IT- und Medienrecht

Gewährung von Verbraucherinformationen nach dem Verbraucherinformationsgesetz

Aktenzeichen  M 32 SN 19.2482

Datum:
18.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 55946
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VIG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 3, § 4 Abs. 1 S. 2, § 5 Abs. 4 S. 1, § 6 Abs. 1
VwGO § 65 Abs. 2, § 80 Abs. 5, § 80a Abs. 3 S. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt mit ihrem Eilantrag die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklage gegen den an den Beigeladenen ergangenen Bescheid des Antragsgegners vom 7. Mai 2019, in dem einem Antrag des Beigeladenen (im Folgenden auch: VIG-Antragsteller) auf Gewährung von Verbraucherinformationen nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) stattgegeben wurde.
Die Antragstellerin ist Betreiberin einer Brauereigaststätte. Mit einer über das von foodwatch e.V. bzw. FragDenStaat betriebene Internetportal „Topf Secret“ versandten E-Mail vom 15. Januar 2019 beantragte der Beigeladene bei dem Antragsgegner die Herausgabe folgender Informationen über die Antragstellerin:
1. Wann haben die beiden letzten lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfungen im folgenden Betrieb stattgefunden:
Name und Anschrift des Betriebs
2. Kam es hierbei zu Beanstandungen? Falls ja, beantrage ich hiermit die Herausgabe des entsprechenden Kontrollberichts an mich. …
Ich bitte um eine Antwort in elektronischer Form (E-Mail). …
Der Beigeladene widersprach ausdrücklich einer Weitergabe seiner personenbezogenen Daten an den betroffenen Lebensmittelbetrieb.
Mit Schreiben vom 18. Januar 2019 teilte der Antragsgegner dem Beigeladenen mit, dass sein VIG-Antrag auf Grund des Widerspruchs gegen eine Datenweitergabe nicht bearbeitet werden könne. Ihm wurde eine Frist von zwei Wochen gewährt, um den Widerspruch zurückzunehmen. Diese Frist ließ er verstreichen.
Mit Schreiben vom 14. März 2019 erteilte der Beigeladene gegenüber dem Antragsgegner sein Einverständnis mit der Weitergabe seiner persönlichen Daten an den betroffenen Betrieb und bat um Weiterbearbeitung seines Antrags.
Mit Schreiben vom 1. April 2019 informierte der Antragsgegner die Antragstellerin über das Auskunftsersuchen und teilte ihr gleichzeitig mit, dass sie beabsichtige, dem Beigeladenen die vollständigen Kontrollberichte zu den letzten beiden Betriebskontrollen zu übermitteln; hierzu wurde der Antragstellerin die Möglichkeit zur Stellungnahme bis 15. April 2019 eingeräumt. Mit Schreiben vom 15. April 2019 widersprach die Antragstellerin der Informationsherausgabe.
Mit Bescheid vom 7. Mai 2019 teilte der Antragsgegner dem Beigeladenen mit, dass seinem Antrag vom 14. März 2019 stattgegeben werde. Die Informationen würden durch Herausgabe der entsprechenden Kontrollberichte nach Ablauf von 10 Tagen nach Zustellung des Bescheids an den betroffenen Dritten in Schriftform bekannt gegeben, sofern bis dahin keine gerichtliche Untersagung erfolgt sei. Der Bescheid enthielt die Hinweise, dass personenbezogene Daten, die nicht die Lebensmittelunternehmer/innen direkt betreffen sowie alle Inhalte, die nicht dem Anwendungsbereich des VIG unterliegen, geschwärzt werden würden und die Weiterverwendung der erhaltenen Informationen in der eigenen Verantwortung des VIG-Antragstellers liege.
Mit Schreiben vom selben Tag, zugestellt am 9. Mai 2019, wurde der Antragstellerin unter Beifügung einer Kopie des an den Beigeladenen ergangenen Bescheids vom 7. Mai 2019 bekanntgegeben, dass sich der Antragsgegner für die Gewährung der Information entschieden habe. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Ausschluss- oder Beschränkungsgründe der Entscheidung nicht entgegenstehen. Lediglich personenbezogene Daten von Beschäftigten, bloße Empfehlungen der Lebensmittelüberwachung und Feststellungen, die außerhalb des Lebensmittelrechts liegen, würden vor Herausgabe der Kontrollberichte geschwätzt werden. Die Informationsgewährung erfolge durch Übermittlung von Kopien der Kontrollberichte, sofern nicht innerhalb von 10 Tagen nach Erhalt des Schreibens eine gerichtliche Untersagung ergehe. Auf die Rechtsbehelfsbelehrung:im an den Beigeladenen erlassenen Bescheid vom 7. Mai 2019 wurde hingewiesen.
Gegen den an den Beigeladenen ergangenen Bescheid vom 7. Mai 2019 ließ die Antragstellerin mit Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 21. Mai 2019 Klage erheben und ließ mit weiterem Schriftsatz vom selben Tag im Wege des Eilrechtsschutzes beantragen,
1. die aufschiebende Wirkung der Klage vom 21. Mai 2019 gegen den an den Beigeladenen adressierten Bescheid des Antragsgegners vom 7. Mai 2019, Az.: 33/5142-1 VIG, anzuordnen, die Vollziehung des Bescheides auszusetzen und dem Antragsgegner die Informationsveröffentlichung zu untersagen,
2. hilfsweise einen vorläufigen Beschluss zu erlassen und dem Antragsgegner eine Übersendung der Kontrollberichte zu untersagen, bis eine Entscheidung über Ziffer 1 vorliegt,
3. die Kosten des Verfahrens dem Antragsgegner aufzuerlegen.
Zur Begründung führten ihre Bevollmächtigten im Wesentlichen aus, der Bescheid sei offensichtlich rechtswidrig, da die dort angeordnete Informationsgewährung einen mittelbar-faktischen Eingriff in die Markt- und Wettbewerbssituation darstelle, weil die Informationen automatisch oder durch ein Hochladen des VIG-Antragstellers im Internet veröffentlicht würden. Dieser Eingriff sei nicht zu rechtfertigen. Das Auskunftsbegehren des Beigeladenen falle nicht in den Anwendungsbereich des VIG, weil diesem der Produktbezug fehle. Abgesehen davon würden die Kontrollberichte keine Feststellungen zu nicht zulässigen Abweichungen von Anforderungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG enthalten. Den Kontrollberichten sei nicht zu entnehmen, dass es sich bei deren Inhalt um unzulässige Abweichungen i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG handele. Insbesondere würden in dem zweiten Kontrollbericht weder Rechtsnormen benannt, noch Beanstandungen festgestellt, so dass keine unzulässigen Abweichungen i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG vorlägen. Die Kontrollberichte dürfen daher nicht herausgegeben werden. Bei den streitgegenständlichen Kontrollberichten handele es sich im Lichte der Rechtsprechung des VG Würzburg, B.v. 3. April 2019 – W 8 S 19.239 – (juris Rn 44 ff.) – wenn überhaupt – um eine Sachverhaltsdarstellung, Rechtsnormen werden nicht genannt, eine Subsumtion erfolge nicht. Es fehle an einer Zuordnung des Sachverhalts zu einer gesetzlichen Vorschrift. Zudem seien die Feststellungen im ersten Kontrollbericht rein hypothetischer Natur bzw. tragen ein rein abstraktes Gefahrenpotential und stellen daher keinen hygienerechtlichen Verstoß dar. Darüber hinaus beeinträchtige der VIG-Antrag die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung durch die Behörde und sei rechtsmissbräuchlich, weil er – abweichend vom Sinn und Zweck des VIG – das Ziel verfolge, „die Bundesernährungsministerin aufzufordern, die gesetzliche Grundlage für ein Transparenzsystem wie in Dänemark, Wales oder Norwegen zu schaffen.“ Hinzu komme, dass mit der Bekanntgabe der begehrten Auskunft „die durch § 40 Abs. 1a LFGB normierten Anforderungen an staatliches Informationshandeln in rechtsmissbräuchlicher Weise umgangen“ würden. Die Entscheidung des Antragsgegners, die begehrte Auskunft postalisch zu erteilen, sei ermessensfehlerhaft, da das VIG nicht umfassend geprüft worden sei, verstoße gegen Grundrechte des Antragstellers – insbesondere stelle der Bescheid einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Berufsfreiheit bzw. die Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin dar – und sei unverhältnismäßig. Im Übrigen müsse jedenfalls die Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin ausfallen, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass der dem Beigeladenen zugestellte Verwaltungsakt auf Informationserteilung nach dem VIG rechtswidrig ist.
