IT- und Medienrecht

Rechtswidriger Datenaustausch

Aktenzeichen  M 13 K 17.2140

Datum:
9.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 50826
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BDSG a.F. § 38 Abs. 5 S. 2
SGB X § 116
GG Art. 20 Abs. 3

 

Leitsatz

Tenor

I.    Der Bescheid des Beklagten vom 13. April 2017 wird aufgehoben. 
II.    Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Die Entscheidung kann gem. § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergehen. Die Beteiligten haben am 9. April 2019 übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
2. Die auf Aufhebung des Bescheids vom 13. April 2017 gerichtete Klage ist zu lässig und auch begründet. Der Bescheid vom 13. April 2017 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
a) Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtswidrig, weil er nicht auf die vom Beklagten herangezogene Rechtsgrundlage, § 38 Abs. 5 Satz 1 Bundesdatenschutzgesetz in der bis 24. Mai 2018 geltenden Fassung des Gesetzes vom 14. August 2009 (BGBl I 2009, S. 2814) (BDSG a.F.), die in der vorliegenden Anfechtungssituation maßgeblich ist, gestützt werden kann. Ebenso wenig ist eine andere Rechtsgrundlage für den Bescheid vom 13. April 2017 ersichtlich.
aa) Der streitgegenständliche Bescheid ist, auch wenn es sich „nur“ um einen feststellenden Verwaltungsakt handelt, ein belastender Verwaltungsakt. Dies folgt jedenfalls daraus, dass sein Inhalt etwas verbindlich als rechtswidrig feststellt, was die betroffene Klägerin erklärtermaßen für rechtens hält (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.1985 – 8 C 105/83 – juris Rn. 3; B.v. 2.7.1991 – 1 B 64/91 – NVwZ-RR 1992, 192 ; U.v. 22.10.2003 – 6 C 23/02 – NJW 2004, 1191 ; U.v. 14.6.2012 – 5 C 4/11 – juris Rn. 13; BayVGH, U.v. 2.6.1999 – 19 B 94.2154 – juris Rn. 59 ff.; U.v.6.12.2001 – 22 B 01.1029 – juris Rn. 13). Insofern bedarf der streitgegenständliche Verwaltungsakt nach dem in Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) verankerten Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes einer gesetzlichen (Ermächtigungs-)Grundlage (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.1985 – 8 C 105/83 – juris Rn. 12 f. m.w.N). Eine derartige Ermächtigungsgrundlage muss nicht ausdrücklich vorliegen, sondern kann sich auch im Wege der Auslegung des Gesetzes ergeben (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.1985 – 8 C 105/83 – juris Rn. 15; B.v. 2.7.1991 – 1 B 64/91 – NVwZ-RR 1992, 192 ; U.v. 22.10.2003 – 6 C 23/02 – NJW 2004, 1191 ; U.v. 14.6.2012 – 5 C 4/11 – juris Rn. 13; BayVGH, U.v. 2.6.1999 – 19 B 94.2154 – juris Rn. 59 ff.; U.v. 6.12.2001 – 22 B 01.1029 – juris Rn. 13). Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht jeder Norm, die zu einem behördlichen Einschreiten ermächtigt, das über die bloße Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verhaltens des Betroffenen hinausgeht und gleichzeitig die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens des Betroffenen voraussetzt, zwangsläufig und automatisch die Befugnis zum Erlass rein (die Rechtswidrigkeit eines bestimmten Verhaltens) feststellender Verwaltungsakte immanent ist (zu einem solchen Fall vgl. BayVGH, U.v. 2.6.1999 – 19 B 94.2154 – juris Rn. 51 ff.).
bb) § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a.F. ist keine Befugnisgrundlage für den streitgegenständlichen, rein die Rechtswidrigkeit eines in der Vergangenheit liegenden und vollständig abgeschlossenen Datenaustauschs feststellenden Verwaltungsakt.
