IT- und Medienrecht

Rechtmäßige Erhebung des Rundfunkbeitrags für eine Wohnung

Aktenzeichen  W 3 K 15.367

Datum:
21.7.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 121060
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RBStV § 2 Abs. 1
RBStV § 7 Abs. 1
VwGO § 102 Abs. 2
ZPO § 227 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Der Rundfunkstaatsvertrag begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (BayVerfGH BeckRS 2014, 52739). (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Anknüpfung der Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags an das Innehaben einer Wohnung, unabhängig davon, ob in der Wohnung ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereitgehalten wird oder nicht, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BayVGH BeckRS 2015, 48417). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu voll-streckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Aufgrund des Antrags des Klägers auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 84 Abs. 2 Nr. 2, 1. Halbsatz 2. Alt. VwGO war eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Trotz Ausbleibens der Beteiligten konnte gemäß § 102 Abs. 2 VwGO verhandelt und entschieden werden, da die Beteiligten entsprechend darauf hingewiesen worden sind. Zu Recht hat das Gericht den Antrag des Klägers auf Verlegung der mündlichen Verhandlung abgelehnt, da der Kläger keine erheblichen Gründe i.S.d. § 102 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO glaubhaft gemacht hat.
Bei der Auslegung des Begriffs der „erheblichen Gründe“ ist sowohl dem Grundsatz der Beschleunigung des Verfahrens als auch dem Erfordernis des rechtlichen Gehörs Rechnung zu tragen. Keinen erheblichen Grund stellt das Ausbleiben eines Beteiligten bzw. die Ankündigung des Nichterscheinens dar. Eine Ausnahme gilt, wenn das Gericht zu der Auffassung kommt, das Nichterscheinen sei nicht zu vertreten. Entschuldigt ist eine Verhinderung beispielsweise durch eine plötzliche Erkrankung, den nicht vorhersehbaren Eintritt der Verhandlungsunfähigkeit oder die Notwendigkeit, einen pflegebedürftigen nahen Verwandten versorgen zu müssen. Wenn ein anwaltlich nicht vertretener Kläger einen Vertagungsantrag stellt, ist ein zwingender Vertagungsgrund grundsätzlich nur dann anzunehmen, wenn er vorträgt, dass er auch gehindert ist, sich in dem Termin – etwa durch einen Anwalt – vertreten zu verlassen (vgl. Geiger in Eyermann, VwGO, Kommentar, 14. Aufl. 2014, § 102 Rn. 7 bezüglich einer Erkrankung, die den Kläger reiseunfähig macht). Die Gründe für eine Terminsänderung sind auf Verlangen des Vorsitzenden glaubhaft zu machen. Die Angabe der Gründe muss umso detaillierter sein, je kurzfristiger der Verlegungsantrag bei Gericht eingeht (Geiger, a.a.O., Rn. 10a).
Im vorliegenden Fall ist der Kläger mit Postzustellungsurkunde vom 16. Juni 2016 zur mündlichen Verhandlung am 21. Juli 2016 geladen worden. Mit Schreiben vom 13. Juli 2016, bei Gericht eingegangen am 15. Juli 2016, hat der Kläger mitgeteilt, an der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verhindert zu sein und dies damit begründet, er müsse überraschend Anfang kommender Woche berufsbedingt für voraussichtlich sechs Wochen nach Mexiko reisen, wo seine Fachkompetenz benötigt werde.
Demgegenüber hat der Kläger nicht mitgeteilt, dass er auch daran gehindert ist, sich im Termin vertreten zu lassen. Dies gilt umso mehr, als der Kläger im Verlauf des Verfahrens schon mehrfach darauf hingewiesen hat, dass er häufig von Würzburg abwesend ist (vgl. Schreiben vom 19.5.2015, Bl. 8 der Gerichtsakte und Schreiben vom 24.6.2015, Bl. 30 der Gerichtsakte, wo der Kläger selbst darauf hinweist, dass ihm die ständige Abwesenheit von Würzburg große Probleme bereitet, sein Recht auf Gehör vor Gericht wahrzunehmen; vgl. auch Schreiben vom 9.12.2015, Bl. 105 der Gerichtsakte).
