IT- und Medienrecht

Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Grundlagen zur Rundfunkfinanzierung

Aktenzeichen  Au 7 K 15.1685

Datum:
17.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG GG Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 S. 1, Art. 23 Abs. 6 S. 1, Art. 70 Abs. 1
BV BV Art. 101
RBStV RBStV § 1, § 4 Abs. 1 Nr. 10, Abs. 2, Abs. 6 S. 1, § 5 Abs. 1, Abs. 4, § 7 Abs. 1, Abs. 3, § 9 Abs. 2, § 10 Abs. 7
VwGO VwGO § 67 Abs. 2 S. 1, Abs. 2 S. 2 Nr. 3 bis 7

 

Leitsatz

1. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist als taugliche Rechtsgrundlage und als verfassungsgemäß anzusehen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Rundfunkbeitrag mag aufgrund der dem Abgabentatbestand zugrunde liegenden Typisierungen und unwiderleglichen Vermutungen nahezu jeden im Inland Wohnenden und Arbeitenden unausweichlich erfassen und sich so einer Gemeinlast annähern. Gleichwohl bleibt er Gegenleistung für den individualnützigen Vorteil, der jeder einzelnen Person im privaten und nicht privaten Bereich aus dem Programmangebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als stetiger, individuell erschließbarer Quelle der Information, Unterhaltung und kulturellen Anregung zufließt. Die Breite der Finanzierungsverantwortung korrespondiert mit der Größe des Adressatenkreises, an den sich das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks richtet. (redaktioneller Leitsatz)
3. Da das Programmangebot, dessen Finanzierung die Rundfunkbeiträge dienen, den Charakter einer Gegenleistung des Abgabenberechtigten zugunsten der Abgabenpflichtigen hat, scheidet eine Qualifizierung als Zwecksteuer aus (so BVerfGE 49, 343 [353) = NJW 1979, 958). Stellt der Rundfunkbeitrag demnach keine Steuer dar, richtet sich die Gesetzgebungskompetenz nach den allgemeinen Regeln für die betroffene Sachmaterie. Der Beitrag ist dem Gebiet des Rundfunks zuzuordnen, das nach der Regel des Art. 70 Abs. 1 GG in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt (vgl. Art. 23 Abs. 6 S. 1 GG). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Entscheidungsgründe:
Gemäß § 101 Abs. 2 VwGO konnte die Entscheidung im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergehen.
Die Klage ist zulässig, aber in der Sache ohne Erfolg. Die von der Beklagten erlassenen Festsetzungsbescheide vom 1. Dezember 2014, vom 1. April 2015 und vom 1. Mai 2015, in der Gestalt, die sie durch den Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2015 gefunden haben, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Erhebung von Rundfunkbeiträgen ist seit dem 1. Januar 2013 der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) (in der Fassung der Bekanntmachung vom 7.6.2011, GVBl S. 258), der durch Zustimmungsbeschluss des Landtags vom 17. Mai 2011 in Bayerisches Landesgesetz umgesetzt wurde.
1) Die hier streitgegenständlichen Beitragsbescheide sowie der Widerspruchsbescheid sind in formeller Hinsicht rechtmäßig, denn entgegen der Ansicht des Klägers ist die beanstandete „Ausgliederung“ öffentlich rechtlichen Handelns rechtlich nicht zu beanstanden. Vorliegend handelte der Beklagte – durch den Beitragsservice – als zuständige Behörde für die Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge. Nach § 10 Abs. 7 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) in Verbindung mit § 2 der Satzung über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge nimmt jede Landesrundfunkanstalt die ihr nach diesem Staatsvertrag zugewiesenen Aufgaben und die damit verbundenen Rechte und Pflichten ganz oder teilweise durch die im Rahmen einer