IT- und Medienrecht

Verfassungsmäßigkeit des Wechsels von digitaler auf analoge Technik zur Verbreitung von Hörfunkprogrammen

Aktenzeichen  Vf. 9-VII-15

Datum:
17.7.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2018, 407
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:
BV Art. 3 Abs. 1 S. 1, Art. 111a Abs. 1 S. 1, Art. 112 Abs. 2, Art. 118 Abs. 1
VfGHG Art. 55 Abs. 1 S. 2
BayRG Art. 2 Abs. 4
RStV § 11c Abs. 2 S. 6, § 19 S. 3

 

Leitsatz

1. Art. 2 Abs. 4 BayRG, der den Austausch eines in digitaler Technik verbreiteten Hörfunkprogramms gegen ein in analoger Technik verbreitetes Hörfunkprogramm unter bestimmten Voraussetzungen zulässt, ist mit der Bayerischen Verfassung vereinbar. Ein unauflösbarer Widerspruch zwischen Art. 2 Abs. 4 BayRG und dem Rundfunkstaatsvertrag ist nicht ersichtlich. (Rn. 53 – 88)
2. Der Bayerische Rundfunk erfüllt seinen Grundversorgungsauftrag durch sämtliche von ihm verbreiteten zehn Hörfunkprogramme, unabhängig davon, ob ein Hörfunkprogramm terrestrisch analog oder digital verbreitet wird. (Rn. 81 – 82)
3. Der geplante Austausch von BR-Klassik gegen das Programm PULS auf der UKW-Frequenz ist im Popularklageverfahren kein zulässiger Prüfungsgegenstand. (Rn. 40 – 44)
4. Das Erfordernis, ein Digitalradio anzuschaffen, um ein Programm empfangen zu können, ist objektiv nicht dazu geeignet, Interessenten von diesem Programm fernzuhalten. (Rn. 86) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Gründe

I.
Gegenstand der Popularklage ist die Frage, ob Art. 2 Abs. 4 des Gesetzes über die Einrichtung und die Aufgaben einer Anstalt des öffentlichen Rechts „Der Baye rische Rundfunk“ (Bayerisches Rundfunkgesetz – BayRG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Oktober 2003 (GVBl S. 792, BayRS 2251-1-S), das zuletzt durch § 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 2016 (GVBl S. 427) geändert worden ist, gegen Normen der Bayerischen Verfassung verstößt. Die angegriffene Regelung hat folgenden Wortlaut:
(4) Der Austausch eines in digitaler Technik verbreiteten Hörfunkprogramms gegen ein in analoger Technik verbreitetes Hörfunkprogramm ist zulässig, wenn die Anzahl der analogen Hörfunkprogramme nicht vergrößert wird und dadurch insgesamt keine Mehrkosten entstehen.
1. Art. 2 Abs. 4 BayRG steht im Zusammenhang mit dem am 1. Juni 2009 in Kraft getretenen 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (GVBl S. 193); die hierdurch neu gefassten §§ 11 c und 19 RStV, die hier von Bedeutung sind, lauten in der heute geltenden Fassung auszugsweise wie folgt:
„§ 11 c Hörfunkprogramme

(2) 1Die Gesamtzahl der terrestrisch verbreiteten Hörfunkprogramme der in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten darf die Zahl der zum 1. April 2004 terrestrisch verbreiteten Hörfunkprogramme nicht übersteigen. 2Das Landesrecht kann vorsehen, dass die jeweilige Landesrundfunkanstalt zusätzlich so viele digitale terrestrische Hörfunkprogramme veranstaltet wie sie Länder versorgt. 3Das jeweilige Landesrecht kann vorsehen, dass terrestrisch verbreitete Hörfunkprogramme gegen andere terrestrisch verbreitete Hörfunkprogramme, auch gegen ein Kooperationsprogramm, ausgetauscht werden, wenn dadurch insgesamt keine Mehrkosten entstehen und sich die Gesamtzahl der Programme nicht erhöht. 4Kooperationsprogramme werden jeweils als ein Programm der beteiligten Anstalten gerechnet. 5Regionale Auseinanderschaltungen von Programmen bleiben unberührt. 6Der Austausch eines in digitaler Technik verbreiteten Programms gegen ein in analoger Technik verbreitetes Programm ist nicht zulässig.“

§ 19 Versorgungsauftrag
… 3Die analoge Verbreitung bisher ausschließlich digital verbreiteter Programme ist unzulässig.
2. Zur Anpassung des Bayerischen Rundfunkgesetzes an den 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag brachte die Bayerische Staatsregierung am 16. September 2009 einen Gesetzentwurf (LT-Drs. 16/2097) ein, der folgende Fassung des Art. 2 BayRG vorsah:
Art. 2
(1) 1Aufgabe des Bayerischen Rundfunks ist die Herstellung und Verbreitung von Hörfunkprogrammen, Fernsehprogrammen und Telemedien. 2Es gelten die §§ 11 bis 11 f des Rundfunkstaatsvertrags. 3Zuständiges Gremium der Rundfunkanstalt im Sinn des § 11 f des Rundfunkstaatsvertrags ist der Rundfunkrat.
(2) …
(3) 1Der Bayerische Rundfunk veranstaltet bis zu zehn terrestrisch verbreitete Hörfunkprogramme. 2Davon hat
1. mindestens ein Programm den Schwerpunkt populäre Musik und Unterhaltung,
2. mindestens ein Programm den Schwerpunkt Kultur,
3. mindestens ein Programm den Schwerpunkt Musik für ein jüngeres Publikum,
4. mindestens ein Programm den Schwerpunkt klassische Musik und
5. mindestens ein Programm den Schwerpunkt Nachrichten und Informationen.
3Ausschließlich in digitaler Technik verbreitet wird
1. ein Programm für ein älteres Publikum,
2. ein Programm mit vorwiegend künstlerischeren und dokumentarischen Sendungen,
3. ein Verkehrsinformationsprogramm,
4. ein Nachrichten- und Informationsprogramm mit ausführlichen Hintergrundinformationen,
5. ein Jugendprogramm.
(4) 1 Unter Beachtung von Abs. 3 können terrestrisch verbreitete Hörfunkprogramme gegen andere terrestrisch verbreitete Hörfunkprogramme, auch gegen ein Kooperationsprogramm, ausgetauscht werden, wenn dadurch insgesamt keine Mehrkosten entstehen und sich die Gesamtzahl der Programme nicht erhöht. 2 Kooperationsprogramme werden jeweils als ein Programm der beteiligten Anstalten gerechnet. 3 Regionale Auseinanderschaltungen von Programmen bleiben unberührt. 4 Der Austausch eines in digitaler Technik verbreiteten Programms gegen ein in analoger Technik verbreitetes Programm ist nicht zulässig.
In der ersten Lesung des Gesetzentwurfs der Staatsregierung am 14. Oktober 2009 (Plenarprotokoll 16/30 v. 14.10.2009 S. 2333 f.) kündigte der Landtagsabgeordnete Sinner einen Änderungsantrag an, der am 20. Oktober 2009 (LT-Drs. 16/2342) eingebracht wurde. Nach Zustimmung des Ausschusses für Hochschule, Forschung und Kultur vom 21. Oktober 2009 (LT-Drs. 16/2606) hat das Plenum des Bayerischen Landtags am 1. Dezember 2009 in zweiter Lesung folgende Fassung des Art. 2 BayRG beschlossen, die am 1. Januar 2010 in Kraft getreten ist:
Art. 2
Aufgabe
(1) 1Aufgabe des Bayerischen Rundfunks ist die Herstellung und Verbreitung von Hörfunkprogrammen, Fernsehprogrammen und Telemedien. 2Es gelten die §§ 11 bis 11 f des Rundfunkstaatsvertrags. 3Zuständiges Gremium der Rundfunkanstalt im Sinn des § 11 f des Rundfunkstaatsvertrags ist der Rundfunkrat; das Nähere regelt die Satzung des Bayerischen Rundfunks.
(2) …
(3) 1Der Bayerische Rundfunk veranstaltet bis zu zehn terrestrisch verbreitete Hörfunkprogramme. 2Davon werden bis zu fünf Hörfunkprogramme analog und fünf Hörfunkprogramme ausschließlich in digitaler Technik verbreitet. 3Jedes Programm muss einen der folgenden Schwerpunkte haben:
– populäre Musik und Unterhaltung,
– Kultur,
– Musik für ein jüngeres Publikum,
– klassische Musik,
– Nachrichten und Informationen,
Inhalt für ein älteres Publikum,
– Bildung, Wissen und Gesellschaft,
– Service, Beratung und Ereignisse,
– Bayern und Regionales,
– Jugend.
4Das Gesamtangebot muss alle Schwerpunkte abdecken. 5Der Rundfunkrat legt die Programmrichtlinien fest.
(4) Der Austausch eines in digitaler Technik verbreiteten Hörfunkprogramms gegen ein in analoger Technik verbreitetes Hörfunkprogramm ist zulässig, wenn die Anzahl der analogen Hörfunkprogramme nicht vergrößert wird und dadurch insgesamt keine Mehrkosten entstehen.
Durch Gesetz vom 20. Dezember 2016 (GVBl S. 427) wurden mit Wirkung ab 1. Januar 2017 die Sätze 2 und 3 des Art. 2 Abs. 1 BayRG (im Text kursiv) aufgehoben.
