IT- und Medienrecht

Feiertagsgesetz, Befreiung für SB-Waschanlage, Konkurrenzdruck kein wichtiger Grund

Aktenzeichen  Au 5 K 21.1690

Datum:
24.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 13022
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayFTG Art. 2 Abs. 1
BayFTG Art. 5

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erteilung einer Befreiung zum Betrieb ihrer SB-Waschanlage an Sonn- und Feiertagen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Die Beklagte hat den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 14. Juli 2021 zu Recht abgelehnt.
1. Gemäß Art. 2 Abs. 1 BayFTG sind an Sonntagen und den gesetzlichen Feiertagen öffentlich bemerkbare Arbeiten, die geeignet sind, die Feiertagsruhe zu beeinträchtigen, verboten, soweit aufgrund Gesetzes nichts anderes bestimmt ist. Eine Befreiung von diesem Verbot kommt gemäß Art. 5 BayFTG nur aus wichtigem Grund im Einzelfall in Betracht. Eine solche Entscheidung steht im Ermessen der Gemeinde.
a) Das Bereitstellen von SB-Waschplätzen in der Waschanlage der Klägerin an Sonn- und Feiertagen stellt eine nach Art. 2 Abs. 1 BayFTG verbotene Tätigkeit dar.
Nicht nur beim gewerblichen Offenhalten von automatischen Autowaschanlagen, sondern auch beim gewerblichen Zurverfügungstellen von Anlagen und Geräten an Kunden zum selbsttätigen Fahrzeugwaschen in SB-Waschanlagen handelt es sich um Arbeiten, die typisch werktägliches Gepräge haben, wobei es hierbei auf das individuelle Empfinden einzelner Kunden oder Betrachter und auf den konkreten Gebietscharakter des Standortes nicht ankommt. Selbst wenn die Anlage inmitten eines Gewerbegebiets liegt, handelt es sich beim Offenhalten einer gewerblichen Autowaschanlage um eine „öffentlich bemerkbare Arbeit“, die geeignet ist, die Sonn- und Feiertagsruhe zu stören (BayVGH, U.v. 19.2.1991 – 21 B 90.02486 – juris Rn. 22; VG Würzburg, U.v. 16.3.2005 – W 6 K 04.157 – juris Rn. 23; BayObLG, B.v. 5.3.2004 – 3 ObOWi 12/04 – juris; BayVerfGH, B.v. 27.2.2012 – Vf. 4-VII-11 – juris Rn. 51; VGH BW, B.v. 3.9.1985 – 10 S 1664/85 – VBlBW 86,307).
Der Annahme, dass der Betrieb der SB-Waschanlage der Klägerin vorliegend auch „öffentlich bemerkbar“ ist, steht die konkrete Situierung der Anlage nicht entgegen. Auch wenn diese in einem Gewerbegebiet außerhalb des Hauptortes liegt, entlang einer S. straße (St.  –  Straße) etwas zurückgesetzt situiert ist und möglicherweise durch Bepflanzung die Wahrnehmbarkeit von Straße und Radweg aus eingeschränkt ist, ändert dies nichts an dem Umstand, dass nicht nur Besucher des Gewerbegebiets, die die dortige Tankstelle oder das Schnellimbissrestaurant sonntags aufsuchen, sondern auch vorbeifahrende Kraftfahrzeugführer oder Nutzer des in 100 m Luftlinie gelegenen Radwegs die Anlage und die darin stattfindenden Arbeiten ohne weiteres wahrnehmen können. Damit sind die Arbeiten „öffentlich bemerkbar“. Auf die Frage, ob sich Personen durch den sonntäglichen Betrieb der Waschanlage konkret gestört fühlen, kommt es hierbei nicht entscheidend an. Art. 2 Abs. 1 BayFTG stellt darauf ab, dass die Tätigkeit „geeignet“ sein muss, die Feiertagsruhe zu beeinträchtigen, ohne Rücksicht darauf, ob sie generell oder im Einzelfall konkret die Sonntagsruhe stört. Ziel des Feiertagsgesetzes ist es, den werktäglichen Arbeitsprozess der äußerlich in Erscheinung tretenden Arbeiten an Sonn- und Feiertagen zu unterbrechen (BayVGH, U.v. 19.2.1991 a.a.O. Rn. 22). Verboten sind demnach alle Tätigkeiten, die als Werktagsarbeit nach außen erkennbar sind, auch wenn sie aufgrund ihrer Lage zu keiner konkreten Störung der Sonntagsruhe führen (VG Würzburg, U.v. 16.3.2005 a.a.O. Rn. 24). Auch der Betrieb der SB-Waschanlage der Klägerin hat einen derartig spezifisch werktäglichen Charakter. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat in der Entscheidung vom 5. März 2003 (3 ObOWi 12/04 a.a.O.) darauf hingewiesen, dass das gewerbliche Zurverfügungstellen von SB-Waschplätzen mit den für das Autowaschen nötigen Hilfsmitteln an Sonn- und Feiertagen auch dann gegen das Gebot der Sonn-und Feiertagsruhe verstoße, wenn dies in einem Gewerbegebiet stattfinde und das Autowaschen keinen ungebührlichen Lärm verursache. Das Verbot gelte unabhängig davon, ob sich konkret Mitbürger in ihrer Sonn- und Feiertagsruhe gestört fühlten und es komme auch nicht darauf an, ob die Arbeiten in einem Wohn-, Erholungs- oder Gewerbegebiet ausgeführt würden.
Der Einordnung des Betriebs der SB-Waschanlage der Klägerin als „Arbeit“ i.S. des Art. 2 Abs. 1 BayFTG steht auch das vom Klägerbevollmächtigten vorgetragene, veränderte Freizeitverhalten nicht entgegen. Selbst wenn ein verändertes Freizeitverhalten dazu geführt haben sollte, dass das Autowaschen nicht mehr als Arbeit, sondern als Hobby oder als Freizeitvergnügen angesehen werde, so kann dies allenfalls für einen Teil der Bevölkerung gelten. Falls ein verändertes Freizeitverhalten zu einem verstärkten Bedürfnis der Bevölkerung nach erweiterten Möglichkeiten der Sonntagsöffnung für bestimmte Gewerbszweige führen sollte, wäre es Aufgabe des Gesetzgebers, ein derartig verändertes Freizeitverhalten auch bei den Regelungen des bayerischen Feiertagsgesetzes zu berücksichtigen und dem Rechnung zu tragen. Der Gesetzgeber hat jedoch im Gegenteil in Art. 2 Abs. 3 Nr. 5 BayFTG eine ausdrückliche Regelung zur Möglichkeit einer Ausnahme für den Betrieb von Autowaschanlagen an Sonn- und Feiertagen getroffen und damit klar zum Ausdruck gebracht, dass der Betrieb von Autowaschanlagen an Sonn- und Feiertagen dem Grunde nach zu den verbotenen Arbeiten im Sinne des Art. 2 Abs. 1 BayFTG gehört. Auch die Neuregelung von Art. 2 BayFTG im Jahr 2006 nahm der Gesetzgeber nicht zum Anlass, um hieran etwas zu ändern. Ebenso hat das Bundesverfassungsgericht bestätigt, dass der Gesetzgeber trotz eines veränderten Freizeitverhaltens an der herkömmlichen deutschen Tradition eines grundsätzlichen Sonn- und Feiertagsschutzes festhalten darf (BVerfG, U.v. 9.6.2004 – 1 BvR 636/02 – juris Rn. 182). Zudem ist dem Argument des Klägerbevollmächtigten, wonach die Autowäsche mittlerweile grundsätzlich dem Freizeitbereich zuzuordnen sei, in dieser Pauschalität nicht zuzustimmen. Es ist davon auszugehen, dass nicht nur Privatpersonen ihre Privat-Pkw, sondern auch Arbeitnehmer die ihnen vom Arbeitgeber zur dienstlichen Nutzung zur Verfügung gestellten Geschäftsautos ebenso wie Selbständige ihre Firmenfahrzeuge in der SB-Waschanlage der Klägerin waschen. Damit vermischt sich jedoch die rein privat veranlasste Autowäsche mit der dienstlich und beruflich veranlassten Autowäsche, die Teil einer Erwerbstätigkeit ist und damit eine typisch werktägliche Verpflichtung darstellt, die auch nach Auffassung des Klägerbevollmächtigten vom Verbot des Art. 2 Abs. 1 BayFTG erfasst wird.
