IT- und Medienrecht

Kostenersatz für einen Feuerwehreinsatz

Aktenzeichen  AN 14 K 16.01955

Datum:
19.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 51606
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RDG § 3
BayVwVfG Art. 14 Abs. 5, Abs. 7 S. 2
BayFwG § 28 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2, Abs. 4 S. 1, S. 2

 

Leitsatz

1. Selbst wenn eine Kfz-Haftpflichtversicherung als Bevollmächtigte der Halterin des versicherten Fahrzeugs mit der Erhebung eines  Widerspruchs eine § 3 RDG widersprechende Rechtsdienstleistung erbracht hätte, stünde dies der Wirksamkeit der vorgenommenen Verfahrenshandlung nicht entgegen, wenn es an einer vorangegangenen Zurückweisung der Versicherung durch die Verwaltungsbehörde fehlt. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ob ein Feuerwehreinsatz und die dabei getroffenen Maßnahmen notwendig sind, ist eine vom Gericht in vollem Umfang aus der ex-ante-Sicht zu prüfenden Rechtsfrage, wobei entscheidend ist, welche Maßnahmen auf Grund des durch die Alarmierung oder auf sonstigem Weg vermittelten Lagebildes vorausschauend für notwendig gehalten werden durften, um den Einsatz erfolgreich durchzuführen. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Gemeinden können in ihrer Satzung für den Ersatz der Kosten für die Aufgabenerfüllung ihrer gemeindlicher Feuerwehren Pauschalsätze festlegen. Diese müssen sich der Höhe nach in etwa an den tatsächlich angefallen Kosten messen lassen, weshalb die Gemeinden insbesondere auch eine eigene Kostenkalkulation vornehmen müssen, die bloße Übernahme von Musterpauschalbeträgen und -berechnungen reicht nicht aus.  (Rn. 38 und 39) (redaktioneller Leitsatz)
4. Bei Personalkosten ist eine solche Kalkulation nicht möglich und auch nicht erforderlich; hier reicht es aus, wenn ein Stundensatz geltend gemacht wird, der in keinem groben Missverhältnis zu realistischen Stundenkosten liegt und sich etwa an Erfahrungswerten kommunaler Spitzenverbände orientiert.        (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
5. Die Nichtigkeit von Satzungsteilen einer Kostenersatzsatzung führt nur dann zur Gesamtnichtigkeit der Satzung, wenn ohne die nichtigen Satzungsteile keine sinnvolle Restregelung verbleibt und kein entsprechender hypothetischer Wille des Satzungsgebers angenommen werden kann. (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Bescheid des Beklagten vom 24. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes … vom 30. August 2016 wird insoweit aufgehoben, als über einen Betrag von 2.639,97 EUR hinausgehende Kosten gefordert werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Klägerin hat 3/5, der Beklagte 2/5 der Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat im tenorierten Umfang Erfolg.
