IT- und Medienrecht

Festsetzung des Rundfunkbeitrags für ein baufälliges Anwesen

Aktenzeichen  B 3 K 16.837

Datum:
3.7.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 155071
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RBStV § 2, § 3

 

Leitsatz

Auch eine baufällige und nicht dem heutigen Standard entsprechende Wohnung ist abstrakt zum Wohnen und Schlafen geeignet. Auf die tatsächliche Nutzung und damit auch auf ein tatsächliches Bewohnen der betreffenden Raumeinheit kommt es nicht an. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört.
Die zulässige Anfechtungsklage hat in der Sache keinen Erfolg, da sich der angefochtene Festsetzungsbescheid vom 01.04.2015 in Form des Widerspruchsbescheids vom 26.10.2016 als rechtmäßig erweist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klage war daher abzuweisen.
1.1. Die vom Kläger vorgebrachten Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Festsetzungsbescheids können zu keinem anderen Ergebnis führen. Der Vortrag des Klägers, dass das Gebäude tatsächlich nicht als Wohnsitz sondern nur als Lager genutzt werde und außerdem nicht dem heutigen Standard entspreche und baufällig sei, hindert nicht die Annahme des Vorliegens einer Wohnung im Sinne des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags. Nach der gesetzlichen Definition ist es ausreichend, dass die ortsfeste, baulich abgeschlossene Raumeinheit zum Wohnen oder Schlafen geeignet ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RBStV). Auf die tatsächliche Nutzung und damit auch auf ein tatsächliches Bewohnen der betreffenden Raumeinheit kommt es nicht an. Solange der Kläger diese Wohnung im Sinne des RBStV also noch selbst – wenn auch nur für Lagerzwecke – nutzt, ist er als Inhaber der Wohnung, der die Wohnung „selbst bewohnt“ (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV), anzusehen, denn dem Willen des Gesetzgebers entspricht es, den auf die Wohnung bezogenen Rundfunkbeitrag einfach und praktikabel auszugestalten und die Privatsphäre zu schützen. Ermittlungen „hinter der Wohnungstür“ sollen nicht mehr erforderlich sein, weil es auf Art und Umfang der Nutzung der Wohnung regelmäßig nicht entscheidungserheblich ankommt (BayVGH, B.v. 18. 2.2015 – 7 CS 15.103 – juris, Rn. 10 f. m.w.N.). Insofern mag das Gebäude auch baufällig sein und nicht dem heutigen Standard einer Wohnung entsprechen. Dennoch wäre zumindest eine abstrakte Eignung zum Wohnen und Schlafen gegeben gewesen, was der Umstand zeigt, dass die Raumeinheit – nach dem Vortrag des Klägers – als Lager genutzt werden konnte. Es bestand also keine derartige Baufälligkeit, dass die Raumeinheiten nicht mehr betreten werden konnten. Die Wohnungseigenschaft im Sinne des RBStV ist damit gegeben, auch wenn der konkrete Zustand des Gebäudes nicht dem üblichen Wohnungsbild entsprochen haben mag, was aber auf Grund der dargestellten typisierenden Betrachtungsweise bei der Festsetzung des Rundfunkbeitrags nicht maßgeblich ist.
Jedenfalls aber kann sich der Kläger im vorliegenden Fall deshalb nicht gegen die Heranziehung zum Rundfunkbeitrag mit Erfolg zur Wehr setzen, weil er sich bewusst für dieses Anwesen im streitgegenständlichen Zeitraum bis August 2014 angemeldet hat, um die Vorteile eines Stimmrechts durch die melderechtliche Anmeldung zu erhalten. Damit muss sich der Kläger aber dann auch die weiteren Rechtsfolgen einer solchen bewussten melderechtlichen Anmeldung – wie die Heranziehung zum Rundfunkbeitrag – zurechnen lassen, unabhängig davon, in welchem Zustand sich das Anwesen befindet und welche Nutzung tatsächlich erfolgt ist. Der Einwand, es habe gar kein Wohnsitz vorgelegen, ist vielmehr als widersprüchliches Verhalten und damit jedenfalls als Verstoß gegen den Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben unbeachtlich.
1.2. Im Übrigen sind Rechtsfehler des angefochtenen Bescheids in der Form des Widerspruchsbescheids – auch hinsichtlich der festgesetzten Beitragshöhe – weder vorgetragen noch ersichtlich, so dass gem. § 117 Abs. 5 Satz 2 VwGO ergänzend auf die Gründe des Widerspruchsbescheids Bezug genommen wird.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterlegener Beteiligter hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis bedurfte es angesichts der – wenn überhaupt anfallenden – jedenfalls geringen, vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen des Beklagten nicht, zumal dieser auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.


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