IT- und Medienrecht

Lichtbildwerke ohne Nutzungsberechtigung auf einer Online-Verkaufsplattform

Aktenzeichen  37 O 22800/16

Datum:
20.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GRUR-RS – 2019, 6941
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2, § 10 Abs. 2, § 19a, § 97 Abs. 1, § 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19 a
GWB § 19
EuGWO Art. 7 Nr. 2
ZPO § 32
RL 2001/29/EG Art. 3 Abs. 1 u. 2 a. und b.

 

Leitsatz

Der Betreiber einer Online-Verkaufsplattform macht urheberrechtlich geschützte Lichtbildwerke öffentlich zugänglich i.S.d. § 19a UrhG, wenn er für die Präsentation eigener Angebote eine Produktdetailseite verwendet, auf welcher Lichtbildwerke sichtbar gemacht werden, die ohne Nutzungsberechtigung von einem Dritten in eine Datenbank des Betreibers, auf die bei automatisierter Erstellung der Produktdetailseite bestimmungsgemäß zugegriffen wird, hochgeladen wurden. (Rn. 48 ff.)

Tenor

I. Der Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, untersagt,
im geschäftlichen Verkehr im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die nachfolgend dargestellten Lichtbilder öffentlich zugänglich zu machen in Form einer Abbildung in dem Online Shop auf der Website … einschließlich aller Subpages dieser Website zur Bewerbung von Warenangeboten, die mit der Information „Verkauf und Versand durch … angeboten werden:
1.1 …
 