1. Die Klage ist zulässig.
Das Widerspruchsverfahren, das vorliegend fakultativ möglich ist (vgl. Art. 15 Abs. 1 Nr. 1 AGVwGO), wurde ordnungsgemäß durchgeführt (§ 68 VwGO). Die … Versicherungs AG hat mit Schreiben vom 24. Mai 2016, dem Beklagten zugegangen am 27. Mai 2016, als Bevollmächtigte der Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid des Beklagten vom 24. Mai 2016 eingelegt. Die Klägerin konnte gemäß Art. 14 BayVwVfG durch ihre Kfz-Haftpflichtversicherung wirksam vertreten werden (vgl. VGH BW, B.v. 25.11.2016 – 1 S 1750/16 -, juris Rn. 5; VGH Kassel, B.v. 22.7.2008 – 5 B 6/08 -, juris Rn. 1; VG Augsburg, U.v. 23.7.2018 – Au 7 K 17.228 -, juris Rn. 54). Selbst wenn man – wie der Bevollmächtigte des Beklagten – davon ausginge, dass die … Versicherungs AG mit Erhebung des Widerspruchs eine § 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes widersprechende Rechtsdienstleistung für die Klägerin erbracht hätte (vgl. so auch VG Stuttgart, U.v. 27.2.2017 – 9 K 4495/15 -, juris Rn. 20 ff.), stünde dies der Wirksamkeit der vorgenommenen Verfahrenshandlung nicht entgegen. Da es an einer vorangegangenen Zurückweisung der … Versicherungs AG durch die Verwaltungsbehörde (Art. 14 Abs. 5 BayVwVfG) fehlte, wäre auch in diesem Fall die Erhebung des Wiederspruchs als wirksam anzusehen (e contrario Art. 14 Abs. 7 Satz 2 BayVwVfG). Zudem hat das Landratsamt … den Widerspruch nicht als unzulässig zurückgewiesen, sondern eine Sachentscheidung getroffen (vgl. zum Ganzen auch VG Würzburg, U.v. 28.6.2018 – W 5 K 16.745 -, juris Rn. 15).
2. Die Klage ist nur teilweise begründet.
Der Kostenbescheid des Beklagten vom 24. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landratsamtes … vom 30. August 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit darin Kosten erhoben werden, die über einen Betrag von 2.639,97 EUR hinausgehen.
2.1. Der Beklagte hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Ersatz der Kosten, die ihm durch den Feuerwehreinsatz vom 22. Februar 2018 entstanden sind.
Dieser Kostenersatzanspruch findet seine Rechtsgrundlage in Art. 28 BayFwG, der den Kostenersatz für das Tätigwerden der gemeindlichen Feuerwehren im Bereich des abwehrenden Brandschutzes und des technischen Hilfsdienstes regelt, in Verbindung mit der kommunalen Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen gemeindlicher Feuerwehren vom 24. April 2014.
Gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG können die Gemeinden in den unter Abs. 2 Nr. 1 bis 6 aufgezählten Fällen Ersatz der notwendigen Aufwendungen verlangen, die ihnen durch Ausrücken, Einsätze oder Sicherheitswachen gemeindlicher Feuerwehren (Art. 4 Abs. 1 und 2 BayFwG) oder durch Einsätze hilfeleistender Werkfeuerwehren entstanden sind (Art. 15 Abs. 7 BayFwG). Der Anspruch wird durch Leistungsbescheid geltend gemacht (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 BayFwG).
Gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayFwG kann Kostenersatz verlangt werden für Einsätze der Feuerwehr im technischen Hilfsdienst, bei denen die Gefahr oder der Schaden durch den Betrieb eines Kraftfahrzeugs veranlasst war. Einen solchen entgeltlichen technischen Hilfsdienst hat die Feuerwehr des Beklagten bei dem Einsatz am 22. Februar 2018 geleistet. Die Klägerin ist als Halter des Fahrzeuges, durch das der Feuerwehreinsatz veranlasst war, zum Ersatz der Kosten verpflichtet (Art. 28 Abs. 3 Nr. 2 BayFwG).
Es handelt sich bei den durch die Freiwillige Feuerwehr des Beklagten getätigten und in Rechnung gestellten Aufwendungen um notwendige Aufwendungen im Sinne des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayFwG. Nach Würdigung der eingeholten Stellungnahmen sowie der Aussage des Einsatzleiters in der mündlichen Verhandlung ist das Gericht davon überzeugt, dass die von der Feuerwehr durchgeführten und gegenüber der Klägerin abgerechneten Maßnahmen notwendig im Sinne des Art. 28 BayFwG waren.