Mit Beschluss des Gerichts vom 22. Mai 2019 wurde der VIG-Antragsteller gem. § 65 Abs. 2 VwGO zum Verfahren beigeladen. Der Beigeladene stellte keinen Antrag und äußerte sich nicht.
Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 7. Juni 2019,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, dass der Bescheid rechtmäßig sei und das Vollzugsinteresse gegenüber dem Aussetzungsinteresse überwiege. Das VIG stelle eine geeignete Rechtsgrundlage für die Informationserteilung dar. Die Anwendbarkeit des VIG sei nicht auf produktbezogene Informationen beschränkt. Zumindest der erste (d.h. ältere) Kontrollbericht enthalte Feststellungen über unzulässige Abweichungen i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG. In dem Bericht stelle der zuständige Lebensmittelüberwachungsbeamte die Abweichungen fest, indem er den Zustand von Räumen und deren Einrichtungen beschreibe und nach jeder einzelnen Feststellung die Rechtsnorm benenne, von der abgewichen worden sei. Zutreffender Weise seien im zweiten (jüngeren) Kontrollbericht keine Beanstandungen erfolgt. Die Ankündigung im Anhörungsschreiben vom 1. April 2019, beide Kontrollberichte herauszugeben, sei insoweit fehlerhaft gewesen. Dieser Fehler sei jedoch unerheblich, da im Bescheid vom 7. Mai 2019 entschieden worden sei, dass nur solche Berichte offengelegt werden, die Beanstandungen im Sinne unzulässiger Abweichungen von lebensmittelrechtlichen Anforderungen enthalten. Tatsächlich wäre der zweite Kontrollbericht also gar nicht an den Beigeladenen versandt worden. Eine rechtsmissbräuchliche Antragstellung liege ebenfalls nicht vor. Zum einen stelle § 4 Abs. 4 VIG kein subjektives Abwehrrecht dar, zum anderen lasse sich aus der Tatsache, dass der Antrag über die Internetplattform gestellt worden sei, keine Rechtsmissbräuchlichkeit ableiten. Zudem werde die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung nicht beeinträchtigt, da der vollständige Antrag erst am 14. März 2019 gestellt worden sei. Auch die Form der Informationserteilung erfolgte ermessensgerecht und sei verhältnismäßig. Die Tatsache, dass Informationen auf elektronischem Wege nicht sicher (d.h. verschlüsselt) übermittelt werden könnten, stelle einen wichtigen Grund i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 2 VIG dar. Der Beigeladene habe einen Anspruch auf den Informationszugang, ein Ermessensspielraum gestehe das VIG dem Antragsgegner nicht zu. Für das Überwiegen des öffentlichen Interesses spreche die gesetzgeberische Intention, schnell über Rechtsverstöße informiert zu sein, die sich in der gesetzlichen Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit in § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG widerspiegele. Schließlich teilte der Antragsgegner mit, dass von einer Auskunftserteilung bis zu Entscheidung im vorliegenden Eilverfahren abgesehen werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten (einschließlich der Akte des Hauptsacheverfahrens M 32 K 19.2481) sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt., Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG ist statthaft, da die in der Hauptsache statthafte Drittanfechtungsklage in den Fällen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Denn es geht um Daten über festgestellte nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und des Produktsicherheitsgesetzes, der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen, unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich der genannten Gesetze sowie Maßnahmen und Entscheidungen, die im Zusammenhang mit den genannten Abweichungen getroffen worden sind (siehe ausführliche Darstellung in der Begründetheit).
Die Antragstellerin ist nach § 42 Abs. 2 VwGO analog antragsbefugt. Die Antragstellerin wendet sich in ihrem Antrag gegen den an den Beigeladenen erlassenen Bescheid vom 7. Mai 2019. In Bezug auf diesen Bescheid kann die Antragstellerin auf Grundlage ihres Antragsvorbringens die Verletzung einer drittschützenden Norm geltend machen. So kann sie sich wegen der Weitergabe von Informationen über Mängel im Betrieb auf eine mögliche Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG berufen. Zudem sieht § 3 Satz 1 Nr. 2 VIG nach seinem ausdrücklichen Wortlaut auch den Schutz privater Belange vor. Hiernach entfällt der Anspruch auf Informationsgewährung, wenn die dort abschließend aufgezählten Belange berührt werden (vgl. BVerfG, B.v. 21.03.2018 – 1 BvF 1/13 – NJW 2018, 2109; VG Würzburg, B.v. 08.01.2018 – W 8 S 17.1396 – juris Rn. 21).
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der in der Hauptsache gegen den Bescheid erhobenen Klage. Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen von Gesetzes wegen sofort vollziehbaren Verwaltungsakt auf Antrag eines Betroffenen ganz oder teilweise anordnen. Dabei trifft das Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Ermessensentscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Das Gericht hat dabei das Aussetzungsinteresse des Antragstellers und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gegeneinander abzuwägen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, § 80 Rn. 152; Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 89). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache nach summarischer Prüfung voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Ergibt eine vorläufige Überprüfung der Hauptsacheklage dagegen, dass diese offensichtlich erfolgreich sein wird, so überwiegt regelmäßig das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Sind die Erfolgsaussichten offen, so ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Auflage 2019, § 80 Rn. 90 ff.). Regelungen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können und die praktisch die Hauptsache vorwegnehmen, sind im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes zudem grundsätzlich nur zulässig, wenn sie zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes gem. Art. 19 Abs. 4 GG schlechterdings notwendig sind und wenn außerdem ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit auch für einen Erfolg im Hauptsacheverfahren spricht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 80 Rn. 156 und Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 92).
Zwar kommt es in der konkreten Fallkonstellation zu einer Vorwegnahme der Hauptsache, weil eine Ablehnung des Eilantrags die Herausgabe des streitgegenständlichen ersten (älteren) Kontrollberichts zur Folge hätte. Dies führt dazu, dass es sich bei der Ablehnung des Antrags um eine Regelung handelt, deren Folgen nicht mehr rückgängig gemacht werden können, auch wenn die Entscheidung in der Hauptsache anders ausfällt. Dennoch ist eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache ausreichend, weil ansonsten die gesetzliche Regelung des § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG ins Leere laufen würde. Es handelt sich beim § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG stets um Fälle, in denen es um eine Herausgabe von Informationen vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens geht und bei denen der Sofortvollzug nach dem maßgeblichen Willen des Gesetzgebers stets zur Vorwegnahme der Hauptsache führt.
a) Die Hauptsacheklage hat keine Aussicht auf Erfolg.
Die Hauptsacheklage hat nach der im Verfahren des Eilrechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung keine Aussicht auf Erfolg. Der Bescheid erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
aa) Einschlägige Rechtsgrundlage für den Auskunftsanspruch des Beigeladenen ist § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG.