1.2. …
 
1.3 …
 
1.4 …
 
1.5 …
 
1.6 …
 
 
1.7 …
 
1.8 …
 
1.9 …
 
1.10 …
 
1.10 …
 
1.11 …
 
1.12 …
 
1.13 …
 
1.14 …
 
1.15 …
 
1.17 …
 
1.18 …
 
1.19 …
 
1.20 …
 
1.21 …
 
1.22 …
 
1.23 …
 
 
1.24 …
 
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über den Umfang und die Dauer der nach Ziffer I. verbotenen Handlungen zu erteilen.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die in Ziffer I. genannten verbotenen Handlungen entstanden ist oder zukünftig noch entstehen wird.
IV. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 723,50 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 10.02.2017 zu bezahlen.
V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
VI. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 1/4 und die Beklagte 3/4.
VII. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar. Das Urteil ist für die Beklagte vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist hinsichtlich der Abbildungen überwiegend begründet und hinsichtlich der Textpassagen unbegründet.
A.
Die Klage ist zulässig. Das Landgericht München I ist örtlich und international zuständig.
Die Beklagte hat die internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts München I gerügt. Die Zuständigkeit folgt jedoch aus Artikel 7 Nr. 2 EuGWO. Danach besteht der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung an dem Ort des Gerichts, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Dieser autonom auszulegende Gerichtsstand ist nach der Rechtsprechung des EuGH eng zu verstehen, da es sich um eine Abweichung von dem allgemeinen Prinzip des Gerichtsstandes am Sitz des Beklagten handelt (EuGH Urteil vom 27.09.1988, C 189/87, Tz. 10 ff. – juris). In erster Linie ist danach maßgeblich der Ort, an dem die schädigende Handlung erfolgt ist (vgl. Zöller/Geimer, 32. Aufl. 2018, Anh I Art. 7 EuGWO, Rn. 88). Weder der tatsächliche Betrieb der Plattform, noch die zugrunde liegenden unternehmerischen Entscheidungen, fanden in Deutschland statt. Es ist auch nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass der Server, auf dem sich die Dateien zur Generierung der Produktdetailseiten befinden, seinen Standort in Deutschland hat. Neben dem Gerichtsstand des Handlungsortes kommt als Gerichtsstand auch der Ort der Verletzung des Schutzgesetzes in Betracht (vgl. Cepl/Voss/Zöllner, 2. Auflage 2018, ZPO vor § 12 Rn. 76) in Betracht. Demnach ist bei einer geltend gemachten Verletzung eines Urhebervermögensrechts die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts für die Entscheidung über eine Klage aus unerlaubter oder einer solchen gleichgestellten Handlung gegeben, sobald der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich dieses Gericht befindet, die Vermögensrechte schützt, auf die sich der Anspruchsteller beruft, und die Gefahr besteht, dass sich der Schadenserfolg im Bezirk des angerufenen Gerichts verwirklicht (EuGH, Urteil vom 03.10.2013, C-170/12, Tz. 43 – juris). Da sich die Klagepartei auf ein in Deutschland wirksames Schutzrecht beruft, ist insoweit – territorial beschränkt – eine Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben. Auch im Übrigen weist der Sachverhalt eine enge Verbindung zum Gerichtsbezirk auf. Zum einen sind die streitgegenständlichen Angebote in deutscher Sprache für deutsche Kunden abrufbar. Da im Übrigen die Klagepartei im Gerichtsbezirk (§ 45 BayGZVJu) ihren Sitz hat, ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte und zugleich die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts München I aus Gründen einer geordneten Rechtspflege und einer sachgerechten Gestaltung des Prozesses gerechtfertigt (vgl. Zöller/Geimer, ZPO 32. Aufl., Anh I Art. 7 EuGWO, Rn. 53 m.w.N.). Zum Nachweis des Bestandes eines Urheberrechts ist eine örtliche Nähe des Gerichts zum Sitz des Nutzungsberechtigten prozessökonomisch, da hier am einfachsten Beweismittel erhoben werden können.