nichtrechtsfähigen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsgemeinschaft betriebene Stelle der öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten selbst wahr. Da diese gemeinsame Stelle nicht rechtsfähig ist und deshalb nur im Namen der jeweils zuständigen Landesrundfunkanstalt handeln kann, bleibt jede einzelne Landesrundfunkanstalt – vorliegend der Beklagte – für die Aufgabe des Beitragseinzugs rechtlich zuständig und verantwortlich. Bei der Tätigkeit der gemeinsamen Stelle handelt es sich somit weiterhin um die originären Aufgaben der jeweiligen Landesrundfunkanstalt, die diese nunmehr durch die gemeinsame Stelle für ihren Bereich selbst durchführt. Die gemeinsame Stelle ist dabei eine Verwaltungsstelle, die jeweils für die Landesrundfunkanstalt tätig wird, an welche die Beiträge nach § 10 Abs. 1 und 2 RBStV zu entrichten sind. Es handelt sich bei der gemeinsamen Stelle daher um einen Teil jeder Rundfunkanstalt, der lediglich aus Zweckmäßigkeitsgründen aus dem normalen Betrieb am Sitz jeder Anstalt örtlich ausgelagert wurde (Tucholke in: Hahn /Vesting, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, RBStV, § 10 Rdnr. 57ff.).
Nach § 9 Abs. 2 RBStV wird die zuständige Landesrundfunkanstalt dazu ermächtigt, Einzelheiten des Verfahrens zur Leistung des Rundfunkbeitrags, zur Kontrolle der Beitragspflicht und zur Erhebung von Zinsen, Kosten und Säumniszuschlägen durch Satzung zu regeln. Auf dieser Ermächtigungsgrundlage beruht die Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge (Beitragssatzung) vom 19. Dezember 2012, in Kraft getreten am 01.01.2013 (StAnz Nr. 51-52/2012). In § 2 Beitragssatzung ist geregelt, dass die im Rahmen einer nichtrechtsfähigen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsgemeinschaft betriebene gemeinsame Stelle der öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten die der Rundfunkanstalt zugewiesenen Aufgaben und die damit verbundenen Rechte und Pflichten nach § 10 Abs. 7 S. 1 RBStV ganz oder teilweise für diese wahrnimmt und dabei auch für das ZDF und das Deutschlandradio tätig wird. Bei dieser „gemeinsamen Stelle“ handelt es sich um den „ARD, ZDF, Deutschlandradio Beitragsservice“. Da dieser aufgrund der o.g. gesetzlichen Bestimmungen den rundfunkeigenen Beitragseinzug für den Beklagten betreibt, werden – wie hier – die Beitrags- und Widerspruchsbescheide, von dem Beitragsservice als gemeinsamer Stelle ausdrücklich im Namen der jeweils zuständigen Landesrundfunkanstalt erstellt (Tucholke in: Hahn /Vesting, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, RBStV § 10 Rdnr. 61).
2) Es bestehen keine Zweifel an der materiellen Rechtmäßigkeit der Beitragsbescheide vom 1. Dezember 2014, vom 1. April 2015 und vom 1. Mai 2015 und des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2015.
a) Der Kläger wurde im nicht privaten Bereich aufgrund § 5 Abs. 1 Nr. 1 RBStV für den Zeitraum Mai 2013 bis April 2015 als Inhaber einer Betriebsstätte der Staffel 1 herangezogen und mit 3 Bescheiden zur Zahlung von insgesamt 143,60 EUR verpflichtet. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 RBStV war für die Betriebsstätte je Monat ein Drittel des Rundfunkbeitrags zu bezahlen. Dieser betrug bis März 2015 17,98 EUR pro Monat. Ab April 2015 waren 17,50 EUR pro Monat zu entrichten.