Das Verbraucherinformationsgesetz findet auf den vorliegenden Fall Anwendung.
aaa) Der Anwendbarkeit des Gesetzes steht § 1 VIG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift erhalten durch das Verbraucherinformationsgesetz Verbraucherinnen und Verbraucher freien Zugang zu den bei informationspflichtigen Stellen vorliegenden Informationen über Erzeugnisse im Sinne des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (Nr. 1) sowie über Verbraucherprodukte, die dem § 2 Nr. 26 des Produktsicherheitsgesetzes unterfallen (Nr. 2), damit der Markt transparenter gestaltet und hierdurch der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor gesundheitsschädlichen oder sonst unsicheren Erzeugnissen und Verbraucherprodukten verbessert wird.
Diese Vorschrift, die entgegen ihrer amtlichen Überschrift weniger den Anwendungsbereich des Verbraucherinformationsgesetzes als vielmehr dessen Zweck beschreibt, schließt die Anwendung des Verbraucherinformationsgesetzes auf den vorliegenden Fall nicht deshalb aus, weil sich das Informationszugangsbegehren des Beigeladenen nicht unmittelbar auf ein konkretes Erzeugnis oder Verbraucherprodukt bezieht (vgl. BVerwG, U.v. 29.8.2019 – 7 C 29.17 – Pressemitteilung Nr. 60/2019 vom 29.8.2019 – abrufbar unter: https://www.bverwg.de/pm/2019/60); nicht erforderlich ist auch, dass die jeweiligen Erzeugnisse gesundheitsschädlich oder unsicher sind.
Schon der Gesetzeswortlaut gibt für eine solche Beschränkung des Anwendungsbereichs des VIG nichts her. Einer grammatikalischen Auslegung kann nicht entnommen werden, dass Informationen über Erzeugnisse und Verbraucherprodukte nur solche Informationen seien, die sich gegenständlich auf Erzeugnisse und Verbraucherprodukte beziehen müssten. „Informationen über Erzeugnisse“ sind schon nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG und dem normalen Sprachgebrauch auch Informationen, die den Prozess der Herstellung, Verarbeitung, Lagerung etc. der Erzeugnisse betreffen und damit auch Anfragen zu hygienischen Umständen der Produktion, ohne dass ein konkreter Produktbezug vorliegen muss“ (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 172. EL November 2018, VIG, § 2 Rn. 16).
Dies bestätigt eine historische, systematische und teleologische Auslegung der Norm. Hierzu hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgeführt:
„Es würde dem […] Sinn und Zweck des VIG, Einzelpersonen möglichst umfassende Informationen über Lebensmittel zu verschaffen und sie damit zu Sachwaltern des Allgemeininteresses zu machen, gerade zuwiderlaufen, den Informationszugang auf konkrete Erzeugnisse zu beschränken. Denn damit bliebe der Prozess der Herstellung, Verarbeitung, Lagerung und Lieferung solcher Erzeugnisse ausgeklammert (vgl. die urspr. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/1408 S. 1, 7; BT-Drs. 16/5404 S. 1, 7). Ein derart enges Normverständnis widerspräche auch dem unionsrechtlichen Kontext des Verbraucherinformationsrechts. Nach dem vierten Erwägungsgrund der EG-KontrollVO (Verordnung (EG) Nr. 882/2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz v. 29.4.2004 – Abl. L 191, S. 1) geht das Lebensmittel- und Futtermittelrecht der Gemeinschaft von dem Grundsatz aus, dass Futtermittel- und Lebensmittelunternehmer auf allen Stufen der Produktion, der Verarbeitung und des Vertriebs in den ihnen unterstehenden Unternehmen sicherstellen, dass Futtermittel und Lebensmittel die für ihre Tätigkeit relevanten Vorschriften des Futtermittel- und Lebensmittelrechts erfüllen. Das VIG soll die Verbraucher in die Lage versetzen, als Sachwalter des Allgemeininteresses die Einhaltung dieser Anforderungen umfassend zu kontrollieren. Deshalb soll nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers der Informationszugang nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG a.F. „alle Daten über Verstöße gegen das Lebensmittel- und Futtermittelrecht sowie in diesem Zusammenhang getroffene Maßnahmen und Entscheidungen“ umfassen (BT-Drs. 16/1408 S. 9; BT-Drs. 16/5404 S. 10); zu diesem Zweck wurde auch die Möglichkeit des betroffenen Unternehmens, sich auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu berufen, ausgeschlossen (vgl. BT-Drs. 16/2011 S. 7).
Dem gegenüber verfolgt die Neufassung des Gesetzes von 2012 mit der Einfügung des § 1 Nr. 1 VIG n.F. keine Einschränkung des Informationszugangs. Zwar ist in § 1 Nr. 1 VIG von „Erzeugnissen im Sinne des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (Lebensmittel)“ und in Nr. 2 von „Verbraucherprodukten, die § 2 Nummer 26 des Produktsicherheitsgesetzes unterfallen (Verbraucherprodukte)“ die Rede. Das Ziel dieser Ergänzung war jedoch […] eine Verbesserung des Verbraucherinformationsrechts im Sinne einer „noch verbraucherfreundlicheren Ausgestaltung“ sowie einer umfassenderen Information. Deshalb wurde zur Erhöhung der Anwenderfreundlichkeit und Rechtssicherheit der Anwendungsbereich im Gesetzestext selbst beschrieben (BT-Drs. 17/7374 S. 1, 11 ff.; BT-Drs. 17/7993 S. 17 f.). Des Weiteren wurde der Anwendungsbereich um Informationen nach dem ProdSiG erweitert. Für eine einschränkende Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG ergeben sich somit auch aus der Entstehungsgeschichte und der amtlichen Begründung keine Anhaltspunkte (vgl. BayVGH, B.v. 6.7.2015 – 20 ZB 14.977, juris Rn. 4).” (BayVGH, U.v. 16.2.2017 – 20 BV 15.2208 – juris Rn. 38f.; so im Ergebnis auch OVG NRW, U.v.12.12.2016 – 13A 846/15 – juris Rn. 62ff).
Diesen Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht an.
bbb) Der von dem Beigeladenen geltend gemachte Informationsanspruch nach § 2 Abs. 1 VIG ist auch nicht durch andere Rechtsvorschriften im Sinne des § 2 Abs. 4 VIG ausgeschlossen.
Nach § 2 Abs. 4 VIG gelten die Vorschriften des Gesetzes nicht, soweit in anderen Rechtsvorschriften entsprechende oder weitergehende Vorschriften vorgesehen sind.
Aus der im Gesetzestext verwendeten Formulierung „soweit“ folgt, dass nur solche Vorschriften als vorrangig in Betracht zu ziehen sind, die denselben Sachverhalt abschließend – sei es identisch, sei es abweichend – regeln. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist zum einen in jedem Einzelfall zu prüfen, ob fachgesetzliche Regelungen entsprechende oder für die Verbraucher günstigere Vorschriften über den voraussetzungslosen Zugang zu behördlichen Informationen enthalten. Zum anderen sollen besondere gesetzliche Vorschriften über Geheimhaltungspflichten sowie Amts- und Berufsgeheimnisse unberührt bleiben. Dies zugrunde gelegt, ist der von der Beigeladenen geltend gemachte Informationsanspruch nach § 2 Abs. 1 VIG nicht durch andere Rechtsvorschriften im Sinne des § 2 Abs. 4 VIG ausgeschlossen. Insbesondere stellt § 40 LFGB keine vorrangige Rechtsvorschrift dar, weil sie nicht denselben Sachverhalt regelt. Während § 2 Abs. 1 VIG den Fall einer antragsgebundenen Informationsgewährung zum Gegenstand hat, betrifft § 40 LFGB die aktive staatliche Informationsgewährung. Der individuelle Auskunftsanspruch einerseits und die aktive staatliche Information der Öffentlichkeit andererseits sind völlig verschiedene Arten der Informationsgewährung, bei denen auch hinsichtlich der wettbewerblichen Auswirkungen mit Blick auf die Intensität und Reichweite der gewährten Information gravierende Unterschiede bestehen (vgl. OVG NW, U.v. 12.12.2016 – 13 A 846/15 – juris Rn. 75 ff.). Auch die Tatsache, dass der Beigeladene möglicherweise eine Veröffentlichung beabsichtigt, ändert hieran nichts (vgl. VG Augsburg, U.v. 30.4.2019 – Au 1 K 19.242 – juris Rn. 26).