aaa) Entsprechend den zu empfangsbedürftigen Willenserklärungen im Zivilrecht entwickelten Grundsätzen und analog §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist bei der Auslegung von Verwaltungsakten nicht auf den wirklichen Willen des Erklärenden (sog. natürliche Auslegung), sondern auf die objektive Erklärungsbedeutung (sog. normative Auslegung), wie sie der Empfänger verstehen konnte bzw. musste, abzustellen (stRspr, BVerwG, U.v. 9.6.1983 – 2 C 34/80 – juris Rn. 27; U.v. 2.9.1999 – 2 C 22.98 – juris Rn. 20; U.v. 27.6.2012 – k9 C 7/11 – juris Rn. 18). Demnach beschränkt sich der vorliegend streitgegenständliche Verwaltungsakt sowohl ausweislich seines Tenors als auch seiner Begründung allein auf die Feststellung und Begründung der Rechtswidrigkeit eines konkreten, bereits in der Vergangenheit erfolgten und für die Zukunft in keiner Weise mehr zu beseitigenden Datenaustauschs, dessen angebliche Datenschutzwidrigkeit – auch nur in Form einer Unterbindung ihrer Fortsetzung bzw. Intensivierung – nicht mehr zu verhindern ist. Der im Rahmen des Telefonats zwischen der Klägerin und der BGHM vom 4. Mai 2016 erfolgte Datenaustausch ist offensichtlich irreversibel beendet und die Verarbeitung der darin ausgetauschten Daten über den geschädigten Radfahrer wird, nachdem die BGHM über Schadensersatzansprüche des Radfahrers wegen seiner CMD entschieden hat und infolgedessen konkrete Regressforderungen an die Klägerin herangetragen hat, zwischenzeitlich auch von der Beklagten nicht mehr als rechtswidrig angesehen. Der Beklagte stellt in dem streitgegenständlichen Bescheid nicht ansatzweise und damit erst Recht nicht mit hinreichender Deutlichkeit (Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG)) verallgemeinernd auf ähnliche Sachverhalte ab und gibt daher auch nicht für diese verbindliche Handlungsanweisungen bzw. Leitlinien für die Zukunft (vgl. zu einem solchen Fall BVerwG, U.v. 22.10.2003 – 6 C 23/02 – NJW 2004, 1191). Ein Anspruch des Beklagten, das künftige Verhalten der Klägerin einseitig hoheitlich zu steuern, folgt aus dem streitgegenständlichen Bescheid nicht (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2003 – 6 C 23/02 – NJW 2004, S. 1191 ). Dahingehendes ergibt sich insbesondere auch nicht aus dem Hinweis auf den Zweck des streitgegenständlichen Bescheids, die Rechtauslegung und die zugrundeliegenden Argumente durch die Datenschutzaufsichtsbehörde für die verantwortliche Stelle klarzustellen. Auch dieser Aussage ist gemessen an §§ 133, 157 BGB analog nicht mit der notwendigen Bestimmtheit ein über den bereits abgeschlossenen Datenaustausch vom 4. Mai 2016 hinausgehender Bezug zu entnehmen.