Die festgesetzten Rundfunkbeiträge waren bei Erlass der streitgegenständlichen Beitragsbescheide fällig und noch nicht bezahlt. Die Rundfunkbeitragspflicht entsteht kraft Gesetzes. Sie beginnt mit dem Ersten des Monats, in dem der Beitragsschuldner erstmals die Betriebsstätte innehat. Der Rundfunkbeitrag ist monatlich geschuldet und in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten (§ 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 RBStV). Die streitgegenständlichen Rundfunkbeiträge für den Zeitraum Mai 2013 bis April 2015 waren somit (kraft Gesetzes) im Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Bescheide vom 1. Dezember 2014, vom 1. April 2015 und vom 1. Mai 2015 jeweils fällig gewesen. Der Beklagte war daher gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 RBStV i. V. m. § 11 Abs. 1 der Rundfunkbeitragssatzung berechtigt, einen Säumniszuschlag in Höhe von 8,00 EUR je Bescheid festzusetzen, da der Kläger die geschuldeten Beiträge nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Fälligkeit (§ 7 Abs. 3 RBStV) entrichtet hat.
b) Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist als taugliche Rechtsgrundlage und als verfassungsgemäß anzusehen. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat am 15. Mai 2014 auf zwei Popularklagen hin unanfechtbar und für alle Bayerischen Verfassungsorgane, Gerichte und Behörden bindend (Art. 29 Abs. 1 des Gesetzes über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof – VfGHG) insbesondere entschieden, dass die Vorschriften des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags mit der Bayerischen Verfassung (BV) vereinbar sind (BayVfGH, E. v. 15.5.2014 – Vf. 8-VII-12 und Vf. 24-VII-12 – juris). Das erkennende Gericht schließt sich dieser Auffassung an.
aa) Es fehlt nicht an der erforderlichen Gesetzgebungskompetenz, da sich der Rundfunkbeitrag nicht als versteckte Steuer darstellt. Als spezielle finanzverfassungsrechtliche Norm begründet Art. 105 Grundgesetz (GG) Gesetzgebungskompetenzen für Steuern. Dagegen sind für nichtsteuerliche Abgaben, wie Gebühren und Beiträge als sogenannte Vorzugslasten, die Gesetzgebungskompetenzen aus den allgemeinen Regeln der Art. 70 ff. GG für die betroffene Sachmaterie herzuleiten (BVerfG, E. v. 17.7.2003 – BVerfGE 108, 186/212; VerfGH E. v. 28.5.2009 – VerfGHE 62, 79/93). Ob eine Steuer oder eine nichtsteuerliche Abgabe vorliegt, bestimmt sich nicht nach der vom Gesetzgeber gewählten Bezeichnung, sondern nach dem tatbestandlich bestimmten materiellen Gehalt (BVerfG, E. v. 19.3.2003 – BVerfGE 108, 1/13; E. v. 4.2.2009 – BVerfGE 123, 1/16). Bei der Zahlungsverpflichtung, die der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag den Inhabern von Wohnungen, Betriebsstätten und Kraftfahrzeugen zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auferlegt, handelt es sich nach ihrem tatbestandlich bestimmten materiellen Gehalt um eine nichtsteuerliche Abgabe. Sie ist sowohl im privaten wie auch im nicht privaten Bereich im Gegensatz zu einer Steuer nicht „voraussetzungslos“ geschuldet, sondern wird als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben. Dieser stellt im Rahmen seines klassischen Funktionsauftrags, zur Meinungs- und Willensbildung beizutragen, zu unterhalten und zu informieren sowie eine kulturelle Verantwortung wahrzunehmen (BVerfG, E. v. 11.9.2007 – BVerfGE 119, 181/218; E. v. 25.3.2014 – 1 BvF 1/11 u. a. – juris Rn. 33 ff.), eine allgemein zugängliche Informationsquelle im Sinn des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG bereit. Zur Finanzierung dieser Aufgabe sollen nach der Konzeption des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags diejenigen herangezogen werden, denen die Rundfunkprogramme zugute kommen. Die Zahlungsverpflichtung besteht unabhängig von der tatsächlichen Rundfunknutzung und knüpft an die bestehende Möglichkeit der Nutzung an, ohne dass, wie bei der früheren gerätebezogenen Rundfunkgebühr, die für einen Empfang erforderlichen