IT- und Medienrecht

Unwirksamkeit allgemeiner Geschäftsbedingungen für künftige Verträge

Aktenzeichen  2 HK O 2331/20

Datum:
13.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 40809
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München II
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 305, § 307 Abs. 2, § 266

 

Leitsatz

1. Eine generelle Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen für zukünftige Verträge ist mit der ausdrücklichen Regelung in § 305 BGB nicht vereinbar und damit unwirksam. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine allgemeine Geschäftsbedingung, die eine Warenversendung aus technischen oder logistischen Gründen in mehreren Etappen vorsieht, ist unwirksam, weil der Schuldner zu Teilleistungen nicht berechtigt ist.  (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine allgemeine Geschäftsbedingung, nach der jegliche Vertragsänderungen und Nebenabreden zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedürfen, stellt eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartner dar. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, mit Ausnahme der durch die Säumnis im schriftlichen Vorverfahren entstandenen Kosten: diese hat der Kläger zu tragen.

Gründe

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91a Abs. 1 ZPO.
Die Beklagtenpartei hat der Erledigterklärung der Klagepartei zugestimmt. Das Gericht hat deshalb unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen darüber zu entscheiden, wie die Kosten des Rechtsstreits zu verteilen sind. Ausschlaggebend ist hierbei insbesondere der ohne die Erledigterklärung zu erwartende Verfahrensausgang, wobei lediglich eine summarische Prüfung der jeweiligen Erfolgsaussichten erfolgen kann.
Die beklagte Partei hat keine erheblichen Einwendungen gegen den Klageanspruch vorgebracht. Vorgerichtlich hat sie lediglich erklärt, keine Unterlassungserklärung abgeben zu wollen, vgl. Anlage B 1. Der von Klägerseite vorgetragene Sachverhalt ist demnach als unstreitig der Entscheidung zugrunde zu legen.
An der Zulässigkeit der Klage sowie der Aktivlegitimation der Klägerseite besteht kein Zweifel.
Der klägerische Anspruch auf Beseitigung und Unterlassung ergibt sich hier wie folgt:
„1. Hinsichtlich der Formulierung:“
I. Allgemeines und Geltungsbereich
1. Nachstehende Geschäftsbedingungen gelten für … … und zukünftigen Geschäftsbeziehungen zwischen dem Kunden und der Pharmos Natur Green Luxury GmbH … … wäre dem Kläger ein Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 I, 3 I, 3 a UWG (idF vom 24.2.2016) iVm § 307 II Nr. 1 BGB zugestanden. Eine generelle Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen für zukünftige Verträge ist mit der ausdrücklichen Regelung in § 305 BGB nicht vereinbar, und ist damit unwirksam. Die Vorschrift des § 307 BGB ist Markverhaltensregelung, vgl Harte/Henning, v. Jagow, Rn 70 zu § 3 a UWG.
2. Hinsichtlich der Formulierung
IV. Lieferung
… … 2. Sollte aus technischen oder logistischen Gründen eine Versendung in mehreren Etappen erfolgen, … … ergibt sich ein Anspruch des Klägers aus §§ 8 I, 3 I, 3 a UWG (idF vom 24.2.2016) iVm§ 307 II Nr. 1, § 266 BGB. Danach ist der Schuldner nicht zu Teilleistungen berechtigt, es sei denn, die Parteivereinbarung wird durch ein Zumutbarkeitskriterium für den Käufer eingeschränkt, vgl Ellenberger/Grüneberg, 80. Auflage, Rn 5 zu § 266 BGB.
3. Hinsichtlich der Formulierung
IX. Anwendbares Recht und Schriftformabrede
… … 2. Jegliche Vertragsänderungen und Nebenabreden bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform hätte der Klägerseite ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 I, 3 I, 3 a UWG (idF vom 24.2.2016) iVm § 3 307 II Nr. 1, 305 b BGB zugesprochen werden müssen. Auf die st. Rspr des BGH wird insoweit Bezug genommen, vgl MüKo, Rn 15 zu § 305 b BGB:
„Dagegen sind solche Schriftformklauseln mit § 307 nicht vereinbar, die den Verwender in die Lage versetzen sollen, (auch) nach Vertragsschluss getroffene mündliche Vereinbarungen als unwirksam zu behandeln.44 Solche Klauseln sind nämlich geeignet, den Vertragspartner von der Durchsetzung der ihm zustehenden Rechte abzuhalten.45 Trifft der Kunde nach Abschluss des Vertrages mit einem vertretungsberechtigten Angestellten des Verwenders – das ist im Verbandsprozess stets zu unterstellen – eine mündliche Vereinbarung über Lieferzeit, Zahlungsweise oder über Menge und Beschaffenheit der ihm zu erbringenden Leistungen, so verdient sein Vertrauen darauf, dass insoweit damit auch die Schriftformklausel außer Kraft gesetzt ist,46 umso mehr Schutz, als der Kunde bei nachträglichen Abmachungen nicht ohne weiteres eine Möglichkeit hat, auf ihre nachträgliche schriftliche Fixierung (etwa in einem Bestellschein) zu dringen.“
Schließlich stellt der fehlende Umsatzsteuerhinweis VOR Einlegung der Ware in den Warenkorb einen Verstoß gegen § 1 II S. 1 Nr. 1 PangV dar. Im hier vorliegenden Fall hat Klägerseite unwidersprochen vorgetragen, dass ein Hinweis vollständig fehlt, so dass für den Verbraucher unklar ist, ob auf den angegebenen Preis noch eine Umsatzsteuer anfällt. Auf die st Rspr des BGH wird insoweit verwiesen, vgl. BGH, NJW 2008, 1595 (“Wer im Fernabsatz für Waren oder Leistungen unter Angabe von Preisen wirbt, muss darauf hinweisen, dass der geforderte Preis die Umsatzsteuer enthält.“)
Vorliegend sind deshalb der beklagten Partei die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da sie ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses in dem Rechtsstreit voraussichtlich unterlegen wäre.
Das gilt allerdings nicht für die Kosten des ergangenen Versäumnisurteiles, da ein Fall von § 344 ZPO nicht vorliegt, worauf die Beklagtenseite zu Recht hingewiesen hat.


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