IT- und Medienrecht

Petition, Untätigkeit

Aktenzeichen  M 30 K 20.195

Datum:
20.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 15811
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 17
BV Art. 115

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.
Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg.
1. Das klägerische Begehren lässt sich mit einer allgemeinen Leistungsklage verfolgen. Eine Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO, gerichtet auf eine Entscheidung des Beklagten, mit der der Eingabe des Klägers Rechnung getragen wird, ist schon nicht statthaft, da die Behandlung einer Eingabe mangels sachlichen Regelungsgehalts keine Verwaltungsaktqualität besitzt (BVerwG, U.v. 22.5.1980 – 7 C 73/78 – juris Rn. 21; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Aufl. 2019, § 79 Rn. 19). Statthaft ist vielmehr eine allgemeine Leistungsklage; der Antrag des Klägers ist entsprechend auszulegen (§§ 86 Abs. 3, 88 VwGO).
2. Der Klage fehlt auch nicht das Rechtschutzbedürfnis. Einer allgemeinen Leistungsklage auf Beantwortung einer Petition mangelt es am Rechtsschutzbedürfnis, sofern bereits aufgrund des Vortrags der Beteiligten oder des Inhalts der vorgelegten Behördenakten erkennbar ist, dass der Petent eine (unmittelbare) Antwort auf seine Petition erhalten hat, jedoch mit dem Umfang oder der Entscheidung der Antwort nicht zufrieden ist. In diesem Fall kann der Kläger seine Rechtsstellung auch nicht durch eine Klage verbessern, da offensichtlich ist, dass sein Anspruch aus Art. 17 GG bzw. Art. 115 BV erfüllt worden ist und sich in dieser Fallkonstellation dieser Umstand auf die Zulässigkeit der Klage durchschlägt. Dagegen stellt die Frage, ob der Petent überhaupt eine Antwort auf seine Petition erhalten hat, eine Frage der Begründetheit dar. Steht zwischen den Beteiligten im Streit, ob die streitgegenständliche Eingabe des Petenten eine einheitliche oder bereits eine andere Petition darstellt und lässt sich diese Frage nicht ohne genauere Prüfung beantworten, so ist das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers zu bejahen. Vorliegend kommt der rechtlichen Einordnung des klägerischen Schreibens vom 31. Oktober 2019 als einheitliche Petition eine entscheidende Bedeutung zu. Der Kläger begehrt nicht (nur) eine bestimmte Entscheidung oder Begründungstiefe vom Beklagten, sondern macht diesbezüglich dessen Untätigkeit geltend. Dabei lässt er auch nicht erkennen, dass es ihm um eine „zweite Antwort“ zu einer bereits behandelten und beantworteten Petition geht (vgl. für diesen Fall VG München, U.v. 20.5.2021 – M 30 K 19.679 Rn. 18f. n.v.).
3. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Beantwortung seiner streitgegenständlichen Gegenvorstellung.
Dem Kläger steht gemäß Art. 17 GG und Art. 115 Abs. 1 BV nur ein Anspruch auf Befassung und Entscheidung seiner Petition zu, weshalb im Petitionsbescheid für den Petenten erkennbar sein muss, dass über sein Anliegen entschieden wurde und in welcher Weise seine Petition behandelt worden ist (BVerfG, B.v. 15.5.1992 – 1 BvR 1553/90 – juris Rn. 21). Petitionen sind in den Grundzügen in Art. 17 GG bzw. in Art. 115 Bayerische Verfassung (BV) geregelt. Das Petitionsrecht gewährleistet lediglich, dass der Adressat der Petition sich mit der vom Beschwerdeführer vorgetragenen Sache befasst und ihm eine Antwort gibt, aus der sich die Tatsache der Behandlung und die Art der Erledigung ergeben (vgl. BVerfG, B.v. 15.5.1992 – 1 BvR 1553/90 – juris Rn. 21; BayVerfGH, E.v. 22.2.1996 – Vf. 39-VI-95 – juris Rn. 6). Darüber hinaus kann verfassungsrechtlich weder eine bestimmte Begründung und damit eine schriftliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen verlangt werden, noch ein bestimmtes Tätigwerden in der Sache (BayVerfGH, E.v. 22.2.1996 – Vf. 39-VI-95 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 30.7.1993 – 5 C 08.1993 – juris Rn. 2; VG München, U.v. 29. September 2016 – M 10 K 15.3610 – juris Rn. 14).