b) Ein wichtiger Grund im Einzelfall für die Erteilung einer Befreiung nach Art. 5 BayFTG liegt nicht vor.
Ein „wichtiger Grund im Einzelfall“ im Sinne des Art. 5 BayFTG kann, wie sich aus dem Wortlaut der Regelung ergibt, nur dann angenommen werden, wenn der Grund nicht auch für eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle in gleicher Weise gilt. Ansonsten würde das Regel-Ausnahme-Verhältnis, das sich aus dem grundsätzlichen Verbot des Art. 2 Abs. 1 BayFTG in Verbindung mit der Befreiungsmöglichkeit im Einzelfall nach Art. 5 BayFTG ergibt, nicht ausreichend berücksichtigt.
Ein wichtiger Grund kann demnach nicht in dem von der Klägerseite behaupteten, geänderten Freizeitverhalten gesehen werden. Dieses Freizeitverhalten betrifft nicht die konkrete Situation der Anlage der Klägerin, sondern stellt eine allgemeine gesellschaftliche Entwicklung dar. Eine Reaktion hierauf bleibt, wie bereits ausgeführt, dem Gesetzgeber vorbehalten.
Auch das Vorbringen der Klägerin, wonach ihre SB-Waschanlage aufgrund der konkreten Situierung nicht zu einer Störung der Feiertagsruhe führe und sie allgemein in der Bevölkerung akzeptiert werde, kann die Annahme eines wichtigen Grundes nicht rechtfertigen. Wie bereits ausgeführt, gilt das Verbot der Sonntagsöffnung für die SB-Waschanlage der Klägerin unabhängig davon, ob sie gut einsehbar ist und auch unabhängig davon, ob sich die Bevölkerung oder einzelne Bürger konkret von den Arbeiten dort gestört fühlen. Ausschlaggebend ist allein die öffentliche Bemerkbarkeit und die grundsätzliche Eignung, die Feiertagsruhe zu beeinträchtigen. Damit kann jedoch allein mit dem Argument der fehlenden Bemerkbarkeit und der im konkreten Fall behaupteten, fehlenden Störung der Feiertagsruhe ein Ausnahmefall, der eine Befreiung rechtfertigen würde, nicht begründet werden, da damit das gesetzliche Verbot unterlaufen würde.
Der vorgetragene Konkurrenzdruck stellt ebenfalls keinen wichtigen Grund i.S. des Art. 5 BayFTG dar (s. hierzu auch VG Würzburg, U.v. 16.3.2005 a.a.O. Rn. 27). Zum einen zählen Konkurrenzdruck und wirtschaftlicher Wettbewerb zum Bestandteil jeder wirtschaftlichen Betätigung. Der Gewerbetreibende kann nicht davon ausgehen, dass sich das wirtschaftliche Umfeld nicht wandelt und muss damit rechnen, dass sein Unternehmen einer Konkurrenz ausgesetzt wird, die es bislang nicht gab. Soweit die Klägerin vortragen lässt, dass es wegen der Sonntagsöffnung der Waschanlagen in, . und . zu einem Umsatzrückgang bis zu einem Drittel gekommen sei, kann dies noch keine besondere Härte begründen. Denn auch die Stadt . hat keine Verordnung i.S. des Art. 2 Abs. 3 BayFTG erlassen und im nahe gelegenen Bundesland B.-W. gilt ebenfalls ein „Sonntags-Waschverbot“. Die SB-Waschanlage der Klägerin ist damit nicht die einzige Waschanlage im näheren und weiteren Einzugsbereich, die an Sonn- und Feiertagen nicht öffnen darf. Im Übrigen befindet sich im Gemeindegebiet der Beklagten eine weitere Waschanlage, die ebenfalls an Sonn- und Feiertagen nicht öffnen darf. Ein unzumutbarer Wettbewerbsnachteil im Vergleich zu anderen, im Einzugsbereich gelegenen Waschanlagen kann demnach trotz der Öffnung der von der Klägerin benannten Anlagen an Sonn- und Feiertagen nicht angenommen