3. Der Bayerische Rundfunk veranstaltet zehn terrestrisch verbreitete Hörfunkprogramme, davon fünf Programme, die analog über UKW-Senderketten (Bayern 1, Bayern 2 Wort, Bayern 3, BR-Klassik, B 5 aktuell) und gleichzeitig digital terrestrisch über DAB+ gesendet werden, sowie fünf ausschließlich in digitaler Technik über DAB+ gesendete Programme (Bayern Plus, Bayern Heimat, BR Verkehr, B 5 plus und das Jugendprogramm PULS). Daneben werden – mit Ausnahme des Programms BR Verkehr – sämtliche Programme über Satellit (DVB-S), Kabel und Livestream verbreitet. Das Hörfunkprogramm BR-Klassik wird seit 1980 als Kulturprogramm mit geringem Wortanteil und dem Schwerpunkt Klassische Musik gesendet. Das Jugendprogramm PULS gibt es in der heutigen Form seit 15. Mai 2013. Der Bayerische Rundfunk beabsichtigte bereits im Jahr 2006 einen Tausch der Frequenzen zwischen einem neuen Hörfunkprogramm für junges Publikum (ursprünglich „Das Modul“ bzw. „on3“) und dem Hörfunkprogramm BR-Klassik (damals noch B 4 Klassik), weil wegen der fehlenden Verbreitung über UKWFrequenzen nur begrenzt junge Hörer erreicht wurden. Da dieser Tausch auf erheblichen Widerstand stieß, gab der Bayerische Rundfunk seine Absicht zunächst auf.
4. Am 14. Mai 2014 brachten die FREIEN WÄHLER vor dem Hintergrund eines – weiterhin – geplanten Tauschs von BR-Klassik gegen PULS einen Gesetzentwurf (LT-Drs. 17/1925) ein, wonach Art. 2 Abs. 4 BayRG den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags – wie im Entwurf der Staatsregierung vorgesehen – angepasst werden sollte. Der Bayerische Landtag lehnte den Gesetzentwurf in zweiter Lesung ab (LT-Drs. 17/3489; Plenarprotokoll 17/26 v. 15.10.2014 S. 1766 ff.).
5. Aufgrund eines Beschlusses des Rundfunkrats vom 10. Juli 2014 beabsichtigt der Bayerische Rundfunk, das bislang auch analog über UKW ausgestrahlte Hörfunkprogramm BR-Klassik ab dem Jahr 2018 nur noch digital zu verbreiten und stattdessen das bislang nur digital verbreitete Jugendprogramm PULS auch analog zu verbreiten. Mit der Aufschaltung von PULS auf die UKW-Frequenzen soll dessen Reichweitenanteil deutlich erhöht werden.
6. Das Landgericht München I wies mit Urteil vom 7. Juni 2016 Az. 1 HK O 2257/15 eine von 40 Privatsendern gegen den Bayerischen Rundfunk – wegen Rechtsbruchs gemäß § 3 a UWG und Verstoßes gegen das kartellrechtliche Missbrauchsverbot gemäß § 19 GWB bzw. Art. 102 AEUV – erhobene wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklage ab, mit der sich die Kläger gegen die Ankündigung gewandt hatten, das Hörfunkprogramm BR-Klassik ab 2018 lediglich digital und stattdessen PULS analog zu verbreiten.
II.
Mit ihrer am 17. Juli 2015 eingegangenen Popularklage begehren die Antragsteller, bei denen es sich um Musiker und Liebhaber klassischer Musik handelt, festzustellen, dass Art. 2 Abs. 4 BayRG nichtig, hilfsweise verfassungswidrig ist. Die angegriffene Vorschrift, auf die der geplante Frequenzwechsel gestützt werde, verletze die Rundfunkfreiheit (Art. 111 a Abs. 1 BV), die Informationsfreiheit (Art. 112 Abs. 2 BV), den Gleichheitssatz (Art. 118 BV) und das im Rechtsstaatsprinzip enthaltene Prinzip der Bundestreue (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV). Art. 2 Abs. 4 BayRG verstoße gegen § 19 Satz 3 RStV und stehe im Widerspruch zu Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BayRG sowie der dort genannten Regelung des § 11 c Abs. 2 Satz 6 RStV.
1. Die angegriffene, von den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags abweichende Vorschrift des Art. 2 Abs. 4 BayRG habe von Anfang an den Zweck gehabt, eine Rechtsgrundlage für das Abschalten von BR-Klassik von seinen UKW-Frequenzen und das Aufschalten von PULS auf diese Frequenzen zu bilden. Die heutige Fassung des Art. 2 Abs. 3 und 4 BayRG beruhe darauf, dass der damalige Vorsitzende des Rundfunkratsausschusses für Grundsatzfragen und Geschäftsordnung des Bayerischen Rundfunks Eberhard Sinner als Landtagsabgeordneter am 20. Oktober 2009 nach einer Sitzung dieses Ausschusses und nach der ersten Lesung im Landtag einen Änderungsantrag als Einzelantrag und nicht – wie angekündigt – als fraktionsübergreifenden Antrag eingebracht habe. Dieser Änderungsantrag sei vom Bayerischen Rundfunk erarbeitet worden. Keines der Rundfunk-/Mediengesetze der anderen Bundesländer enthalte eine dem Art. 2 Abs. 4 BayRG vergleichbare Regelung. Durch den Änderungsantrag sei der Gesetzentwurf der Staatsregierung auch im Hinblick auf Art. 2 Abs. 3 BayRG geändert worden, indem die zunächst vorgegebene ausschließlich digitale Verbreitung des Jugendprogramms gestrichen worden sei. Aus der Ablehnung des von den FREIEN WÄHLERN im Mai 2014 eingebrachten Gesetzentwurfs folge ebenfalls, dass es von Anfang an darum gegangen sei, BR-Klassik abzuschalten.
2. Die auf die Bestimmung des Art. 2 Abs. 4 BayRG gestützte UKW-Abschaltung von BR-Klassik verstoße gegen die Rundfunkfreiheit und verletze den vom Schutzbereich des Grundrechts umfassten Grundversorgungsauftrag (Art. 111 a Abs. 1 BV).
a) Dem Bayerischen Rundfunk als öffentlich-rechtlicher, gebührenfinanzierter Rundfunkanstalt obliege die Grundversorgung der gesamten Bevölkerung innerhalb des sich auf Bayern erstreckenden Sendegebiets. Durch das Abschalten der UKW-Verbreitung des Programms BR-Klassik, das, wie Bayern 2 Wort und B 5 aktuell, den Segmenten Kultur/Bildung/Information zugerechnet werde, komme der Bayerische Rundfunk – auch unter Berücksichtigung seiner Programmautonomie und Entwicklungsgarantie – seinem Grundversorgungsauftrag nicht mehr nach, da das Programm de facto (sendetechnisch) nicht mehr empfangbar sei. PULS sei, wie Bayern 3 und Bayern 1, dem Segment Unterhaltung zuzurechnen, sodass das UKW-ausgestrahlte Programm des Bayerischen Rundfunks nicht mehr die inhaltliche Programmvielfalt habe und der Funktions- und Grundversorgungsauftrag ins Leere laufe. Es bestehe eine Verpflichtung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, seine Programme in einer technischen Form zu verbreiten, die für die überwältigende Mehrheit der Hörer auch tatsächlich empfangbar sei, und zwar unberührt davon, dass durch parallel betriebene andere Verbreitungsformen ebenfalls Hörer erreicht würden.
b) Die Bestimmung des Art. 2 Abs. 4 BayRG verletze auch deshalb die Rundfunkfreiheit, weil sie gegen das Rechtsstaatsgebot der Bayerischen Verfassung verstoße. Der Gesetzgeber habe mit den Bestimmungen der §§ 11 ff. RStV über den Rundfunkauftrag sowohl das inhaltliche als auch das sendetechnische Element des Grundversorgungsauftrags näher ausgestaltet; hieran sei der bayerische Landesgesetzgeber gebunden. Mit der zu § 11 c RStV in Widerspruch stehenden Regelung des Art. 2 Abs. 4 BayRG greife der Gesetzgeber in den so definierten Grundversorgungsauftrag in verfassungswidriger Weise ein.
3. Durch das von Art. 2 Abs. 4 BayRG intendierte Abschalten der UKW-Frequenzen des Programms BR-Klassik werde in die Rundfunkempfangsfreiheit (Art. 112 Abs. 2 BV) eingegriffen, die die Information aus allgemein zugänglichen Quellen schütze. Es werde der technische Empfang dieses Radioprogramms erschwert, da Hörer erst einen speziellen DAB+-fähigen Empfänger erwerben müssten. Art. 112 Abs. 2 BV schütze auch die Freiheit der Verwendung der bisherigen UKW-Empfangsgeräte, die dann die Möglichkeit des Empfangs von BR-Klassik nicht mehr böten. Zwar finde Art. 112 Abs. 2 BV seine immanente Begrenzung in den allgemeinen Gesetzen im Sinn des Art. 5 Abs. 2 GG, wozu grundsätzlich auch das Bayerische Rundfunkgesetz zähle. Allerdings sei fraglich, ob Art. 2 Abs. 4 BayRG den Charakter eines allgemeinen Gesetzes aufweise, weil diese Vorschrift speziell die Grundlage für den geplanten Frequenzwechsel PULS/BR-Klassik schaffe und keinen anderen Anwendungsbereich habe. Auch genüge das Gesetz nicht den materiell-rechtlichen Vorgaben der Bayerischen Verfassung, da Art. 2 Abs. 4 BayRG wegen Verletzung des Rechtsstaatsprinzips und des Grundversorgungsauftrags verfassungswidrig sei.
