IT- und Medienrecht

Teilhabeanspruch eines Medienvertreters an freiwilliger behördlicher Informationstätigkeit

Aktenzeichen  M 10 K 16.2412

Datum:
20.10.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 43
GG GG Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 S. 2
BayPrG BayPrG Art. 4 Abs. 1
RStV RStV § 9a Abs. 3, § 55 Abs. 2 S. 1, Abs. 3

 

Leitsatz

1 Wenn sich eine Behörde von sich aus zur Veröffentlichung von Informationen entschließt, hat sie diese Informationen grundsätzlich allen interessierten Medienvertretern in gleicher Weise zugänglich zu machen. Der Gleichheitssatz ist insoweit sowohl in Bezug auf den Zutritt zu Pressekonferenzen und sonstigen Veranstaltungen als auch hinsichtlich der Einzelheiten der Informationsvermittlung zu beachten. (Rn. 55) (redaktioneller Leitsatz)
2 Keinesfalls darf die Behörde zwischen „guter“ und „schlechter“ Presse unterscheiden oder etwa nur solche Journalisten informieren, die in ihrer bisherigen journalistischen Tätigkeit einseitig und unkritisch ein nur positives Bild ihrer Einrichtungen und Dienstleistungen der Öffentlichkeit vermittelt haben. Auch die Qualität und Seriosität der Berichterstattung sowie die politische Ausrichtung des Mediums dürfen insofern grundsätzlich keine Rolle spielen. (Rn. 60) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass es in der Pressekonferenz des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr zur Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2015 am 11. April 2016 rechtswidrig war, den Kläger im Rahmen der Fragerunde nicht zu einer Fragestellung zuzulassen.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO zulässig.
Nach § 43 VwGO kann die gerichtliche Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat und er seine Rechte nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können.
Das Rechtschutzziel des Klägers richtet sich vorliegend nicht auf die Durchsetzung eines Auskunftsanspruchs aus Art. 4 Abs. 1 Bayerisches Pressegesetz (BayPrG) bzw. aus § 9a Abs. 1 des Staatsvertrags für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatvertrag/RStV) – anwendbar auf sog. Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten, vgl. § 55 Abs. 3, Abs. 2 Satz 1 RStV, welcher im Wege der – insoweit vorrangigen – allgemeinen Leistungsklage zu verfolgen wäre (vgl. Burkhardt in Löffler, Presserecht, 6. Aufl. 2015, § 4 LPG, Rn. 170, 171 m.w.N.). Denn der Kläger begehrt nicht die Informationserteilung durch den Beklagten auf eine Anfrage zu einem konkreten Sachverhalt bzw. Tatsachenkomplex.
Vielmehr macht der Kläger einen Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe an freiwilliger behördlicher Informationstätigkeit geltend.
Das Bestehen bzw. Nichtbestehen eines solchen Teilhabe- und Belieferungsanspruchs stellt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 VwGO dar, da rechtliche Beziehungen streitig sind, die sich aus einem bestimmten Sachverhalt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Regelung – hier aus dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG – für das Verhältnis von Kläger und Beklagtem zueinander ergeben (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 28.1.2010 – 8 C 38.09 – BVerwGE 136, 75; U.v. 31.8.2011 – 8 C 8/10 – BVerwGE 140, 267 = juris Rn. 14).
Dem Kläger steht insoweit auch ein als schutzwürdig anzuerkennendes berechtigtes Interesse an der gerichtlichen Feststellung zur Seite (zum Begriff vgl. z.B. BVerwG, U.v. 26.1.1996 – 8 C 19/94 – BVerwGE 100, 262; U.v. 2.12.2015 – 10 C 18.14 – NVwZ-RR 2016, 344 = juris Rn. 15). Da der Kläger eine in der Vergangenheit liegende Verletzung seines Anspruchs auf gleichberechtigte Teilhabe an der Informationstätigkeit des Beklagten rügt, ist ein Feststellungsinteresse im Falle einer Wiederholungsgefahr anzunehmen. Eine solche liegt nur dann vor, wenn sich die strittige Rechtsfrage unter den gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen wie im Feststellungszeitraum zukünftig erneut stellen wird (vgl. BVerwG, U.v. 12.10.2006 – 4 C 12.04 – ZLW 2007, 303 = juris Rn. 8; BayVGH, U.v. 4.2.201410 – B 10.2913 – juris Rn. 34).
