentum des Beklagten stehenden Grundstücksanschlüsse (§ 9 Abs. 1 WAS) von diesem hergestellt, unterhalten, erneuert, geändert, abgetrennt und beseitigt werden. Grundstücksanschlüsse (= Hausanschlüsse) sind die Wasserleitungen von der Abzweigstelle der Versorgungsleitung bis zu Übergabestelle; sie beginnen mit der Anschlussvorrichtung und enden mit der Hauptabsperrvorrichtung (§ 3 WAS).
Bei einem objektiv fremden Geschäft besteht allein aufgrund ihrer Vornahme eine tatsächliche Vermutung für das Bewusstsein und den Willen der Fremdgeschäftsführung (Palandt, a. a. O., Rn. 4 zu § 677). Dass die Klägerin auch im eigenen Interesse gehandelt hat, schließt den Fremdgeschäftsführungswillen nicht aus (Palandt, a. a. O., Rn. 6 zu § 677).
Eine Erstattung der geltend gemachten Aufwendungen auf der Grundlage des § 677 BGB i. V. m. § 683 scheidet jedoch aus.
Zum einen war die Besorgung des Geschäfts für den Beklagten unberechtigt und es lag kein Fall des § 679 BGB vor.
Als Ergebnis der mündlichen Verhandlung hat sich bestätigt, dass dem Beklagten bis zum Eingang des Schriftsatzes der Bevollmächtigten der Klägerin vom 30. Oktober 2015 nicht bekannt war, dass auf dem Grundstück der Klägerin ein Wasserrohrbruch am Hausanschlusses aufgetreten war. Der Beklagte hatte ab dem Ortstermin am 10. Juni 2015 zunächst nur Kenntnis davon, dass ein Rückstauverschluss des Grundstücksanschlusses an die öffentliche Entwässerungseinrichtung defekt und zu reparieren war. Dieser Grundstücksanschluss war von der Klägerin zu unterhalten (§ 8 Abs. 1 EWS des Beklagten vom 13.12.2000), so dass der Beklagte es zu Recht abgelehnt hat, die Reparatur des Rückstauverschlusses vorzunehmen.
Der von der Klägerin wohl anlässlich der Reparatur des Rückstauventils festgestellte Defekt des Grundstücksanschlusses an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die im Juli 2015 veranlasste Reparatur waren dem Beklagten vor dem 30. Oktober 2015 nicht mitgeteilt worden.
Der Beklagte war demnach auch nicht in der Lage, die ihm obliegende Unterhaltungspflicht selbst wahrzunehmen. Die von der Klägerin veranlasste Reparatur des Grundstücksanschlusses entsprach damit weder dem Interesse noch dem wirklichen Willen des Beklagten als Geschäftsherrn.
Der entgegenstehende Wille des Geschäftsherrn ist auch nicht gemäß § 670 BGB unbeachtlich. Voraussetzung hierfür wäre, dass ohne die Geschäftsführung eine Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, oder eine gesetzliche Unterhaltspflicht des Geschäftsherrn nicht rechtzeitig erfüllt werden würde. Vorliegend fehlt es bereits an dem Tatbestandsmerkmal der „nicht rechtzeitigen Erfüllung“, da der Beklagte bei entsprechender rechtzeitiger Information durch die Klägerin sehr wohl in der Lage gewesen wäre, den aufgetretenen Schaden am Grundstücksanschluss der Klägerin beseitigen zu lassen.
Dem geltend gemachten Erstattungsanspruch steht zudem entgegen, dass die Klägerin als Geschäftsführerin ohne Auftrag nach der maßgeblichen Rechtslage die ihr entstandenen Aufwendungen selbst tragen soll (Palandt, a. a. O., Rn. 7 zu § 677).
Wie bereits ausgeführt, hat sich der Beklagte bei der rechtlichen Gestaltung der Bewirtschaftung der Grundstücksanschlüsse im Bereich der Wasserversorgung für das sog. Erstattungsmodell entschieden. § 8 Abs. 1 BGS/WAS bestimmt deshalb, dass der Aufwand für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie für die Unterhaltung der Grundstücksanschlüsse im Sinne des § 3 WAS mit Ausnahme der Kosten, die auf die Teile der Grundstücksanschlüsse (Hausanschlüsse) entfallen, die sich im öffentlichen Straßengrund befinden, in der jeweils tatsächlich entstandenen Höhe zu erstatten ist. Die Regelung des § 8 Abs. 1 BGS/WAS steht im Einklang mit Art. 9 Abs. 1 KAG, wonach die Gemeinden, Landkreise und Bezirke bestimmen können, dass ihnen der Aufwand für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung sowie für die Unterhaltung des Teils eines Grundstücksanschlusses an Versorgungs- und Entwässerungseinrichtungen, der sich nicht im öffentlichen Straßengrund befindet, in der tatsächlichen Höhe oder nach Einheitssätzen (§ 130 BauGB) erstattet wird.
Hat die Klägerin demnach die Aufwendungen für die Reparatur ihres Grundstücksanschlusses selbst zu tragen, kann sie keine Ansprüche nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag geltend machen. Einer entsprechenden Geltendmachung stünde der „dolo petit“-Einwand entgegen.
Ein Rechtsanspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten besteht ebenfalls nicht. Nach § 162 VwGO sind erstattungsfähige Kosten die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO sieht (bei Erfolg der Klage) entsprechend eine Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten nur im Falle der Durchführung eines Vorverfahrens und entsprechender Entscheidung des Gerichts über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten vor.
Auf die Kosten, die im Verwaltungsverfahren außerhalb des Widerspruchsverfahrens entstanden sind, ist auch Art. 80 BayVwVfG weder unmittelbar noch sinngemäß anwendbar. Das entspricht allgemeiner Auffassung (vgl. BVerwG, B.v. 1.9.1989 – 4 B 17/89, NVwZ 1990, 59; U.v. 20.5.1987 – 7 C 83.84, Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr. 24; Kopp/Ramsauer, VwVfG, Rn. 21 zu § 80).
Die Klage war deshalb abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift:
Promenade 24 – 28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift:
Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift:
Ludwigstraße 23, 80539 München;
Postfachanschrift:
Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in
in Ansbach:
Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen.
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 3.516,61 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift:
Promenade 24 – 28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift:
Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.


Ähnliche Artikel

Unerwünschte Werbung: Rechte und Schutz

Ganz gleich, ob ein Telefonanbieter Ihnen ein Produkt am Telefon aufschwatzen möchte oder eine Krankenkasse Sie abwerben möchte – nervig können unerwünschte Werbeanrufe, -emails oder -schreiben schnell werden. Was erlaubt ist und wie Sie dagegen vorgehen können, erfahren Sie hier.
Mehr lesen

Was tun bei einer negativen Bewertung im Internet?

Kundenbewertungen bei Google sind wichtig für Unternehmen, da sich potenzielle Neukunden oft daran orientieren. Doch was, wenn man negative Bewertungen bekommt oder im schlimmsten Fall sogar falsche? Das kann schädlich für das Geschäft sein. Wir erklären Ihnen, was Sie zu dem Thema wissen sollten.
Mehr lesen

Der Influencer Vertrag

In den letzten Jahren hat sich Influencer Marketing einen starken Namen in der Werbebranche gemacht. Viele Unternehmen setzen auf platzierte Werbeanzeigen durch Influencer. Was jedoch zwischen Unternehmer und Influencer vertraglich im Vorfeld zu beachten ist, werden wir Ihnen im Folgenden erläutern.
Mehr lesen


Nach oben