4. Die vom Gesetzgeber mit Art. 2 Abs. 4 BayRG sanktionierten unterschiedlichen UKW-Empfangsmöglichkeiten von BR-Klassik und PULS führten zu einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 118 Abs. 1 BV). Der Gesetzgeber habe im Jahr 2014 bekräftigt, mithilfe des Art. 2 Abs. 4 BayRG BR-Klassik-Hörer vom UKW-Empfang auszuschließen und die Empfangsmöglichkeiten den PULSHörern zuzuweisen; es sei daher von einer engen Bindung des Gesetzgebers an den Gleichbehandlungsgrundsatz auszugehen. Entgegen seiner jetzigen Argumentation, wonach die Hörergruppen nicht abgrenzbar seien, begründe der Bayerische Rundfunk den geplanten Frequenztausch dahingehend, dass mit PULS -aus Grundversorgungsgründen – junge Hörer erreicht werden könnten.
5. Daneben sei das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 BV) verletzt.
Die Abweichung des Art. 2 Abs. 4 BayRG von § 19 Satz 3 bzw. § 11 c Abs. 2 Satz 6 RStV trete schon nach dem Wortlaut der Vorschriften offen zutage und sei schwerwiegend. Es sei das Prinzip der Bundestreue verletzt, da Art. 2 Abs. 4 BayRG von Regelungen in dem als Landesrecht ratifizierten (12. Rundfunkänderungs-)Staatsvertrag dadurch abweiche, dass es eine Maßnahme zulasse, die der Staatsvertrag untersage. Der Landesgesetzgeber sei an die Bestimmungen des Staatsvertrags gebunden. Auch finde keine Derogation des Rundfunkstaatsvertrags durch diesem widersprechendes nachfolgendes Landesrecht statt. Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BayRG ordne die Geltung der §§ 11 bis 11 f RStV an, wodurch bereits ein Widerspruch zu Art. 2 Abs. 4 BayRG bestehe. Weiter ergebe sich aus § 1 Abs. 2 RStV der Anwendungsvorrang des Rundfunkstaatsvertrags. Zwar werde Art. 2 Abs. 4 BayRG als Rechtsgrundlage für einen Austausch eines in digitaler 16 Technik verbreiteten Hörfunkprogramms gegen ein in analoger Technik verbreitetes Hörfunkprogramm angesehen. Der Sache nach handle es sich allerdings um einen Frequenzwechsel, bei dem das bisherige digital verbreitete Programm PULS auf die bisherige UKW-Frequenz von BR-Klassik aufgeschaltet und BR-Klassik künftig nur noch digital verbreitet werde. § 19 Satz 3 RStV stehe einem derartig ausgestalteten Frequenzwechsel entgegen, da er ein generelles Verbot der analogen Verbreitung bislang ausschließlich digital ausgestrahlter Programme enthalte, wie dies bei PULS der Fall sei. Zudem verbiete § 11 c Abs. 2 Satz 6 RStV i. V. m. Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BayRG den Austausch eines in digitaler Technik verbreiteten Programms gegen ein in analoger Technik verbreitetes Programm. Während es in § 11 c RStV um den Programmauftrag gehe, die Bestimmung somit ein „Programmaustauschverbot“ enthalte, sei § 19 Satz 3 RStV in sendetechnischem Zusammenhang zu sehen, da er Regelungen zu den Übertragungswegen, somit zur Verbreitung von Programmen („Verbreitungsverbot“), nicht aber zu ihrem Inhalt treffe. Auch wolle letztere Vorschrift die Digitalisierung des Rundfunks fördern und könne insoweit als lex specialis zu den Bestimmungen über den Rundfunkauftrag in Art. 2 BayRG gelten. Sowohl § 11 c RStV als auch § 19 RStV enthielten keine Öffnungsklausel oder Ermächtigung für abweichende Landesregelungen. § 11 c Abs. 2 Satz 6 RStV sei nicht als lex specialis zu § 19 Satz 3 RStV anzusehen und im Übrigen durch den 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag nachträglich – durch das Einfügen von Satz 2 – mit Wirkung zum 1. April 2010 geändert worden.
Obwohl der Bayerische Landtag im Jahr 2014 den Widerspruch gesehen habe, sei er der Auffassung gewesen, dass die Abweichung nicht zur Unwirksamkeit des Art. 2 Abs. 4 BayRG führe und es sich hierbei um das zeitlich nachfolgende Gesetz handle. Gegen die Auffassung des Landtags, dass § 19 Satz 3 und § 11 c Abs. 2 Satz 6 RStV mit der Bestands- und Entwicklungsgarantie für den öffentlichen Rundfunk nicht vereinbar seien und der Rundfunkstaatsvertrag daher verfassungskonform auszulegen sei, spreche, dass die Vorschriften des Rundfunk staatsvertrags von ihrem Wortlaut her eindeutig und strikt formuliert seien. Da Art. 2 Abs. 4 BayRG erlaube, was durch den Rundfunkstaatsvertrag verboten sei, liege inhaltlich ein schwerwiegender Eingriff in die Rechtsordnung vor. Der Freistaat Bayern und seine Organe müssten, sofern sie von staatsvertraglichen Regelungen abweichen wollten, von der Möglichkeit der Kündigung des Staatsvertrags Gebrauch machen. Zwar könne nach den amtlichen Gesetzesmaterialien nicht davon ausgegangen werden, dass der Bayerische Landtag sich schon 2009 bewusst in Widerspruch zur Regelung im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag habe setzen wollen. Im Jahr 2014 habe er sich jedoch explizit mit dem Anwendungsvorrang des Rundfunkstaatsvertrags bzw. der lex posterior-Regel befasst und die angegriffene Bestimmung als Teil eines „medienpolitischen Kompromisses“ aufrechterhalten. Soweit argumentiert werde, dass Art. 2 Abs. 4 BayRG nicht nur den Austausch von Hörfunkprogrammen (ein neues oder anderes Programm anstelle eines sodann nicht mehr bestehenden Programms), sondern auch einen Frequenzwechsel erfasse, stehe dies im Widerspruch zum Digitalisierungsgebot. Art. 2 Abs. 4 BayRG sei staatsvertragskonform auszulegen.
6. Die Popularklage sei auch deshalb zulässig, weil mit der angegriffenen Bestimmung des Art. 2 Abs. 4 BayRG eine anderweitig nicht abzuwendende Grundrechtsgefährdung einhergehe. Der Bayerische Rundfunk habe eine Beschlusslage geschaffen, die mit einem für die Antragsteller nicht mehr abzuwehrenden Automatismus zu einem verfassungswidrigen Zustand führen werde. Die Befugnis zur frequenztechnischen Umsetzung des „Programmtauschs“ ergebe sich aus Art. 15 Abs. 1 BayRG i. V. m. § 50 RStV. Ein „Programmtausch“ finde somit ohne jedwede Vollzugsmaßnahmen im Außenverhältnis gegenüber den Hörern der betreffenden Hörfunkprogramme statt, sodass etwa 95% der Haushalte/der Hörer von BR-Klassik über ihre analogen Empfangsgeräte das Programm nicht mehr hören könnten. Es spiele dabei für die Zulässigkeit der Popularklage keine Rolle, ob der Bayerische Rundfunk noch abschließend intern entscheiden könne, die Umstellung nicht zu vollziehen, und den Beschluss vom 10. Juli 2014 revidiere.
III.
1. Der Bayerische Landtag hält die Popularklage jedenfalls für unbegründet und schließt sich der Stellungnahme der Bayerischen Staatsregierung an.
2. Die Bayerische Staatsregierung ist der Auffassung, die Popularklage sei jedenfalls unbegründet, da Art. 2 Abs. 4 BayRG im Einklang mit der Bayerischen Verfassung stehe und insbesondere den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags entspreche.
a) Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) liege nicht vor.
aa) § 19 Satz 3 RStV, wonach die analoge Verbreitung bisher ausschließlich digital verbreiteter Programme unzulässig sei, werde für den Bereich der Hörfunkprogramme der Landesrundfunkanstalten durch die spezielle Regelung des § 11 c Abs. 2 Satz 6 RStV verdrängt. Nach ihrer amtlichen Begründung sei diese gerade deshalb eingefügt worden, weil ein Teil der terrestrisch verbreiteten Programme von Anfang an für die Verbreitung in digitaler Technik vorgesehen gewesen sei.
bb) § 11 c Abs. 2 RStV lege die Höchstzahl der terrestrisch (analog und digital) verbreiteten Hörfunkprogramme fest, bewirke jedoch keinen inhaltlichen Bestandsschutz für sämtliche Programme, weder bezogen auf den Verbreitungsweg noch auf Name und Inhalt des Programms, und verbiete nicht, die gegebenen Frequenzen mit anderen Namen und Inhalten zu füllen. Er diene der Kostenbegrenzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der Förderung der Digitalisierung. Daher solle es nicht möglich sein, digitale Programme nachträglich als analoges Angebot zu verbreiten, außer es werde auf ein bestehendes Analogprogramm verzichtet; die Zahl der Analogprogramme dürfe nicht vergrößert werden. Dagegen sei es nicht Ziel der staatsvertraglichen Regelung, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in seinen Entwicklungsmöglichkeiten zu beschneiden. Vielmehr würde es einen unzulässigen Eingriff in die Rundfunkfreiheit darstellen, wenn den 21 Rundfunkanstalten die Entscheidung darüber, wie sie ihre gegebenen Frequenzen am besten nutzen, grundsätzlich verwehrt wäre. § 11 c RStV sei jedenfalls verfassungskonform auszulegen und stehe der Zulässigkeit eines Frequenztauschs nicht entgegen.