Da der Kläger regelmäßig an Pressekonferenzen des Bayerischen Innenministeriums teilgenommen und dort auch Fragen gestellt hat und er dies nach eigenen Angaben auch weiterhin beabsichtigt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich in Zukunft unter im Wesentlichen unveränderten Umständen die Frage der gleichberechtigten Berücksichtigung des Klägers bei Wortmeldungen erneut stellen wird.
II.
Die Klage hat auch in der Sache Erfolg.
Mit der Nichtberücksichtigung der Wortmeldung des Klägers in der Fragerunde im Rahmen der Pressekonferenz des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr zur Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2015 am 11. April 2016 hat der Beklagte gegen das ihm obliegende Gebot der Gleichbehandlung von Medienvertretern im publizistischen Wettbewerb aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen; die Nichtzulassung der Frage war daher rechtswidrig.
1. Die Rechtswidrigkeit der Nichtberücksichtigung der Wortmeldung des Klägers in der verfahrensgegenständlichen Pressekonferenz ergibt sich nicht schon aufgrund eines Verstoßes des Beklagten gegen Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG bzw. § 9a i.V.m. § 55 Abs. 3, Abs. 2 Satz 1 RStV, wonach die Presse bzw. Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten gegenüber Behörden jeweils ein Recht auf Auskunft haben.
Diese Vorschriften verpflichten die Behörden, auf konkrete, anlassbezogene Anfragen hin in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse die für die mediale Berichterstattung notwendigen Gesichtspunkte sachgerecht, vollständig und wahrheitsgemäß darzustellen. Das Auskunftsverlangen muss sich auf einen bestimmten Tatsachenkomplex beziehen; bezüglich dieses Sachverhalts besteht die behördliche Verpflichtung zur Informationserteilung (Burkhardt a.a.O. § 4 LPG, Rn. 84 f.; OVG Bremen, U.v. 25.10.1988 – 1 BA 32/88 – NJW 1989, 926).
Unabhängig davon, ob der Kläger an der verfahrensgegenständlichen Pressekonferenz als Auskunftsberechtigter, also nach Art. 4 Abs. 1 Satz 2 BayPrG redaktionell beauftragter Vertreter der Presse, zu denen grundsätzlich auch so genannte „feste freie“ Mitarbeiter, die ständig für eine Zeitung schreiben, zählen (vgl. BayVGH, B.v. 13.8.2004 – 7 CE 04.1601 – NJW 2004, 3358), oder als Vertreter eines Telemediums teilgenommen hat, steht nicht eine Auskunftsverweigerung und deren evt. Zulässigkeit/Rechtfertigung im Streit. Vielmehr wendet sich der Kläger dagegen, dass ihm in der konkreten Situation der Fragerunde schon die Formulierung eines Auskunftsverlangens gegenüber dem Innenminister – anders als den übrigen anwesenden Medienvertretern – nicht eingeräumt wurde.
Insoweit kann sich der Kläger auch nicht auf § 9a Abs. 3 RStV berufen. Diese Vorschrift betrifft als Ausprägung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nur die Zuleitung von „Amtlichen Bekanntmachungen“, das heißt die Zuleitung an die Öffentlichkeit gerichteter förmlicher Willensäußerungen (vgl. Burkhardt a.a.O. § 4 LPG, Rn. 140 ff.; OVG Bremen, U.v. 25.10.1988 – 1 BA 32/88 – NJW 1989, 926). Der Regelungsgehalt dieser Norm ist im vorliegenden Rechtsstreit schon insoweit nicht einschlägig (vgl. auch VG Bremen, U.v. 27.2.1997 – 2 A 28/96 – juris, zum gleich lautenden § 4 Abs. 4 LPrG).