Einrichtungen vorhanden sein müssen. Dazu stellen die Beitragstatbestände auf das Innehaben bestimmter Raumeinheiten und damit mittelbar auf die dort vermuteten Nutzungsmöglichkeiten für bestimmte Personengruppen ab. Die Zahlungsverpflichtung kann nach dem zentralen Ziel des Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags nicht durch den Einwand abgewendet werden, es existierten keine technischen Empfangseinrichtungen oder es erfolge in der jeweiligen Raumeinheit aufgrund individueller Entscheidung keine Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (LT-Drs. 16/7001 S. 11, 13). Das wird bestätigt durch die Befreiungs- und Ermäßigungstatbestände (§§ 4, 5 Abs. 4 bis 6 RBStV). Sie lassen, abgesehen von Vergünstigungen aus sozialen oder gesellschaftspolitischen Erwägungen, eine Ausnahme von der Rundfunkbeitragspflicht nur für den Fall zu, dass eine Nutzung des Programmangebots aus objektiven – durch den Einzelnen nicht beeinflussbaren – Gründen ausgeschlossen ist, dass also mit dem Programmangebot keine beitragsrelevante Nutzungsmöglichkeit verbunden ist. Das gilt etwa für Betriebsstätten, die vorübergehend stillgelegt sind (§ 5 Abs. 4 RBStV) oder in denen kein Arbeitsplatz eingerichtet ist (§ 5 Abs. 5 Nr. 2 RBStV). Im privaten Bereich sind Taubblinde und Empfänger von Blindenhilfe nach § 72 SGB XII von der Beitragspflicht zu befreien (§ 4 Abs. 1 Nr. 10 RBStV), weil der Rundfunk sie nicht oder nur sehr eingeschränkt erreichen kann; demgegenüber haben etwa hörgeschädigte oder behinderte Menschen, die das Programmangebot physisch jedenfalls teilweise nutzen können, folgerichtig nur einen Anspruch auf Ermäßigung (vgl. § 4 Abs. 2 RBStV). Schließlich liegt mit Blick auf die technischen Voraussetzungen des Programmempfangs ein besonderer Härtefall, in dem von der Beitragspflicht nach § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV zwingend zu befreien ist, nach den Gesetzesmaterialien erst dann vor, wenn es einem Beitragsschuldner objektiv unmöglich ist, zumindest über einen Übertragungsweg Rundfunk zu empfangen (LT-Drs. 16/7001 S. 16). Wird der Rundfunkbeitrag demnach für das Programmangebot ohne Rücksicht auf die Nutzungsgewohnheiten und -absichten verlangt, also für die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, so handelt es sich, wie seine gesetzliche Bezeichnung klarstellt, um eine Vorzugslast in der herkömmlichen Gestalt eines Beitrags (BVerfG, E. v. 24.1.1995 – BVerfGE 92, 91/115). Dem Charakter einer Vorzugslast steht nicht entgegen, dass der abgabenbegründende Vorteil typisierend allein an das Innehaben einer Raumeinheit geknüpft wird; der Rundfunkbeitrag wird insbesondere nicht wegen des fehlenden Gerätebezugs zur verdeckten Steuer. Der tatbestandlichen Anknüpfung liegt die sachgerechte Erwägung zugrunde, dass die einzelnen Personen als Adressaten des Programmangebots den Rundfunk vornehmlich in einer der beitragspflichtigen Raumeinheiten nutzen oder nutzen können und dass deshalb das Innehaben einer solchen Raumeinheit ausreichende Rückschlüsse auf den abzugeltenden Vorteil zulässt. Das begründet einen ausreichenden inneren Sachzusammenhang zwischen der Geldzahlungspflicht und dem mit ihr verfolgten gesetzgeberischen Ziel des Vorteilsausgleichs (a. A. Degenhart, Verfassungsfragen des Betriebsstättenbeitrags nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag der Länder, K&R Beihefter 1/2013 zu Heft 3, S. 11; Korioth/Koemm, DStR 2013, 833/835; Exner/Seifarth, NVwZ 2013, 1569/1571). Der Rundfunkbeitrag mag aufgrund der dem Abgabentatbestand zugrunde liegenden Typisierungen und unwiderleglichen Vermutungen nahezu jeden im Inland Wohnenden