Ein solcher ergibt sich auch nicht aus der Annahme der Beklagten, dass ein feststellender Verwaltungsakt, der ein bestimmtes in der Vergangenheit liegendes Verhalten als rechtswidrig einstuft, stets auch eine entsprechende Unterlassungsanordnung für die Zukunft beinhalte. Diese Annahme ist zum einen mit Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG nicht zu vereinbaren. Eine Aufforderung, das für rechtswidrig erachtete Verhalten künftig in gleich bzw. ähnlich gelagerten Fällen zu unterlassen bzw. das Vorgehen in künftigen gleich bzw. ähnlich gelagerten Fällen der dargelegten Rechtauffassung entsprechend anzupassen, ist dem streitgegenständlichen Bescheid nicht mit der erforderlichen hinreichenden Bestimmtheit zu entnehmen. Der Bescheid vom 13. April 2017 bezieht sich sowohl in seinem Tenor als auch in seinen Gründen ausschließlich auf den einen konkreten, im Rahmen des Telefonats zwischen der Klägerin und der BGHM betreffend den geschädigten Radfahrer am 4. Mai 2017 erfolgten Datenaustausch, ohne insofern in irgendeiner Form und auch nur ansatzweise mit hinreichender Deutlichkeit verallgemeinernd auf ähnliche Sachverhalte abzustellen und für diese eine verbindliche Handlungsanweisung für die Zukunft zu geben. Jedenfalls bei aufsichtsrechtlichen Verwaltungsakten gegenüber Privaten sind an das Maß der Bestimmtheit des Verwaltungsaktes keine geringeren Anforderungen zu stellen als bei sonstigen in Rechte der Bürger eingreifenden Verwaltungsakten. Ebenso wenig, wie die bloße Feststellung einer Behörde, dass jemand falsch geparkt habe oder ohne die erforderliche Baugenehmigung baue, konkludent mit der erforderlichen Bestimmtheit ein Wegfahrgebot oder eine Baueinstellung beinhaltet, kann der streitgegenständliche Verwaltungsakt ohne dahingehende, jedenfalls in Form irgendeines Zukunftsbezugs erkennbare Aufforderung als konkludente Unterlassungsanordnung verstanden werden. Das bloße Wissen des Betroffenen, wie er sich unter Zugrundelegung der Rechtauffassung der Behörde in Zukunft verhalten müsste, entbindet die Verwaltung nicht davon, eine für erforderlich erachtete Anordnung hinsichtlich des künftigen Verhaltens des Betroffenen mit hinreichender Bestimmtheit zu erlassen. Hinzu kommt, dass es durchaus Sachverhalte geben kann, bei denen der Adressat eines Verwaltungsaktes, der lediglich die Rechtswidrigkeit eines vergangenen und abgeschlossenen Verhaltens feststellt, nicht ohne Weiteres zu erkennen vermag, wie konkret er den ihm (angeblich) unterlaufenen Rechtsverstoß künftig vermeiden kann, so dass eine bloße (konkludente) Unterlassungsverfügung zur Verhinderung künftigen rechtswidrigen Verhaltens nicht geeignet wäre. Zum anderen verwischte die Rechtauffassung von einer mit einem feststellenden Verwaltungsakt stets verbundenen konkludenten Unterlassungsanordnung die Grenzen zwischen präventivem, auf ein bestimmtes Verhalten in der Zukunft gerichtetem und repressivem, explizit „lediglich“ die Rechtswidrigkeit eines bestimmten vergangen Verhaltens feststellendem und eine Sanktion daran anknüpfendem Handeln der öffentlichen Verwaltung. Folgerichtig würde diese Rechtsansicht im Fall repressiven Handelns ein gleichzeitiges explizites präventives Handeln – jedenfalls in bestimmten Fällen – mangels Erforderlichkeit entgegen allgemeiner sicherheitsrechtlicher Grundsätze von vornherein ausschließen. Zudem würde diese Rechtauffassung dazu führen, dass ein unmittelbar repressiver Bescheid, der konkludent eine (präventive) Unterlassensaufforderung enthält, zur Vermeidung seiner Bestandskraft stets auch unter diesem Aspekt und damit regelmäßig auch auf einem anderen Rechtsweg angegriffen werden müsste.
Nur klarstellend wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass, sofern der Beklagte bei Erlass des rein feststellenden Verwaltungsaktes vom 13. April 2017 die (berechtigte) Erwartung gehabt hätte, dass die Klägerin allein aufgrund dieses Bescheids in Zukunft Datenschutzverstöße wie den für rechtswidrig erachteten unterlässt, weder eine verbindliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des im Rahmen des Telefonats vom 4. Mai 2016 erfolgten Datenaustauschs in einem Verwaltungsakt noch – erst Recht – eine (konkludente) förmliche Unterlassungsanordnung für die Zukunft erforderlich und damit verhältnismäßig gewesen wäre. Allerdings durfte der Beklagte vorliegend bei Erlass des streitgegenständlichen Bescheids angesichts der vorangegangenen Korrespondenz mit der Klägerin und insbesondere angesichts ihres Schreibens vom 24. Februar 2017 nicht berechtigterweise davon ausgehen, dass diese allein auf den die Rechtslage feststellenden Verwaltungsakt ihr Verhalten bei derartigen Sachlagen künftige ändern wird. Denn die Klägerin hatte im Vorfeld des streitgegenständlichen Bescheids mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass sie die Rechtslage anders bewertet und daher keinen Anlass sieht, ihr Verhalten künftig zu ändern. Dies hat der Beklagte allerdings ausweislich der Begründung des streitgegenständlichen Bescheids auch zutreffend erkannt.
