IT- und Medienrecht

Rechtsschutz für Widerruf einer Mitteilung

Aktenzeichen  W 6 K 18.151

Datum:
1.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 50477
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 40, § 43 Abs. 1
LuftSiG § 7

 

Leitsatz

Eine gerichtliche Sachentscheidung ist nur erforderlich, wenn der Kläger hierauf zum Schutz seiner Rechte angewiesen ist. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt deshalb, wenn der Rechtsschutz die Rechtsstellung des Klägers nicht verbessert, d.h. ihm selbst beim Erfolg keinen Vorteil bringt.  (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg, da sie bereits unzulässig ist. Dem Kläger fehlt es am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.
Gegenstand des Verfahrens sind zwei Äußerungen des Beklagten vom 27. Oktober 2016, welche dieser auf einem Formblatt „Verification“ gegenüber der britischen Luftfahrtbehörde UK CAA auf deren Anfrage im Lizenübertragungsverfahren getätigt hat. Das Klagebegehren ist darauf gerichtet, dass der Beklagte diese zwei Äußerungen widerruft bzw. korrigiert. Soweit im gerichtlichen Verfahren wiederholt die Frage der (Flug-)Tauglichkeit des Klägers angesprochen worden ist, sei darauf verwiesen, dass dies nicht Inhalt des hiesigen Verfahrens ist.
1. Die erhobene Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft. Vorliegend begehrt der Kläger eine bestimmte Willensäußerung des Beklagten, bei der es sich um einen Realakt handelt. Die Klage ist somit auf die Herbeiführung eines tatsächlichen Erfolgs gerichtet. Realakte bedürfen grundsätzlich keiner ausdrücklichen gesetzlichen Rechtsgrundlage, müssen sich aber im Rahmen der Rechtsordnung halten. Ist der Realakt rechtswidrig, besteht ein Unterlassungs- bzw. Folgenbeseitigungsanspruch.
2. Jedoch fehlt es dem Kläger am Rechtsschutzbedürfnis für die erhobene Klage.
Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist Voraussetzung einer jeden Inanspruchnahme des Gerichts. Es handelt sich hierbei um das berechtigte Interesse der Klagepartei, mittels eines gerichtlichen Verfahrens Rechtsschutz zu erlangen. Eine gerichtliche Sachentscheidung steht aber nur demjenigen zu, der hierauf zum Schutz seiner Rechte angewiesen ist. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben, wenn der Rechtsschutzsuchende schutzwürdige Interessen verfolgt (Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 33. EL Juni 2017, vor § 40, Rn. 75).
Grundsätzlich kennt die Verwaltungsgerichtsordnung das Erfordernis der positiven Feststellung des Rechtsschutzbedürfnisses nur bei der Feststellungsklage, vgl. § 43 Abs. 1 VwGO (Feststellungsinteresse). In allen anderen Fällen, in denen das Rechtsschutzbedürfnis nicht ausdrücklich gefordert wird, ist grundsätzlich von dem Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses auszugehen und dieses nur bei Vorliegen besonderer Umstände zu verneinen. Hinsichtlich der Leistungsklage spricht das Bundesverwaltungsgericht von subjektiven und objektiven Elementen des Rechtsschutzbedürfnisses (BVerwGE 81, 164 (165 f.) = NVwZ 1989, 673). Das subjektive Interesse ergibt sich demnach daraus, dass sich der Kläger an das Gericht wendet. Objektiv gilt der Grundsatz, dass die Rechtsordnung immer dann, wenn sie ein materielles Recht gewährt, in aller Regel auch das Interesse dessen, der sich als Inhaber dieses Rechts sieht, am Schutze dieses Rechts anerkennt. Anders als bei Feststellungsklagen muss bei den sonstigen Klagekonstellationen somit nicht das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses, sondern dessen Fehlen nachgewiesen werden (Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 33. EL Juni 2017, vor § 40, Rn. 80). Da eine gerichtliche Sachentscheidung nur dann