Ob ein Feuerwehreinsatz und die dabei getroffenen Maßnahmen notwendig sind, ist eine vom Gericht in vollem Umfang zu prüfende Rechtsfrage, wobei die ex-ante-Sicht maßgeblich ist, es also auf den Sach- und Kenntnisstand zum Zeitpunkt des behördlichen Handelns ankommt (vgl. BayVGH, U.v. 3.9.2009 – 4 BV 08.696 -, juris Rn. 33 ff.; VGH BW, U.v. 8.6.1998 – 1 S 1390/97 -, juris Rn. 21; VG München, B.v. 18.8.2004 – M 7 K 03.1967 -, juris Rn. 25). Entscheidend ist, welche Maßnahmen auf Grund des durch die Alarmierung oder auf sonstigem Weg vermittelten Lagebildes vorausschauend für notwendig gehalten werden durften, um den Einsatz erfolgreich durchzuführen (vgl. Schulz, in: PdK Bay K-16, Stand: Okt. 2017, Art. 28 BayFwG, Erläuterungen 1.3.1; siehe auch VG Bayreuth, U.v. 28.11.2003 – B 1 K 01.893- juris Rn. 23).
Nach diesen Maßgaben sind die Einschätzung der Sachlage und die Abwicklung des Einsatzes nach der UN-Nummer 3077 aufgrund des an der Einsatzstelle vorgefundenen Lagebildes nicht zu beanstanden. Sind Stoffeigenschaften nicht zweifelsfrei feststellbar, so begegnet es keinen Bedenken, wenn der Einsatz im Hinblick auf den Selbstschutz der Einsatzkräfte nach der bekannten UN-Nummer abgewickelt wird.
Die UN-Nummer, auch Stoffnummer genannt, ist eine von einem Expertenkomitee der Vereinten Nationen festgelegte Nummer für alle gefährlichen Stoffe und Güter und liefert Feuerwehren Informationen zur schnellen Erfassung des Gefährdungspotentials des Stoffes und zur Einleitung adäquater Maßnahmen. Nach den von der Integrierten Leitstelle dem Einsatzleiter auf Grundlage der Stoffnummer übermittelten Informationen waren Chemikalienschutzanzugträger mit umluftunabhängigem Atemschutz einzusetzen. Dementsprechend ist die Feuerwehr zur Ladungssicherung vorgegangen. Das Sicherheitsdatenblatt, das bei unbeabsichtigter Freisetzung des transportierten Stoffes das Tragen von Arbeitskleidung mit langen Ärmeln und Atemschutzmasken vorsah, ließ sich in der gebotenen Eile nicht durch Kontaktaufnahme zum Fahrer des Lkw, der kein Deutsch sprach, oder auf andere Weise verifizieren. Der Einsatzleiter durfte zum Schutz der Einsatzkräfte von der größtmöglichen Gefahr ausgehen.
Auch hinsichtlich der Anzahl des eingesetzten Personals begegnet der Umfang des Einsatzes nach Überzeugung des Gerichts keinen Bedenken. Der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr … hat in der mündlichen Verhandlung als Zeuge detailliert und nachvollziehbar den Einsatz am 22. Februar 2016 geschildert. Zwar ist in der polizeilichen Schadensmitteilung von 127 alarmierten Einsatzkräften die Rede. Diese waren jedoch nicht alle vor Ort, sondern auch in Feuerwehrgerätehäusern zur Bereitschaft vorgehalten. Wie die Zeugeneinvernahme des Einsatzleiters ergab, befanden sich zunächst nur die zwei Stützpunktfeuerwehren (… und …) vor Ort. Erst im Laufe des Einsatzes habe man entschieden, wie viele Einsatzkräfte man konkret benötige. Ein solches Vorgehen ist aus Sicht des Gerichts nicht zu beanstanden. Abgerechnet wurden nach Aktenlage insgesamt 11 Fahrzeuge und 59 Einsatzkräfte. Nicht abgerechnet wurden insbesondere die zur Bereitstellung in Feuerwehrgerätehäuser alarmierten Kräfte. Von einer ursprünglich vorgenommenen Abrechnung hat der Beklagte mit Aufhebungsbescheid vom 29. November 2016 Abstand genommen. Auch wurde berücksichtigt, dass sich der Kräftebedarf bei fortschreitendem Einsatz reduzierte.
Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Der Beklagte hatte über den Kostenersatz nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen ist. Insbesondere begegnet es keinen Bedenken, wenn der Beklagte unter Hinweis auf den Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung vorliegend Kostenersatz verlangt. Besondere Umstände, die es angezeigt erscheinen lassen, auf den Kostenersatz zu verzichten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
2.2. Der dem Grunde nach bestehende Anspruch auf Kostenersatz besteht allerdings nicht in voller Höhe. Die von dem Beklagten geltend gemachte Gesamtforderung in Höhe von 4.401,87 EUR ist um den auf die Strecken-, Ausrückestunden-, und Arbeitsstundenkosten entfallenden Anteil (1.761,90 EUR) zu kürzen. Nicht zu beanstanden ist dagegen die Geltendmachung der Personal- und Materialkosten (2.639,97 EUR).
Gemäß Art. 28 Abs. 4 Satz 1, 1. Halbsatz BayFwG können die Gemeinden Pauschalsätze für den Ersatz der Kosten bei der Erfüllung von Aufgaben nach Art. 4 BayFwG festlegen. Das hat der Beklagte vorliegend getan. In der Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen gemeindlicher Feuerwehren vom 24. April 2014 hat der Beklagte pauschalierte Sätze für Streckenkosten, Ausrückestundenkosten, Arbeitsstundenkosten und Personalkosten vorgesehen. Für Materialkosten werden laut Satzungsregelung die Selbstkosten angesetzt.
Eine solche Kostenersatzsatzung muss bestimmten Mindestanforderungen genügen, damit auf ihrer Grundlage die Einsatzkosten pauschaliert geltend gemacht werden dürfen (Art. 28 Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz und Satz 2 BayFwG, vgl. dazu die grundlegende Entscheidung des BayVGH, U.v. 18.7.2008 – 4 B 06.1839 – juris). Die Pauschalsätze müssen sich der Höhe nach in etwa an den Kosten messen lassen, die tatsächlich angefallen sind (vgl. BayVGH, U.v. 18.7.2008 – 4 B 06.1839 – juris Rn. 25; siehe auch VG München, U.v. 22.6.2016 – M 7 K 15.255 – juris). Nach Nr. 28.3 VollzBekBayFwG müssen die Gemeinden insbesondere auch eine eigene Kostenkalkulation vornehmen. Die bloße Übernahme von Musterpauschalbeträgen und -berechnungen ohne eigene Kalkulation reicht nicht aus (vgl. Schulz, in: PdK Bay K-16, Stand: Okt. 2017, Art. 28 BayFwG, Erläuterungen 4.2, siehe auch VG Würzburg, U.v. 28.6.2018 – W 5 K 16.745 – juris Rn. 28).
Im vorliegenden Fall fehlt es an einer eigenen Kostenkalkulation des Beklagten. Bei der dem Gericht vorliegenden Kalkulationsgrundlage für die Satzung über Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen gemeindlicher Feuerwehren vom 24. April 2014 handelt es sich um das gemeinsame Muster des Bayerischen Gemeindetages, des Bayerischen Städtetages, des LandesFeuerwehrVerband Bayern e.V. sowie des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes vom 15. Oktober 2013. Bei den Streckenkosten und den Ausrückestundenkosten wurden in der Satzung des Beklagten lediglich die dort genannten Musterbeträge übernommen. Auch hinsichtlich der Arbeitsstundenkosten fehlt es an einer nachvollziehbaren Kalkulationsgrundlage. Diese Satzungsteile sind mangels eigener nachvollziehbarer Kalkulation unwirksam, sodass es insoweit an einer wirksamen Rechtsgrundlage für den Kostenersatz fehlt.