2. Auch lässt sich ein Anspruch des Klägers auf Zulassung seiner Frage nicht unmittelbar aus Art. 5 GG ableiten.
Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet jedermann – damit auch der Presse – neben der Meinungsäußerungs- und -verbreitungsfreiheit u.a. das Grundrecht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten (so genannte Informationsfreiheit). Allgemein zugänglich ist eine Informationsquelle, wenn sie technisch geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit Informationen zu verschaffen (BVerfG, B.v. 3.10.1969 – 1 BvR 46/65 – BVerfGE 27, 71), wie dies in erster Linie bei den Massenkommunikationsmitteln der Fall ist. Der behördliche Bereich einer Pressekonferenz, um den es hier geht, fällt nicht darunter (OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 22.6.2011 – OVG 10 B 1.11 – juris; VG Bremen, U.v. 27.2.1997 – 2 A 28/96 – juris).
Auch die Presse- und Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG reicht nicht weiter als die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG; auch sie sichert als Abwehrrecht nur den Zugang zu allgemein zugänglichen Informationsquellen gegen staatliche Beschränkungen. Zu ihrem Schutzbereich gehört aber ebenso wenig wie zu dem der Informationsfreiheit ein Recht auf Eröffnung einer (bestimmten) Informationsquelle bzw. Art der Information (vgl. BVerfG, U.v. 24.1.2001 – 1 BvR 2623/05 – BVerfGE 103, 44).
3. Ein Rechtsverstoß zum Nachteil des Klägers liegt aber in der Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG.
a. Im Hinblick auf ein über die Geltendmachung (konkreter) Auskunftsverlangen nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG bzw. § 9a RStV hinaus bestehendes Informationsbedürfnis der Medien betreiben die Behörden zunehmend eine aktive Informationspolitik, beispielsweise – wie im vorliegenden Fall – im Rahmen von Pressekonferenzen.
Grundsätzlich hat diese freiwillige Informationstätigkeit, die neben der Vermeidung zahlreicher Einzelanfragen auch der behördlichen Selbstdarstellung dienen kann, ebenfalls öffentlich-rechtlichen Charakter, so dass die Behörden auch insoweit an den Gleichheitssatz gebunden sind (Burkhardt a.a.O. § 4 LPG, Rn. 148 ff.; BVerwG, U.v. 3.12.1974 – I C 30.71 – BVerwGE 47, 247; OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 22.6.2011 – OVG 10 B 1.11 – juris; VG Bremen, U.v. 27.2.1997 – 2 A 28/96 – juris).
Wenn sich eine Behörde von sich aus zur Veröffentlichung von Informationen entschließt, hat sie diese Informationen grundsätzlich allen interessierten Medienvertretern in gleicher Weise zugänglich zu machen. Die Belieferung hat zur gleichen Zeit, auf gleichem (technischen) Weg und in gleicher Form zu erfolgen. Der Gleichheitssatz ist insoweit sowohl in Bezug auf den Zutritt zu Pressekonferenzen und sonstigen Veranstaltungen als auch hinsichtlich der Einzelheiten der Informationsvermittlung – Umfang und Inhalt von Auskünften, Lieferung von Informationsmaterial u. dgl. – zu beachten (vgl. OVG Bremen, U.v. 25.10.1988 – 1 BA 32/88 – NJW 1989, 926; Burkhardt a.a.O. § 4 LPG, Rn. 148 ff.). Das gilt nicht zuletzt deshalb, weil aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG die Verpflichtung des Staates zur Neutralität gegenüber den Medien folgt. Insbesondere ist dem Staat auch untersagt, den Wettbewerb unter Presseorganen zugunsten einzelner Redaktionen oder Verlage zu beeinflussen (Burkhardt a.a.O. § 4 LPG, Rn. 150 m.w.N.; BVerwG, U.v. 26.2.1997 – 6 C 3/96 – BVerwGE 104, 105).
Bei der behördlich initiierten Informationstätigkeit erfährt der Grundsatz der strikten Gleichbehandlung jedoch Einschränkungen insoweit, als sich aus der Natur der Sache heraus die Notwendigkeit von Differenzierungen ergeben kann.