erforderlich ist, wenn der Kläger hierauf zum Schutz seiner Rechte angewiesen ist, ist demnach das Rechtsschutzbedürfnis dann zu verneinen, wenn der angestrebte Rechtsschutz die Rechtsstellung des Rechtsschutzsuchenden nicht verbessert, d.h. selbst bei Erfolg keinen Vorteil oder Mehrwert bringt. Dies ist etwa der Fall, wenn der Rechtsschutzsuchende die Aufhebung eines Verwaltungsaktes begehrt, der sich erledigt hat oder dessen Aufhebung (z.B. wegen irreparablen Vollzuges) sinnlos geworden ist – ohne dass es auf die Offensichtlichkeit ankommt (Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 33. EL Juni 2017, vor § 40, Rn. 94).
Gemessen an diesen Anforderungen ist der durch das Klagebegehren angestrebte Widerruf bzw. die beantragte Korrektur der Äußerungen, die das Luftamt N. gegenüber der britischen Luftfahrtbehörde auf dem Formblatt „Verification“ am 27. Oktober 2016 getätigt hatte, für den Kläger sinnlos, da es ihm selbst bei unterstelltem Erfolg seiner Leistungsklage keinerlei Vorteile zu bringen vermag. Dies folgt daraus, dass das anlassgebende Verfahren für die hier streitgegenständliche Äußerung des Beklagten bei der UK CAA beendet bzw. eingestellt worden ist, was der Kläger in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat. Folglich ist nicht ersichtlich, welchen Mehrwert die im Klageantrag enthaltenen Äußerungen für den Kläger entfalten könnten, nachdem das zugrunde liegende (britische) Verfahren abgeschlossen ist. Die verfahrensgegenständlichen Äußerungen spielten ausschließlich im vom Kläger im Jahr 2016 angestoßenen Transfer-Verfahren bei der UK CAA eine Rolle, da mit dem Formblatt „Verification“ die britische Behörde Informationen in diesem Zusammenhang abgefragt hat. Selbst wenn das Luftamt N. daher seine Äußerungen – wie von der Klägerseite beantragt – widerruft bzw. korrigiert, würde dies keinerlei Auswirkung für den Kläger haben.
Einen etwaigen Vorteil bzw. Mehrwert konnte der Kläger selbst nicht darlegen. Vielmehr haben sich der Kläger und seine Bevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung dahingehend eingelassen, dass es ihnen jetzt darum gehe, ob das Luftamt N. berechtigt sei, im internationalen Verkehr (aus ihrer Sicht) falsche Informationen zu verbreiten (s. S. 3 des Protokolls). Damit drücken sie jedoch aus, dass es ihnen gerade nicht um das Erreichen der im Klageantrag formulierten Äußerungen durch das Luftamt N. geht, sondern darum feststellen zu lassen, dass die in der Vergangenheit getätigten Äußerungen rechtswidrig gewesen seien. Daran lässt sich ersehen, dass im Ergebnis die Klagepartei selbst kein verfahrensbezogenes Interesse mehr an dieser konkreten Äußerung des Luftamtes N., wie dies beantragt wurde und streitgegenständlich ist, hat, sondern allenfalls an der Feststellung, dass die am 27. Oktober 2016 ergangenen Äußerungen des Beklagten auf dem Formblatt „Verification“ so nicht hätten ergehen dürfen. Hierfür ist die allgemeine Leistungsklage jedoch nicht geeignet, sondern dieses Begehren hätte höchstens im Rahmen einer Feststellungsklage verfolgt werden können, welche vorliegend jedoch nicht verfahrensgegenständlich war. Ergänzend sei in diesem Zusammenhang jedoch darauf hingewiesen, dass weder ersichtlich noch dargelegt ist, welches berechtigte Interesse der Kläger an einer solchen Feststellung hätte haben können (§ 43 Abs. 1 VwGO). Denn weder vermag hier der Kläger eine konkrete Wiederholungsgefahr darzulegen, noch ein Rehabilitationsinteresse oder die Vorbereitung eines Schadensersatzprozesses.
Nachdem der Kläger kein Rechtsschutzbedürfnis hat, war die Klage bereits als unzulässig abzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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