Aus Art. 7 Nr. 2 EuGWO folgt zugleich die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts München I, ein Rückgriff auf § 32 ZPO ist nicht erforderlich (vgl. Zöller/Geimer, ZPO 32. Aufl., Anh I, Art. 7 EuGWO, Rn. 2), wobei hieraus kein abweichendes Ergebnis folgte.
B.
Die Klage ist hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs Ziffer 1.1 der Anträge weitgehend begründet. Abzuweisen war die Klage im Antrag Ziffer 1.1.4 hinsichtlich dreier Bilder, Ziffer 1.1.8 hinsichtlich eines Bildes, Ziffer 1.1.11 hinsichtlich eines Bildes, Ziffer 1.1.16 insgesamt und Ziffer 1.1.20 hinsichtlich eines Bildes. Die Klage war hinsichtlich des Unterlassungsantrages Ziffer I.2. bezüglich der Textpassagen insgesamt abzuweisen. In dem Umfang der Unterlassungsverpflichtung war die Beklagte auch zu Auskunft und Schadensersatz (Anträge Ziffer II. und III.) zu verurteilen, im Übrigen waren der Auskunfts- und der Schadensersatzanspruch abzuweisen. Der Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten (Antrag Ziffer IV.) hatte nur teilweise Erfolg.
I.
Auf die streitgegenständlichen Ansprüche ist deutsches Recht anzuwenden. Nach Art. 8 Abs. Romll-VO ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums das Recht des Staates anzuwenden, für den der Schutz beansprucht wird. Nach diesem Recht sind das Bestehen des Rechts, die Rechteinhaberschaft des Verletzten, Inhalt und Umfang des Schutzes sowie der Tatbestand und die Rechtsfolgen einer Rechtsverletzung zu beurteilen (st. Rspr. vgl. BGH 21.09.2017 I ZR 11/16, Tz. 13 m. w. N. – Vorschaubilder III – juris). Da Gegenstand der Klage allein Ansprüche wegen Verletzungen urheberrechtlich geschützter Rechte an Fotografien sind, für die die Klägerin im Inland urheberrechtlichen Schutz beansprucht, ist im Streitfall deutsches Urheberrecht anzuwenden.
II.
Die Klagepartei hat gegen die Beklagte im tenorierten Umfang einen Anspruch auf Unterlassung der Abbildung der streitgegenständlichen Lichtbilder auf der Webseite … gemäß §§ 97 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2, 15 Abs. 2 Nr. 2, 19 a UrhG, wie geschehen und dokumentiert in den Anlagen K 6A, 6B.
1. Bei den streitgegenständlichen Abbildungen handelt es sich um Lichtbildwerke im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 UrhG.
Das Gericht hat zur Urheberschaft, zum Schöpfungsprozess und der Gestaltung der Abbildungen Beweis erhoben aufgrund Beweisbeschluss vom 01.08.2018 durch Vernehmung des Zeugen … im Termin vom 05.12.2018. Dieser hat mit Ausnahme der streitgegenständlichen Abbildungen Ziffer 1.1.11 und Ziffer 1.1.16 bestätigt, dass er Hersteller der Werke ist. Er hat im Einzelnen geschildert, aufweiche Weise er im allgemeinen Produktfotos im Auftrag der Klagepartei erstellt. Dabei hat er insbesondere auch die Besonderheiten seiner Aufnahmen hinsichtlich der Gestaltung dargestellt. Der Zeuge hat deutlich gemacht, dass er eigenständige, schöpferische Entscheidungen hinsichtlich des Bildaufbaus und der Lichtführung trifft. Die Aufnahmen des Zeugen erhalten dadurch eine eigenständige Ausgestaltung, die sie von anderen Aufnahmen der gleichen Produkte unterscheidbar macht. Der Zeuge gab an, Gestaltungsziel sei, dass das Produkt Volumen aufweise und das Material plastisch wirke. Durch die Verwendung von Unterlicht solle der Schatten gestaltet werden. Das Gericht konnte sich anhand der Aussagen des Zeugen und der streitgegenständlichen Abbildungen von diesen Kriterien und ihrer tatsächlichen Umsetzung eine Überzeugung bilden.
