IT- und Medienrecht

Rundfunkbeitrag, Nebenwohnung, Befreiungsanspruch, nichteheliche Lebensgemeinschaft

Aktenzeichen  B 3 K 20.471

Datum:
29.1.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 8878
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RBStV § 2
RBStV § 4a
GG Art. 3, 6

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Das Gericht konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die geltend gemachte Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht für die Wohnung in der … Die Ablehnung des Beklagten im Bescheid vom 11.07.2019, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.04.2020, ist rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Der Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht für die Wohnung des Klägers in … ergibt sich nicht (unmittelbar) aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 18.07.2018 (1 BvR 1675/16 – BGBl. 2018 Teil 1 S. 1349). Gemäß § 31 Abs. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes im Urteil Gesetzeskraft und gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG für die Gerichte bindende Wirkung.
Der Tenor der Urteilsentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes lautet:
„1. Die Zustimmungsgesetze und Zustimmungsbeschlüsse der Länder zu Artikel 1 des Fünfzehnten Staatsvertrags zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 15. Dezember 2010 sind, soweit sie § 2 Absatz 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags (abgedruckt in der Anlage zu Artikel 1 des Gesetzes zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung medienrechtlicher Vorschriften vom 18. Oktober 2011 ) in Landesrecht überführen, mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes insoweit unvereinbar, als Inhaber mehrerer Wohnungen über den Beitrag für eine Wohnung hinaus zur Leistung von Rundfunkbeiträgen herangezogen werden.
2. Das bisherige Recht ist bis zu einer Neuregelung mit der Maßgabe weiter anwendbar, dass ab dem Tag der Verkündung dieses Urteils bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung diejenigen Personen, die nachweislich als Inhaber einer Wohnung ihrer Rundfunkbeitragspflicht nach § 2 Absatz 1 und 3 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags nachkommen, auf Antrag von einer Beitragspflicht für weitere Wohnungen zu befreien sind. Ist über Rechtsbehelfe noch nicht abschließend entschieden, kann ein solcher Antrag rückwirkend für den Zeitraum gestellt werden, der Gegenstand des jeweils angegriffenen Festsetzungsbescheids ist.
3. Die Gesetzgeber sind verpflichtet, spätestens bis zum 30. Juni 2020 eine Neuregelung zu treffen.“
Die vom Bundesverfassungsgericht normierten Tatbestandsvoraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor, denn der Kläger kommt bzw. kam seiner Rundfunkbeitragspflicht als Inhaber seiner Erstwohnung in … nicht nach. Zwar ist der Kläger Inhaber der Wohnung in …, da er dort melderechtlich gemeldet ist. Zudem unterliegt er auch für diese Erstwohnung der Rundfunkbeitragspflicht (§ 2 Abs. 1 RBStV). Der Kläger wird aber für denselben Vorteil nicht mehrfach herangezogen.
Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichtes ist es mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, für ein und denselben beitragsgerechten Vorzug von ein und demselben Beitragszahler den Rundfunkbeitrag doppelt zu erheben. Bereits aus dem o.g. Tenor wird deutlich, dass das Bundesverfassungsgericht auf den Begriff herangezogen abstellt, wenn es ausführt, „… mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes insoweit unvereinbar, als Inhaber mehrerer Wohnungen über den Beitrag für eine Wohnung hinaus zur Leistung von Rundfunkbeiträgen herangezogen werden“. Unter Rn. 106 des Urteils führt das Bundesverfassungsgericht zudem aus: „Dabei darf dieselbe Person jedoch für die Möglichkeit der privaten Rundfunknutzung nicht zu insgesamt mehr als einem vollen Beitrag herangezogen werden“. Das Gericht sah damit die doppelte Heranziehung für denselben Vorteil als unzulässig an. Der Vorteil sei bereits abgegolten, soweit Wohnungsinhaber für eine Wohnung bereits zur Leistung eines Rundfunkbeitrages herangezogen würden. Der Vorteil sei personenbezogen in dem Sinne, dass es auf denjenigen Vorteil aus dem Rundfunkempfang ankomme, den die Beitragspflichtigen selbst und unmittelbar ziehen können. Der Rundfunkbeitrag könne aber von einer Person auch in mehreren Wohnungen zur gleichen Zeit nur einmal genutzt werden. Das Innehaben weiterer Wohnungen erhöhe den Vorteil der Möglichkeit zur privaten Rundfunknutzung nicht, und zwar unabhängig davon, wie viele Personen in den jeweiligen Wohnungen zusammenwohnten (vgl. BVerfG, U.v. 18.7.2018 – 1 BvR 1675/16 – Rn 106-107). Unter Rn. 111 des Urteils wird weiter ausgeführt, dass bei einer Neuregelung der Gesetzgeber zu beachten habe, dass auf keinen Fall von derselben Person Beiträge für die Möglichkeit der Rundfunknutzung über die Erhebung eines insgesamt vollen Beitrages hinaus verlangt werden dürften.
Eine solche Doppelbelastung lag bzw. liegt in dem hier zu entscheidenden Fall gerade nicht vor. Durch die Heranziehung der Lebensgefährtin des Klägers für die Wohnung in … ist nicht bereits der Vorteil auch für die Nebenwohnung des Klägers in …abgegolten. Wie oben dargelegt, ist den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichtes zu entnehmen, dass der Vorteil zur Rundfunknutzung nicht wohnungsbezogen, sondern personenbezogen zu verstehen ist. Das Bundesverfassungsgericht zeigt deutlich auf, dass es darum geht, dass das Rundfunkangebot von einer Person auch in mehreren Wohnungen zur gleichen Zeit nur einmal genutzt werden kann. Es ging in dieser Entscheidung gerade nicht darum, dass Mehrpersonenhaushalte entlastet werden sollten und es so zu einer Art „Familienbefreiung“ kommen sollte. In dem hier zu entscheidenden Fall verhält es sich gerade so, dass durch das Innehaben einer zweiten Wohnung der Vorteil einer Möglichkeit zur privaten Rundfunknutzung erhöht wird (Vgl. auch Schleswig-Holsteinisches VG, U.v. 26.2.2020 – 4 A 317/19 -, juris Rn. 31 ff).
Für eine personenbezogene Auslegung spricht im Übrigen auch die Konzeption des RBStV. Nach § 4 Abs. 1 RBStV wirkt eine Befreiung oder Ermäßigung von der Rundfunkbeitragspflicht grundsätzlich nur personenbezogen. Es wird grundsätzlich nur derjenige befreit, bzw. wird eine Ermäßigung gewährt, der die Voraussetzungen für die Befreiung oder Ermäßigung erfüllt. § 4 Abs. 3 RBStV regelt insoweit abschließend, auf wen sich die Befreiung bzw. Ermäßigung erstreckt. Es wäre damit systemfremd, würde man den durch das Bundesverfassungsgericht geschaffenen Übergangstatbestand dahingehend auslegen, dass die Befreiung desjenigen für die Nebenwohnung, der den Rundfunkbeitrag für die Hauptwohnung entrichtet, im Wege eines Automatismus auf sämtliche weitere Wohnungsinhaber erstrecken würde, ohne dass es eines mit § 4 Abs. 3 RBStV vergleichbaren Erstreckungstatbestand bedürfe (vgl. VG Schleswig-Holstein, U.v. 26.2.2020 – 4 A 317/19 – juris Rn 37).