cc) Art. 2 Abs. 4 BayRG mache von der Möglichkeit des § 11 c Abs. 2 Satz 3 RStV bewusst Gebrauch und räume dem Bayerischen Rundfunk die Möglichkeit ein, seine Hörfunkprogramme auf bestehenden, anderen Frequenzen auszustrahlen. Im ursprünglichen Gesetzentwurf der Staatsregierung sei genau festgelegt gewesen, welche Programminhalte digital und welche analog verbreitet werden können. Ziel des interfraktionellen Änderungsantrags sei es – wie in der ersten Lesung parteiübergreifend gefordert und aus den Protokollen der Ausschusssitzungen ersichtlich – gewesen, dem Bayerischen Rundfunk mehr Gestaltungsspielraum einzuräumen. Art. 2 Abs. 3 BayRG gebe daher lediglich die Anzahl der Programme sowie die Schwerpunkte vor, nicht jedoch den jeweiligen Verbreitungsweg; durch Art. 2 Abs. 4 BayRG werde die Möglichkeit geschaffen, die Frequenzen anders zu nutzen.
dd) Selbst wenn ein Widerspruch zwischen dem Bayerischen Rundfunkgesetz und dem Rundfunkstaatsvertrag bestünde, würde dies nicht zur Verfassungswidrigkeit des Art. 2 Abs. 4 BayRG führen, sondern allenfalls eine einfache Vertragsverletzung darstellen, die keines der vom Rundfunkstaatsvertrag verfolgten Ziele gefährde. Eine Kollision eines Landesgesetzes mit dem Staatsvertrag, der durch die Zustimmung des Landtags ebenfalls den Rang einfachen Landesrechts erhalten habe, könne nicht unter geringeren Voraussetzungen zu einem Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip führen als der in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs beurteilte Fall einer Kollision eines Landesgesetzes mit höherrangigem Bundesrecht. Im vorliegenden Fall träte bereits ein Widerspruch zwischen Art. 2 Abs. 4 BayRG und dem Rundfunkstaatsvertrag nicht offensichtlich zutage; er wäre auch nicht als schwerwiegender, krasser Eingriff in die Rechtsordnung zu werten.
b) Die Rundfunkfreiheit (Art. 111 a Abs. 1 Satz 1 BV) sei nicht verletzt. Durch den Tausch der Inhalte würde der Grundversorgungsauftrag durch UKW-Verbreitung nicht gefährdet, da sowohl BR-Klassik als auch das Programm PULS, das neben neuester Musik abseits der Charts auch Reportagen, Kolumnen und Interviews sende und den Hörern die Möglichkeit zum kritischen Diskurs biete, in die Sparte Kultur/Bildung/Information fielen. Darüber hinaus würde die Möglichkeit eines fehlerhaften Vollzugs der Norm nicht zu ihrer Verfassungswidrigkeit führen; Einzelakte seien in einem Normenkontrollverfahren nicht zu überprüfen.
c) Die Informationsfreiheit in Gestalt der Rundfunkempfangsfreiheit nach Art. 112 Abs. 2 BV sei nicht verletzt. Es liege bereits kein Eingriff vor, weil durch Art. 2 Abs. 4 BayRG nur die Möglichkeit eröffnet werde, Radioprogramme auf einer anderen Frequenz auszustrahlen, sodass der Gesetzgeber lediglich bestimme, auf welche Weise Informationen zur Verfügung gestellt würden. Kosten ab ca. 30 € für ein Gerät führten auch nicht zu einem Ausschluss von Hörern. Selbst wenn man einen Eingriff in die Informationsfreiheit annähme, erfolgte dieser durch ein allgemeines Gesetz und wäre damit gerechtfertigt. Art. 2 Abs. 4 BayRG sichere die Programmautonomie der Rundfunkanstalt. Ein Einzelfallgesetz liege nicht vor, da es eine Vielzahl von denkbaren Tauschmöglichkeiten innerhalb der Frequenzen des Bayerischen Rundfunks gebe.
d) Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz sei nicht gegeben, da das Bayerische Rundfunkgesetz weder in Art. 2 Abs. 4 noch in Art. 2 Abs. 3 zwischen verschiedenen Hörergruppen anhand persönlicher Merkmale differenziere. Im Übrigen eröffne der Gesetzgeber der Landesrundfunkanstalt die vom Grundgesetz geforderte Programmautonomie, was einen sachgerechten Grund für die Differenzierungsmöglichkeit darstelle.
3. Der Bayerische Rundfunk ist der Auffassung, die Popularklage sei unzulässig. Keines der in Betracht kommenden Grundrechte werde durch die Vorschrift des Art. 2 Abs. 4 BayRG tangiert. Bei dem ebenfalls als verletzt gerügten Rechtsstaatsprinzip handle es sich um eine Staatszielbestimmung und nicht um ein 26 Grundrecht. Jedenfalls sei die Popularklage unbegründet, weil der behauptete Verstoß gegen den Rundfunkstaatsvertrag nicht vorliege.
a) Die Informationsfreiheit nach Art. 112 Abs. 2 BV gewährleiste ein Abwehrrecht, aus dem sich kein Anspruch auf Erhalt einer Informationsquelle ergebe. Auch nach dem Jahr 2018 werde das Programm BR-Klassik inhaltlich unverändert mit einer täglichen Sendedauer von 24 Stunden über alle technischen Wege verbreitet werden. Der einzige Unterschied bestehe darin, dass die terrestrische Ausstrahlung dann nicht mehr über UKW erfolge, sondern über DAB+. Die Flächendeckung des digitalen Sendernetzes habe beim Outdoor-Empfang für BR-Klassik bereits denselben Versorgungsgrad erreicht wie das herkömmliche UKW-Sendernetz, nämlich 95,9%. Der Indoor-Empfang im Jahr 2016 weise einen Versorgungsgrad von 83,2% auf. Die Notwendigkeit der Anschaffung eines digitalen Empfangsgeräts, die zumutbar sei, tangiere nicht den Schutzbereich der Informationsfreiheit.
b) Es sei eine Frage des Vollzugs, ob der Bayerische Rundfunk seine Pflicht zur Grundversorgung verletze, die sich aus der Rundfunkfreiheit nach Art. 111 a BV ergebe. Die Anwendung einer Norm könne jedoch nicht mit der Popularklage überprüft werden. Die von der Popularklage beanstandete Möglichkeit des Tausches gemäß Art. 2 Abs. 4 BayRG führe nicht unmittelbar kausal zu der von der Popularklage behaupteten Verletzung der Grundversorgungspflicht. Die Popular-klage sei jedenfalls unbegründet, weil der Grundversorgungsauftrag nicht verletzt werde. Das Programm BR-Klassik sei weiterhin mit zumutbarem Aufwand für die Rundfunkteilnehmer im Freistaat Bayern flächendeckend empfangbar. Angesichts des – dynamischen – Grundversorgungsauftrags sei der Tausch BR-Klassik/PULS geradezu geboten, um auch die Jugend wieder in größerem Umfang zu erreichen.
c) Die Popularklage sei auch hinsichtlich der Rüge einer Verletzung des Gleichheitssatzes nach Art. 118 BV unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Es gebe keine abgrenzbaren Gruppen für die einzelnen Hörfunkprogramme des Bayerischen Rundfunks, vielmehr bestehe eine Fluktuation zwischen den einzelnen Programmen. Eine etwaige Ungleichbehandlung sei nicht in der Norm des Art. 2 Abs. 4 BayRG angelegt, sondern beruhe auf der Programmentscheidung des Bayerischen Rundfunks. Zudem stehe dem Gesetzgeber bei der Gestaltung von Normen anerkanntermaßen ein weiter Ermessensspielraum zu.
d) Das Auffanggrundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 101 BV begründe keinen Anspruch auf Leistungen des Staates. Die terrestrische Ausstrahlung des Programms BR-Klassik in einer anderen Verbreitungstechnik sei insofern kein Eingriff in eine private Freiheitssphäre.
e) Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip liege nicht vor.
aa) Es bestehe kein Widerspruch zwischen dem Rundfunkstaatsvertrag und Art. 2 Abs. 4 BayRG. Vielmehr konkretisiere Art. 2 Abs. 4 BayRG die dem Rundfunkstaatsvertrag zugrunde liegende Regelungsabsicht, nämlich das Motiv, die Finanzierbarkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks langfristig zu sichern, und das Ziel, die angestrebte Digitalisierung des Hörfunks nicht durch eine Verringerung der Anzahl der Digitalprogramme zu gefährden. Mit dem 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag sei im Jahr 2005 (damals § 19 Abs. 6 bzw. Abs. 7 Satz 3 RStV) eine Obergrenze für die Gesamtzahl der öffentlich-rechtlichen Programme sowohl im Fernsehen als auch im Hörfunk eingeführt worden, die dem damaligen Programmbestand entsprochen habe. Dementsprechend habe der Rundfunkgesetzgeber das sog. Austauschgebot eingeführt, nach dem die Veranstaltung eines neuen Programms zulässig sei, wenn zugleich auf ein bisheriges Programmangebot verzichtet werde. Dies sei in der amtlichen Begründung des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags zu § 11 c RStV, der die Hörfunkprogramme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks regle, noch einmal bekräftigt worden. Das Verbot des Austauschs eines digitalen gegen ein analoges Programm diene dem Ziel, eine Verringerung der Zahl digital empfangbarer Programme, die der Akzeptanz bei der Umstellung abträglich wäre, zu erschweren und die Gesamtzahl der analog verbreiteten Programme zu begrenzen. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hätten nach § 19 RStV eine Einschätzungsprärogative bei der Wahl der Übertragungswege, die durch die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit begrenzt sei. Unter diesem Aspekt sei das Verbot der Rückkehr zur analogen Verbreitung in § 19 Satz 3 RStV zu sehen. Werde jedoch der zusätzliche Kapazitätsbedarf durch einen Kapazitätsverzicht bei einem anderen Programm ausgeglichen, greife der Normzweck nicht.
bb) Im Übrigen gelte der Grundsatz sowohl der lex posterior als auch der lex specialis. Das Bayerische Rundfunkgesetz und das Zustimmungsgesetz zum Rundfunkstaatsvertrag stünden auf derselben Stufe, sodass die normalen Kollisionsregeln anwendbar seien. Selbst bei einem Vorrang des Grundsatzes „pacta sunt servanda“ seien keine Interessen anderer Bundesländer erkennbar, die verletzt sein könnten. Es würden die vertraglichen Ziele gewahrt, sowohl eine Mehrbelastung der Bürgerinnen und Bürger in anderen Bundesländern zu vermeiden als auch die Digitalisierung zu fördern.