bbb) Gemäß § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a.F. kann die Aufsichtsbehörde zur Gewährleistung der Einhaltung dieses Gesetzes und anderer Vorschriften über den Datenschutz Maßnahmen zur Beseitigung festgestellter Verstöße bei der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten oder technischer oder organisatorischer Mängel anordnen. Gem. § 38 Abs. 5 Satz 2 BDSG a.F. kann sie bei schwerwiegenden Verstößen oder Mängeln, insbesondere solchen, die mit einer besonderen Gefährdung des Persönlichkeitsrechts verbunden sind, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung oder den Einsatz einzelner Verfahren untersagen, wenn die Verstöße oder Mängel entgegen der Anordnung nach Satz 1 und trotz der Verhängung eines Zwangsgeldes nicht in angemessener Zeit beseitigt werden.
Ausweislich seines Wortlauts ermächtigt § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a.F. als erste Stufe des in § 38 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 BDSG a.F. vorgesehenen, grundsätzlich gestuften Verfahrens – grundsätzlicher Vorrang von (zwangsgeldbewehrten) Anordnungen zur Beseitigung festgestellter Verstöße gem. § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a.F. und erst bei deren Erfolglosigkeit Untersagung einzelner Verfahren, die zudem in schwerwiegender Weise gegen das Datenschutzrecht verstoßen, gem. § 38 Abs. 5 Satz 2 BDSG a.F. (vgl. OVG Schleswig-Holstein, U.v. 4.9.2014 – 4 LB 20/13 – juris Rn. 70; VG Ansbach, U.v. 12.8.20104 – An 4 K 13.01634 – juris 49;) – ausschließlich zu Maßnahmen, die auf eine Beseitigung von Verstößen gegen das Datenschutzrecht und damit auf das künftige Verhalten des Betroffenen Einfluss nehmen will. Dies schließt Maßnahmen, die auf eine künftige Unterlassung bzw. auf die Verhinderung der künftigen Fortsetzung oder Intensivierung von festgestellten Datenschutzverstößen gerichtet sind, mit ein. Eine Befugnis zur bloßen Feststellung bereits abgeschlossener und auch hinsichtlich einer weiteren Vertiefung bzw. Fortsetzung nicht mehr verhinderbarer Datenschutzverstöße ohne jegliche in die Zukunft gerichtete Anordnung, diese – soweit möglich – zu beseitigen oder zumindest künftig zu unterlassen bzw. nicht fortzusetzen oder zu intensivieren, ergibt sich aus dem Wortlaut der Norm nicht. Der „Zukunftsbezug“ der Maßnahmen, zu denen § 38 Abs. 5 BDSG a.F. ermächtigt, folgt nicht nur aus der Formulierung „zur Beseitigung“ in § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a.F., sondern auch aus § 38 Abs. 5 Satz 2 BDSG a.F., der bei schwerwiegenden Verstößen oder Mängeln, insbesondere solchen, die mit einer besonderen „Gefährdung“ des Persönlichkeitsrechts unter bestimmten weiteren Voraussetzungen zur „Untersagung“ bestimmter datenschutzrelevanter Verfahren ermächtigt. Auch der Begriff der „Untersagung“, also des Verbots, ein bestimmtes datenschutzrelevantes Verfahren in der Zukunft fortzusetzen, bringt die Zukunftsbezogenheit von Maßnahmen im Sinne von § 38 Abs. 5 BDSG a.F. zum Ausdruck. Diese ergibt sich zudem daraus, dass § 38 Abs. 5 BDSG a.F., wie auch durch das die Verwendung der Formulierung „Gefährdung des Persönlichkeitsrechts“ in seinem Satz 2 bestätigt wird, eine Norm des besonderen Sicherheitsrechts darstellt. Ihr