IT- und Medienrecht

Kein Schadensersatz gegen Hersteller im sog. Dieselskandal nach Ad-hoc-Mitteilung

Aktenzeichen  8 U 175/19

Datum:
23.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 42705
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 823 Abs. 2, § 826
StGB § 263
EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Bei den Vorschriften der §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV handelt es sich nicht um Schutzgesetze iSd § 823 Abs. 2 BGB (OLG Braunschweig BeckRS 2019, 2737).  (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ist dem Käufer eines Dieselfahrzeugs im Zeitpunkt des Kaufes die Dieselproblematik bei dem Motor Typ EA 189 wegen verschiedener Umstände bekannt, scheidet ein Schadensersatzanspruch gegen den Hersteller aus.  (Rn. 18 – 28) (redaktioneller Leitsatz)
3. Nach der Veröffentlichung seiner Ad-hoc-Mitteilung am 22.09.2015 im sog. Dieselskandal kann dem Hersteller kein verwerfliches Handeln mehr vorgeworfen werden (OLG Köln BeckRS 2019, 13405). (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

91 O 2501/18 2019-06-07 Endurteil LGWUERZBURG LG Würzburg

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Würzburg vom 07.06.2019, Az. 91 O 2501/18, wird zurückgewiesen
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar und auch das unter Ziffer 1. genannte Endurteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen des Einbaus einer in seinem Fahrzeug ursprünglich befindlichen, den Schadstoffausstoß betreffenden Abschalteinrichtung geltend. Der Kläger hatte den streitgegenständlichen PKW X., in welchem ein Dieselmotor vom Typ EA 189 verbaut ist, am 02.06.2016 als Gebrauchtfahrzeug (Erstzulassungstag: 06.09.2012) mit einem km-Stand von 68.000 von privat zu einem Kaufpreis von 22.500,00 Euro erworben. Am 19.07.2016 wurde beim Fahrzeug ein Software-Update aufgespielt, von dem die Beklagte behauptet, dass dieses die ursprüngliche Umschaltlogik ohne Nachteile für die Funktionsfähigkeit des Fahrzeugs beseitigt hat.
Das Landgericht Würzburg hat die Klage mit Endurteil vom 07.06.2019 abgewiesen.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Endurteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).
Ergänzend ist auszuführen, dass die Beklagte, dies ist unbestritten und dem Senat auch bekannt, am 22.09.2015 in einer Ad-hoc-Mitteilung über die „Dieselthematik“ informiert hatte. In dieser Mitteilung wurde u.a. folgendes ausgeführt: „X. treibt die Aufklärung von Unregelmäßigkeiten einer verwendeten Software bei Diesel-Motoren mit Hochdruck voran. (…) Weitere bisherige interne Prüfungen haben ergeben, dass die betreffende Steuerungssoftware auch in anderen Diesel-Fahrzeugen des X.-Konzerns vorhanden ist. Bei der Mehrheit dieser Motoren hat die Software keinerlei Auswirkungen. Auffällig sind Fahrzeuge mit Motoren vom Typ EA 189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen. Ausschließlich bei diesem Motortyp wurde eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt. X. arbeitet mit Hochdruck daran, diese Abweichungen mit technischen Maßnahmen zu beseitigen. Das Unternehmen steht dazu derzeit in Kontakt mit den zuständigen Behörden und dem Deutschen Kraftfahrtbundesamt.“ Im direkten Anschluss an diese Ad-hoc-Mitteilung wurde über die „Diesel-Thematik“ bei Fahrzeugen des Herstellers X. in Presse, Funk und Fernsehen ausführlich berichtet und in einer breiten Öffentlichkeit hierüber diskutiert.
Der Kläger ließ in der Klageschrift zunächst lediglich vortragen, dass er „bei Kenntnis der Sachlage (gemeint ist die unzulässige Abschalteinrichtung) und den damit verbundenen Risiken für den Fortbestand der Betriebserlaubnis“ den Kaufvertrag über den streitgegenständlichen Pkw nicht abgeschlossen hätte. Er brachte später vor, es sei ihm bei Kaufvertragsabschluss nicht bekannt gewesen, dass sein Fahrzeug von der Dieselproblematik betroffen sei. Zum Beweis hierfür bot er seine Einvernahme als Partei und die seiner Lebensgefährtin G. als Zeugin an (vgl. Bl. 77/78 und 81 d.A.).