und Arbeitenden unausweichlich erfassen und sich so einer Gemeinlast annähern. Gleichwohl bleibt er Gegenleistung für den individualnützigen Vorteil, der jeder einzelnen Person im privaten und nicht privaten Bereich aus dem Programmangebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als stetiger, individuell erschließbarer Quelle der Information, Unterhaltung und kulturellen Anregung zufließt. Die Breite der Finanzierungsverantwortung korrespondiert mit der Größe des Adressatenkreises, an den sich das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks richtet. Das ändert aber nichts an dem tatbestandlich bestimmten Gegenleistungsverhältnis zur einzelnen Person, das die finanzverfassungsrechtliche Einordnung als nichtsteuerliche Abgabe bestimmt. Rundfunkbeiträge dienen zudem nicht, wie Steuern, der Erzielung von Einnahmen für den allgemeinen Finanzbedarf eines öffentlichen Gemeinwesens (BVerfGE 108, 186/212; BVerfG, E. v. 16.9.2009 – BVerfGE 124, 235/237). Sie werden vielmehr gemäß § 1 RBStV zur funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und zur Finanzierung der Aufgaben nach § 40 des Rundfunkstaatsvertrags erhoben. Das Aufkommen aus dem Rundfunkbeitrag fließt nicht, wie das Steueraufkommen, in den allgemeinen Haushalt, sondern wird gemäß § 9 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag (RFinStV) auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbieter aufgeteilt. Da das Programmangebot, dessen Finanzierung die Rundfunkbeiträge dienen, den Charakter einer Gegenleistung des Abgabenberechtigten zugunsten der Abgabenpflichtigen hat, scheidet eine Qualifizierung als Zwecksteuer aus (BVerfG vom 12.10.1978 – BVerfGE 49, 343/353). Stellt der Rundfunkbeitrag demnach keine Steuer dar, richtet sich die Gesetzgebungskompetenz nach den allgemeinen Regeln für die betroffene Sachmaterie. Der Beitrag ist dem Gebiet des Rundfunks zuzuordnen, das nach der Regel des Art. 70 Abs. 1 GG in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt (vgl. Art. 23 Abs. 6 Satz 1 GG).
bb) Soweit der Kläger sinngemäß vorträgt, der Beitrag sei zu hoch, macht er letztlich Verstöße gegen die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowie die mangelnde Kontrolle geltend. Daraus ergeben sich aber keine verfassungsrechtlichen Zweifel an den gesetzlichen Grundlagen der Rundfunkfinanzierung. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 11. September 2007 (Az.: 1 BvR 2270 u. a., BVerfGE 119, 181, juris) entschieden, dass die staatsvertraglichen Regelungen über das Verfahren der Gebührenfestsetzung mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar sind. Mit dem dreistufigen Verfahren aus Bedarfsanmeldung der Rundfunkanstalten, Prüfung der Anmeldung und Bedarfsfeststellung durch das politisch unabhängige Fachgremium der Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs – KEF – und anschließender Festsetzung der Gebühr durch den Rundfunkgesetzgeber ist den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt (BVerfG, a. a. O., juris, Rn. 151). Das Bundesverfassungsgericht sah auch die verfassungsrechtlichen Vorgaben der Unabhängigkeit der KEF als gewahrt an (juris, Rn. 152). Durch die Einführung des Rundfunkbeitrags hat sich an diesem Finanzierungssystem nach dem Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag nichts geändert. Gegen eine nachhaltige und strukturelle „Übersicherung“ bzw. „Überfinanzierung“ der Rundfunkanstalten hat der Gesetzgeber hinreichend effektive Vorkehrungen getroffen (vgl. OVG NW, U. v. 12.3.2015 – 2 A 2311/14, 2 A 2422/14 und 2 A 2423/14 – juris, Rn. 61). So müssen etwa Überschüsse am Ende der Beitragsperiode vom Finanzbedarf für die folgende Beitragsperiode abgezogen werden, § 3 Abs. 2 Satz 3 RFinStV.