Telos liegt damit in der Abwehr von Gefahren für die Zukunft, also in präventivem Handeln der Aufsichtsbehörde, nicht in der bloßen Feststellung vergangener und nicht mehr abänderlicher Verstöße gegen das Datenschutzrecht. In systematischer Hinsicht kommt hinzu, dass das Bundesdatenschutzgesetz den Aufsichtsbehörden im Hinblick auf bereits erfolgte und abgeschlossene Datenschutzverstöße das Instrumentarium einer Ahndung dieser Verstöße mittels Bußgeld in die Hand gegeben hat (vgl. § 43 BDSG a.F.). Sie sind insofern, auch wenn § 38 Abs. 5 BDSG a.F. nicht zu bloßen Feststellungen der Rechtswidrigkeit von (abgeschlossenen) Datenschutzverstößen ermächtigt, auch insoweit nicht handlungsohnmächtig. Ferner ist die Möglichkeit einer bloßen Beanstandung eines bestimmten Verhaltens durch die Aufsichtsbehörde im Sinne von § 38 Abs. 5 BDSG a.F. (i.V.m. § 38 Abs. 6 BDSG a.F. i.V.m. Art. 34 Bayerisches Datenschutzgesetz (BayDSG) in der bis 24. Mai 2018 geltenden Fassung des Gesetzes vom 20. Juli 2011, GVBl 2011, 307) und damit insbesondere gegenüber nicht-öffentlichen Stellen (vgl. § 27 BDSG in der bis 24. Mai 2018 geltenden Fassung des Gesetzes vom 14. Januar 2003, BGBl I 2003, 66) – bei denen anders als in den Fällen eines aufsichtlichen Verhältnisses zwischen Trägern hoheitlicher Gewalt (vgl. Art. 112 Gemeindeordnung; Art. 16 Abs. 4 Satz 1 BayDSG bzw. Art. 31 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Datenschutzgesetz in der bis 24. Mai 2018 geltenden Fassung des Gesetzes vom 25. Oktober 2000, GVBl 2000, 752) nicht grundsätzlich zu erwarten ist, dass die Adressaten der Beanstandung das beanstandete Verhalten allein aufgrund der aufsichtlichen Feststellung von dessen Rechtswidrigkeit ändern – anders als beispielsweise im Bereich Kommunalaufsicht (Art. 112 Bayerische Gemeindeordnung), im Bereich der Datenschutzaufsicht gegenüber öffentlichen Stellen durch den Landesbeauftragen für den Datenschutz (Art. 16 Abs. 4 Satz 1 BayDSG bzw. Art. 31 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Datenschutzgesetz in der bis 24. Mai 2018 geltenden Fassung des Gesetzes vom 25. Oktober 2000, GVBl 2000, 752) oder im Rundfunkaufsichtsrecht (vgl. § 38 Rundfunkstaatsvertrag – RStV) gesetzlich als Handlungsform überhaupt nicht vorgesehen. Zudem scheinen derartige feststellende Verwaltungsakte gestützt auf § 38 Abs. 5 BDSG a.F. – ausweislich der einschlägigen Rechtsprechung – auch in der Praxis nicht üblich und damit nicht als geläufiges Mittel allgemein anerkannt zu sein (vgl. OVG Schleswig-Holstein, U.v. 4.9.2014 – 4 LB 20/13 – juris Rn. 5: Anordnung, dafür Sorge zu tragen, dass die von ihr bei Facebook betriebene Fanpage deaktiviert wird; OVG Münster, U.v. 19.10.2017 – 16 A 770/17 – juris Rn. 6 ff: Anordnung bestimmter Änderungen am Internetportal des dortigen Klägers; Hamburgisches OVG, B.v. 29.6.2016 – 5 Bs 40/16 – juris Rn. 6: Anordnung, Umbenennung des Nutzernamens zurückzunehmen und Zugang zu Konto unter dem ursprünglich gewählten Pseudonym wieder einzuräumen; OVG des Saarlandes, U.v. 14.12.2017 – 2 A 662/17 – juris 11: Anordnung, die Videoüberwachung in dem Verkaufsraum während der Öffnungszeiten der Apotheke unverzüglich einzustellen; OVG Schleswig-Holstein, B.v. 12.1.2011 – 4 