Der vom Bundesverfassungsgericht geschaffene Befreiungstatbestand ist bei dem Kläger nicht gegeben. Er wurde nicht für den Rundfunkbeitrag für die Erstwohnung herangezogen. Es wurden von derselben Person nicht Beiträge für die Möglichkeit der Rundfunknutzung über die Erhebung eines insgesamt vollen Beitrags hinaus verlangt. Für Haupt- und Nebenwohnung wurden vielmehr verschiedene Personen herangezogen. Der Kläger und seine Lebensgefährtin haben bzw. hatten jeweils für sich gerade die Möglichkeit die Leistungen des Rundfunks zur gleichen Zeit in der Haupt- und in der Nebenwohnung in Anspruch zu nehmen.
Das Gericht folgt ausdrücklich nicht der Entscheidung des VG Greifswald vom 04.06.2019 (Az.: 2 A 364/19 HGW). Dieses stellt zum einen darauf ab, dass es ohne Bedeutung sei, ob beim Beitragsservice beide Wohnungen entweder auf den Kläger oder auf dessen Ehefrau oder jeweils auf die unterschiedlichen Ehepartner angemeldet sind, da die Beitragspflicht nach § 2 RBStV nicht daran anknüpfe, wer in einem Beitragskonto als Kontoinhaber geführt werde, sondern lediglich daran, wer als Bewohner Inhaber der Wohnung sei. Zum anderen sei gemäß § 2 Abs. 3 RBStV die einem Ehegatten gewährte Befreiung bzw. der Befreiungsanspruch auch auf den anderen Ehegatten zur erstrecken (VG Greifswald, U.v. 4.6.2019 – 2 A 364/19 HGW – juris Rn. 31). Es ist zwar zutreffend, dass es sich nach der Wohnungsinhaberschaft bestimmt, wer Beitragsschuldner ist. Allerdings stellt das Bundesverfassungsgericht darauf ab, wer vom Beitragsservice herangezogen wird und dass diese Person für denselben Vorteil nicht mehrfach herangezogen werden darf. So liegt der Fall gerade nicht, da der Kläger nur einmal für den Rundfunk herangezogen wird. Außerdem entschied das VG Greifswald für den Fall der Ehe, wohingegen hier eine nichteheliche Lebensgemeinschaft vorliegt (vgl. auch VG Schleswig-Holstein, U.v. 26.2.2020 – 4 A 317/19 – juris Rn. 36).
2. Ein Anspruch auf Befreiung ergibt sich für den Kläger auch nicht aus der seit dem 01.06.2020 geltenden Vorschrift des § 4 a Abs. 1 Satz 1 RBStV. Diese regelt ausdrücklich, dass eine natürliche Person für ihre Nebenwohnung von der Beitragspflichtig nach § 2 Abs. 1 RBStV befreit wird, wenn sie selbst, ihr Ehegatte oder ihr eingetragener Lebenspartner den Rundfunkbeitrag für die Hauptwohnung an die zuständige Landesrundfunkanstalt entrichtet. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
Der Kläger kann sich auch nicht auf einen entsprechenden Befreiungsanspruch berufen, weil er meint, es liege eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung dadurch vor, dass gemäß § 4 a RBStV Lebensgefährten im Vergleich zu Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern mit ebenfalls einer Hauptwohnung ungleich behandelt werden, weil sich die Lebensgefährten nicht für ihre Nebenwohnung befreien lassen könnten, wenn sie nicht selbst den Rundfunkbeitrag für die Hauptwohnung entrichten. Der Gesetzgeber hätte die Möglichkeit gehabt, Lebensgefährten unter die Regelung des § 4 a RBStV zu fassen. Keinesfalls ist er aber verpflichtet, Lebensgefährten wegen Art. 3 GG wie Ehegatten zu behandeln, so dass er berechtigterweise nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat. Selbst wenn man unterstellt, dass das Bundesverfassungsgericht in seine Entscheidung auch Ehegatten mit einbeziehen wollte, ergibt sich keine andere Bewertung. Art. 3 GG gebietet nicht die generelle Gleichbehandlung von Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft und Ehegatten. Der Gesetzgeber kann im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit an die eigenverantwortliche Entscheidung von Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, (noch) keine Ehe miteinander eingehen zu wollen, subventionsrechtlich andere Folgen knüpfen als an eine Ehe mit ihren bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft fehlenden Rechten und Pflichten der Ehegatten. Da es sich bei der Rundfunkgebührenbefreiung letztlich um die Einräumung von Vergünstigungen handelt, ist diese zur Wohnraumsubventionierung ergangene Rechtsprechung auch auf den Bereich der Rundfunkgebührenbefreiung zu übertragen (BayVGH, B.v. 8.3.2008 – 7 ZB 07.790 – juris Rn. 8; BVerwG, U.v. 5.7.1985 – 8 C 22/83 – juris Rn. 23). Es ist zudem bei § 4 Abs. 3 RBStV anerkannt, dass die Beschränkung des aufgeführten Personenkreises verfassungsrechtlich unbedenklich ist und insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Die Beschränkung trägt gerade dem Schutz von Ehe und Familie gemäß Art. 6 Abs. 1 GG Rechnung, womit ein zulässiges Differenzierungskriterium vorliegt. Der nichtehelichen Lebensgemeinschaft fehlt die mit der Ehe verpflichtende rechtliche Verbindlichkeit, die regelmäßig in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gerade nicht gewollt ist (vgl. VG Schleswig-Holstein, U.v. 26.2.2020 – 4 A 317/19 – juris Rn. 39 m.w.N.; VG Hamburg, U.v. 26.11.2020 – 3 K 2012/20 – juris Rn. 23 m.w.N.). Selbst wenn der Kläger und seine Lebensgefährtin Miteigentümer eines gemeinsamen Grundstücks und Gebäudes sind, entsteht deshalb nicht die rechtlich einforderbare, gegenseitige und umfassende Bindungspflicht, die der Ehe zugrunde liegt, so dass deswegen auch keine andere Betrachtung erforderlich ist.
Soweit sich der Kläger auf einen Verstoß gegen Art. 3 GG beruft, weil ihm eine Befreiung verwehrt wurde, obwohl er an seinem Hauptwohnsitz zusammen mit seiner Lebenspartnerin in … gemeldet sei und zudem seine Nebenwohnung in … bewohne, sieht das Gericht keinen Verstoß, der einen Anspruch des Klägers auf eine Befreiung von der Beitragspflicht für seine Nebenwohnung begründen könnte. Selbst wenn man eine verfassungsrechtlich gebotene Notwendigkeit zur Gleichbehandlung der Ehe bzw. eingetragener Lebenspartner gegenüber der nichtehelichen Lebensgemeinschaft sehen würde, wäre eine Ungleichbehandlung im rundfunkbeitragsrechtlichen Kontext als verfassungsrechtlich gerechtfertigt anzusehen. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Einführung des § 4a RBStV auf der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 18.07.2018 (1 BvR 167/16) basiert, welches festgestellt hat, dass die Geltendmachung eines weiteren Rundfunkbeitrages für Nebenwohnungen gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Grundsatz der Belastungsgleichheit verstößt. Mit Blick auf eine notwendige Neuregelung hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, die Gesetzgeber könnten die Befreiung von dem Rundfunkbeitrag für die Zweitwohnungen von einem Antrag sowie einem Nachweis der Anmeldung von Erst – und Zweitwohnung als solche abhängig machen, um Verwaltungsschwierigkeiten zu vermeiden. Dabei könnten sie auch für solche Zweitwohnungsinhaber von der Befreiung absehen, die die Entrichtung eines vollen Rundfunkbeitrags für die Erstwohnung durch sie selbst nicht nachweisen. Auf keinen Fall dürften die Gesetzgeber aber von derselben Person Beiträge für die Möglichkeit der Rundfunknutzung über die Erhebung eines insgesamt vollen Betrages hinaus verlangen. Maßgeblich ist, dass die Gesetzgeber sicherstellen, dass Beitragspflichtige nicht mit insgesamt mehr als einem Rundfunkbeitrag belastet werden.