Es ist nicht Sinn des Petitionsrechtes, dem Petenten neben dem durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten Rechtsweg zu den Gerichten ein Verfahren zu eröffnen, das hinsichtlich der Art und Weise sowie des Umfanges der Sachaufklärung und der Vorbereitung der Entscheidung dem Verfahren nach den Prozessordnungen gleichkommt (ständige Rechtsprechung, vgl. BayVGH, B.v. 30.7.2008 – 5 C 08.1993 – juris Rn. 2; VG München, U.v. 5.12.2010 – M 18 K 10.4850 – juris Rn. 13).
Der klägerischen Rechtsansicht, seine Gegenvorstellung sei ein form- und fristloser Rechtsbehelf, der mehrfach eingelegt werden könne und stets zu beantworten sei, ist nicht zu folgen. Stellen mehrere Eingaben des Petenten eine einheitliche Petition dar, so führt dies nicht dazu, dass dem Petenten ein Anspruch zukommt auf jedes einzelne Schreiben eine Antwort zu erhalten, denn das Petitionsrecht gewährt dem Petenten gerade keinen Anspruch dahingehend, dass sich der Adressat der Eingabe dezidiert mit jedem neuen Einwurf des Petenten detailliert zu befassen und diesen zu beantworten hat. (VG München, Gb.v. 23.9.2020 – M 30 K 17.5975 – Rn. 14f. n.v.; Gb.v. 23.9.2020 – M 30 K 18.1132 – Rn. 14f. n.v.). Das Petitionsrecht dient nicht dazu, dem Petenten ein Mittel an die Hand zu geben, ein eigenständiges Verfahren mit umfassenden Ermittlungsarbeiten zu erzwingen; vielmehr kommt ihm im Kern eine Anstoßfunktion für eine sachgerechte Bearbeitung im jeweiligen Verwaltungsvorgang zu (VG München, ebd.). Daher genügt es dem verfassungsrechtlichen Anspruch des Klägers, wenn die angerufene öffentliche Stelle sich mit seinem Gesamtbegehren auseinandergesetzt hat und dies hinreichend deutlich wird. Solange neue Eingaben des Petenten keine eigene, andere Petition darstellen, besteht für diesen kein Anspruch auf Beantwortung.
Ein Anspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten, erneut auf die klägerische Eingabe vom 31. Oktober 2019 zu antworten, bestand nicht. Der Beklagte hat sich mit der Petition des Klägers bereits hinreichend auseinandergesetzt.
Die als Gegenvorstellung bezeichnete Eingabe vom 31. Oktober 2019 bildet zu den vorherigen beklagtenseits insbesondere mit Schreiben vom 18. Oktober 2019 behandelten Eingaben eine einheitliche Petition. Die klägerischen Eingaben haben stets dasselbe Todesermittlungsverfahren seines Sohnes und dieselbe Zielrichtung, nämlich die Auseinandersetzung mit Ermittlungsfehlern im Rahmen dieses Todesermittlungsverfahrens, zum Gegenstand. Durch die Beantwortung der Petition zuletzt mit Schreiben vom 18. Oktober 2019 ist dem verfassungsrechtlichen Anspruch des Klägers Genüge getan worden. Ein erneuter Anspruch auf Beantwortung der Petition auf Grundlage des Schreibens vom 31. Oktober 2019 bestand wegen des einheitlichen Charakters der Eingaben nicht. Ferner hat der Beklagte die Eingabe des Klägers vom 31. Oktober 2019 ausweislich der Behördenakte (vgl. Bl. 75 f. d. BA.) zur Kenntnis genommen und an das zuständige Staatsministerium der Justiz weitergeleitet – mithin sich mit der klägerischen Eingabe auseinandergesetzt.
II.
Die Kostenentscheidung beruht § 154 Abs. 1 VwGO.
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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