So darf der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht von Vornherein einer Unterrichtung von Medienvertretern auch in kleinerem Kreise entgegenstehen, da andernfalls nur noch eine uniforme Massenunterrichtung möglich wäre und alle anderen individuelleren Formen der Information unterbleiben müssten (BVerwG, U.v. 3.12.1974 – I C 30.71 – BVerwGE 47, 247). Für die Behörde muss es daher möglich sein, bei bestimmten Veranstaltungsarten und zu bestimmten Themen gezielt auf einzelne Pressevertreter zuzugehen (VGH Baden-Württemberg, B.v. 11.6.1986 – 10 S 705/86 – AfP 1989, 587).
Damit ergibt sich bei einer größeren Anzahl interessierter Medienvertreter die Notwendigkeit einer Auswahl. Hierbei gebietet Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, dass sich die Behörde von sachgerechten Erwägungen leiten lässt und nicht willkürlich verfährt; insbesondere muss sie auch die sich aus der Pressefreiheit ergebenden Prinzipien – keine Reglementierung oder Steuerung der Presse oder eines Teils von ihr – als grundlegende Wertentscheidungen der Verfassung beachten.
Insbesondere bei der Zulassung zu Pressekonferenzen, Gesprächskreisen oder Interviews können sich Differenzierungen aufgrund von Sicherheitsaspekten oder eines begrenzten Raumangebotes als notwendig und damit zulässig erweisen, sofern sie willkürfrei und unter Berücksichtigung des grundsätzlichen Anspruchs der Medien auf eine freie Berichterstattung vorgenommen werden. Die Zulassung der interessierten Medienvertreter kann beispielsweise an ein an sachlichen Kriterien orientiertes Akkreditierungsverfahren – etwa zur Sicherheitsüberprüfung – angeknüpft werden (OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 22.6.2011 – OVG 10 B 1.11 – juris; Burkhardt a.a.O § 4 LPG Rn. 153 f.).
Keinesfalls darf die Behörde zwischen „guter“ und „schlechter“ Presse unterscheiden oder etwa nur solche Journalisten informieren, die in ihrer bisherigen journalistischen Tätigkeit einseitig und unkritisch ein nur positives Bild ihrer Einrichtungen und Dienstleistungen der Öffentlichkeit vermittelt haben; die öffentliche Hand muss eine neutrale Informationsstelle sein (BVerwG, U.v. 3.12.1974 – I C 30.71 – BVerwGE 47, 247). Auch die Qualität und Seriosität der Berichterstattung sowie die politische Ausrichtung des Mediums dürfen insofern grundsätzlich keine Rolle spielen.
Auf Seiten der an der Teilnahme interessierten Journalisten besteht ein – insoweit durchsetzbarer – Anspruch auf eine in diesem Sinne ermessensfehlerfreie Teilnehmerauswahl.
Wie bereits ausgeführt hat die Behörde auch hinsichtlich der Einzelheiten der Informationsvermittlung den Gleichheitssatz zu beachten.
Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass der veranstaltenden Behörde bei der konkreten Ausgestaltung einer von ihr initiierten Pressekonferenz oder ähnlichen Veranstaltung sowohl bezüglich der Festlegung des Zeitrahmens als auch des Ablaufs und der inhaltlichen Ausrichtung ein erheblicher Gestaltungsspielraum zukommt.
Insoweit ist den Ausführungen des Beklagten zuzustimmen, wonach es der Behörde freisteht, bei derartigen Presseterminen bestimmten etablierten Gepflogenheiten – wie etwa der dem Leiter vorbehaltene Worterteilung – nachzukommen, keine oder nur eine begrenzte Zahl von Fragen zuzulassen oder von der Behandlung bestimmter Themenkreise ganz abzusehen. So ist es auch nicht von Vornherein unzulässig, eine Konferenz gegebenenfalls vor Abarbeitung aller Wortmeldungen zu schließen, wenn und soweit hierfür ein sachlicher Grund – insbesondere etwa der Ablauf des zeitlich vorgesehenen Rahmens – vorliegt.
b. In Anwendung auf den gegenwärtigen Rechtsstreit ergibt sich hiernach:
aa. Der Kläger kann sich vorliegend auf den aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG folgenden Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe an behördliche Informationstätigkeit berufen, da er als Medienvertreter an der Pressekonferenz des Staatsministeriums des Innern vom 11. April 2016 zur Vorstellung des Verfassungsschutzberichts teilgenommen hat.