Der Zeuge … konnte darüber hinaus nachvollziehbar darlegen, dass den Abbildungen im Anlagenkonvolut K 6B zugrunde liegenden Lichtbilder von ihm erstellt wurden, mit Ausnahme des Fotos Antrag Ziffer 1.1.16. Aus dem Klageantrag vom 20.09.2017 konnte er den eine Abbildung zum Antrag Ziffer 1.1.11 plausibel aussondern. Im Übrigen bestätigte er seine Urheberschaft.
2. Die Klägerin ist Inhaberin der Nutzungsrechte der im Tenor Ziffer I. abgebildeten Werke.
Die Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen … im Termin vom 05.12.2018 hat zur Überzeugung des Gerichts die Übertragung der ausschließlichen Nutzungsrechte an die Klägerin ohne zeitliche und räumliche Beschränkung ergeben, § 31 UrhG.
3. Die Klägerin hat die Verletzungshandlung durch die Anlagen K6, K 6A und K 6B für die im Tenor genannten Abbildungen nachgewiesen. Die Identität dieser Abbildungen mit den im Antrag aufgeführten Lichtbildern hat der Zeuge … bestätigt. Das Gericht konnte sich hiervon anhand eines Bildvergleichs eine eigene Überzeugung bilden. Die vom Zeugen … erläuterten Bildgestaltungskriterien sind zudem gut erkennbar.
Kein Nachweis konnte dagegen geführt werden für die Bilder 4-6 zum Antrag Ziffer I.4. Die Klagepartei hat hierzu angegeben, versehentlich sei der Screenshot hierzu nicht vollständig. Soweit sie nunmehr aktuelle Screenshots mit entsprechenden Abbildungen der Seite … vorlegt, vermag sie den Nachweis einer Verwendung auf der Seite … damit nicht zu führen. Gleiches gilt für das rechte Bild zum Antrag Ziffer 1.8. und die beiden rechten Bilder zum Antrag Ziffer 1.20 (grüne und blaue Abbildung). Dagegen hat die Klagepartei zur entsprechenden roten Abbildung des Rucksacks Ziffer 1.20 einen aktuellen Screenshot der Seite … vorgelegt, so dass insoweit der Nachweis einer Verletzungshandlung geführt ist.
Unerheblich ist dagegen das von der Beklagten beanstandete Fehlen der … für einzelne Abbildungen auf den Anlagen K6, K 6A, K 6B. Insoweit ist nach dem Gesamterscheinungsbild nicht zweifelhaft, dass es sich um Screenshots von Seiten der Webseite … handelt. Auch die Zuordnung zu konkreten Produktdetailseiten ist möglich. Die Beklagte hat schließlich eine solche Zuordnung – nach anfänglichen Schwierigkeiten – vornehmen können.
4. Die Wiederholungsgefahr ist durch den Umstand, dass die Bilder überwiegend nicht mehr abrufbar sind, nicht ausgeräumt.
5. Die Beklagte hat die Nutzungsrechte der Klägerin verletzt, indem sie die Lichtbildwerke im Sinne von § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht hat.
Dabei handelt es sich um ein besonderes Recht der öffentlichen Wiedergabe gemäß § 15 Abs. 2 und 3 UrhG auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 1 und 2 a. und b. der Richtlinie 2001/29/EG, welche eine Handlung der Wiedergabe, die Öffentlichkeit dieser Wiedergabe und eine individuelle Beurteilung voraussetzt (BGH, Beschluss vom 13.09.2018, I ZR 140/15 youtube, Rn. 26 – juris).
a) Die Beklagte hat die Zugänglichkeit bewirkt, indem sie die Lichtbildwerke in ihrer Zugriffssphäre zum Abruf bereit gehalten (vgl. hierzu Schricker/Löwenheim/v. Ungern-Sternberg, Urheberrecht 5. Aufl. 2017, § 19a Rn. 60) und außerdem das Sichtbarmachen über den Aufruf der Produktdetailseiten auf der Plattform … ermöglicht hat.
Das dem Urheber nach § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2 UrhG vorbehaltene Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) ist das Recht, das Werk den Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich zu machen. Ein Zugänglichmachen im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass Dritten der Zugriff auf das sich in der Zugriffssphäre des Vorhaltenden befindende geschützte Werk eröffnet wird (vgl. BGH Urteil vom 29.04.2010, I ZR 69/08 – Vorschaubilder I, Tz. 19 m.w.N. -juris; BGH Urteil vom 21.09.2017, I ZR 11/16-Vorschaubilder III, Tz. 19 -juris).