IV.
Die Popularklage ist nur teilweise zulässig.
1. Unzulässig ist die Popularklage, soweit sich die Antragsteller mit ihren Rügen gegen die Absicht des Bayerischen Rundfunks wenden, das Programm BR-Klassik ab dem Jahr 2018 nicht mehr analog über UKW zu verbreiten.
a) Nach Art. 98 Satz 4 BV hat der Verfassungsgerichtshof Gesetze und Verordnungen für nichtig zu erklären, die ein Grundrecht der Bayerischen Verfassung verfassungswidrig einschränken. Die Verfassungswidrigkeit kann jedermann durch Beschwerde (Popularklage) geltend machen. Gesetze und Verordnungen in diesem Sinn sind alle Rechtsvorschriften des bayerischen Landesrechts (Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Hierzu gehören alle (bayerischen) hoheitlich gesetzten, abstrakt-generellen Bestimmungen, die sich an Rechtssubjekte wenden und mit unmittelbarer Außenwirkung Rechte und Pflichten begründen, ändern oder aufheben (VerfGH vom 4.4.1979 VerfGHE 32, 45/48; vom 8.7.2008 VerfGHE 61, 39 153/156; vom 21.7.2011 BayVBl 2011, 695; vom 29.10.2012 VerfGHE 65, 247/251).
Gegenstand des Popularklageverfahrens kann dagegen nicht der Gesetzesvollzug durch die Exekutive in der Praxis sein. Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, in einem Normenkontrollverfahren Einzelakte zu überprüfen. Für die Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Vollzugsmaßnahmen sind in erster Linie die Fachgerichte zuständig, die beispielsweise mit einer verwaltungsgerichtlichen Leistungs- bzw. Feststellungsklage angerufen werden können (VerfGH vom 11.11.1997 VerfGHE 50, 226/245; vom 28.1.2003 VerfGHE 56, 1/3 f.; vom 17.3.2004 VerfGHE 57, 30/33; vom 30.1.2006 VerfGHE 59, 23/26; vom 24.04.2007 BayVBl 2007, 557/558; vom 10.10.2007 VerfGHE 60, 179/181; vom 9.8.2011 VerfGHE 64, 136/143; Wolff in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2. Aufl. 2017, Art. 98 Rn. 40; Müller in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 98 Satz 4 Rn. 15). Im Übrigen verstößt eine Rechtsvorschrift nicht schon dann gegen die Bayerische Verfassung, wenn sie die Möglichkeit fehlerhafter oder rechtsmissbräuchlicher Anwendung bietet (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 27.11.1961 VerfGHE 14, 104/112; vom 18.5.1967 VerfGHE 20, 101/110; vom 19.4.1989 VerfGHE 42, 54/60; vom 14.11.2003 VerfGHE 56, 148/160; vom 27.6.2011 VerfGHE 64, 96/102).
b) Die Antragsteller beantragen festzustellen, dass Art. 2 Abs. 4 BayRG nichtig, hilfsweise verfassungswidrig ist. Damit richtet sich ihre Popularklage formal gegen eine Rechtsvorschrift des bayerischen Landesrechts gemäß Art. 98 Satz 4 BV, Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG. Zur Begründung der Popularklage stützen sich die Antragsteller allerdings überwiegend auf Argumente, die sich mit der Frage befassen, warum der Austausch von BR-Klassik gegen das Programm PULS auf der analogen Frequenz aus ihrer Sicht zu beanstanden ist. Grundlage für diesen beabsichtigten Austausch ist der Beschluss des Rundfunkrats des Bayerischen Rundfunks vom 10. Juli 2014. Die Antragsteller greifen damit in erster Linie den Vollzug der angegriffenen Norm im konkreten Einzelfall an, der nicht Gegenstand des Popularklageverfahrens sein kann. Die Regelung des Art. 2 Abs. 4 BayRG lässt allgemein – unter den genannten Voraussetzungen – einen Austausch eines in digitaler Technik verbreiteten Hörfunkprogramms gegen ein in analoger Technik verbreitetes Hörfunkprogramm zu. Die angegriffene Norm selbst sieht nicht den geplanten konkreten Austausch von BR-Klassik gegen PULS ab dem Jahr 2018 vor.
Die Zulässigkeit der Popularklage ergibt sich insoweit auch nicht daraus, dass das Abschalten von BR-Klassik auf der UKW-Frequenz und das entsprechende Aufschalten von PULS ohne weitere Vollzugsmaßnahmen im Außenverhältnis gegenüber den Hörern der betreffenden Hörfunkprogramme stattfindet. Denn der durch schlicht-hoheitliches Verwaltungshandeln erfolgende Frequenztausch stellt keine zwangsläufige Folge der gesetzlichen Regelung dar, sondern beruht auf einer autonom getroffenen Entscheidung des Bayerischen Rundfunks, gegen die im Fall einer Verletzung subjektiver Rechte verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch genommen werden könnte (vgl. BayVGH vom 18.7.1991 NJW 1992, 929/930; VG Köln vom 4.6.2002 – 6 L 1308/02 – juris Rn. 6 ff.).
2. Trotz des dargestellten Schwerpunkts der Argumentation ist der Popularklage darüber hinaus noch hinreichend deutlich eine auf die angegriffene Regelung des Art. 2 Abs. 4 BayRG selbst bezogene Grundrechtsrüge zu entnehmen.
a) Zu den prozessualen Voraussetzungen einer Popularklage gehört nach Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG, dass die Antragsteller darlegen, inwiefern durch die angegriffene Rechtsvorschrift ein in der Verfassung gewährleistetes Grundrecht verfassungswidrig eingeschränkt wird. Unzulässig ist die Popularklage, wenn und soweit eine als verletzt bezeichnete Norm der Verfassung kein Grundrecht gewährt. Sie ist weiter unzulässig, wenn zwar ein Grundrecht als verletzt gerügt wird, eine Verletzung der entsprechenden Norm nach Sachlage aber von vornherein nicht möglich ist, weil der Schutzbereich des angeblich verletzten Grundrechts durch die angefochtene Rechtsvorschrift nicht berührt wird. Eine ausreichende Grundrechtsrüge liegt nicht schon dann vor, wenn die Antragsteller lediglich behaupten, dass die angefochtene Rechtsvorschrift nach ihrer Auffassung gegen Grundrechtsnormen der Bayerischen Verfassung verstößt. Die Antragsteller müssen ihren Vortrag vielmehr so präzisieren, dass der Verfassungsgerichtshof beurteilen kann, ob der Schutzbereich der bezeichneten Grundrechtsnorm berührt ist. Die zur Überprüfung gestellten Tatsachen und Vorgänge müssen dies zumindest als möglich erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 21.2.1986 VerfGHE 39, 17/21; vom 12.4.1988 VerfGHE 41, 33/36 f.; BayVBl 2011, 695; vom 6.12.2011 VerfGHE 64, 205/208 f.; vom 26.6.2012 VerfGHE 65, 118/122 f.; vom 21.3.2016 – Vf. 21-VII-15 – juris Rn. 25).
b) Diesen Darlegungsanforderungen wird die Popularklage noch hinreichend gerecht. Die Antragsteller machen geltend, dass Art. 2 Abs. 4 BayRG gegen § 19 Satz 3 RStV verstoße und im Widerspruch zu § 11 c Abs. 2 Satz 6 RStV stehe. Wegen dieser Abweichungen, die schon nach dem Wortlaut der Vorschriften offen zutage träten und schwerwiegend seien, genüge das angegriffene Gesetz nicht den Vorgaben der Bayerischen Verfassung. Hieraus leiten sie u. a. eine aus ihrer Sicht unzulässige Beschränkung der Rundfunkempfangsfreiheit (Art. 112 Abs. 2 BV) ab.
3. Ist eine Popularklage in zulässiger Weise erhoben, erstreckt der Verfassungsgerichtshof seine Prüfung im Popularklageverfahren auf alle in Betracht kommenden Normen der Bayerischen Verfassung, selbst wenn sie nicht als verletzt bezeichnet worden sind oder wenn sie keine Grundrechte verbürgen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 15.5.2014 BayVBl 2014, 688 Rn. 60 m. w. N.).
V.
Die Popularklage ist unbegründet. Art. 2 Abs. 4 BayRG ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
1. Der Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV) ist nicht verletzt.
In seinem klassischen Gehalt verbietet der Gleichheitssatz, gleiche Sachverhalte in willkürlicher Weise ungleich und ungleiche Sachverhalte in willkürlicher Weise gleich zu behandeln. Davon zu unterscheiden ist das allgemeine Willkürverbot, das der Durchsetzung der materiellen Gerechtigkeit auch dort dient, wo es nicht um die Beurteilung konkreter Vergleichspaare oder die ausnahmslose Einhaltung eines einheitlichen Regelungssystems geht. Willkürlich in diesem Sinn sind Normen, wenn die äußersten Grenzen des normgeberischen Ermessens überschritten sind, für die getroffene Regelung also jeder sachlich einleuchtende Grund fehlt (vgl. VerfGH vom 23.10.2008 VerfGHE 61, 248/257; vom 13.9.2012 VerfGHE 65, 152/160; vom 21.6.2016 – Vf. 15-VII-15 – juris Rn. 56; vom 11.1.2017 – Vf. 7-VII-16 – juris Rn. 58).
