IT- und Medienrecht

Rundfunkbeitrag für den privaten Bereich ist verfassungsgemäß

Aktenzeichen  M 6 K 15.2031

Datum:
20.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 43 Abs. 2 S. 1
RBStV RBStV § 2 Abs. 1, Abs. 2, § 7 Abs. 3
RFinStV § 8
Satzung des Bayerischen Rundfunks § 11 Abs. 1

 

Leitsatz

Nach den Entscheidungen des VGH München (BeckRS 2015, 47772) und nunmehr den Entscheidungen des BVerwG vom 18.3.2016 (BeckRS 2016, 44978) ist der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag verfassungsgemäß. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Entscheidungsgründe:
Die Klage ist teilweise bereits unzulässig, im Übrigen unbegründet und daher ohne Erfolg.
Die erhobene Feststellungsklage ist unzulässig, weil ihr die Subsidiarität einer Feststellungsklage nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – entgegensteht. Der Kläger ist darauf zu verweisen, sich gegen eventuelle weitere Festsetzungsbescheide ggfs. jeweils mit Widerspruch und /oder Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO zu wenden, so wie er es mit der vorliegenden Klage gegen den streitgegenständlichen Festsetzungsbescheid vom … Januar 2015 auch getan hat. Eine Feststellungsklage vermag auch nicht die Bestandskraft früherer Bescheide, wie zum Beispiel des Gebühren-/Festsetzungsbescheids vom … September 2013, auszuhebeln.
Die Anfechtungsklage gegen den Festsetzungsbescheid vom … Januar 2015 und den Widerspruchsbescheid vom 16. April 2015 ist hingegen zulässig, aber unbegründet. Sowohl der Festsetzungsbescheid als auch der Widerspruchsbescheid sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Der Festsetzungsbescheid vom … Januar 2015 ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist der Beklagte offensichtlich als die diesen Bescheid erlassende Stelle erkennbar.
Der Bescheid vom … Januar 2015 ist auch materiell rechtmäßig. Als Inhaber einer Wohnung hat der Kläger für den darin festgesetzten Zeitraum Rundfunkbeiträge in der festgesetzten Höhe einschließlich des Säumniszuschlags zu zahlen.
Rechtsgrundlage für die Erhebung des Rundfunkbeitrags ist seit dem 1. Januar 2013 der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag – RBStV -.
Im privaten Bereich ist nach § 2 Abs. 1 RBStV grundsätzlich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag in Höhe von 17,98 EUR (§ 8 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag; seit 1.4.2015: 17,50 EUR) im Monat zu entrichten. Inhaber einer Wohnung ist jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt. Als Inhaber wird jede Person vermutet, die dort nach dem Melderecht gemeldet ist oder im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist (§ 2 Abs. 2 RBStV).
Der Kläger hat nicht in Abrede gestellt, Inhaber einer Wohnung zu sein. Er wendet sich gegen den Rundfunkbeitrag und den diesem zugrunde liegenden Rundfunkbeitragsstaatsvertrag als solchen und macht insbesondere verfassungsrechtliche Bedenken geltend.
Entgegen der Auffassung des Klägers begegnet der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag als solcher jedoch keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
Das hat nach der zunächst für Bayern grundlegenden Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 15. Mai 2014 (Vf. 8-VII-12 und Vf. 24-VII-12) sowie unzähligen Urteilen von Verwaltungsgerichten (z. B. VG München, U. v. 26.2.2015 – M 6a K 14.877) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (st. Rspr. seit U. v. 19.6.2015 – 7 BV 14.1707 -, U. v. 19.6.2015 – 7 BV 14.2488 -; insbesondere verstoße der Rundfunkbeitrag auch nicht gegen Normen des Grundgesetzes oder andere Normen, wie etwa die der EMRK) nunmehr mit mehreren Urteilen vom 18. März 2016 auch das Bundesverwaltungsgericht bestätigt (BVerwG 6 C 6.15 u. a.). Danach ist der Rundfunkbeitrag eine rundfunkspezifische nichtsteuerliche Abgabe, die in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder für das Rundfunkrecht fällt (amtlicher Leitsatz Nr. 1). Die