Der rechtlichen Würdigung legt das Gericht den Vortrag der Beklagten zu den Vorgängen bei Erstellung der Produktdetailseiten zugrunde (u.a. Schriftsatz vom 10.04.2017, Seite 5 ff., Bl. 39 ff. d. A., Anlagen B 1 bis B 3, Schriftsatz vom 17.11.2017, Seite 8 ff., Bl. 259 ff. d. A.). Danach wurden die Dateien mit den streitgegenständlichen Lichtbildwerken von Dritten unter Verwendung einer Eingabemaske, die zum Einstellen von Angeboten unter einer spezifischen Produktidentifikationsnummer (…) zur Verfügung steht, hochgeladen. Die so hochgeladenen Bilder und weiteren Informationen werden sodann in eine Datenbank im Verfügungsbereich des – Konzerns abgelegt. Wird ein Produkt erstmals angeboten, wird in einem automatisierten Verfahren eine Produktdetailseite unter der nach den einheitlichen Gestaltungskriterien unter Verwendung der zuerst hochgeladenen Materialien erstellt. Eine automatisierte Auswahl unter den eingestellten Inhalten erfolgt – nur – wenn die Höchstzahl der pro Seite gezeigten Bilder oder anderen Inhalte überschritten ist. Wollen weitere Anbieter das gleiche Produkt anbieten, können – und müssen – sie sich an die so erstellte Produktdetailseite unter der jeweiligen … „anhängen“, die Erstellung einer weiteren Produktdetailseite für das gleiche Produkt ist nicht möglich. Sofern sie ebenfalls Bilder und Materialien hochladen, werden diese gleichrangig in die Datenbank eingestellt. In einem automatisierten Verfahren werden sodann nach formalen und qualitativen Kriterien (z.B. Bildauflösung) Bilder aus dem Datenpool ausgewählt und in die Produktdetailseite eingestellt. Auf die Auswahl haben die Anbieter keinen Einfluss. Die jeweilige Produktdetailseite wird nicht physisch abgespeichert. Sie wird beim jeweiligen Zugriff vielmehr dynamisch unter Sichtbarmachung der jeweils unter Anwendung der Kriterien vorausgewählten Datenbankinhalte erstellt. Eine automatisierte neue Konfiguration der Seite erfolgt – nur – dann, wenn neue Inhalte in die Datenbank unter der … eingestellt wurden.
Die Lichtbildwerke und sonstigen Inhalte, auch soweit sie von Dritten hochgeladen wurden, finden sich folglich in Dateiform auf Servern des B-Konzerns und damit in der Sphäre und in dem Verfügungsbereich der Beklagten.
b) Durch die Wiedergabe auf den Produktdetailseiten werden die streitgegenständlichen Werke im Sinne von § 19a UrhG einem neuen Publikum und damit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Das Angebot ist öffentlich, da der Adressatenkreis eine große Zahl von potentiellen Nutzern der Plattform … und damit eine unbestimmte Vielzahl von Personen umfasst.
Für die rechtliche Beurteilung ist davon auszugehen, dass die streitgegenständlichen Bilder vor der Verletzungshandlung bereits auf – nicht näher bekannten – Internetseiten verfügbar waren, da die insoweit zumindest primär darlegungs- und beweisbelastete Klagepartei nicht ausdrücklich vorgetragen hat, dass die streitgegenständlichen Lichtbildwerke keinesfalls vor der Verletzungshandlung auf anderen Webseiten einsehbar waren. Eine solche Veröffentlichung an anderer Stelle steht jedoch einer Bewertung des Sichtbarmachens auf der jeweiligen …-Produktdetailseite als Zugänglichmachung für ein neues Publikum nicht entgegen.