Die Einladung zu der Konferenz erfolgte gegenüber „Medienberichterstattern“ als Abonnenten eines E-Mail-Verteilers, für den sich auch der Kläger angemeldet hat. Die Anmeldung ist, soweit ersichtlich, abgesehen von der Angabe des Namens und der E-Mail-Adresse des Abonnenten an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft (vgl. https://www.stmi.bayern.de/med/pressemitteilungen/abonnieren/index.php).
In der Einladung wurde bezüglich der Teilnahme an der Veranstaltung darauf hingewiesen, dass „Presseausweise bereitzuhalten“ seien. Weitere Zugangsbeschränkungen waren nicht vorgesehen.
Ein Presseausweis dient dem Nachweis der haupt- oder nebenberuflichen journalistischen Tätigkeit gegenüber Dritten und ist damit in erster Linie ein Arbeitsinstrument, das die journalistische Recherche erleichtern soll. Eine gesetzliche Regelung über die Ausstellung von Presseausweisen gibt es in Deutschland indes nicht, so dass einem Presseausweis nicht per se legitimierende Wirkung zukommt. Der sogenannte bundeseinheitliche Presseausweis, auch als „amtlich anerkannter“ Presseausweis bezeichnet, der auf eine Vereinbarung zwischen der Innenministerkonferenz auf der einen Seite und Journalistengewerkschaften und Verlegerverbänden auf der anderen Seite im Jahr 1950 zurückgeht, ist seit 2004 ausgesetzt (vgl. i.E. VG München, U.v. 3.7.2014 – M 10 K 13.2584 – juris).
Der Kläger, der nach eigenen Angaben Journalist ist und für die Telemedien „K.-Online“ und „M.“ (vgl. hierzu VG München, U.v. 17.12.2015 – M 17 K 14.4369 – juris) berichtet, legte beim Zugang zu der verfahrensgegenständlichen Pressekonferenz an der Pforte des Ministeriums einen Presseausweis vor und wurde auf dieser Basis eingelassen. Der Eigenschaft des Klägers als Medienberichterstatter im weiteren Sinne hat der Beklagte im Ergebnis auch nicht in Frage gestellt.
bb. Eine Ungleichbehandlung des Klägers liegt damit zwar nicht in seiner fehlenden Zulassung zu der Konferenz. Auch wurde er in Bezug auf die Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2015 durch den Innenminister im gleichen Umfang wie die übrigen Teilnehmer informiert.
Anders als den sonstigen Medienvertretern wurde dem Kläger jedoch im Rahmen der sich anschließenden Fragerunde die Stellung einer Frage verweigert. Hierin liegt eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung.
Grundsätzlich obliegt es dem weiten Gestaltungsspielraum des Veranstalters einer Pressekonferenz, ob er sich dabei auf die bloße Informationsvermittlung beschränkt, oder ob er – ggf. auch in einem festgesteckten zeitlichen Umfang – Nachfragen der Medienvertreter zulässt; eine unmittelbare Verpflichtung zur erschöpfenden Beantwortung aller Fragen eines jeden Anwesenden lässt sich insoweit weder aus der grundrechtlichen Garantie der Pressefreiheit noch aus dem Gleichbehandlungsgebot herleiten.
Entschließt sich eine Behörde jedoch, Nachfragen zuzulassen, muss sie sich bei der Berücksichtigung und Auswahl der Wortmeldungen und ggf. Auswahl der Fragen aber wiederum an dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz festhalten lassen. So ist es ihr nicht von Vornherein verwehrt, nicht alle sich zur Fragestellung meldenden Journalisten zu berücksichtigen, sondern vielmehr auch von der Erteilung des Wortes abzusehen, wenn hierfür ein sachlicher Grund vorliegt und die Wortverweigerung damit nicht willkürlich ist. Ein sachlicher Differenzierungsgrund wäre insoweit insbesondere z.B. der von den Veranstaltern gesteckte zeitliche Rahmen der Pressekonferenz.