Das Landgericht hat die Klageabweisung im Wesentlichen damit begründet, dass dem Kläger mangels Vertragsbeziehung zwischen den Parteien keine schuldrechtlichen Ansprüche zur Seite stünden. Der Kläger habe auch keinen Anspruch aus § 826 BGB, da er schon nicht hinreichend dargelegt habe, dass die Beklagte ihn in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Art und Weise geschädigt habe. Unterstellt, die ursprünglich eingebaute Software verstoße gegen öffentlich-rechtliche Abgasvorschriften, so sei damit nicht der Kläger individuell geschädigt, vielmehr die Umwelt. An einer Absicht der Beklagten, gerade den Kläger zu schädigen, fehle es. Damit scheide auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz und i.V.m. § 263 StGB aus. Auch hierzu trage der Kläger nichts Schlüssiges vor. Gerade im Hinblick auf die zum Zeitpunkt des Kaufs bereits geführte öffentliche Diskussion sei ohnehin nicht nachvollziehbar, inwieweit der Kläger hätte getäuscht sein sollen.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 14.06.2019 zugestellte Endurteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 08.07.2019, beim Oberlandesgericht Bamberg eingegangen am 10.07.2019, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 24.07.2019, beim Oberlandesgericht Bamberg eingegangen am 25.07.2019, begründet.
Der Kläger wiederholt und vertieft in der Begründung seines Rechtsmittels seine Rechtsausführungen aus erster Instanz. Das Landgericht habe zu einer Bejahung eines Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB sowie aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB gelangen müssen. Sein Schaden bestehe in Höhe des gezahlten Kaufpreises. Ein Nutzungsersatz für die von ihm zurückgelegte Fahrstrecke im Wege des Vorteilausgleichs sei von ihm nicht geschuldet, vom Kaufpreis nicht in Abzug zu bringen. Er habe lediglich das Fahrzeug Zug um Zug gegen Zahlung des Schadensersatzes an die Beklagte zu übergeben. Soweit das Erstgericht aufgrund des Kaufzeitpunktes eine Kenntnis des Klägers von tatbestandsbegründenden Umständen vermute oder unterstelle, so werde diese Kenntnis zurückgewiesen.
Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und wie folgt zu erkennen:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.500,00 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.06.2016 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des PKW X. Kombilimousine, FIN W..
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des in Ziffer 1 genannten Pkw in Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird des Weiteren verurteilt, an den Kläger die vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.242,84 Euro nebst Zinsen i. H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.12.2018 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und verweist insbesondere auf die öffentliche Bekanntmachung der „Diesel-Thematik“ und der sich hieraus ergebenden Kenntnis eines Käufers solcher Fahrzeuge im Jahr 2016.
Ergänzend wird auf die Berufungsbegründung und Berufungserwiderung Bezug genommen.
Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 23.10.2019 angehört. Hinsichtlich der Einzelheiten hierzu und dem Sitzungsverlauf wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 23.10.2019.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers erweist sich als unbegründet.
Das Landgericht hat beanstandungsfrei – vom Berufungsführer wird dies auch nicht angegriffen – vertragliche Ansprüche in Ermangelung einer Vertragsbeziehung zwischen den Parteien verneint.
Zu Recht hat das Landgericht auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung abgelehnt.
1. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 27 Abs. 1 EG-FGV scheidet bereits deshalb aus, weil es sich bei den Vorschriften der §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV nicht um Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB handelt. Auch das Oberlandesgericht Braunschweig hat mit Urteil vom 19.02.2019, Az.: 7 U 134/17, die Schutzgesetzeigenschaft mit ausführlicher Begründung verneint (vgl. Rz.137 ff., zitiert nach juris). Der Senat teilt die dort vertretene Auffassung.
Selbst wenn man aber – mit dem Kläger – vom drittschützenden Charakter der vorgenannten Norm ausgehen wollte, so sind doch die geltend gemachten klägerischen Ansprüche schon deshalb ausgeschlossen, weil ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem etwaigen Verstoß der Beklagten gegen §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV und dem Fahrzeugankauf nicht angenommen werden kann. Der Kläger behauptet, dass ihm mit der Zahlung des Kaufpreises ein Schaden entstanden sei. Für seine Behauptung, dass das Verhalten der Beklagten für diesen von ihm geltend gemachten Schaden kausal war, trägt er die Darlegungs- und Beweislast.
Zur Überzeugung des Senats hat der Kläger diesen Beweis nicht geführt.
Der Kläger hat zwar auch noch im Rahmen seiner Anhörung behauptet, er hätte das Fahrzeug sicherlich nicht erworben, wenn er auch nur geahnt hätte, dass das ihm angebotene Gebrauchtfahrzeug von der Dieselproblematik bei X. betroffen sein könnte. Davon vermochte sich der Senat jedoch nicht zu überzeugen. Im Gegenteil ist der Senat aufgrund des Auftretens des Klägers und des gewonnenen Eindrucks von der Persönlichkeit einerseits und seinen Angaben andererseits davon überzeugt, dass er in vollem Bewusstsein, ein problembehaftetes Fahrzeug zu erwerben, den streitgegenständlichen Kaufvertrag abgeschlossen hat.
Festzuhalten ist zunächst, worauf der Senat bereits im Termin hingewiesen hat, dass davon auszugehen ist, dass die „Diesel-Thematik“ ab der 2. Jahreshälfte 2015 in einer breiten Öffentlichkeit diskutiert und in Presse, Funk und Fernsehen hierzu ausführlich berichtet wurde. Gegenstand dieser Berichterstattung war jedenfalls auch – wie im Übrigen auch gerichtsbekannt ist – der Inhalt der Ad-hoc-Mitteilung vom 22.09.2015, in welcher darauf hingewiesen worden war, dass „auffällig (…) Fahrzeuge mit Motoren vom Typ EA 189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen“ seien und „die betreffende Steuerungssoftware auch in anderen Diesel-Fahrzeugen des X.-Konzerns vorhanden“ sei.
Der Kläger ist, das hat seine Anhörung ergeben, ein am politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben interessierter und teilhabender …-kaufmann. Im Juni 2016 war er als selbstständiger Handelsvertreter für Produkte der Bauchemie tätig und viel unterwegs. Nach einer langjährigen Anstellung bei der Firma A. hatte er sich im Alter von ca. 50 Jahren, also gut 10 Jahre vor dem streitgegenständlichen Kauf, selbstständig gemacht. Als Handelsvertreter war er viel mit seinem Auto unterwegs, wobei es sich ausnahmslos um X.-Dieselfahrzeuge gehandelt hat. Jährlich hat er mit diesen Dieselfahrzeugen zwischen 60.000 bis 70.000 km zurückgelegt. Zu seinen allgemeinen Lebensgewohnheiten und Lebenszuschnitt befragt, bekundete der Kläger, über einen Fernseher zu verfügen, sich regelmäßig/täglich die Tagesschau, aber auch andere Sendungen wie die Tagesthemen, anzuschauen. Eigentlich schon „seit immer“ habe er als Tageszeitung die „M.“ abboniert. In all diesen Punkten sieht der Senat keinerlei Anlass, an dem Wahrheitsgehalt der Angaben des Klägers zu zweifeln. Durchaus schlüssig und nachvollziehbar gab der Kläger sodann, dies nun allerdings im Widerspruch zu seinem schriftsätzlichen und unter Beweisangebot gestellten Vorbringen, an, vor dem Kauf von der Dieselproblematik bei X. durch die Medienberichterstattung „natürlich“ gewusst zu haben. Der Kläger widersprach auch seinem früheren Vortrag, dass ihm, weil ein entsprechender Hinweis im schriftlichen Kaufvertrag gefehlt habe, zunächst nichts bekannt gewesen sei, ein Fahrzeug mit einem Dieselmotor zu erwerben. Im Gegenteil, so der Kläger nun, hätte er sich vorab und bewusst wieder für den Kauf eines Dieselfahrzeugs von X. entschieden.
