IT- und Medienrecht

Patentnichtigkeitssache: Erstmaliger Einsatz eines seit Jahrzehnten bekannten Funktionsprinzips bei Vorrichtungen mit ebenfalls seit Jahrzehnten bekanntem Einsatzzweck, Aufbau und bekannter Funktionsweise – Laufradschnellspanner

Aktenzeichen  X ZR 61/19

Datum:
15.6.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:150621UXZR61.19.0
Normen:
Art 56 EuPatÜbk
§ 4 PatG
Spruchkörper:
10. Zivilsenat

Leitsatz

Laufradschnellspanner
Wenn ein Funktionsprinzip für sich gesehen seit vielen Jahrzehnten bekannt ist, bedarf es in der Regel einer zusätzlichen Anregung, um dieses Prinzip erstmals bei Vorrichtungen einzusetzen, deren Einsatzzweck, Aufbau und Funktionsweise ebenfalls seit vielen Jahrzehnten bekannt sind.

Verfahrensgang

vorgehend BPatG München, 28. Februar 2019, Az: 1 Ni 28/17 (EP), Urteil

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 28. Februar 2019 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert.
Das europäische Patent 1 801 005 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass die Patentansprüche wie folgt geändert werden:
In Patentanspruch 1 werden die Wörter „Schnellspanner (1), insbesondere für Fahrräder“ ersetzt durch „Verwendung eines Laufradschnellspanners (1) zur Befestigung eines Laufrades an einem Fahrrad“.
In den Patentansprüchen 2 bis 14 wird das Wort „Schnellspanner“ ersetzt durch „Verwendung des Laufradschnellspanners“.
In den Patentansprüchen 15 und 16 wird das Wort „Rad“ jeweils ersetzt durch „Laufrad“.
In Patentanspruch 15 wird ferner das Wort „Schnellspanner“ jeweils ersetzt durch „Laufradschnellspanner“.
Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 70 % und die Beklagte 30 %. Von den zweitinstanzlichen Kosten tragen die Klägerin 85 % und die Beklagte 15 %.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 801 005 (Streitpatents), das am 19. Dezember 2006 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 24. Dezember 2005 angemeldet worden ist und einen Schnellspanner, insbesondere für Fahrräder betrifft. Patentanspruch 1, auf den dreizehn weitere Ansprüche zurückbezogen sind, lautet in der Verfahrenssprache:
Schnellspanner (1), insbesondere für Fahrräder, mit einer sich in axialer Richtung erstreckenden Zugstange (6), einem Endstück (8), an einem ersten Ende der Zugstange, einem Spannstück (2) an dem zweiten Ende der Zugstange und mit einer Spanneinrichtung (11) zum Spannen des Spannstücks, wobei die Spanneinrichtung (11) einen Hebel (11a) zum Aufbringen der Spannkraft und eine Spannhülse mit einem Übertragungsabschnitt (11c) zum Übertragen der Spannkraft auf einen Eingriffsabschnitt (2b) des Spannstücks (2) umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass der Hebel (11a) gegenüber dem Spannstück (2) in der axialen Richtung der Zugstange (6) beweglich angeordnet ist und gegen die Vorspannung einer Vorspannfeder (5) in der axialen Richtung der Zugstange (6) nach außen von einer Eingriffsstellung (20) in eine Drehposition (30) bewegbar ist, in der eine Winkelstellung des Hebels unabhängig von dem Spannungszustand einstellbar ist.
2
Patentanspruch 15, auf den ein weiterer Anspruch zurückbezogen ist, schützt ein Rad mit einer Felge, einer Nabe und einem Schnellspanner mit entsprechenden Merkmalen, der zur Befestigung des Rads an einem Fahrrad vorgesehen ist.
3
Die Klägerin hat das Streitpatent wegen mangelnder Patentfähigkeit angegriffen. Die Beklagte hat das Streitpatent mit einem Hauptantrag und vier Hilfsanträgen in geänderten Fassungen verteidigt. In der Fassung des erstinstanzlichen Hauptantrags sind in Anspruch 1 die Wörter “Schnellspanner (1), insbesondere für Fahrräder” ersetzt durch “Laufradschnellspanner (1) zur Befestigung eines Laufrades an einem Fahrrad” und in Anspruch 15 das Wort “Rad” jeweils durch das Wort “Laufrad”.
4
Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt, soweit sein Gegenstand über die mit dem erstinstanzlichen Hauptantrag verteidigte Fassung hinausgeht, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat es gegeneinander aufgehoben.
5
Mit ihrer Berufung strebt die Klägerin weiterhin die vollständige Nichtigerklärung des Streitpatents an. Die Beklagte hat zunächst beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Nunmehr verteidigt sie das Streitpatent in einer Fassung, in der das Wort “Laufradschnellspanner” ersetzt ist durch “Verwendung eines Laufradschnellspanners”. Ferner strebt sie eine Korrektur der erstinstanzlichen Kostenentscheidung zu ihren Gunsten an.


Ähnliche Artikel

Unerwünschte Werbung: Rechte und Schutz

Ganz gleich, ob ein Telefonanbieter Ihnen ein Produkt am Telefon aufschwatzen möchte oder eine Krankenkasse Sie abwerben möchte – nervig können unerwünschte Werbeanrufe, -emails oder -schreiben schnell werden. Was erlaubt ist und wie Sie dagegen vorgehen können, erfahren Sie hier.
Mehr lesen

Was tun bei einer negativen Bewertung im Internet?

Kundenbewertungen bei Google sind wichtig für Unternehmen, da sich potenzielle Neukunden oft daran orientieren. Doch was, wenn man negative Bewertungen bekommt oder im schlimmsten Fall sogar falsche? Das kann schädlich für das Geschäft sein. Wir erklären Ihnen, was Sie zu dem Thema wissen sollten.
Mehr lesen

Der Influencer Vertrag

In den letzten Jahren hat sich Influencer Marketing einen starken Namen in der Werbebranche gemacht. Viele Unternehmen setzen auf platzierte Werbeanzeigen durch Influencer. Was jedoch zwischen Unternehmer und Influencer vertraglich im Vorfeld zu beachten ist, werden wir Ihnen im Folgenden erläutern.
Mehr lesen


Nach oben