§ 4 a RBStV regelt nunmehr eine über die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts mögliche Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht, weil er die Befreiung von der Beitragspflicht für Nebenwohnungen auch auf den Ehepartner bzw. eingetragenen Lebenspartner des Befreiungsberechtigten erstreckt. Aus der Begründung zum Dreiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrages ergibt sich, dass im Hinblick auf die Möglichkeit der Befreiung auch für Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner vom Gestaltungsspielraum im Bereich des Fördergebotes des Art. 6 Abs. 1 GG Gebrauch gemacht werden sollte.
Mit der Nutzung der Nebenwohnung durch den Kläger geht auch unzweifelhaft ein Vorteil der Nutzung des Rundfunkangebots einher. Sofern der Kläger meint, die Nebenwohnung sei lediglich berufsbedingt bezogen worden, mag das zwar zutreffen, ist aber rechtlich unerheblich. Der Beklagte hat insbesondere nicht in jedem Einzelfall zu überprüfen, welche Beweggründe die Beitragspflichtigen dazu veranlasst haben mögen, einen zweiten Wohnsitz zu wählen. Vor dem Hintergrund, dass der Beklagte auch nicht wissen kann, ob Personen beispielsweise in einer Wohngemeinschaft oder nichtehelichen Lebensgemeinschaft leben, erscheint es nicht willkürlich, hinsichtlich der Möglichkeit der Befreiung vom Rundfunkbeitrag für eine Nebenwohnung im Bereich des Fördergebotes des Art. 6 Abs. 1 GG nur die Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner zu bevorteilen.
Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger meint, wäre er mit beiden Wohnungen beim Beklagten gemeldet, müsse er nicht für die Nebenwohnung zahlen, obwohl der Sachverhalt im Übrigen gleich bliebe. Die Rundfunkanstalt trifft eine Ermessensentscheidung, welcher der angezeigten Beitragsschuldner, die gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 RBStV i.V.m. § 44 AO als Gesamtschuldner haften, in Anspruch genommen wird (Sächsisches OVG, B.v. 6.3.2015 – 3 B 305/14 – juris Rn. 9). Zwar legen die Wohnungsinhaber durch ihre Anmeldung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 RBStV fest, wer gegenüber der Rundfunkanstalt vorrangig in Erscheinung tritt und in Anspruch genommen werden soll (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 25.11.2019 – OVG 11 N 5.17 – juris Rn. 13). Das Ermessen des Beklagten ist bei der Auswahl, wer in Anspruch genommen wird, sehr weit; Ermessenserwägungen sind nur veranlasst, wenn Willkür- oder Billigkeitsgründe geltend gemacht werden und tatsächlich vorliegen, die den Schuldner selbst betreffen (VG München, U.v. 22.2.2017 – M 26 K 16.1617 – juris Rn. 42 ff. m.w.N.). Letztlich ist die Rundfunkanstalt auch in den Fällen einer Befreiung oder Ermäßigung eines Bewohners berechtigt, einen anderen Bewohner, auf den sich die Befreiung oder Ermäßigung nach § 4 Abs. 3 RBStV nicht erstreckt, als Beitragsschuldner für einen vollen Rundfunkbeitrag zur Zahlung heranzuziehen (Göhmann/Schneider/Siekmann, in: Binder/Vesting, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 4. Auflage 2018, § 2 Rn. 28; mit Verweis auf BayLT-Drs. 16/7001, S. 13).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterlegener Beteiligter hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Verfahren ist nicht gerichtskostenfrei gemäß § 188 Satz 2 VwGO, da keine Befreiung aus sozialen Gründen beantragt wurde, sondern Gegenstand des Verfahrens ein Befreiungsantrag betreffend eine Zweitwohnung ist. Damit handelt es sich nicht um eine Angelegenheit der Fürsorge (vgl. auch VG Würzburg, B.v. 26.2.2019 – W 3 K 19.50 – juris Rn 12).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff.


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