Zwar ist nicht schon deshalb ein neues Publikum gegeben, weil die Veröffentlichung in einem anderen technischen Verfahren erfolgte; bei einer Vorveröffentlichung im Internet besteht kein Technologiewechsel. Der Tatbestand des neuen Publikums ist unter Anwendung einer Reihe weiterer wertender, und miteinander in Wechselwirkung stehender Kriterien hier dennoch gegeben (vgl. BGH Urteil vom 21.09.2017, I ZR 11/16 – Vorschaubilder III, Tz. 28 – juris; vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2016 – C-160/15 – GS Media, Tz. 34 – juris).
Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist von dem Grundsatz auszugehen, dass grundsätzlich jede unberechtigte Nutzung eines Werkes durch einen Dritten ohne seine vorherige Zustimmung die Rechte des Urhebers dieses Werkes verletzt (vgl. EuGH, Urteil vom 07.08.2018 -C-161/17 -Renckhoff, Rn. 16 – juris; BGH Urteil vom 09.07.2015,1 ZR 46/12 – Die Realität II, Tz. 34 – juris). Eine solche Zustimmung haben weder der Urheber …, noch die uneingeschränkt nutzungsberechtigte Klagepartei erteilt. Vielmehr ist unstreitig, dass die Klägerin im Rahmen ihres selektiven Vertriebssystems Vertragshändlern das Einstellen der Lichtbildwerke auf der Plattform … untersagt. Zwar richten sich etwaige Online-Angebote autorisierter …-Händler ebenso wie entsprechende Angebote auf der Plattform … an ein Publikum, bestehend aus Personen, die Interesse am Kauf dieser Produkte haben. Dieses jeweilige Publikum unterscheidet sich weder nach seiner Struktur noch nach seinem Interesse voneinander. Maßgeblich ist jedoch das Publikum, an welches der Nutzungsberechtigte bei Erteilung seiner Zustimmung zur Einstellung in ein Online-Angebot gedacht hat. Dieses Publikum waren nicht sämtliche kaufwilligen und kaufbereiten Kunden der Produkte, sondern nur solche der autorisierten …-Händler. Nur dieses enge Verständnis des „neuen Publikums“ wird dem Schutzzweck der Richtlinie 2001/29/EG gerecht. Danach soll der Urheber über ein Recht vorbeugender Art verfügen, das es ihm erlaubt, sich bei Nutzern ihrer Werke vor der öffentlichen Wiedergabe einzuschalten und diese zu verbieten (vgl. EuGH Urteil vom 07.08.2018 -C-161/17- Renckhoff, Rn. 29 – juris). Dem vorbeugenden Recht des Urhebers auf Untersagung der öffentlichen Wiedergabe wäre andernfalls der Boden entzogen. Zugleich wäre dem Auftraggeber urheberrechtlich geschützter Werke das Interesse an einer hohen Vergütung für den Urheber genommen, wenn er seinerseits Nutzungsrechte nicht beschränken und durchsetzen könnte. Die Auslegung trägt daher auch dem schützenswerten Vergütungsinteresse des Urhebers Rechnung.
c) Die Beklagte hat eine zentrale Rolle bei dem Vorgang des Zugänglichmachens. Unter Wertungsgesichtspunkten ist ihr die Nutzungshandlung daher zuzurechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 13.09.2018,1 ZR 140/15 youtube, Rn. 29 ff. – juris, Schricker/Löwenheim/v. Ungern/Sternberg, UrhG 5. Aufl. 2107, § 19 a Rn. 64). Durch die Nutzung des Systems der Erstellung von Produktdetailseiten im automatisierten Verfahren auf der …-Plattform nutzt die Beklagte das Werk im Wege der öffentlichen Zugänglichmachung für eigene Zwecke. Sie steht dabei einem Plattformbetreiber, auf der Nutzer Inhalte öffentlich zugänglich machen (…), nicht gleich.
Die Beklagte kann daher nicht geltend machen, das möglicherweise urheberrechtsverletzende Hochladen von Lichtbildwerken durch Dritte könne ihr nicht zugerechnet werden, da sie – wie jeder andere Dritthändler auch -keinen redaktionellen Einfluss auf die Gestaltung der Produktdetailseite habe, sie vielmehr wie alle anderen Teilnehmer der Zusammensetzung der Produktdetailseite im automatisierten Verfahren unterworfen sei. Auch Löschungen könne sie nur über die Rechtsabteilung bewirken.