Anhand des Art. 118 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV prüft der Verfassungsgerichtshof Normen auch unter dem Gesichtspunkt der Widerspruchsfreiheit, der Klarheit und der Systemgerechtigkeit. Das Rechtsstaatsprinzip gebietet, dass Normen hinreichend klar und nicht in sich widersprüchlich und systemwidrig sind. Für die Rechtsunterworfenen muss erkennbar sein, welche Vorschriften im Einzelnen gelten. Allein eine Auslegungsbedürftigkeit von Normen nimmt den gesetzlichen Regelungen allerdings noch nicht die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit. Lücken oder Unklarheiten, die sich im Wege der Auslegung beheben lassen, sind damit unschädlich. Mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist eine Regelung unvereinbar, wenn sie gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit und Folgerichtigkeit eines Regelungssystems verstößt (VerfGH vom 22.9.2008 VerfGHE 61, 214/220 f. m. w. N.; vom 4.3.2009 VerfGHE 62, 30/36). Normwidersprüche liegen dann vor, wenn zwei Regelungen tatbestandlich identisch sind, jedoch einander widersprechende Rechtsfolgen anordnen oder wenn Regelungen mit unterschiedlichem, gegenläufigem Regelungszweck aufeinanderstoßen (Geis in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 3 Rn. 7). Lassen sich Normwidersprüche nicht mithilfe der bestehenden Kollisionsregeln lösen, sind sie vom Gesetzgeber zu beheben (VerfGH vom 31.1.1989 VerfGHE 42, 1/10 f.).
Nach diesen Maßstäben lässt sich eine Verfassungsverletzung nicht feststellen.
a) Ein unauflösbarer Widerspruch zwischen Art. 2 Abs. 4 BayRG und dem Rundfunkstaatsvertrag ist nicht ersichtlich, da eine Auslegung in Betracht kommt, nach der Art. 2 Abs. 4 BayRG mit dem Rundfunkstaatsvertrag vereinbar ist.
aa) Es handelt sich sowohl bei Art. 2 Abs. 4 BayRG als auch bei den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags um landesrechtliche Normen. Durch den Zustimmungsbeschluss des Landtags vom 22. April 2009 wurden die Inhalte des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags, somit auch § 11 c Abs. 2 Satz 6 und § 19 Satz 3 RStV, in bayerisches Landesrecht transformiert (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 1.8.1975 VerfGHE 28, 143/155; vom 6.7.1978 VerfGHE 31, 158/161; vom 8.11.2002 VerfGHE 55, 143/151; vom 25.5.2007 VerfGHE 60, 131/139; vom 18.12.2007 VerfGHE 60, 234/243 f.).
bb) Um zu überprüfen, ob ein Widerspruch zwischen der beanstandeten Norm und den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags besteht, hat der Verfassungsgerichtshof die betreffenden Normen zunächst auszulegen. Erst nach Feststellung des konkreten Norminhalts kann nämlich beurteilt werden, ob ein Widerspruch vorliegt. Maßgebend ist der in der Rechtsvorschrift zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Normgebers, wie er sich aus ihrem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt. Mittel dazu bilden die grammatikalische, die systematische, die teleologische und schließlich die historische Auslegung, wobei sich diese Methoden nicht gegenseitig ausschließen, sondern ergänzen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 14.7.1994 VerfGHE 47, 165/171; vom 22.6.2010 VerfGHE 63, 71/77; vom 27.07.2011 VerfGHE 64, 124/134; Wolff in Lindner/Möstl/ Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 98 Rn. 28, 32).
(1) Nach dem Wortlaut des mit der Popularklage angegriffenen Art. 2 Abs. 4 BayRG ist der Austausch eines in digitaler Technik verbreiteten Hörfunkprogramms gegen ein in analoger Technik verbreiteten Hörfunkprogramms (nur) unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Der bayerische Gesetzgeber hat diese 56 Regelung geschaffen, um dem Bayerischen Rundfunk im Hinblick auf seine Hörfunkprogramme, die die in Art. 2 Abs. 3 BayRG genannten Schwerpunkte abdecken, einen Austausch zwischen digitaler und analoger Verbreitung zu ermöglichen. Sie gilt sowohl für bestehende als auch gegebenenfalls für neue Programme. Zum Übergang von der analogen zur digitalen Verbreitung enthält Art. 2 Abs. 4 BayRG keine ausdrückliche Aussage. Er setzt vielmehr voraus, dass ein in analoger Technik verbreitetes Hörfunkprogramm grundsätzlich durch ein in digitaler Technik verbreitetes Hörfunkprogramm ersetzt werden kann. Umgekehrt darf der Austausch eines digitalen durch ein analoges Programm nur erfolgen, wenn die Anzahl der analogen Hörfunkprogramme nicht vergrößert wird und dadurch keine Mehrkosten entstehen. Hierdurch soll auf Wunsch des Rundfunkrates des Bayerischen Rundfunks die Flexibilität in der Art der Verbreitung erhöht werden (Plenarprotokoll 16/35 v. 01.12.2009 S. 2749 ff.).
(2) Auch der Rundfunkstaatsvertrag befasst sich mit der Thematik der digitalen und der analogen Verbreitung von Programmen. Dort ist in § 11 c Abs. 2 Satz 6 RStV unter der Überschrift „Hörfunkprogramme“ geregelt, dass der Austausch eines in digitaler Technik verbreiteten Programms gegen ein in analoger Technik verbreitetes Programm nicht zulässig ist. Ferner bestimmt § 19 RStV, der die Überschrift „Versorgungsauftrag“ trägt, in Satz 3, dass die analoge Verbreitung bisher ausschließlich digital verbreiteter Programme unzulässig ist. Fraglich ist, in welchem Verhältnis diese Normen zueinander stehen.
Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht ist § 11 c Abs. 2 Satz 6 RStV eine programmbezogene Regelung, die den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks konkretisiert, während es in § 19 Satz 3 RStV primär um die Sendetechnik geht. Dass statt des Programms BR-Klassik künftig das Programm PULS analog verbreitet werden solle, stelle daher keinen Programmtausch, sondern einen (unzulässigen) Frequenzwechsel im Sinn des § 19 Satz 3 RStV dar. Da beide Programme weiter gesendet werden sollten, finde kein programminhaltlicher Austausch gemäß § 11 c Abs. 2 Satz 6 RStV statt (Degenhart, BayVBl 2015, 545/546 f.).
Diese Unterscheidung zwischen Programmtausch und Frequenzwechsel findet jedoch in der Entstehungsgeschichte des § 19 Satz 3 RStV keine Stütze. Durch den 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde § 19 RStV, der durch den
8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag neu gefasst worden war, gestrichen, da die Bestimmungen in den §§ 11 a bis d RStV aufgegangen sind. Die Regelung des § 19 Abs. 7 Satz 4 RStV, wonach der Austausch eines digitalen Programms gegen ein analoges Programm unzulässig war, wurde in § 11 c Abs. 2 RStV als letzter Satz übernommen. In der Fassung des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags ersetzte die Vorschrift des § 19 a RStV, die durch den 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag eingefügt worden war, den bisherigen § 19 RStV. Der zugleich neu gefasste § 19 RStV ist Ausdruck der verfassungsrechtlich geschützten Entwicklungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Während § 19 a RStV die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten berechtigte, zu angemessenen Bedingungen die analoge terrestrische Versorgung schrittweise einzustellen, um den Ausbau und die Zuweisung digitaler terrestrischer Übertragungskapazitäten zu ermöglichen, verpflichtet § 19 RStV i. d. F. des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ihrem gesetzlichen Auftrag durch Nutzung geeigneter – statt aller – Übertragungswege nachzukommen und die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Daneben wird in Satz 3 die analoge Verbreitung bisher ausschließlich digital verbreiteter Programme untersagt; eine amtliche Begründung hierzu liegt nicht vor.
Vor diesem Hintergrund wird in der Literatur auch die Auffassung vertreten, die Vorschrift des § 19 Satz 3 RStV sei bedeutungslos, da § 11 b Abs. 5 und § 11 c Abs. 2 Satz 6 RStV bereits ein entsprechendes Verbot für Fernseh- und Hörfunkprogramme enthalten (vgl. Binder in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, § 19 RStV Rn. 54, 59).
(3) Letztlich kann dahingestellt bleiben, in welchem Verhältnis § 11 c Abs. 2 Satz 6 und § 19 Satz 3 RStV zueinander stehen. Denn unabhängig von dieser Frage ergeben sich aus der Auslegung des Rundfunkstaatsvertrags hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass Art. 2 Abs. 4 BayRG trotz seines Wortlauts den staatsvertragsrechtlichen Regelungen inhaltlich nicht widerspricht.
In der amtlichen Begründung zu § 19 Abs. 7 Satz 4 RStV i. d. F. des 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrags, der sich erstmals mit dem Austausch eines digitalen gegen ein analoges Programm befasste, wird klargestellt, dass dadurch die Austauschmöglichkeit im Hinblick auf die Übertragungstechnik beschränkt wird. Digitale Programme dürften nicht zugunsten analoger Programme ausgetauscht werden. Dagegen sei der Wechsel von analogen Programmen in eine alleinige digitale Ausstrahlung möglich. Die amtliche Begründung lässt jedoch offen, ob eine Übernahme eines digitalen Programms in die analoge Verbreitung dann möglich ist, wenn sich dadurch die Anzahl der analog verbreiteten Programme nicht ändert, indem nämlich ein bislang analog verbreitetes Programm nur noch digital verbreitet wird.
