IT- und Medienrecht

Rechtliches Gehör: Nichtberücksichtigung des Rechtsinstituts der ergänzenden Vertragsauslegung

Aktenzeichen  IX ZR 224/08

Datum:
14.10.2010
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
Art 103 Abs 1 GG
Spruchkörper:
9. Zivilsenat

Verfahrensgang

vorgehend OLG Celle, 26. November 2008, Az: 4 U 32/08, Urteilvorgehend LG Hannover, 21. Dezember 2007, Az: 13 O 128/07

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 26. November 2008 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 36.000 € festgesetzt.

Gründe

1
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie hat jedoch keinen Erfolg. Entgegen der Ansicht der Beschwerde ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO). Die Entscheidung des Berufungsgerichts verletzt weder den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) noch ihren Anspruch auf ein objektiv willkürfreies Verfahren (Art. 3 Abs. 1 GG).
2
Eine Gehörsverletzung kann nicht daraus abgeleitet werden, dass das Berufungsgericht das Rechtsinstitut der ergänzenden Vertragsauslegung nicht ausdrücklich erörtert hat. Denn die Klägerin hat diesen rechtlichen Gesichtspunkt selbst nicht angesprochen. Sie hat lediglich ausgeführt, es ergebe sich aus der Natur des konkreten Schuldverhältnisses, dass zwischen der Klägerin und der Gemeinschuldnerin eine Treuhandvereinbarung bestehe. Mit diesem Gesichtspunkt hat sich das Berufungsgericht der Sache nach befasst.
3
Die Beschwerde deckt auch keine willkürliche Beurteilung des Berufungsgerichts auf. Ob im Hinblick auf § 3 des Dienstleistungsvertrags, wie die Beschwerde meint, ein Fall des § 305c Abs. 2 BGB vorlag, erscheint zweifelhaft. Das Berufungsgericht hat die fragliche Klausel dahin ausgelegt, dass sie nicht für Buchgeld gelte; ihr könne nicht entnommen werden, dass das Eigenkonto, auf das die Klägerin den Gegenwert für bestellte Bargeldlieferungen  überwies, als Treuhandkonto geführt werden sollte. Damit hat das Berufungsgericht gerade keine Unklarheit der Klausel im Sinne von § 305c Abs. 2 BGB angenommen. Seine Ausführungen, die (sonstigen) Unterlagen und die tatsächliche Handhabung gäben für die stillschweigende Abrede eines verdeckten Treuhandkontos nichts Zwingendes her, stellen das eindeutige Auslegungsergebnis bezüglich des Dienstleistungsvertrags nicht in Frage. Selbst wenn man aber die Voraussetzungen des § 305c Abs. 2 BGB für gegeben hielte, stellte die Nichtanwendung dieser Norm lediglich einen “einfachen” Rechtsfehler dar, der die Zulassung der Revision nicht rechtfertigte. Die besonderen Voraussetzungen von Willkür (vgl. BVerfGE 89, 1, 14; BVerfG, NJW 1999, 207, 208; BGH, Beschluss vom 25. November 1999 – IX ZB 95/99, NJW 2000, 590) liegen nicht vor.
Ganter                                Raebel                             Kayser
                  Gehrlein                               Grupp


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