ccc) Die begehrten Auskünfte über die Daten der letzten beiden Betriebskontrollen, die Frage, ob es zu Beanstandungen kam sowie die Forderung, bei Beanstandungen die entsprechenden Kontrollberichte zu erhalten, sind sachlich vom Informationsanspruch umfasst. Die begehrten Informationen stellen festgestellte nicht zulässige Abweichungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG dar; sie sind insbesondere nicht unter § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VIG zu subsumieren, da letztere Vorschrift nur allgemeine, vom Einzelfall losgelöste Sachverhalte regelt (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand November 2018, VIG § 2 Rn. 56; a. A. VG Stade, B.v. 1.4.2019 – 6 B 380/19 – noch nicht veröffentlicht).
Die Frage des VIG-Antrags, ob es bei den letzten beiden Kontrollen zu Beanstandungen kam, stellt keine unzulässige Ausforschungsfrage dar. Die streitgegenständlichen Informationen entstammen der Sphäre des Antragsgegners, so dass dem Verbraucher in der Regel in dieser vom Gesetzgeber vorgestellten Standardsituation keine weitergehenden Details zur Verfügung stehen, mit denen er sein Informationsbegehren konkretisieren kann.
Schließlich stellt der herauszugebende Kontrollbericht Informationen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG dar. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG bestimmt, dass jeder nach Maßgabe des VIG Anspruch hat auf freien Zugang zu allen Daten über von den nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stellen festgestellte nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und des Produktsicherheitsgesetzes, der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen, unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich der genannten Gesetze sowie Maßnahmen und Entscheidungen, die im Zusammenhang mit den genannten Abweichungen getroffen worden sind. Zwar wäre die bloße Feststellung von Abweichungen in einem naturwissenschaftlich-analytischen Sinne (sog. „Beanstandungen“) oder die Darstellung des gesamten Kontrollvorgangs (vgl. VG Leipzig, B.v. 11.02.2014, 5 L 555/13 – juris Rn. 56) nicht ausreichend für die Annahme von festgestellten nicht zulässigen Abweichungen (vgl. BayVGH, U.v. 16.2.2017 – 20 BV 15.2208 – juris Rn. 47). Denn es bedarf vielmehr zusätzlich einer juristisch-wertenden Einordnung, d.h. einer rechtlichen Subsumtion der Kontrollergebnisse durch die zuständige Behörde (so auch VG Würzburg, B.v. 8.1.2018 – W 8 S 17.1396 – juris Rn. 31; VG Regensburg, U.v. 9.7.2015 – RN 5 K 14.1110 – juris Rn. 51 f.; vgl. auch BT-Drs. 17/7374, S. 15). Diese Voraussetzung ist vorliegend jedoch erfüllt. Die Antragstellerin trägt zwar – teilweise textbausteinartig – vor, bei den streitgegenständlichen Kontrollberichten handele es sich, wenn überhaupt, um eine Sachverhaltsdarstellung, Rechtsnormen werden nicht genannt, eine Subsumtion erfolge nicht, es fehle an einer Zuordnung des Sachverhalts zu einer gesetzlichen Vorschrift. Unter demselben Gliederungspunkt führt sie jedoch auch aus, insbesondere würden in dem zweiten Kontrollbericht weder Rechtsnormen benannt, noch Beanstandungen festgestellt, so dass keine unzulässigen Abweichungen i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG vorlägen. Der Kontrollbericht dürfe daher nicht herausgegeben werden. Insoweit ist jedoch zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner unstrittig, dass der zweite Kontrollbericht nicht herausgegeben werden soll. Denn nach den Ausführungen des Antragsgegners seien im zweiten (jüngeren) Kontrollbericht keine Beanstandungen getroffen worden und er gesteht ferner ein, dass die Ankündigung im Anhörungsschreiben vom 1. April 2019, beide Kontrollberichte herauszugeben, insoweit fehlerhaft gewesen sei. Tatsächlich wäre der zweite Kontrollbericht gar nicht an den Beigeladenen versandt worden, denn laut Bescheid vom 7. Mai 2019 sollten nur solche Berichte offengelegt werden, die Beanstandungen im Sinne unzulässiger Abweichungen von lebensmittelrechtlichen Anforderungen enthalten. Nach weiterer glaubhafter Darstellung des Antragsgegners, die der textbausteinartig anmutende Vortrag der Antragstellerin nicht erschüttern könne, enthalte der erste (d.h. ältere) Kontrollbericht hingegen Feststellungen über unzulässige Abweichungen i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG. In dem Bericht stelle der zuständige Lebensmittelüberwachungsbeamte die Abweichungen fest, indem er den Zustand von Räumen und deren Einrichtungen beschreibe und nach jeder einzelnen Feststellung die Rechtsnorm benenne, von der abgewichen worden sei. Dies gilt vor dem Hintergrund, dass gesetzlich und nach in der Rechtsprechung teilweise vertretener Ansicht eine bestimmte Form der rechtlichen Subsumtion nicht vorgeschrieben ist (vgl. BayVGH, U.v. 16.2.2017 – V 20 BV 15.2208 – juris Rn. 47). Demnach genügt es nach der aktuellen Rechtsprechung vielmehr, wenn der herauszugebende Bericht die Benennung der Abweichung von Rechtsvorschriften unter einer Zuordnung zu der jeweiligen gesetzlichen Norm aufweist, ein Abprüfen der Tatbestandsmerkmale im Sinne eines Rechtsgutachtens wird darüber hinaus, wohl aus Effezienz- und Praktikabilitätserwägungen, nicht verlangt (vgl. VG Ansbach, U.v. 12.6.2019 – AN 14 K 19.00773 – juris Rn. 26; VG Würzburg, B.v. 14.8.2019 – W 8 S 19.1012 – juris Rn. 20). Daher kann dahinstehen, ob selbst eine Nennung der Rechtsvorschriften im Kontrollbericht unterbleiben könnte, sofern die rechtliche Subsumtion dem Ergebnis zu Grunde liegt (Dies wird beispielsweise durch die Bezeichnung „Mangel“ oder „Verstoß“ deutlich, da hierin eine Wertung zum Ausdruck kommt, die nicht nur einen tatsächlichen Zustand festhält, sondern das Ergebnis einer rechtlichen Subsumtion durch die Behörde beinhaltet; vgl. VG Weimar, B.v. 23.5.2019 – 8 E 423/19 We – juris Rn. 13) und entsprechend der aktuellen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts die nicht zulässigen Abweichungen i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG unter Würdigung des Sachverhalts und der einschlägigen Rechtsvorschriften an anderer Stelle abschließend aktenkundig festgestellt worden sind (vgl. BVerwG, U.v. 29.8.2019 – 7 C 29.17 – Pressemitteilung Nr. 60/2019 vom 29.8.2019 – abrufbar unter: https://www.bverwg.de/pm/2019/60). Diese Voraussetzungen sind im streitgegenständlichen Fall gegeben. Einen Anlass, darüber hinaus an einer ordnungsgemäßen Schwärzung zu zweifeln, hat das Gericht nicht. Unbeachtlich ist auch die Kritik der Antragstellerin, die Feststellungen im ersten Kontrollbericht seien rein hypothetischer Natur bzw. tragen ein rein abstraktes Gefahrenpotential und stellten daher keinen hygienerechtlichen Verstoß gegen die Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene (ABl. Nr. L 139 S. 1) [Lebensmittelhygiene-VO] dar. Denn eine inhaltliche Überprüfung, ob die im Kontrollbericht aufgelisteten Mängel tatsächlich vorlagen, ist im Rahmen des VIG-Anspruchs gesetzlich nicht vorgesehen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 3, 4 VIG sowie dem Gesetzeszweck (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 173. EL März 2019, VIG, § 6 Rn. 16-20; BVerwG, B. v. 15.6.2015 – 7 B 22.14 – juris Rn. 9).
