IT- und Medienrecht

Keine Kürzung der Dienstbezüge – Disziplinarverfügung nicht rechtens

Aktenzeichen  M 13L DB 17.6117

Datum:
29.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 50347
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayDG Art. 7, Art. 9, Art. 22, Art. 32
BeamtStG § 33 Abs. 1 S. 2, § 34 S. 3

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Disziplinarverfügung vom 8. Dezember 2017 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet, da die Disziplinarverfügung vom 8. Dezember 2017 rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (Art. 3 BayDG i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Nach Art. 58 Abs. 3 BayDG prüft das Gericht neben der Rechtmäßigkeit auch die Zweckmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung.
Wie sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29. Januar 2019 ergibt, bleibt die Beklagte nur noch bei den Vorwürfen auf S. 30 der Verfügung unter „cc) Tiefgaragenstellplatz“ und unter ii) auf S. 32 „Äußerungen im Telefonat vom 2. November 2015 gegenüber der Schwerbehindertenbeauftragten“.
Das Gericht verweist auf die umfassenden Ausführungen des Protokolls.
Hinsichtlich des Vorwurfs „cc) Tiefgaragenstellplatz“ liegt keine Dienstpflichtverletzung und keine Verletzung von § 18 der Integrationsvereinbarung vor. Es liegt kein Nachweis vor, und Herr R. hat auch nicht behauptet, dass er wegen seiner Behinderung auf den Gebrauch eines Kfz‘s auf dem Weg zur Arbeitsstätte angewiesen ist.
Selbst wenn jedoch der objektive Tatbestand einer Dienstpflichtverletzung gegeben wäre, ist Frau F. nicht nachweisbar, dass sie gewusst hat, dass – falls es so gewesen sein sollte – Herr R. wegen seiner Behinderung ein Kfz auf dem Weg zur Arbeitsstätte benötigte. Sie hat in der mündlichen Verhandlung auch nochmal glaubhaft geschildert, dass Herr R. im fraglichen Zeitraum mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren ist. Dies spricht dafür, dass er nicht nach § 18 der Integrationsvereinbarung auf ein Kfz für den Weg zur Arbeit wegen seiner Behinderung angewiesen gewesen sein dürfte.
Hinsichtlich der Ungleichbehandlung, die die Beklagte der Klägerin vorwirft, ist eine Ungleichbehandlung nach §§ 7, 16 AGG nicht nachweisbar. Frau F. hatte viele Mitarbeiter, die einen Tiefgaragenstellplatz haben wollten, aber viel zu wenig vorhandene Plätze. Sie hat vor allem den Mitarbeitern, die Außendiensttätigkeit hatten, einen Tiefgaragenstellplatz gegeben. Herr R. hatte zunächst einen Tiefgaragenstellplatz, war dann ein Jahr erkrankt. In dieser Zeit wollte sie den Stellplatz nicht leer lassen, sondern hat ihn einem anderen Kollegen zugewiesen.
Es wurde erst, nachdem Herr R. in den Urlaub gegangen war (von 10/14 bis 2015) wieder ein Stellplatz frei, der Ende Oktober 2014 dem Kollegen F. zugewiesen wurde, da die Klägerin nicht mehr an Herrn R. dachte (Schriftsätze vom 29.10.18 und 23.1.19). Zu diesem Zeitpunkt war klar, dass Herr R. erst 2015 nach seinem Urlaub wieder in der Dienststelle sein würde.
Dabei hat die Klägerin selbst in der mündlichen Verhandlung gesagt, dass sie nicht daran gedacht hat, dass sie diesem Kollegen später hätte sagen können, dass er diesen Stellplatz wieder hergeben müsse. Eine Ungleichbehandlung kann das Gericht hierin nicht erkennen, es mag vielleicht ein Fehler gewesen sein, dem Herrn R. diesen Stellplatz nicht zu geben, eine Dienstpflichtverletzung sieht das Gericht hierin jedoch nicht. Zudem kann das Gericht auch keinen Vorsatz bzw. Fahrlässigkeit hinsichtlich einer etwaigen Dienstpflichtverletzung sehen. Er ist der Klägerin auch nicht nachweisbar.
Hinsichtlich der Vorwürfe unter ii) auf S. 32 der Verfügung, nämlich dass die Klägerin Frau M. die Krankheiten der Kinder nicht habe mitteilen dürfen und der Äußerungen gegenüber Frau M. über Herrn R. und Herrn H. (vgl. handschriftliche Bemerkung v. Frau M. z. B. „nicht um alle Deppen kümmern“), so sie beweisbar gewesen wären, kann dahingestellt bleiben, ob diese Vorwürfe eine Dienstpflichtverletzung darstellen, da solche Dienstpflichtverletzungen allenfalls eine Missbilligung oder einen Verweis rechtfertigen könnten und aufgrund der vielen Milderungsgründe, die für die Klägerin sprechen, auch ein Verweis als Maßnahme nicht in Betracht kommt.
Durch das Disziplinarverfahren hat die Klägerin massive berufliche und gesundheitliche Nachteile gehabt: Durch die Beweisaufnahme und Zeugeneinvernahme wurde ihr „Ruf“ beschädigt; sie wurde in eine andere Dienststelle versetzt und war von März 2016 – November 2017 krank.
Dennoch wurde sie für ihr jetziges Verhalten ausgezeichnet beurteilt (vgl. E-Mail v. 28.1.2019) und auch in der Vergangenheit sehr gut beurteilt.
Sie hat Mitarbeiter in die Dienststelle … … aufgenommen, die in ihrer vorherigen Stelle Probleme hatten und nun weiterhin haben (vgl. Vermerk v. 27.11.2018). Für einige Zeit wurde sie mit diesen Problemen auch von ihrer Vorgesetzten „allein gelassen“.
Eine Disziplinarmaßnahme ist daher hier nicht angezeigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 4 BayDG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.


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