vorrangige Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch den Rundfunkbeitrag trägt der Programmfreiheit des Rundfunks und dem Verfassungsgebot eines die Vielfalt sichernden Programms angemessen Rechnung (amtlicher Leitsatz Nr. 2). Der Rundfunkbeitrag stellt die Gegenleistung für den Vorteil der Rundfunkempfangsmöglichkeit dar. Dieser Vorteil kann Wohnungsinhabern individuell zugerechnet werden, weil Wohnungen nahezu vollständig mit Rundfunkempfangsgeräten ausgestattet sind (amtlicher Leitsatz Nr. 3). Die Ersetzung der gerätebezogenen Rundfunkgebühr durch den wohnungsbezogenen Rundfunkbeitrag war wegen des drohenden strukturellen Defizits der Gebührenerhebung zulässig, um die Belastungsgleichheit der Rundfunkteilnehmer zu wahren (amtlicher Leitsatz Nr. 4). Die Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangt nicht, Wohnungsinhaber, die bewusst auf eine Rundfunkempfangsmöglichkeit verzichten, von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien (amtlicher Leitsatz Nr. 5). Die Anknüpfung des Rundfunkbeitrags an die Wohnung benachteiligt die alleinigen Inhaber einer Wohnung nicht gleichheitswidrig gegenüber Personen, die zusammen mit anderen in einer Wohnung leben. (amtlicher Leitsatz Nr. 6).
Der Kläger hat auch Anlass für die erfolgte Festsetzung der Rundfunkbeiträge durch den Beklagten mit dem streitgegenständlichen Bescheid geboten (§ 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV). Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 RBStV ist der Rundfunkbeitrag monatlich geschuldet. Er ist nach § 7 Abs. 3 Satz 2 RBStV in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten.
Der Kläger hat die Rundfunkbeiträge für den hier streitgegenständlichen Zeitraum jedoch trotz deren Fälligkeit nicht gezahlt, obwohl er ausreichend Informationen vom Beitragsservice über die Fälligkeit und die möglichen Zahlungsweisen (Überweisung oder Erteilung einer Einzugsermächtigung) erhalten hatte.
Hinsichtlich des übrigen Vorbringens des Klägers gilt noch Folgendes:
Eine angeblich zweckwidrige Verwendung der Rundfunkbeiträge durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten oder deren angeblich fehlende Staatsferne ist für den vorliegenden Zusammenhang – in dem es allein um die Erhebung des Rundfunkbeitrags als solchen auf Grundlage des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags geht – rechtlich nicht relevant.
Auch die Festsetzung des Säumniszuschlags in Höhe von c… EUR ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die Erhebung eines Säumniszuschlags ist seit Einführung des Rundfunkbeitrags ab 1. Januar 2013 § 11 Abs. 1 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge – Rundfunkbeitragssatzung – vom 19. Dezember 2012, in Kraft getreten am 1. Januar 2013 (veröffentlicht im Bayerischen Staatsanzeiger vom 21.12.2012, StAnz Nr. 51-52/2012, S. 3; § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Alt. 3 RBStV). Danach wird, wenn Rundfunkbeiträge nicht innerhalb von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet werden, ein Säumniszuschlag in Höhe von einem Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,00 EUR fällig, ohne dass es eines vorherigen „Beitragsbescheids“ bedürfte. Der Säumniszuschlag wird zusammen mit der Rundfunkbeitragsschuld durch Bescheid nach § 10 Abs. 5 RBStV festgesetzt. Mit jedem Bescheid kann nur ein Säumniszuschlag festgesetzt werden (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Rundfunkbeitragssatzung).
Vorliegend hatte der Kläger für den in dem streitgegenständlichen Bescheid benannten Zeitraum die Rundfunkbeiträge – unstreitig – nicht bei Fälligkeit bezahlt, so dass der Beklagte den Säumniszuschlag festsetzen durfte. Dieser war mit c… EUR auch der Höhe nach zutreffend bemessen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung – ZPO -.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 433,76 festgesetzt
(§ 52 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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