bb) Der Beigeladene ist hier als natürliche Person Berechtigter des Anspruchs auf Informationszugang nach § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG. Nach dieser Vorschrift hat nach Maßgabe dieses Gesetzes „jeder“ Anspruch auf freien Zugang zu den dort näher bezeichneten Informationen. In der amtlichen Begründung zur früheren Fassung des VIG von 2008 (im Folgenden: VIG a.F.) wurde dazu ausgeführt, das Gesetz solle „jeder natürlichen oder juristischen Person“ einen freien Zugang zu Informationen gewähren, „der von keinem besonderen Interesse oder einer Betroffenheit abhängig ist“ (vgl. BT-Drs. 16/1408 S. 9; vgl. dazu BayVGH, B.v. 6.7.2015 – 20 ZB 14.977 – juris Rn. 6). Dieses Jedermannsrecht wird durch die Umschreibung des Anwendungsbereichs in § 1 VIG 2012 (im Folgenden: VIG n.F.) nicht eingeschränkt. Zwar ist dort festgelegt, dass „Verbraucherinnen und Verbraucher“ freien Zugang zu den dort näher bezeichneten Informationen haben. Der Wortlaut dieser Vorschrift könnte damit auf eine Einschränkung hindeuten. Eine solche einschränkende Auslegung oder teleologische Reduktion widerspricht aber der Entstehungsgeschichte, der Systematik sowie dem Sinn und Zweck der §§ 1 und 2 VIG n.F. (vgl. hierzu ausführlich BayVGH, U.v. 16.2.2017 – 20 BV 15.2208 – juris Rn. 25 ff.). Daher liegt hier auch keine von der Antragstellerin angeführte Anmaßung privater Kontrolltätigkeit vor. Es liegen im Übrigen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beigeladene lediglich als „Strohmann“ für den Portalbetreiber handle; ein eigenständiges Informationsinteresse kann ihm nicht ohne weiteres abgesprochen werden.
cc) Der Antrag des Beigeladenen entspricht auch den Bestimmtheitsanforderungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 VIG. Danach muss der Antrag hinreichend bestimmt sein und insbesondere erkennen lassen, auf welche Informationen er gerichtet ist. Hier hat der Beigeladene sein Auskunftsbegehren auf Informationen bezüglich der letzten beiden lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfungen im Betrieb der Antragstellerin sowie auf die in diesem Zusammenhang eventuell festgestellten Beanstandungen beschränkt und somit seinen Antrag themenbezogen eingegrenzt. Dies genügt dem Bestimmtheitserfordernis, zumal ein VIG-Antragsteller im Voraus nicht wissen kann, welche konkreten Informationen bei der auskunftspflichtigen Stelle vorliegen (vgl. hierzu auch VG Regensburg, U.v. 9.7.2015 – RN 5 K 14.1110 – juris Rn. 46 f.; OVG NW, U.v. 1.4.2014 – 8 A 655/12 – juris Rn. 138).
dd) Die Antragstellerin kann dem Informationsanspruch des Beigeladenen auch keine Ausschluss- oder Beschränkungsgründe nach § 3 Satz 1 Nr. 2 a) oder c) VIG entgegenhalten.
Zwar besteht der Informationsanspruch gemäß § 3 Satz 1 Nr. 2 a) VIG wegen entgegenstehender privater Belange nicht, soweit Zugang zu personenbezogenen Daten beantragt wird. Unabhängig von der Frage, ob es sich bei dem Namen der Gaststätte, deren Adresse und dem Namen des Betriebsinhabers um personenbezogene Daten in diesem Sinne handelt, ist dem Beigeladenen aber der Gaststättenname bereits bekannt, denn er hat ihn selbst in seinem Antrag auf Informationszugang genannt. Die Adresse der Gaststätte sowie der Name der Antragstellerin sind im Übrigen auf der Homepage der Gaststätte veröffentlicht.
Die Antragstellerin kann sich auch nicht auf den Ausschluss bzw. die Beschränkung des Informationszugangs zum Schutz von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen berufen. Zwar besteht gemäß § 3 Satz 1 Nr. 2 c) VIG der Anspruch wegen entgegenstehender privater Belange nicht, soweit durch die begehrten Informationen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse offenbart würden. Nach § 3 Satz 5 Nr. 1 VIG kann jedoch der Zugang zu Informationen u.a. nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG – wie hier – nicht unter Berufung auf das Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis abgelehnt werden. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers sollen festgestellte Rechtsverstöße nicht unter Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse fallen, weil an deren Geheimhaltung kein berechtigtes wirtschaftliches Interesse besteht (vgl. BT-Drs. 16/5404 S. 12; BayVGH, U.v. 16.2.2017 – 20 BV 15.2208 – juris Rn. 55 ff.). Inwieweit darüber hinaus durch die Herausgabe der Kontrollberichts die betriebliche Organisation offengelegt werden würde, ist nicht ersichtlich.
ee) Die Gewährung der Informationen verstößt nicht gegen Grundrechte.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelungen des VIG bestehen keine. Insbesondere wird dadurch weder Art. 12 Abs. 1 GG noch Art. 14 Abs. 1 GG verletzt. Insoweit schließt sich die Kammer vollumfänglich den Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in seinem Urteil vom 16. Februar 2017 (bestätigt durch BVerwG, U.v. 29.8.2019 – 7 C 29.17 – Pressemitteilung Nr. 60/2019 vom 29.8.2019 – abrufbar unter: https://www.bverwg.de/pm/2019/60) an, auf welche hier ausdrücklich verwiesen wird:
„Vor allem verkennt die Klägerin, dass der Verbraucherschutz ein verfassungsrechtlicher Gemeinwohlbelang ist, dem der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des einfachen Rechts einen hohen Stellenwert beigemessen hat und der eine Einschränkung des Schutzgehalts der von der Klägerin angeführten Grundrechte rechtfertigen kann (vgl. BVerfG, B.v. 13.7.1992 – 1 BvR 303/90 – NJW 1993, 1969, v. 13.7.1992 – 1 BvR 238/92 – GRUR 1993, 754, und v. 4.8.1998 – 1 BvR 2652/95 – NJW 1998, 2811, sowie v. 22.1.1997 – 2 BvR 1915/91 – BVerfGE 95, 173). Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung des § 2 Abs. 1 VIG steht im Einklang mit den Grundrechten der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG. Diese Grundrechte verbürgen zwar auch den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen; der grundrechtliche Geheimnisschutz wird allerdings durch die einfach-rechtlichen Verbraucherschutz- und -informationsrechte entscheidend mitbestimmt. Die vorgenannten grundrechtlichen Gewährleistungen schützen ein am Markt tätiges Unternehmen, das sich der Kommunikation und damit auch der Kritik der Qualität seiner Produkte oder seines Verhaltens aussetzt, nicht vor diesbezüglichen „Imageschäden“ und dadurch bedingten „Umsatzeinbußen“. Vor allem Art. 12 Abs. 1 GG vermittelt kein Recht des Unternehmens, nur so von anderen dargestellt zu werden, wie es gesehen werden möchte oder wie es sich und seine Produkte selber sieht; ein solches Recht kann auch nicht in Parallele zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht begründet werden, weil auch dieses einen solchen Anspruch nicht umfasst. Vielmehr sichert Art. 12 Abs. 1 GG nur die Teilhabe am Wettbewerb nach Maßgabe seiner Funktionsbedingungen. Der Schutz der unternehmerischen Berufstätigkeit am Markt – um den es auch hier geht – wird insofern durch die rechtlichen Regeln mitbestimmt, die den Wettbewerb ermöglichen und begrenzen. Diese Regeln sind zugleich Inhalts- und Schrankenbestimmung der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, B.v. 26.6.2002 – 1 BvR 558/91 – BVerfGE 105, 252; OVG NW, U.v. 1.4.2014 a.a.O.).“ (BayVGH, U.v. 16.2.2017 – 20 BV 15.2208 – juris Rn. 58).