Der Senat ist nach der Anhörung des Klägers davon überzeugt, dass der Kläger sich vor dem streitgegenständlichen Kauf tatsächlich nicht weniger, sondern mehr als ein Durchschnittsbürger für die Berichterstattung über den Schadstoffausstoß von Dieselfahrzeugen der Beklagten interessierte und mit ihr befasste. Die Berichterstattung traf bei dem Kläger nämlich auf eine seit 15 Jahren Dieselfahrzeuge gerade der Beklagten fahrende und von der Qualität und Wertbeständigkeit dieser Fahrzeuge schätzende Person, zudem auf einen Vielfahrer, der beruflich auf sein Fahrzeug angewiesen war. Sie traf außerdem auf eine Person, der naturwissenschftlich/chemische Themen, wozu im weiteren Sinne auch das Problem von Stickstoffausstoß bei Dieselverbrennung gehört, nicht fremd sein konnte. Immerhin war der Kläger ein Handelsvertreter für chemische Produkte.
Der Senat ist überdies davon überzeugt, dass der Kläger auch von Berufs wegen im Kontakt mit anderen Menschen stand, die ebenso über die seinerzeit viel diskutierte Problematik informiert waren und diese zum Gegenstand von Gesprächen mit dem Kläger machten, bevor er sich überhaupt für das streitgegenständliche Fahrzeug interessieren konnte. Anderes anzunehmen wäre bei dem Kläger, so wie er sich dem Senat vorgestellt hat, lebensfremd. Hinzu kommt, dass der Kläger beiläufig bekundete, den Verkäufer des Gebrauchtfahrzeugs ausdrücklich gefragt zu haben, ob dessen Verkaufsabsicht „mit dem Thema Diesel“ zu tun habe. Der Verkäufer solle, so der Kläger, dies verneint und bekundet haben, für sich wieder ein neues Fahrzeug mit Dieselmotor kaufen zu wollen. Damit steht fest, dass die Dieselproblematik dem Kläger bei den Verkaufsverhandlungen bewusst und gegenwärtig war.
Der Vernehmung der Zeugin G. bedurfte es nicht, denn die Prozessbevollmächtigte des Klägers gab im Anschluss an die Anhörung des Klägers an, dass diese Zeugin über kein Wissen verfüge, das über das des Klägers hinausgehe.
Selbst wenn der Kläger „das Ausmaß der Problematik“ in Bezug auf die Nachhaltigkeit des Wertverlustes von Fahrzeugen mit Dieselantrieb und Befürchtungen von Marktteilnehmern, aus dem Softwareupdate könnten sich Nachteile im Fahrverhalten und im Schadstoffausstoß ergeben, falsch eingeschätzt haben sollte, so betraf diese Fehleinschätzung ein ihm bekanntes Risiko, das er bewusst in Kauf nahm.
Festzuhalten bleibt, dass der Senat davon überzeugt ist, dass der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug in Kenntnis darüber, dass es über den seinerzeit viel diskutierten Motor des Typs EA 189 und eine Abschalteinrichtung verfügt, erworben hat. Im Ergebnis kann damit jedenfalls nicht angenommen werden, dass das Verhalten der Beklagten kausal für den Kaufentschluss des Klägers war. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 27 Abs. 1 EG-FGV scheidet damit aus.
2. Auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB scheidet ebenfalls aus. Das Landgericht führt zu Recht aus, dass eine Täuschungshandlung i.S.d. § 263 Abs. 1 StGB nicht substantiiert dargelegt worden sei. Das Landgericht hat zu Recht auch einen Irrtum auf Klägerseite nicht bejaht. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf seine vorstehenden Ausführungen.
3. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass ein Betrug in der vorliegenden Fallkonstellation auch deshalb ausscheidet, weil nicht zweifelsfrei angenommen werden kann, die Beklagte habe im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Fahrzeugerwerb die Absicht gehabt, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger ein Gebrauchtfahrzeug erworben hat. Selbst wenn man eine Betrugshandlung der Beklagten als Herstellerin des Motors gegenüber dem Erstkäufer des streitgegenständlichen Fahrzeugs, in dem dieser Motor eingebaut worden ist, annehmen wollte, so könnten die