Etwas anderes gilt für die Personalkosten. Zwar wird auch hier ein pauschaler Stundensatz ohne nähere Erläuterung angenommen. Allerdings gelten hier nicht die Anforderungen des Art. 28 Abs. 4 Satz 2 BayFwG. Vorhaltekosten können lediglich bei Sachkosten, nicht jedoch bei Personalkosten berücksichtigt werden. Auch führen nur dort unterschiedliche Anschaffungskosten zu unterschiedlichen Stundensätzen. Bei Personalkosten ist eine solche Kalkulation nicht möglich und auch nicht erforderlich. Hier reicht es aus, wenn ein Betrag als Stundensatz geltend gemacht wird, der in keinem groben Missverhältnis zu realistischen Stundenkosten liegt. Angemessen ist insbesondere ein Stundensatz, der sich an Erfahrungswerten kommunaler Spitzenverbände orientiert (vgl. VG Bayreuth, U.v. 28.11.2003 – B 1 K 01.893 – juris Rn. 25).
Vor diesem Hintergrund ist ein Stundensatz von 25,56 EUR nicht zu beanstanden. Ein grobes Missverhältnis zu realistischen Stundenkosten ist nicht erkennbar. Die aktuelle Mustersatzung sieht für den Einsatz ehrenamtlicher Feuerwehrdienstleistender nach Auswertung entsprechender Satzungen von bayerischen Gemeinden einen Stundensatz von 24,00 EUR vor.
Auch die abgerechnete Einsatzzeit entspricht der tatsächlichen Einsatzzeit. Nach Ziffer 4 der Anlage zur Kostenersatzsatzung des Beklagten werden Personalkosten nach Ausrückestunden berechnet. Dabei ist der Zeitraum vom Ausrücken aus dem Feuerwehrgerätehaus bis zum Wiedereinrücken anzusetzen. Die abgerechnete Einsatzzeit von 3,5 Stunden ist nachvollziehbar. Die Freiwillige Feuerwehr des Beklagten wurde um 16:04 Uhr alarmiert. Es ist anzunehmen, dass ein Ausrücken innerhalb von ca. 5 Minuten erfolgte. Den Einsatzort hat sie ausweislich des Einsatzprotokolls um 18:49 verlassen. Das Feuerwehrgerätehaus befindet sich 33 Kilometer vom Einsatzort entfernt. Ein Wiedereinrücken nach über 3 Stunden nach dem Ausrücken ist daher naheliegend.
Eine minutengenaue Abrechnung ist entgegen der Auffassung der Klägerseite nicht erforderlich. Die Satzungsregelung, wonach für angefangene Stunden bis zu 30 Minuten die halben, im Übrigen die ganzen Stundenkosten erhoben werden, ist nicht zu beanstanden. Eine solche halbstundenweise Abrechnung hält sich im Rahmen der zulässigen und allein dem Satzungsgeber vorbehaltenen Typisierung und Pauschalierung (vgl. BayVGH, U.v. 18.7.2008 – 4 B 06.1839 – juris Rn. 35; VG Würzburg, U.v. 28.6.2018 – W 5 K 16.745 – juris Rn. 36).
Auch die Geltendmachung der Materialkosten ist nicht zu beanstanden. Hier reicht es aus, wenn die tatsächlichen Kosten in Rechnung gestellt werden. Das Gericht hat keine Zweifel daran, dass die Beklagte hier lediglich die Selbstkosten angesetzt hat.
Die Nichtigkeit der Satzungsteile über Streckenkosten, Ausrückestundenkosten und Arbeitsstundenkosten führt nicht zur Gesamtnichtigkeit der Satzung. Eine Gesamtnichtigkeit ist nur dann anzunehmen, wenn ohne die nichtigen Satzungsteile keine sinnvolle Restregelung verbleibt und kein entsprechender hypothetischer Wille des Satzungsgebers angenommen werden kann (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.2008 – 9 B 40/08 – juris Rn. 13). Das ist vorliegend nicht der Fall. Die jeweiligen Satzungsregelungen können unabhängig voneinander existieren (vgl. VG München, U.v. 22.6.2016 – M 7 K 15.255 – juris Rn. 26).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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