Vorliegend ist aufgrund nicht ausgeschlossener zivilrechtlicher Folgen einer Veröffentlichung der Daten im Internet durch den Beigeladenen schon fraglich, ob zwingend angenommen werden kann, dass der Beigeladene die gewährten Informationen an die Plattform zur Veröffentlichung weiterleiten bzw. den begehrten Kontrollbericht unmittelbar selber ins Internet einstellen wird. Eine automatisierte Veröffentlichung des Kontrollberichts erfolgt jedenfalls nicht, der Beigeladene müsste aktiv tätig werden (vgl. Geulen & Klinger Rechtsanwälte, Rechtliche Stellungnahme zu über die Online-Plattform „Topf Secret“ gestellte Informationsanträge nach dem VIG, 13. Mai 2019, S. 13, 19 ff., abrufbar unter: https://fragdenstaat.de/dokumente/93-rechtsgutachten-zu-topf-secret-von-geulen-klinger/).
Doch auch wenn eine Veröffentlichung folgen würde, ließe sich aus der Stattgabe des VIG-Antrags kein Rechtsverstoß ableiten.
Aus § 6 Abs. 1 Satz 3 VIG ergibt sich nach Ansicht der Kammer nicht, dass die „informationspflichtige Stelle“ das ausschließliche Recht hat, Informationen im Internet zu veröffentlichen. Insbesondere lässt sich dem VIG keine Regelung entnehmen, nach der die informationspflichtige Stelle verpflichtet sein könnte, die Absichten eines VIG-Antragstellers zu erkunden, wie er später mit den erlangten Informationen umzugehen gedenkt; erst recht ist keine Verpflichtung der Behörde erkennbar, dies später tatsächlich auch zu überprüfen. Die Gewährung von Informationen von vermuteten Absichten eines VIG-Antragstellers abhängig zu machen, widerspräche nicht nur der einfachgesetzlichen Regelung des VIG, sondern auch grundlegenden Prinzipien eines freiheitlich demokratischen Rechtsstaats. Auch weil Ansprüche auf Informationsgewährung nach dem VIG „Jedermanns-Rechte“ sind, wäre nicht nachvollziehbar, warum einzelne Anträge statthaft sind, durch eine vom Verbraucher beabsichtigte Veröffentlichung im Internet jedoch rechtswidrig werden sollten (im Ergebnis so auch BayVGH, U.v. 16.2.2017 – 20 BV 15.2208 – juris Rn. 13), zumal allein der Hinweis, die VIG-Antragsteller könnten die ihnen bereitgestellten Informationen nun über eine Internetplattform veröffentlichen, nichts am Regelungsgehalt des anzuwendenden Gesetzes ändert.
Andere Normen (§ 6 Abs. 1 Satz 3, Satz 4, Abs. 4 VIG, § 40 Abs. 1a LFGB) und gerichtliche Entscheidungen zur Befristungspflicht, Anhörung, Kontrolle der inhaltlichen Richtigkeit etc. sind auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht übertragbar. Sowohl das Gesetz als auch der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 21.3.2018 – 1 BVF 1/13 – (NJW 2018, 2109) sehen zwar Verfahrensregelungen für den Fall vor, dass die informationspflichtige Stelle Informationen im Internet veröffentlichen will. Der Antragsgegner hat jedoch bislang gar nicht die Absicht geäußert, Informationen über die Antragstellerin im Internet zu veröffentlichen. Im Übrigen endet das VIG in dieser Frage mit der Informationserteilung der Behörde an den VIG-Antragsteller. Das Gesetz trifft keine Aussage dazu, ob Verbraucher in einem nächsten Schritt den Kontrollbericht veröffentlichen dürfen. Die Anwendung der Regelungen für aktives staatliches Informationshandeln ist nicht auf eine Veröffentlichung durch Private übertragbar. Der Gesetzgeber hat zwischen einem jedermann offenstehenden „Zugang zu amtlichen Informationen“ einerseits und einer (aktiven) „Information der Öffentlichkeit“ durch die Behörden andererseits unterschieden (vgl. BT-DrS 16/5404, S. 8).
Hier ist auch der – oben bereits umschriebene – wesentliche Unterschied einer VIG-Auskunft im Vergleich zu einer Information der Öffentlichkeit gem. § 40 Abs. 1a LFGB zu sehen. Sofern die Behörden wie im Falle der LFGB-Regelung die Informationen selbst über das Internet bereitstellen, können sie auch über den Zeitpunkt bestimmen, ab dem die Informationen nicht mehr weiter abrufbar sind. Im Falle der VIG-Informationen erfolgt die Bereitstellung im Internet nicht durch die Behörden; damit bestimmen sie auch nicht über den Zeitpunkt, ab wann die Informationen nicht mehr bereitstehen.
Auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu § 40 Abs. 1a LFGB ändert hieran nichts, da das Gericht darin – dem andersgelagerten Zweck der Norm entsprechend – auf eine Verbreitung unmittelbar durch die zuständigen Behörden abstellte, indem es Folgendes ausführte:
„Vor allem aber ändert der Umstand, dass sich die einmal im Internet verbreiteten Informationen möglicherweise nicht vollständig aus der Öffentlichkeit zurückholen lassen, nichts daran, dass eine zeitliche Begrenzung der unmittelbaren Verbreitung die Belastung abmildert und darum zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit geboten ist.“ (BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BVF 1/13 – NJW 2018, 2109 Rn. 59).
Eine solche unmittelbare Verbreitung liegt hier jedoch gerade nicht vor.
Die der Gerichtsentscheidung des VG Regensburg vom 15.3.2019 zur aktuellen Kampagne zugrunde liegenden Zweifel, ob die staatliche Informationsweitergabe an einen VIG-Antragsteller, der seinen Antrag über die Plattform „Topf Secret“ stellt, aufgrund der zu erwartenden Veröffentlichung auf der Plattform in ihren Auswirkungen nicht einer unmittelbaren staatlichen Information sehr nahe kommt (vgl. VG Regensburg, B.v. 15.3.2019 – RN 5 S 19.189 – BeckRS 2019, 3917 Rn. 28), teilt das erkennende Gericht nicht. Insbesondere kann der zugrundeliegenden Annahme nicht gefolgt werden, „durch die Veröffentlichung der behördlichen Schreiben bzw. Bescheide [könne] beim Leser der Eindruck eines behördlichen Informationshandeln entstehen“ (ebd.). Das lässt ein Bild der Leser erkennen, wie es der Gesetzgeber nicht vor Augen hatte; dieser ging vom „Leitbild des mündigen Verbrauchers“ aus (vgl. BT-DrS 16/5404, S. 7). Realistischer dürfte anzunehmen sein, dass der Verbraucher einer privaten Veröffentlichung der fraglichen Informationen einen geringeren Stellenwert beimessen wird als einer originär staatlichen Informationsmaßnahme (vgl. OVG NW, U.v. 1.4.2014, 8 A 654/12 – juris Rn. 206).