sich hieraus ergebenden Ansprüche ggfs. zwar der Erstkäufer, nicht jedoch ohne weiteres jeder weitere Käufer desselben Fahrzeugs geltend machen. Denn der Betrugstatbestand erfordert subjektiv neben dem Tatvorsatz ein Handeln in der Absicht sog. „stoffgleicher“ (Eigen- oder Dritt-) Bereicherung, wobei mit dem einschränkenden Merkmal der sog. „Stoffgleichheit“ zum Ausdruck gebracht wird, dass von § 263 StGB nur solche rechtswidrigen Vermögensschädigungen erfasst werden, die durch dieselbe vom Täter veranlasste Vermögensverfügung des Getäuschten unmittelbar herbeigeführt worden sind (st. Rspr.; vgl. z.B. BGHSt 6, 115/116; 21, 384 und zuletzt u.a. BGH, Beschluss vom 07.12.2010 – 3 StR 434/10 = StraFo 2011, 238 f.).
Die Frage ist insbesondere bei dem Gebrauchtwagenkauf relevant, denn hier fließt – anders als beim Neuwagenkauf – der vom Gebrauchtwagenkäufer gezahlte Kaufpreis nicht, auch nicht teilweise, an die Herstellerin. Würde man beispielsweise insoweit der Argumentation des LG Nürnberg-Fürth (in dessen Urteil vom 23. Oktober 2017, Az.: 9 O 8283/16, juris) unterschiedslos folgen, würde sich die Herstellerin bei jedem Weiterverkauf eines Fahrzeugs erneut strafbar machen. Eine Absicht, sich bei einem Weiterverkauf selbst zu bereichern, hat die Herstellerin des Motors jedoch zweifelsfrei nicht. Auch eine Absicht der Drittbereicherung kann nicht zweifelsfrei angenommen werden, denn die Beklagte als Herstellerin des Motors weiß ja in der Regel gar nicht (und macht sich mangels Interesse noch nicht einmal eine Vorstellung davon), ob, wie oft und von wem das Fahrzeug, in dem der von ihr hergestellte Motor eingebaut ist, weiterverkauft wird und wem der Weiterverkaufspreis zufließt.
4. Schließlich scheidet auch ein Anspruch aus § 826 BGB gegen die Beklagte aus. Dabei kann es der Senat dahinstehen lassen, ob der Beklagten in der vorliegenden Fallkonstellation – Erwerb eines Gebrauchtfahrzeugs im Juni 2016 und damit nach Veröffentlichung der Ad-hoc-Mitteilung und erfolgter Zusammenarbeit der Beklagten mit dem KBA – (noch) ein verwerfliches Handeln vorgeworfen werden kann, welches eine Haftung nach § 826 BGB begründen könnte (vgl. dazu OLG Köln, Urteil vom 06.06.2019 – 24 U 5/19). Denn – wie bereits oben dargelegt – kann nicht angenommen werden, dass ein Verhalten der Beklagten für den Vertragsschluss und einen möglichen Schaden des Klägers überhaupt kausal geworden ist (vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 06.06.2019 – 24 U 5/19 – sowie OLG München, Hinweisbeschluss vom 06.12.2018 – 21 U 2834/18). Damit scheidet auch ein Anspruch aus § 826 BGB aus.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 und 2 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, da sich die Berufung bereits im Hinblick auf den jeweils fehlenden Nachweis der Kausalität des Schadenseintritts als unbegründet erweist.


Ähnliche Artikel

Unerwünschte Werbung: Rechte und Schutz

Ganz gleich, ob ein Telefonanbieter Ihnen ein Produkt am Telefon aufschwatzen möchte oder eine Krankenkasse Sie abwerben möchte – nervig können unerwünschte Werbeanrufe, -emails oder -schreiben schnell werden. Was erlaubt ist und wie Sie dagegen vorgehen können, erfahren Sie hier.
Mehr lesen

Was tun bei einer negativen Bewertung im Internet?

Kundenbewertungen bei Google sind wichtig für Unternehmen, da sich potenzielle Neukunden oft daran orientieren. Doch was, wenn man negative Bewertungen bekommt oder im schlimmsten Fall sogar falsche? Das kann schädlich für das Geschäft sein. Wir erklären Ihnen, was Sie zu dem Thema wissen sollten.
Mehr lesen

Der Influencer Vertrag

In den letzten Jahren hat sich Influencer Marketing einen starken Namen in der Werbebranche gemacht. Viele Unternehmen setzen auf platzierte Werbeanzeigen durch Influencer. Was jedoch zwischen Unternehmer und Influencer vertraglich im Vorfeld zu beachten ist, werden wir Ihnen im Folgenden erläutern.
Mehr lesen


Nach oben