werden. Zudem verfügt die Anlage der Klägerin im Vergleich zu den anderen Waschanlagen mit einer Durchfahrtshöhe von 3,65 m über ein Alleinstellungsmerkmal, das sie von Mitwettbewerbern abhebt, weil es auch die Wäsche höherer Fahrzeuge, wie etwa Wohnwägen, ermöglicht. Auch aus den vom Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Umsatzzahlen ergibt sich nicht, dass der Konkurrenzdruck zu einer besonderen wirtschaftlichen Härte geführt hätte. Es mag sein, dass es tatsächlich wegen der Sonntags-Öffnung von SB-Waschanlagen in, . und . bei der Anlage der Klägerin zu Umsatzeinbußen und dementsprechend zu Gewinneinbußen gekommen ist. Der Geschäftsführer der Klägerin bestätigte jedoch auf Nachfrage auch, dass der Betrieb sich „gerade noch“ rechne. Eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage der Klägerin auf unerträgliche und unzumutbare Weise kann mit diesem Vorbringen demnach nicht begründet werden. Dies gilt umso mehr, als die SB-Waschanlage für die Klägerin nur ein Geschäftszweig neben anderen ist. Im Übrigen ist es Aufgabe der Klägerin, bei der Kalkulation einer derartigen Anlage die rechtlichen Rahmenbedingungen und damit auch die möglichen Öffnungszeiten in die Berechnungen mit einzubeziehen. Dass die Klägerin, wie ihr Geschäftsführer vorgetragen hat, hierbei aufgrund fehlerhafter Auskünfte von falschen Voraussetzungen ausgegangen sei, vermag nicht nachträglich einen wichtigen Grund im Hinblick auf die – nunmehr bei Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben geminderte – Wirtschaftlichkeit des Betriebes zu rechtfertigen. Das Gewinnstreben der Klägerin muss deshalb hinter dem Bedürfnis der Bevölkerung nach sonn- und feiertäglicher Ruhe zurücktreten (s. hierzu auch BayVGH, U.v. 19.2.1991 a.a.O. Rn. 24).
Die weiteren, vom Klägerbevollmächtigten vorgetragenen Gründe für die Erteilung der Befreiung betreffen nicht die konkrete Situation der Klägerin und können damit einen wichtigen Grund im Einzelfall nicht begründen. Dies gilt für das vorgetragene, erhöhte Bedürfnis der Bevölkerung, die Fahrzeuge auch an Sonntag- und Feiertagen waschen zu können ebenso wie für die Vermeidung von Vandalismus und unerlaubter Abfallentsorgung außerhalb der Betriebszeiten. Auch Belange des Umweltschutzes im Sinne einer fachgerechten Schmutzwasserentsorgung sind Belange, die für alle Anlagen in gleicher Weise geltend gemacht werden könnten und keinen wichtigen Grund im Einzelfall darstellen.
c) Da es somit bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Befreiung nach Art. 5 BayFTG fehlt, kommt es auf eine Ermessensbetätigung der Beklagten nicht mehr an. Ohne dass es entscheidend darauf ankäme, wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Beklagte im angegriffenen Bescheid nach Auffassung der Kammer das ihr eingeräumte Ermessen erkannt und sachgerecht ausgeübt hat und das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Sonn- und Feiertagsruhe in nicht zu beanstandender Weise höher gewichtet hat als das Interesse der Klägerin an einer Öffnung ihrer SB-Waschanlage auch an Sonn- und Feiertagen.
Die Klage war deshalb als unbegründet abzuweisen.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).


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