Auch der Argumentation des VG Würzburg im Beschluss vom 3. April 2019 dazu, dass die Informationsherausgabe „[…] durch die direkte Einbindung der Kommunikation über die Internetseite, mit dem Ziel der unmittelbaren Veröffentlichung der behördlichen Informationen auf dieser Internetseite, qualitativ und quantitativ nahe an einen direkten unmittelbaren Grundrechtseingriff zu Lasten des betroffenen Antragstellers heranreicht“ (vgl. VG Würzburg, B.v. 3.4.2019 – W 8 S 19.239 – juris Rn. 53) kann nicht gefolgt werden, da zum einen keine automatische Veröffentlichung auf der Plattform erfolgt und es diesbezüglich stets einer eigenen Mitwirkung des VIG-Antragstellers bedarf. Zum anderen bleibt eine Informationsweitergabe, die über Private vermittelt wird (hier: offensichtlich auch über eine private Plattform), qualitativ und quantitativ hinter einer aktiven staatlichen Information zurück (vgl. BVerwG, B.v. 15.6.2015 – 7 B 22/14 – juris Rn. 12). Das erkennende Gericht sieht demnach keine Verpflichtung des Antragsgegners, vor Erlass des Bescheids eine inzidente zivilrechtliche Prüfung einer möglichen Veröffentlichung durch den Beigeladenen durchzuführen oder die Veröffentlichung ggf. unter Zwangsgeldandrohung zu untersagen, letzteres auch mangels entsprechender Rechtsgrundlage im VIG.
ff) Der Antrag ist auch nicht wegen Rechtsmissbräuchlichkeit gem. § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG abzulehnen.
Nach dieser Regelung ist ein missbräuchlich gestellter Antrag abzulehnen; nach Satz 2 der Vorschrift ist dies insbesondere dann der Fall, wenn der VIG-Antragsteller über die begehrten Informationen bereits verfügt. Ziel dieser Vorschrift ist es, den informationspflichtigen Stellen eine angemessene Reaktion auf überflüssige Anfragen sowie querulatorische Begehren zu ermöglichen (vgl. BT-Drs. 16/5404, S. 12). Der Auskunftsanspruch ist demnach ausgeschlossen, wenn mit dem Antrag ein anderes Ziel als die begehrte Informationsgewährung verfolgt wird. Letztlich schützt die Vorschrift aber allein das allgemeine Interesse an einer funktionierenden Verwaltung, gesteht der Antragstellerin aber kein subjektives Abwehrrecht zu, eine sie betreffende Auskunftserteilung zu verhindern (vgl. BayVGH, U.v. 16.2.2017 – 20 BV 15.2208 – juris Rn. 32). Andere Gründe – außer den bereits erwähnten Ausschluss- oder Beschränkungsgründen nach § 3 Satz 1 Nr. 2 VIG – können auch nicht im Wege einer allgemeinen Interessenabwägung entgegengehalten werden (vgl. VG Oldenburg, U.v. 22.10.2013 – 7 A 1866/10 – juris Rn. 44).
Auch die Tatsache, dass der VIG-Antrag nur der Umsetzung politischer Forderungen der Portalbetreiber durch Lobbyismus und Einflussnahme auf den Bundesgesetzgeber dienen könnte, führt nicht zur Rechtsmissbräuchlichkeit. Eventuelle Absichten der Portalbetreiber können nicht mit denen des Beigeladenen gleichgesetzt und ihm unterstellt werden. Für die Beurteilung einer behaupteten Rechtsmissbräuchlichkeit ist nur das Verhalten der VIG-Antragsteller entscheidend. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beigeladene kein eigenständiges Interesse an der begehrten Information hat. Insbesondere steht es ihm zu, einen erleichterten Zugang zu solchen Informationen, wie hier mit der Plattform geboten, zu nutzen, was im Übrigen auch im Sinne des Verbraucherschutzes ist. Die Antragstellung unter einer falschen Identität wurde nicht substantiiert behauptet und würde im Übrigen dadurch unterbunden, dass die Informationsgewährung auf postalischem Wege erfolgt.
gg) Durch den Antrag wird die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Behörde nicht beeinträchtigt, § 4 Abs. 3 Nr. 4 VIG. Denn zum einen ist der VIG-Antrag hier auf Grund des zunächst erfolgten Widerspruchs bezüglich der Weitergabe der personenbezogenen Daten erst am 14. März 2019 vollständig gestellt worden und auch innerhalb der vorgeschriebenen 2 Monate verbeschieden worden. Zum anderen beeinträchtigt der streitgegenständliche, einzelne VIG-Antrag des Beigeladenen – auf den allein abzustellen ist – nicht die Aufgabenerfüllung der Behörde.
hh) Auch gegen die vom Antragsgegner beabsichtigte Art des Informationszugangs bestehen keine rechtlichen Bedenken. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VIG kann die informationspflichtige Stelle den Informationszugang durch Auskunftserteilung, Gewährung von Akteneinsicht oder in sonstiger Weise eröffnen. Grundsätzlich kann der VIG-Antragsteller eine bestimmte Form der Zugangsgewährung verlangen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 VIG). Im vorliegenden Fall hat der Beigeladene mit seinem Antrag vom 14. März 2019 die Herausgabe der entsprechenden Kontrollberichte in elektronischer Form (E-Mail) beantragt. Der Antragsgegner hat dem Antrag des Beigeladenen mit Bescheid vom 7. Mai 2019 in der Sache stattgegeben und angeordnet, dass die Informationsgewährung auf Grund der so möglichen datensicheren Übermittlung durch schriftliche (postalische) Herausgabe des Kontrollberichts erfolgen werde. Zwar entspricht dies wohl nicht dem ausdrücklichen Begehren des Beigeladenen. Er ist dieser Regelung allerdings nicht entgegengetreten und der Bescheid vom 7. Mai 2019 ist ihm gegenüber wohl auch bereits bestandskräftig geworden.
Die Art und Weise der Zugangsgewährung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VIG steht zudem im Ermessen der Behörde. Dieses Ermessen hat sich am Grundsatz des einfachen, zweckmäßigen und zügigen Verwaltungsverfahrens im Sinn des Art. 10 Satz 2 BayVwVfG zu orientieren (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 172. EL November 2018, VIG, § 6 Rn. 4). Die postalische Zurverfügungstellung des Berichts ist insoweit auch ermessensgerecht. Der Antragsgegner ist nicht verpflichtet, im Interesse der Antragstellerin eine andere Form des Zugangs zu wählen, z. B. durch bloße Akteneinsicht, abstrakte schriftliche Zitate oder mündliche Auskunftserteilung. Ermessensfehler oder eine Ermessensreduzierung auf Null kann das Gericht nicht erkennen. Insbesondere führt die theoretisch mögliche Weitergabe oder Veröffentlichung des Kontrollberichts durch den Beigeladenen im Rahmen der pflichtgemäßen Ermessensausübung nicht zu einer zwingenden Ablehnung der begehrten Art des Informationszugangs, weil mit der Herausgabe des Kontrollberichts, wie oben festgestellt, gerade nicht zugleich entschieden ist, dass der Beigeladene diesen auch weitergeben oder gar veröffentlichen darf. Nachdem die Antragstellerin mithilfe der Inanspruchnahme zivilgerichtlichen Rechtsschutzes eine gegebenenfalls rechtswidrige Veröffentlichung verhindern könnte, besteht daher auch kein Anlass, die grundsätzlich bestehende gesetzliche Wahlfreiheit bezüglich der Art des Informationszugangs zu beschränken oder im Bescheid eine Weitergabe auszuschließen. Schließlich wäre auch eine von der Antragstellerin befürchtete Rufschädigung auch im Fall einer Auskunftserteilung denkbar. Die Auskunftserteilung vollständig zu unterbinden würde jedoch dem Gesetzeszweck zuwider laufen.