Insbesondere hat sich das Gericht auch an die mit Schriftsatz vom 3. Mai 2016 (vgl. Bl. 117 der Gerichtsakte) vorgetragene Bitte des Klägers gehalten, seine berufsbedingte Abwesenheit für etwa sechs Wochen ab dem 10. Mai 2016 zu berücksichtigen. Es hat zudem beim Versand zur mündlichen Verhandlung berücksichtigt, dass diese den Kläger am Ende des von ihm angegebenen sechswöchigen Abwesenheitszeitraums erreicht und dem Kläger somit genügend Zeit für eine Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung verbleibt. Ist der Kläger aber aus beruflichen Gründen dauerhaft nicht in der Lage, trotz entsprechender Berücksichtigung seiner zeitlichen Hinweise durch das Gericht aus beruflichen Gründen an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen, ist es seine Sache, einen entsprechenden Vertreter oder Bevollmächtigten zu benennen. Dies gilt umso mehr, als der Kläger das Verfahren höchst zögerlich betrieben hat und sogar eine Betreibensaufforderung des Gerichts (vgl. Bl. 115 der Gerichtsakte) erforderlich war, um dem Verfahren seinen Fortgang zu geben.
Hinzu kommt, dass der Kläger den Verlegungsantrag vom 13. Juli 2016 erst am 15. Juli 2016 und damit sehr kurzfristig bei Gericht eingereicht hat, gleichwohl aber keinerlei detaillierten Angaben gemacht hat, warum er in Mexiko unabkömmlich und die Reise nicht verschiebbar ist.
Zu berücksichtigen ist auch, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben „Anfang kommender Woche“, also zu Beginn der 29. Kalenderwoche nach Mexiko abzureisen gedachte, dass aber das Schreiben des Gerichts vom 15. Juli 2016 ihn laut Postzustellungsurkunde noch am 16. Juli 2016 und damit vor seiner Abreise erreicht hat. Gleichwohl hat er hierauf nicht weiter reagiert und insbesondere weder glaubhaft gemacht, dass die Reise nicht verschiebbar ist noch dass ihm die Beauftragung eines Vertreters oder Bevollmächtigten nicht möglich wäre.
Damit durfte trotz Ausbleibens des Klägers verhandelt und entschieden werden.
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Rundfunkbeitragsbescheid vom 2. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. März 2015.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Das Gericht folgt der Begründung des Gerichtsbescheids vom 30. September 2015 und sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 84 Abs. 4 VwGO).
Lediglich ergänzend und hinsichtlich der Frage, ob der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag eine ordnungsgemäße Rechtsgrundlage für den angegriffenen Bescheid bildet, weist das Gericht auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Juni 2015 (7 BV 14.1707 – juris) hin, für welches folgender Leitsatz aufgestellt worden ist:
„Die Anknüpfung der Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags an das Innehaben einer Wohnung (§ 2 Abs. 1 RBStV), unabhängig davon, ob in der Wohnung ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereitgehalten wird oder nicht, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.“
Das Gericht stützt sich in diesem Zusammenhang auf die Erkenntnisse, dass die Erhebung des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich weder gegen die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstößt. Beim Rundfunkbeitrag handelt es sich nicht um eine Steuer, sondern um eine nichtsteuerliche und in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fallende Abgabe (Beitrag). Grundsätzlich ist jede Person im Einwirkungsbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an dessen Finanzierung zu beteiligen, weil das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aufgrund des gesetzlichen Auftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten innerhalb der Gesellschaft jedem Einzelnen zugutekommt. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangt nicht, dass dem einzelnen Wohnungsinhaber zur Vermeidung der Beitragspflicht der Nachweis erlaubt wird, in dem durch seine Wohnung erfassten Haushalt werde das Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht empfangen. Insbesondere muss der Gesetzgeber nicht an der für die frühere Rundfunkgebühr maßgeblichen Unterscheidung festhalten, ob ein Empfangsgerät bereitgehalten wird oder nicht. Das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist auch dann als „Gegenleistung“ in Bezug auf die Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags anzuerkennen, wenn Auswahl, Inhalt und Gestaltung des Programms nicht jedermanns Zustimmung finden. Die Bestimmungen über die Rundfunkbeitragspflicht im privaten Bereich enthalten weder unmittelbar noch mittelbar nachteilige Ungleichbehandlungen, die an eine Behinderung anknüpfen (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG). Der im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag vorgesehene Meldeabgleich (§ 14 Abs. 9 RBstV) verstößt nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG).
Das Verwaltungsgericht schließt sich diesen Erkenntnissen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs an.
Weiterhin wird auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. März 2016 (6 C 6/15 – juris) Bezug genommen, in dem folgende Leitsätze aufgestellt worden sind:
„1. Der Rundfunkbeitrag ist eine rundfunkspezifische nichtsteuerliche Abgabe, die in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder für das Rundfunkrecht fällt.
2. Die vorrangige Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch den Rundfunkbeitrag trägt der Programmfreiheit des Rundfunks und dem Verfassungsgebot eines die Vielfalt sichernden Programms angemessen Rechnung.
3. Der Rundfunkbeitrag stellt die Gegenleistung für den Vorteil der Rundfunkempfangsmöglichkeit dar. Dieser Vorteil kann Wohnungsinhabern individuell zugerechnet werden, weil Wohnungen nahezu vollständig mit Rundfunkempfangsgeräten ausgestattet sind.
4. Die Ersetzung der gerätebezogenen Rundfunkgebühr durch den wohnungsbezogenen Rundfunkbeitrag war wegen des drohenden strukturellen Defizits der Gebührenerhebung zulässig, um die Belastungsgleichheit der Rundfunkteilnehmer zu wahren.
5. Die Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangt nicht, Wohnungsinhaber, die bewusst auf eine Rundfunkempfangsmöglichkeit verzichten, von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien.
6. Die Anknüpfung des Rundfunkbeitrags an die Wohnung benachteiligt die alleinigen Inhaber einer Wohnung nicht gleichheitswidrig gegenüber Personen, die zusammen mit anderen in einer Wohnung leben.“
Darüber hinaus stellt das Bundesverwaltungsgericht in diesem Urteil fest, dass die Festlegung der rundfunkbeitragsfähigen Kosten die Zweckbindung des Rundfunkbeitrages beachtet, dass die Rundfunkbeitragspflicht mit dem Grundrecht der Informationsfreiheit vereinbar ist und dass ihre Einführung nicht der Genehmigung der Kommission der Europäischen Union bedurfte.
Auch diesem Urteil schließt sich das Gericht an.
Damit weist der angegriffene Bescheid eine ordnungsgemäße Rechtsgrundlage auf, die nicht verfassungswidrig ist.
Damit erweist sich der angegriffene Bescheid vom 2. Februar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. März 2015 als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


Ähnliche Artikel

Unerwünschte Werbung: Rechte und Schutz

Ganz gleich, ob ein Telefonanbieter Ihnen ein Produkt am Telefon aufschwatzen möchte oder eine Krankenkasse Sie abwerben möchte – nervig können unerwünschte Werbeanrufe, -emails oder -schreiben schnell werden. Was erlaubt ist und wie Sie dagegen vorgehen können, erfahren Sie hier.
Mehr lesen

Was tun bei einer negativen Bewertung im Internet?

Kundenbewertungen bei Google sind wichtig für Unternehmen, da sich potenzielle Neukunden oft daran orientieren. Doch was, wenn man negative Bewertungen bekommt oder im schlimmsten Fall sogar falsche? Das kann schädlich für das Geschäft sein. Wir erklären Ihnen, was Sie zu dem Thema wissen sollten.
Mehr lesen

Der Influencer Vertrag

In den letzten Jahren hat sich Influencer Marketing einen starken Namen in der Werbebranche gemacht. Viele Unternehmen setzen auf platzierte Werbeanzeigen durch Influencer. Was jedoch zwischen Unternehmer und Influencer vertraglich im Vorfeld zu beachten ist, werden wir Ihnen im Folgenden erläutern.
Mehr lesen


Nach oben