MB 56/10 – juris Rn. 5: Anordnung, dafür zu sorgen, dass bei der Durchführung eines bestimmten Vertrages bestimmte Daten nicht an bestimmte Stellen weitergeben werden; OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 6.4.2017 – OVG 12 B 7.16 – juris Rn. 2 ff.: Anordnung, Videokameras auszuschalten und zu entfernen/abzudecken, Kameras lediglich auf einen bestimmten Bereich auszurichten und einen vorhandenen Hinweis zu entfernen; VG Ansbach, U.v. 12.8.2014 – AN 4 K 13.01634 – juris Rn. 1, 6: Untersagung, permanente Aufnahmen mit On-Board-Kamera zu machen, und Verpflichtung, gemachte Aufnahmen zu löschen). Daher kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Mittel einer bloßen Beanstandung, d.h. der bloßen förmlichen Feststellung der Rechtswidrigkeit eines bestimmten Verhaltens und dessen Missbilligung, im Recht der Datenschutzaufsicht im Sinne von § 38 BDSG a.F. ein geläufiges Mittel ist, aufgrund dessen der Begriff der „Maßnahme zur Beseitigung“ dahingehend ausgelegen wäre, dass er auch bloße Beanstandungen umfasst (vgl. BVerwG, B.v. 23.7.2014 – 6 B 1/14 – juris Rn. 20 zum Rundfunkaufsichtsrecht).
Die Gesetzesbegründungen zu § 38 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 BDSG a.F. und dessen Vorgängerfassungen treffen keine explizite Aussage zu feststellenden Verwaltungsakten (BTDrucks 16/13657, S. 22; BTDrucks 14/4329, S. 46; BTDrucks 11/4306, S. 53). Vielmehr wird dort nur auf die Befugnis, Maßnahmen zur Beseitigung festgestellter Verstöße anzuordnen, abgestellt (BTDrucks 16/13657) bzw. von Sanktionsmöglichkeiten gegen säumige oder nachlässige Datenverarbeiter, die bis zur Untersagung einzelner Verfahren gehen können (BTDrucks 11/4306, S. 53), gesprochen.
Aus der grammatikalischen, teleologischen und systematischen Interpretation und mangels gegenteiliger Anhaltspunkte aufgrund der historischen Auslegung von § 38 Abs. 5 BDSG a.F. folgt somit, dass diese Norm keine Befugnisgrundlage für die bloße Feststellung der Rechtswidrigkeit bereits erfolgter Datenschutzverstöße bildet.
ccc) Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a.F. keine taugliche Rechtsgrundlage § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a.F. für den Bescheid vom 13. April 2017 ist, da der Beklagte mit diesem allein die Rechtswidrigkeit eines konkreten, bereits in der Vergangenheit erfolgten Datenaustauschs feststellt.
cc) Mangels Ersichtlichkeit einer anderen einschlägigen Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist dieser daher mangels Befugnisgrundlage rechtswidrig. Die Frage, ob im Rahmen des Telefonats zwischen der Klägerin und der BGHM am 4. Mai 2017 gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen wurde und, falls ja, welchem der Beteiligten der Gesetzesverstoß zuzurechnen ist, kann daher offen bleiben.
b) Die Verletzung von Rechten der Klägerin durch den mangels Befugnisgrundlage rechtswidrigen Bescheid vom 13. April 2017 im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO folgt jedenfalls aus ihrer Adressatenstellung (Art. 2 Abs. 1 GG).
Nach alledem war der Klage stattzugeben und daher der Bescheid des Beklagten vom 13. April 2017 aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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