Auch im Übrigen liegen keine Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit des Bescheids vor. Insbesondere ist es unschädlich, dass der Antragsgegner den Bescheid nur sehr kurz begründet hat, Art. 39 Abs. 1 Satz 2, 3 BayVwVfG.
Damit hat die in der Hauptsache als Anfechtungsklage erhobene Klage voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Nach den oben genannten Maßstäben wäre der Antrag nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO schon aus diesem Grund abzulehnen.
b) Das Vollzugsinteresse überwiegt darüber hinaus auch das Aussetzungsinteresse.
Das vom Antragsgegner vorgetragene behördliche Vollzugsinteresse lässt sich aus dem Gesetz herleiten. § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG – an dessen Verfassungsmäßigkeit das erkennende Gericht im Gegensatz zur Antragstellerin keine Zweifel hegt – liegt bereits eine generelle Interessenabwägung zugrunde, nach der dem öffentlichen Interesse am Vollzug entsprechender Entscheidungen ein höheres Gewicht zukommt als dem Interesse, von der beabsichtigten Veröffentlichung bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont zu werden. Dazu tritt das öffentliche Interesse des Verbrauchers an einer zügigen, transparenten und verbraucherfreundlichen Behördenentscheidung.
Die Antragstellerin begründet ihr Aussetzungsinteresse damit, eine Übermittlung der beantragten Informationen an den VIG-Antragsteller sei nicht wieder rückgängig zu machen und eine Ablehnung ihres Antrags stelle die Vorwegnahme der Hauptsache dar. Diese von der Antragstellerin genannte Problematik war dem Gesetzgeber durchaus bewusst. Deshalb hat er die gesetzmäßige Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 5 Abs. 4 Satz 1 VIG) auf Fälle nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG beschränkt, wie folgende Ausführungen zeigen:
„Das VIG hat in den ersten beiden Anwendungsjahren wegen der Verzögerung der Auskunftserteilung durch Rechtsbehelfe betroffener Unternehmen um teilweise mehr als 1 Jahr in der Öffentlichkeit erhebliche Kritik erfahren. Dies ist insofern zutreffend, als die erteilten Informationen nach einem derart langen Zeitraum für die Verbraucher häufig weitgehend wertlos sind, da sie nicht mehr als Grundlage für eine aktuelle Präferenzentscheidung für oder gegen ein bestimmtes Produkt verwendet werden können. Hinzu kommt, dass die Vollzugsbehörden von der Möglichkeit einer Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Vergangenheit offenbar nur zögernd Gebrauch gemacht haben (Beispiel für eine gerichtlich gebilligte Anordnung vgl. Beschluss des VG Stuttgart vom 21. Januar 2009 – 4 K 4605/08). Die auch im öffentlichen Interesse liegende wirksame, d.h. zeitnahe Information über marktrelevante Tatsachen wird auf diese Weise erschwert. Andererseits ist der Schutz gegen vorläufige Rechtsnachteile wesentliches Element der durch Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes statuierten Rechtsweggarantie. Dies gilt umso mehr, da Verwaltungshandeln durch „Information“ grundsätzlich irreversibel ist, da eine von der Behörde herausgegebene Information nachträglich nicht mehr „zurückgeholt“ werden kann. (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13. September 2010, Az.10 S 2/10, Rn. 25).
Bei einer Abwägung der widerstreitenden Interessen erscheint es daher sachgerecht, in § 5 Absatz 4 Satz 1 VIG lediglich bei Informationen über Rechtsverstöße die sofortige Vollziehbarkeit gesetzlich anzuordnen, da hier regelmäßig ein überragendes Interesse der Öffentlichkeit an einer schnellen Information bestehen wird. § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 VwGO sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass die aufschiebende Wirkung in „durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen“ entfallen kann und führt als Beispiel Investitionsfälle oder die Schaffung von Arbeitsplätzen an.
Wegen der Bedeutung der Möglichkeit effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes im demokratischen Rechtsstaat wird durch § 5 Absatz 4 Satz 2 VIG auch einfachgesetzlich nochmals explizit klargestellt, dass dem oder der Dritten auch im Falle der durch Satz 1 bei Rechtsverstößen gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit vor der Auskunftserteilung ausreichend Zeit für die Anrufung der Gerichte einzuräumen ist. Auch in anderen Rechtsgebieten – z.B. in beamtenrechtlichen Konkurrentenklagen oder medienrechtlichen Äußerungsstreitigkeiten – spielt sich der Rechtsschutz in der Praxis z.T. in gerichtlichen Eilverfahren ab, so dass davon auszugehen ist, dass trotz der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit auch weiterhin eine hinreichende Rechtsschutzmöglichkeit bestehen bleibt.“ (BT-DrS 17/7374, S. 18f.).
Deshalb kann der bloße Hinweis auf eine Vorgreiflichkeit und Unumkehrbarkeit der Entscheidung nicht genügen, das Aussetzungsinteresse im Einzelfall zu begründen. Ohne weitergehende Begründung hieße dies letztlich, die ausdrückliche Entscheidung des legislativen Normgebers in der hier zu beantwortenden Frage durch Exekutive und Judikative kompetenzwidrig systematisch auszuhebeln. Nachteilige Verbraucherentscheidungen und damit verbundene Umsatzeinbußen wären jedenfalls nicht geeignet, das Interesse an einer Nicht-Veröffentlichung zu begründen (vgl. OVG NW, U.v. 1.4.2014 – 8 A 654/12 – juris Rn. 170 f., 178 f., 180 f., jew. m.w.N.).
Auch eine Abwägung der gegenläufigen Interessen fällt daher vorliegend zugunsten des Vollzugsinteresses aus, insbesondere angesichts der niedrigen Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage sowie der gesetzlichen Intention.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Antragstellerin hat als unterlegener Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich mithin keinem Prozesskostenrisiko aus § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog.


Ähnliche Artikel

Unerwünschte Werbung: Rechte und Schutz

Ganz gleich, ob ein Telefonanbieter Ihnen ein Produkt am Telefon aufschwatzen möchte oder eine Krankenkasse Sie abwerben möchte – nervig können unerwünschte Werbeanrufe, -emails oder -schreiben schnell werden. Was erlaubt ist und wie Sie dagegen vorgehen können, erfahren Sie hier.
Mehr lesen

Was tun bei einer negativen Bewertung im Internet?

Kundenbewertungen bei Google sind wichtig für Unternehmen, da sich potenzielle Neukunden oft daran orientieren. Doch was, wenn man negative Bewertungen bekommt oder im schlimmsten Fall sogar falsche? Das kann schädlich für das Geschäft sein. Wir erklären Ihnen, was Sie zu dem Thema wissen sollten.
Mehr lesen

Der Influencer Vertrag

In den letzten Jahren hat sich Influencer Marketing einen starken Namen in der Werbebranche gemacht. Viele Unternehmen setzen auf platzierte Werbeanzeigen durch Influencer. Was jedoch zwischen Unternehmer und Influencer vertraglich im Vorfeld zu beachten ist, werden wir Ihnen im Folgenden erläutern.
Mehr lesen


Nach oben