Die Stellung der Beklagten im Rahmen ihres Eigenhandels auf der Plattform ist einem Drittanbieter nicht vergleichbar. Bei dem Angebot eines Drittanbieters, der ein Angebot an eine bestehende Produktdetailseite „angehängt“ hat, ohne selbst urheberrechtsverletzende Inhalte einzustellen, fehlt es für ein öffentlich zugänglich machen sowohl an der Zugriffsmöglichkeit auf die Dateien, an einem eigenen Handeln der Wiedergabe sowie am subjektiven Tatbestand (OLG München, Urteil vom 10.03.2016, 29 U 4077/15 – Freizeitrucksack, Tz. 15 ff. – juris). Hiermit ist die Rechtsstellung der Beklagten in Bezug auf die Gestaltung der Produktdetailseiten nicht vergleichbar. Soweit sie die unternehmerische Entscheidung getroffen hat, ihre Angebote im gleichen technischen Verfahren wie Drittanbieter zu gestalten und sich auch hinsichtlich der Abläufe bei Korrekturen und Löschungen dem gleichen unternehmensinternen Verfahren zu untenwerfen, vermag dies die tatsächliche Sachherrschaft über die Inhalte ihrer eigenen Angebote nicht auszuschließen.
Ein Entfallen der Nutzungshandlung unter Wertungsgesichtspunkten (vgl. hierzu Schricker/Löwenheim/v. Ungern/Sternberg, UrhG 5. Aufl. 2107, § 19 a Rn. 64) scheidet aus. Bei dem Hochladen der Dateien durch Dritte handelt es sich um eine Vorbereitungshandlung, die ihrerseits eine urheberrechtswidrige Vervielfältigung darstellen kann. Durch die Nutzung des Systems der Erstellung von Produktdetailseiten im automatisierten Verfahren im I B-Eigenhandel nutzt die Beklagte das Werk im Wege der öffentlichen Zugänglichmachung jedoch für eigene Zwecke.
d) Die Beklagte kann sich weder darauf berufen, dass nicht sie selbst, sondern die … die technische Betreiberin der Webseite ist, noch darauf, dass die technischen Prozesse von der … verantwortet werden. Die Verteilung von technischen Aufgaben und anderen Serviceleistungen auf verschiedene Konzerngesellschaften entlastet die Beklagte nicht hinsichtlich der Haftung für etwaige Urheberechtsverletzungen bei Angeboten im Eigenhandel. Dem Inhaber eines Unternehmens werden Zuwiderhandlungen eines Beauftragten wie eigene Handlungen zugerechnet, weil die arbeitsteilige Organisation des Unternehmens die Verantwortung für die geschäftliche Tätigkeit nicht beseitigt (BGH Urteil vom 15.02.2018 – I ZR 138/16 – Ortlieb, Tz. 62). Vielmehr erfolgt die Nutzung eines IT-Programms der … im Rahmen einer konzerninternen Arbeitsteilung wie durch einen Beauftragten.
6. Die Beklagte kann sich weder auf eine mutmaßliche Einwilligung noch auf eine Übertragung der Nutzungsrechte berufen.
a) Zwar kann die Rechtswidrigkeit des Eingriffs in die urheberrechtlichen Befugnisse zu verneinen sein, wenn der Berechtigte Nutzungsrechte eingeräumt, die Nutzung schuldrechtlich gestattet hat, seine schlichte Einwilligung erteilt hat oder jedenfalls sein Verhalten aus Sicht der Beklagten objektiv als Einwilligung verstanden werden konnte (BGH Urteil vom 29.04.2010,1 ZR 69/08 – Vorschaubilder I, Tz. 34 f. – juris). Angesichts des Umstandes, dass der Beklagten bekannt war bzw. bekannt hätte sein müssen, dass die Klägerin ein selektives Vertriebsmodell verfolgt, kann sie sich nicht darauf berufen, ein Handeltreibender sei regelmäßig mutmaßlich mit der Verbreitung seiner Werbemittel einverstanden.