Demgegenüber befasst sich die amtliche Begründung zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ausdrücklich mit dieser Frage. In den Erläuterungen zu § 11 c Abs. 2 Satz 5 (nunmehr Satz 6) RStV wird ausgeführt, die Regelung trage der Tatsache Rechnung, dass ein Teil der terrestrisch verbreiteten Programme von Anfang an für die Verbreitung in digitaler Technik vorgesehen gewesen sei. Angesichts des von den Ländern gesteckten Ziels der Digitalisierung der Übertragungswege sollten Programme, die ausschließlich digital gestartet worden seien, nicht nachträglich als analoges Angebot verbreitet werden. Der nächste und letzte Satz der amtlichen Begründung zu der hier maßgeblichen Regelung für Hörfunkprogramme hat folgenden Wortlaut: „Dies wäre nur gegen Verzicht auf ein bestehendes Analogprogramm möglich.“
Der in der Begründung zum Ausdruck kommende objektivierte Wille der Vertragspartner spricht dafür, die für Rundfunkprogramme maßgebliche Regelung des Rundfunkstaatsvertrags dahingehend auszulegen, dass die analoge Verbreitung eines bislang digital gesendeten Hörfunkprogramms dann möglich ist, wenn gleichzeitig ein bislang analog gesendetes Hörfunkprogramm nicht mehr analog verbreitet wird. § 11 c Abs. 2 Satz 6 RStV dient der Förderung der Digitalisierung (Binder in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, § 11 c RStV Rn. 55; Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner/Cole/Wagner, Rundfunkstaatsvertrag, § 11 c Rn. 17). Nach seinem Sinn und Zweck soll ein Austausch dann ausgeschlossen sein, wenn ein bislang ausschließlich digital gestartetes Programm stattdessen oder zusätzlich analog verbreitet wird, sodass die Zahl der analog verbreiteten Programme steigen würde. Das Ziel der Digitalisierung wird dagegen nicht beeinträchtigt, wenn als Folge eines wie auch immer gestalteten Austauschs nicht mehr analoge Programme als zuvor verbreitet werden und damit der verbreitungstechnische Status quo im Ergebnis nicht verändert wird.
Die Regelung des § 11 c Abs. 2 Satz 6 RStV, wonach ein in digitaler Technik verbreitetes Programm nicht gegen ein in analoger Technik verbreitetes Programm ausgetauscht werden darf, ist sprachlich missglückt, da sie nach ihrem Wortlaut – entgegen der erklärten Absicht des Normgebers – nicht nur die zu einer digitalen Verbreitung hinzukommende analoge Verbreitung und die nunmehr analoge Verbreitung eines bislang digital verbreiteten Programms untersagt, sondern auch einen Tausch zwischen einem digital und einem analog verbreiteten Programm verbietet. Aus dem oben zitierten Satz der amtlichen Begründung lässt sich eine dem Wortlaut des § 11 c Abs. 2 Satz 6 RStV nicht unmittelbar zu entnehmende, aber nach dem Willen der Vertragspartner im Rundfunkstaatsvertrag angelegte Erweiterung des Handlungsspielraums ableiten (vgl. Binder in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, § 11 c RStV Rn. 55). § 11 c Abs. 2 Satz 6 RStV enthält damit eine Obergrenze der Anzahl der analog verbreiteten Hörfunkprogramme, ebenso wie § 11 c Abs. 2 Sätze 1 und 3 RStV vorsehen, dass die Anzahl der terrestrisch verbreiteten Hörfunkprogramme die Zahl der zum 1. April 2004 verbreiteten Programme nicht übersteigen und ein Austausch terrestrisch verbreiteter Programme nicht zu einer Erhöhung ihrer Gesamtzahl führen darf. Dass § 11 c Abs. 2 RStV i. d. F. des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags lediglich eine zahlenmäßige Begrenzung der Hörfunkprogramme bezweckt, diese Beschränkung sich aber weder auf einen Programmnamen noch auf die damalige Programmausrichtung bezieht, ergibt sich explizit aus der amtlichen Begründung. Danach ist ein Austausch unter dem Vorbehalt, dass sich dadurch die Anzahl der Programme nicht erhöht und keine Mehrkosten entstehen, möglich.
Die Regelung des § 11 c Abs. 2 Satz 3 RStV, die den Austausch eines Hörfunkprogramms gegen ein bereits vorhandenes, bislang auf einer anderen Frequenz verbreitetes Programm zulässt, liefe ansonsten auch weitgehend leer, da ein Frequenztausch innerhalb der analogen und innerhalb der digitalen Frequenzen kaum in Betracht kommt. Jedenfalls schließt die Vorschrift nicht die Umwidmung einer bislang anderweitig genutzten Frequenz für ein neues Programm aus (vgl. Binder in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, § 11 c RStV Rn. 50, 53).
Art. 2 Abs. 4 BayRG hält sich – gemäß der vorgenannten Auslegung – im Rahmen der Ermächtigungsnorm des § 11 c Abs. 2 Satz 3 RStV, wonach der jeweilige Landesgesetzgeber eine Austauschmöglichkeit terrestrisch verbreiteter Hörfunkprogramme vorsehen kann, wenn dadurch insgesamt keine Mehrkosten entstehen und sich die Gesamtzahl der Programme nicht erhöht; im Fall des Bayerischen Rundfunks ist die Höchstzahl von zehn Hörfunkprogrammen vorgesehen (Art. 2 Abs. 3 Satz 1 BayRG). Dem Ziel der Digitalisierung trägt Art. 2 Abs. 4 BayRG dadurch Rechnung, dass neben der Gesamtzahl der Hörfunkprogramme auch die Anzahl der analog verbreiteten Programme nicht erhöht werden darf. Dass die jeweiligen Gesetzgeber der übrigen Vertragspartner des Rundfunkstaatsvertrags keine vergleichbaren Regelungen erlassen haben, vermag einen Verstoß gegen Art. 118 Abs. 1 BV nicht zu begründen. Ihre Interessen werden durch Art. 2 Abs. 4 BayRG, dessen Auswirkungen sich allein auf die Verbreitung von Hörfunkprogrammen durch den Bayerischen Rundfunk beschränken, nicht berührt.
cc) Da kein unauflösbarer Widerspruch des Art. 2 Abs. 4 BayRG zu anderen landesgesetzlichen Normen feststellbar ist, kommt eine Entscheidung über die Frage, ob und inwieweit der Grundsatz „lex posterior derogat legi priori“ gilt, nicht in Betracht.
Ebenso wenig ist es von Bedeutung, dass Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BayRG, der bestimmte, dass die §§ 11 bis 11 f RStV gelten, durch das Gesetz zur Änderung des Bayerischen Rundfunkgesetzes und des Bayerischen Mediengesetzes vom 20. Dezember 2016 (GVBl S. 427; LT-Drs. 17/13224) mit Wirkung ab 1. Januar 2017 aufgehoben wurde. Der bislang in Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BayRG enthaltene Verweis auf die §§ 11 bis 11 f RStV war nur klarstellender Natur und konnte entfallen, ohne dass dies zu einer materiellen Änderung führte (LT-Drs. 17/13224 S. 13).
b) Die Rüge der Antragsteller, Art. 2 Abs. 4 BayRG stelle ein unzulässiges Einzelfallgesetz dar, lässt weder eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) noch einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 118 Abs. 1 BV) erkennen. Die angegriffene Regelung bezieht sich erkennbar nicht nur auf die Programme BR-Klassik und PULS, sondern gilt allgemein für den Austausch eines in digitaler Technik verbreiteten Hörfunkprogramms gegen ein in analoger Technik verbreitetes Hörfunkprogramm. Selbst wenn ein Einzelfall dem Gesetzgeber Veranlassung gibt, allgemeine Regelungen für Fälle dieser Art zu erlassen, ist dies verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich (VerfGH vom 27.1.1978 VerfGHE 31, 17/32; vom 7.11.1984 VerfGHE 37,148/162).
c) Art. 2 Abs. 4 BayRG differenziert auch nicht zwischen einzelnen Hörergruppen oder Schwerpunkten im Sinn des Art. 2 Abs. 3 Sätze 3 und 4 BayRG, sondern regelt allgemein eine Austauschmöglichkeit zwischen digitalen und analogen Hörfunkprogrammen. Die Bestimmung, welche Hörfunkprogramme analog bzw. digital verbreitet werden oder ob ein Tausch vorgenommen wird, obliegt dem Rundfunkrat in Vollzug des Art. 2 BayRG. Eine in der angegriffenen Vorschrift angelegte Ungleichbehandlung verschiedener Hörergruppen ist nicht ersichtlich.
2. Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) ist nicht wegen eines Widerspruchs zum Bundesrecht verletzt.
a) Prüfungsmaßstab im Popularklageverfahren ist allein die Bayerische Verfassung. Nach seiner ständigen Rechtsprechung kann der Verfassungsgerichtshof die Frage, ob der bayerische Gesetzgeber höherrangiges Bundesrecht verletzt hat, nur am Maßstab des Rechtsstaatsprinzips der Bayerischen Verfassung überprüfen. Dieses erstreckt seine Schutzwirkung nicht in den Bereich des Bundesrechts mit der Folge, dass jeder Verstoß gegen Bundesrecht zugleich als Verletzung der Bayerischen Verfassung anzusehen wäre. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV ist vielmehr erst dann verletzt, wenn der Widerspruch des bayerischen Landesrechts zum Bundesrecht offen zutage tritt und darüber hinaus auch inhaltlich nach seinem Gewicht als schwerwiegender Eingriff in die Rechtsordnung zu werten ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 14.11.2003 VerfGHE 56, 148/161; VerfGHE 59, 1/17; vom 29.5.2006 VerfGHE 59, 80/107 f.; vom 9.11.2011 VerfGHE 64, 136/143 f.; vom 23.11.2016 – Vf. 1-VII-15 – juris Rn. 75; vom 12.6.2017 – Vf. 4-VII-13 u. a. – juris Rn. 76).