cc) Auch ein Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG bzw. Art. 101 BV liegt nicht vor. Art. 101 BV verbürgt die Handlungsfreiheit grundsätzlich in allen Lebensbereichen und schützt damit auch vor der Auferlegung gesetzwidriger Zahlungsverpflichtungen (BayVerfGH, E. v. 19.4.2007 – VerfGHE 60, 80/88). Die zur Prüfung stehenden Vorschriften belasten die Inhaber von Wohnungen, Betriebsstätten und bestimmten Kraftfahrzeugen mit einer Abgabenforderung zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und beeinträchtigen sie damit in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit. Nicht berührt ist Art. 101 BV allerdings in der Ausprägung als Berufsfreiheit (BayVerfGH, E. v. 24.5.2012 – BayVBl 2013, 431/432), weil die Beitragspflicht auch im nicht privaten Bereich weder unmittelbaren Bezug zur beruflichen Tätigkeit noch objektiv berufsregelnde Tendenz erkennen lässt. Der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit ist gerechtfertigt. Diese ist durch Art. 101 BV nur innerhalb der Schranken der Gesetze gewährleistet. Hierzu zählen sämtliche Rechtsvorschriften, die mit der Bayerischen Verfassung einschließlich den aus Art. 101 BV selbst resultierenden Schranken, insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, in Einklang stehen (BayVerfGH, E. v. 24.11.1989 – VerfGHE 42, 156/165; E. v. 9.11.2004 – VerfGHE 57, 161/166; E. v. 25.6.2010 – VerfGHE 63, 83/96). Die Bestimmung des § 5 Abs. 1 RBStV genügt diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen. Sie entspricht insbesondere dem Rechtsstaatsprinzip unter dem Blickwinkel der bundesverfassungsrechtlichen Kompetenzordnung (s. o. zu 2) b) aa)) auch nicht unverhältnismäßig (s. o. zu 2) b) bb)).
3) Auf eine Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes wegen des Anknüpfungspunktes der Wohnungsinhaberschaft kann sich der Kläger vorliegend schon gar nicht berufen, da er wegen des Innehabens einer Betriebsstätte herangezogen wurde. Damit spielt sich der vorliegende Fall im nicht privaten Bereich ab, in welchem die Frage der Wohnungsinhaberschaft irrelevant ist.
4) Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
5) Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder
Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.
Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Der Wert des Streitgegenstands wird auf 167,60 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,– EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.


Ähnliche Artikel

Unerwünschte Werbung: Rechte und Schutz

Ganz gleich, ob ein Telefonanbieter Ihnen ein Produkt am Telefon aufschwatzen möchte oder eine Krankenkasse Sie abwerben möchte – nervig können unerwünschte Werbeanrufe, -emails oder -schreiben schnell werden. Was erlaubt ist und wie Sie dagegen vorgehen können, erfahren Sie hier.
Mehr lesen

Was tun bei einer negativen Bewertung im Internet?

Kundenbewertungen bei Google sind wichtig für Unternehmen, da sich potenzielle Neukunden oft daran orientieren. Doch was, wenn man negative Bewertungen bekommt oder im schlimmsten Fall sogar falsche? Das kann schädlich für das Geschäft sein. Wir erklären Ihnen, was Sie zu dem Thema wissen sollten.
Mehr lesen

Der Influencer Vertrag

In den letzten Jahren hat sich Influencer Marketing einen starken Namen in der Werbebranche gemacht. Viele Unternehmen setzen auf platzierte Werbeanzeigen durch Influencer. Was jedoch zwischen Unternehmer und Influencer vertraglich im Vorfeld zu beachten ist, werden wir Ihnen im Folgenden erläutern.
Mehr lesen


Nach oben