IT- und Medienrecht

Unterlassungsklage einer ambulanten Pflegeeinrichtung gegen Krankenkassen

Aktenzeichen  L 4 KR 428/16

Datum:
27.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 23750
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
BGB  § 241 Abs. 2, § 823 Abs. 2, § 1004
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1
SGB V § 197a
SGG § 54 Abs. 5
StGB § 186

 

Leitsatz

Das Rechtsschutzbedürfnis für eine gegen eine Krankenkasse gerichtete Leistungsklage auf Unterlassung einer Information weiterer Krankenkassen über das Ergebnis eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens und die Möglichkeit der Aufrechnung fehlt, wenn die Information bereits erfolgt ist und keine Wiederholungsgefahr besteht. (Rn. 44 und 45)

Verfahrensgang

S 17 KR 985/14 2016-07-06 Urt SGMUENCHEN SG München

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 6. Juli 2016 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur noch das Unterlassungsbegehren der Klägerin bezüglich der Aufstellung und/oder Verbreitung der Behauptung, die Techniker Krankenkasse und/oder die TK Pflegekasse, die BARMER GEK Krankenkasse und/oder Pflegekasse, die DAK Gesundheit Krankenkasse und/oder Pflegekasse und die HEK Krankenkasse und/oder Pflegekasse hätten gegen die Klägerin aufrechenbare Ersatzforderungen aufgrund falsch abgerechneter Leistungen des ambulanten Pflegedienstes der Klägerin „M.“ aus den Leistungserbringermonaten zwischen Juni 2007 und September 2009 und dürften diese von neu eingereichten Rechnungen der Klägerin bei den im einzelnen genannten Krankenkassen und/oder Pflegekassen abziehen sowie die abgezogenen Beiträge der vdek Landesvertretung Bayern gutschreiben.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 151 SGG). Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage auf Unterlassung wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen.
Die gegen die Beklagte auf Unterlassung gerichtete Klage ist als echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG in Form einer Unterlassungsklage statthaft, weil sich das Begehren auf das Unterlassen einer zukünftig drohenden Amtshandlung richtet, die nicht in Form eines Verwaltungsaktes zu ergehen hat. Die Statthaftigkeit solcher (vorbeugender) Unterlassungsklagen als Unterfall der echten Leistungsklage wird vom BSG und den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in ständiger Rechtsprechung anerkannt (vgl. BSG, Urteil vom 28.01.1993, 2 RU 8/92).
Die Klage hat aber keinen Erfolg, sie ist bereits unzulässig, denn es ist ein Rechtsschutzbedürfnis nicht zu erkennen. An das Rechtsschutzbedürfnis sind bei Unterlassungsklagen nach der Rechtsprechung des BSG besondere Anforderungen zu stellen. Voraussetzung einer Unterlassungsklage ist die Behauptung des Klägers, dass ein Rechtsanspruch bestehe, dessen drohende Verletzung zu besorgen sei, dass also ein Eingriff in eine geschützte Rechtsposition bestehe (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.1995, 6 RKa 17/95). Als maßgebliches Kriterium für das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses und damit für die Zulässigkeit vorbeugenden Rechtsschutzes gilt, dass ein erneutes als widerrechtlich beurteiltes Vorgehen der Behörde ernstlich zu befürchten ist (vgl. BSG, Urteil vom 28.01.1993, 2 RU 8/92).
Eine solche Wiederholungsgefahr ist aber vorliegend nicht ersichtlich. Vielmehr hat die Beklagte glaubhaft erklärt, sie sei – abgesehen vom Berufungsverfahren – nicht mehr mit der Sache befasst. Die Aufrechnungen seien durch andere Ersatzkassen erfolgt. Die Beklagte habe keinerlei Veranlassung, andere Krankenkassen in dieser Angelegenheit über irgendetwas zu informieren. Dieser Vortrag ist entgegen der Ausführungen der Klägerseite auch nicht als Schutzbehauptung zu werten. Die Beklagte hat vielmehr offensichtlich keine Veranlassung zu einer weiteren Befassung mit dem Sachverhalt.
Gegenstand der von der Klägerin als widerrechtlich angesehenen Information war ein im Rahmen eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens ermittelter, sich aus der Abrechnung von nicht oder nicht vollständig erbrachten Leistungen in den Jahren 2007 bis 2009 ergebender Schaden zu Lasten einzelner Krankenkassen. Die Beklagte hat die Ersatzkassen Barmer GEK, DAK Gesundheit, HEK und TK über die Ergebnisse dieses staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens und die im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zu Lasten der genannten Ersatzkassen ermittelten Schadensbeträge informiert. Sie hat die Ersatzkassen weiter darüber informiert, dass die Klägerin nicht zahlungsbereit sei und daher Aufrechnung angezeigt sei. Das weitere Vorgehen blieb den einzelnen Ersatzkassen überlassen. Die Barmer GEK und die DAK haben jeweils bereits im Juli 2014 entsprechende Aufrechnungen vorgenommen. Die HEK hat im Oktober 2014 aufgerechnet. Die TK hat keine Aufrechnung vorgenommen. Die Klägerin hat gegen die von der Barmer GEK Pflegekasse und der DAK Gesundheit Pflegekasse vorgenommenen Aufrechnungen Klage erhoben.
Es besteht damit keinerlei ernstliche Befürchtung, dass sich das als rechtswidrig behauptete Handeln der Beklagten wiederholen wird.
Der Klägerin geht es vorliegend letztlich um eine abstrakte objektive Rechtskontrolle des Verwaltungshandelns der Beklagten. Diese im Wege des für diese Fälle nicht konzipierten öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs geltend zu machen, ist nach der Rechtsprechung des BSG nicht zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 15.11.1995, 6 RKa 17/95).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe zur Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a SGG i.V.m. § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).


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