Vorliegend sind sachliche Gründe für die Nichtberücksichtigung des Klägers, vor allem zeitliche Aspekte, im Rahmen der verfahrensgegenständlichen Pressekonferenz weder vorgetragen noch ersichtlich.
In diesem Zusammenhang darf weder die politische Ausrichtung des vom Kläger vertretenen Mediums noch dessen Gesinnung oder seine bisherige Berichterstattung zu seiner Zurücksetzung verleiten. Auch darf insbesondere die Befürchtung des Veranstalters der Pressekonferenz bzw. ihres Leiters, dass der Kläger aus Sicht der Behörde unangenehme oder provokative Fragen stellen wird, nicht dazu führen, dass er willkürlich gegenüber seinen Kollegen benachteiligt wird; sollte tatsächlich eine unsachliche oder beleidigende Frage oder gar eine solche mit strafrechtlich relevanten Inhalt gestellt werden, ist es Sache des Konferenzleiters, damit umzugehen und im äußersten Fall von dem behördliche Hausrecht Gebrauch zu machen.
Vor diesem Hintergrund konnte die Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber den übrigen Medienvertretern, deren Fragen berücksichtigt wurden, in der gegebenen konkreten Situation schließlich auch nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass ihm der stellvertretende Pressesprecher eine „bilaterale“ Besprechung im Anschluss an die Pressekonferenz zugesagt hat.
Grundsätzlich besteht zwar kein Anspruch auf eine bestimmte Form der (Einzel-) Auskunftserteilung nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG bzw. § 9a i.V.m. § 55 Abs. 3, Abs. 2 Satz 1 RStV. Art und Weise der Informationsvermittlung liegen im Ermessen der Behörde, sie muss insoweit sachgerecht und pressegeeignet sein (BVerwG, B.v. 25.3.1966 – I B 18.65 – DVBl 1966, 575; Burkhardt a.a.O. § 4 LPG, Rn. 87 m.w.N.). Da Verpflichtete nach diesen Vorschriften jeweils die Behörde als solche ist, besteht auch kein Anspruch auf die Auskunftserteilung durch eine bestimmte Person innerhalb ihrer Organisationsstruktur, namentlich durch die Behördenleitung.
Für die (Einzel-) Auskunftserteilung ist beim Beklagten gemäß der Geschäftsverteilung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern das Pressesachgebiet beauftragt und zuständig (§ 19 Abs. 3 IM-GO), so dass die Pressesprecher grundsätzlich richtige „Ansprechpartner“ für die Medienvertreter darstellen.
Insoweit trifft zwar der Einwand des Beklagten, der Kläger könne nicht die Beantwortung einer Frage durch den Innenminister persönlich beanspruchen, grundsätzlich zu, er ist im vorliegenden Einzelfall jedoch nicht zielführend. Denn hier steht – wie bereits ausgeführt – gerade nicht die Geltendmachung eines Anspruchs nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG bzw. § 9a i.V.m. § 55 Abs. 3, Abs. 2 Satz 1 RStV im Streit, sondern das Gebot der Gleichbehandlung des Klägers mit seiner berichterstatterischen „Konkurrenz“.
Die Fragerunde im Anschluss an die Vorstellung des Verfassungsschutzberichts durch den Innenminister diente dem Zweck, den einzelnen Medienvertretern gezieltes Nachfragen zu einzelnen Punkten des Berichts zu ermöglichen und sie insofern auch ggf. mit druckfähigen Zitaten des Ministers persönlich zu versorgen.
Vor diesem Hintergrund liegt eine Ungleichbehandlung des Klägers hier bereits in der Tatsache, dass er in der konkreten Veranstaltung deren genannte Vorzüge nicht im selben Umfang wie die übrigen Medienvertreter, die Fragen stellen durften, nutzen konnte, ohne dass für diese Benachteiligung eine sachliche Rechtfertigung gegeben war.
III.
Aus den vorstehenden Gründen war der Klage mit der Kostenfolge gemäß § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.


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