b) Auch auf eine Übertragung der Nutzungsrechte kann sich die Beklagte nicht berufen. Zwar sehen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der … in Art. XIII. eine Übertragung von Nutzungsrechten durch die Teilnehmer an allen Werken und sonstigen Inhalten vor (Anlage B4). Voraussetzung für eine erfolgreiche Übertragung ist aber, dass der Dritte seinerseits zur Übertragung von Nutzungsrechten berechtigt ist. Dies hat die Klagepartei bestritten, die Beklagte hat ihrer Darlegungs- und Beweislast für die jeweilige Nutzungsübertragung nicht genügt. Maßgeblich ist hier lediglich die Frage, ob der Teilnehmer, also etwa ein autorisierter … Händler, zur Weiterübertragung berechtigt war, was hier auch unter Verkehrsschutzgesichtspunkten nicht naheliegend ist, da der Inhaber eines einfachen Nutzungsrechtes keine weiteren Nutzungsrechte einräumen kann (vgl. Loewenheim/Schricker/Ohly, UrhG, 5. Aufl. 2017, § 31 Rn. 46). Nicht zu beurteilen ist dagegen in diesem Zusammenhang, ob eine Beschränkung der Nutzungsbefugnis unter Ausschluss bestimmter Vertriebswege, insbesondere über Online-Plattformen, urheberrechtlich möglich oder kartellrechtlich zulässig ist.
7. Der Einwand der Beklagten, der Unterlassungsantrag sei rechtsmissbräuchlich, da das selektive Vertriebssystem der Klagepartei kartellrechtswidrig sei, greift nicht. Eine etwaige Kartellrechtswidrigkeit vermag Urheberrechtsverletzungen nicht zu rechtfertigen.
8. Der Unterlassungsantrag Ziffer 1.2. hinsichtlich der verwendeten Textpassagen ist unbegründet.
Die Klagepartei hat zu der bestrittenen Schöpfungshöhe der Texte nicht näher vorgetragen. Zudem hat sie ihre Nutzungsrechte nicht lückenlos dargelegt. Es fehlt schon an substantiierten Angaben zur Autorenschaft. Der Vortrag, jedenfalls habe der als Zeuge benannte Mitarbeiter … die Schlussredaktion vorgenommen und dieser verantworte die Texte insgesamt, ist insoweit nicht ausreichend. Die Klagepartei kann sich auch nicht auf § 10 Abs. 2 UrhG berufen, da der vorgelegte Katalog (Anlage K12) einen solchen Herausgebervermerk nicht enthält.
III.
Die Klagepartei hat im Umfang der begründeten Unterlassungsansprüche auch einen Anspruch auf Auskunft in Vorbereitung eines etwaigen Schadensersatzanspruches, § 97 Abs. 2 UrhG. Die Beklagte handelte insoweit zumindest fahrlässig. Ihr waren aus vorangegangenen Schreiben der Klagepartei mögliche Urheberrechtsverletzungen bekannt.
Der Klagepartei stehen, soweit die Unterlassungsansprüche begründet waren, auch mögliche Schadensersatzansprüche zu. Die Klagepartei hat dargelegt, dass ihr Aufwendungen gegenüber ihren Vertragshändlern entstanden sein können.
IV.
Die Erstattung der Aufwendungen für die vorgerichtliche Abmahnung war nur teilweise zuzusprechen, § 97 a Abs. 3 UrhG. In der vorgerichtlichen Abmahnung hat die Klagepartei hinsichtlich der Textpassagen und einzelner Abbildungen auch Unterlassungsansprüche geltend gemacht, die nicht gerechtfertigt waren. Auch hier ist ein Verhältnis der unberechtigten Abmahnung von 1/4 in Bezug auf den mit 50.000,00 EUR zu bemessenden Streitwert anzusetzen. Eine 0,75 Gebühr aus einem Streitwert von 37.500,00 EUR beträgt 723,50 EUR inklusive Auslagen (ohne USt). Zinsen sind erst ab Rechtshängigkeit geschuldet, da die mit der Abmahnung geltend gemachten Kosten aufgrund der teilweise unberechtigten Abmahnung überhöht waren.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Soweit in Antrag Ziffer 1.1. einzelne Abbildungen als unbegründet entfallen sind, fällt dies kostenmäßig nicht ins Gewicht. Gleiches gilt für die geringfügig reduzierten Kosten außergerichtlicher Rechtsverfolgung. Der Antrag Ziffer I.2 hinsichtlich der Textpassagen wurde in Bezug auf den Streitgegenstand mit 1/4 bewertet. Der wirtschaftliche Wert der Texte erscheint im Verhältnis zu den Aufwendungen und dem wirtschaftlichen Interesse an den Lichtbildwerken deutlich geringer.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt hinsichtlich der Klägerin aus § 709, hinsichtlich der Beklagten aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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