Daher kann die Frage, ob der bayerische Gesetzgeber den vom Bundesverfassungsgericht aus dem Wesen des Bundesstaates (Art. 20 Abs. 1 GG) entwickelten Verfassungsgrundsatz der Bundestreue (BVerfG vom 30.7.1958 BVerfGE 8, 122/ 140 m. w. N.) verletzt hat, nur am Maßstab des Rechtsstaatsprinzips der Bayerischen Verfassung überprüft werden. Ungeschriebener Bestandteil dieses Grundsatzes ist der auch im Verhältnis der Bundesländer untereinander geltende allgemeine Rechtssatz „pacta sunt servanda“. Aus der verfassungsrechtlichen Anerkennung des Rechts zum Abschluss von Länderstaatsverträgen folgt die Verpflichtung, die vertraglichen Abmachungen einzuhalten und auf den Erlass abweichender landesrechtlicher Regelungen zu verzichten. Diese Bindung hindert den Bayerischen Landtag an einer dem Rundfunkstaatsvertrag zuwiderlaufenden Gesetzgebung (VerfGH vom 25.9.2015 BayVBl 2016, 81 Rn. 126; BVerfG vom 30.1.1973 BVerfGE 34, 216/ 231 f.; BVerwG vom 9.7.1976 BVerwGE 50, 137/144; Vesting in Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2012, § 1 RStV Rn. 38 f.).
b) Da jedoch, wie bereits unter 1. dargelegt, kein Widerspruch des Art. 2 Abs. 4 BayRG zum Rundfunkstaatsvertrag ersichtlich ist, hat der bayerische Landesgesetzgeber auch nicht den Grundsatz der Bundestreue verletzt.
3. Art. 2 Abs. 4 BayRG verstößt nicht gegen die durch Art. 111 a Abs. 1 Satz 1 BV gewährleistete Rundfunkfreiheit.
a) Die Rundfunkfreiheit ist in der Bayerischen Verfassung als eine dienende Freiheit konzipiert; der Rundfunk „dient“ der Information durch wahrheitsgemäße, umfassende und unparteiische Berichterstattung sowie durch die Verbreitung von Meinungen (Art. 111 a Abs. 1 Satz 2 BV). Zu den wesentlichen, durch die dienende Funktion der Rundfunkfreiheit vorgegebenen Aufgaben des Rundfunks gehört die Gewährleistung der Ausgewogenheit des Gesamtprogramms (Art. 111 a Abs. 1 Satz 6 BV), die in der Vielfalt der Meinungen zum Ausdruck kommt (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 16.2.1989 VerfGHE 42, 11/16; vom 15.12.2000 VerfGHE 53, 196/206; VerfGHE 60, 131/143). Als Freiheitsrecht garantiert die Rundfunkfreiheit vor allem Programmfreiheit und schützt damit die Auswahl, den Inhalt und die Ausgestaltung der Programme gegen fremden, insbesondere staatlichen Einfluss. Die Rundfunkfreiheit fordert eine positive gesetzliche Ausgestaltung, die sicherstellt, dass der Rundfunk seine Aufgaben auch wahrnehmen kann (Art. 111 a Abs. 3 BV). Daneben ist der Rundfunkfreiheit die Schranke der allgemeinen Gesetze immanent. Demgegenüber betrifft die gesetzliche Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit die positive Ordnung des Rundfunks. Sie befasst sich beispielsweise mit Fragen der Organisation (innere Struktur), Zulassung und Finanzierung der Anbieter von Rundfunk. Bei der Festlegung der Rundfunkordnung kommt dem Gesetzgeber im Grundsatz eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zu (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGHE 42, 11/16; 53, 196/208; 60, 131/141 ff.).
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs betrifft die verfassungsrechtlich gewährleistete Rundfunkfreiheit das Rundfunksystem in seiner Gesamtheit. In dieser Ordnung sind die unerlässliche Grundversorgung und die Gewährleistung der verfassungsrechtlich gebotenen Meinungsvielfalt Sache der öffentlichrechtlichen Anstalten, die zu einem inhaltlich umfassenden Programmangebot in der Lage sind (VerfGH vom 15.12.2005 VerfGHE 58, 277/286; vgl. BVerfG vom 4.11.1986 BVerfGE 73, 118/158 f.).
Wesensmerkmal der dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk aufgetragenen Grundversorgung, die stets eine Mehrzahl von Programmen voraussetzt (BVerfG vom 24.3.1987 BVerfGE 74, 297/324), ist – neben dem inhaltlichen Standard der Programme und der wirksamen Sicherung gleichgewichtiger Vielfalt – eine Übertragungstechnik, bei der ein Empfang der Sendungen für alle sichergestellt ist (vgl. BVerfGE 74, 297/326; BVerfG vom 6.10.1992 BVerfGE 87, 181/199). Die technische Empfangbarkeit der Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss ohne erheblichen wirtschaftlichen oder technischen Aufwand gewährleistet sein. Das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss für neue Publikumsinteressen oder neue Inhalte und Formen offen bleiben und darf technisch nicht auf einen bestimmten Entwicklungsstand beschränkt werden (vgl. BVerfGE 74, 297/324 f.; BVerfG vom 5.2.1991 BVerfGE 83, 238/298 ff.; vom 11.9.2007 BVerfGE 119, 181/218).
b) Der Auffassung der Antragsteller, der Grundversorgungsauftrag sei verletzt, weil Art. 2 Abs. 4 BayRG es ermögliche, dass ein Hörfunkprogramm – wie BR-Klassik – nicht mehr analog, sondern lediglich digital empfangen werden kann, ist unter Berücksichtigung der genannten Grundsätze nicht zu folgen. Der Bayerische Rundfunk sichert die Vielfalt der Meinungen und erfüllt den Grundversorgungsauftrag durch sämtliche von ihm verbreiteten zehn Hörfunkprogramme, unabhängig davon, ob ein Hörfunkprogramm terrestrisch analog oder digital verbreitet wird. Beide Verbreitungswege sind im Rahmen der Grundversorgung als gleichwertig anzusehen.
Die in Art. 2 Abs. 3 BayRG genannten zehn inhaltlichen Schwerpunkte bieten ein (Gesamt-)Programm, das den verfassungsrechtlichen Anforderungen gegenständlicher und meinungsmäßiger Vielfalt entspricht; sie erfassen die volle Breite des klassischen Rundfunkauftrags, der neben seiner Rolle für die Meinungs- und Willensbildung, neben Unterhaltung und Information eine kulturelle Verantwortung umfasst und dabei an das gesamte Publikum gerichtet ist (BVerfG vom 11.9.2007 BVerfGE 136, 9 Rn. 32). Art. 2 Abs. 3 BayRG regelt daneben die Anzahl der analog und digital verbreiteten Hörfunkprogramme, unterscheidet jedoch nicht da 79 nach, welcher der Schwerpunkte analog bzw. digital gesendet wird. Da lediglich bis zu fünf Hörfunkprogramme in analoger Technik verbreitet werden können, muss eine Auswahl der Programmschwerpunkte für die analoge bzw. digitale Verbreitung erfolgen – ohne jedoch die Grundversorgung durch alle zehn Hörfunkprogramme infrage zu stellen. Dass der Empfang von digital gesendeten Hörfunkprogrammen nur mittels eines Digitalradios und nicht mit herkömmlichen Radiogeräten möglich ist, beeinträchtigt die Grundversorgung nicht. Wesensmerkmal der dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk aufgetragenen Grundversorgung ist eine Übertragungstechnik, bei der ein Empfang der Sendungen allgemein sichergestellt ist (VerfGHE 58, 277/286). Dies ist im Hinblick auf die Hörer von Digitalprogrammen der Fall; eine im Vergleich zum analogen Sendebetrieb signifikant abweichende (geringere) Flächendeckung besteht nicht. Auch bewegen sich die Kosten für die Anschaffung eines Digitalradios im unteren Bereich, sodass ein Empfang grundsätzlich möglich ist.
4. Die Rundfunkempfangsfreiheit (Art. 112 Abs. 2 BV) ist durch Art. 2 Abs. 4 BayRG ebenso wenig verletzt.
a) Art. 112 Abs. 2 BV, der die Informationsfreiheit in ihrer besonderen Ausprägung der Rundfunkempfangsfreiheit grundrechtlich verbürgt, gewährleistet das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Insbesondere der Aspekt der Auswahlmöglichkeit ist wesentlicher Bestandteil der Informationsfreiheit. Sie umfasst grundsätzlich die Freiheit des Bürgers zur Benützung von Geräten, die ihm eine Auswahl unter den am Ort technisch empfangbaren Programmen ermöglicht. Das Grundrecht der Rundfunkempfangsfreiheit gewährleistet als Abwehrrecht Schutz vor hoheitlichen Eingriffen, die die Information aus allgemein zugänglichen Quellen erschweren oder verhindern. Dagegen verbürgt es keinen Anspruch auf eine kostenlose Heranführung von Informationen. Eine unzulässige Beschränkung des Rundfunkempfangs liegt daher regelmäßig nicht vor, wenn für den Bezug von Rundfunkprogrammen ein Entgelt gefordert wird (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 11.6.1991 VerfGHE 44, 61/77 f.; 58, 277/ 285; BayVBl 2014, 688 Rn. 64).
Eine Informationsquelle ist allgemein zugänglich, wenn sie technisch dazu bestimmt und geeignet ist, einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis Informationen zu verschaffen. Entscheidend ist allein die tatsächliche Art der Abgabe der Informationen. Die für einen unbestimmten Empfängerkreis verbreiteten Rundfunkprogramme sind allgemein zugängliche Informationsquellen. Dabei spielt es unter dem Blickwinkel des Art. 112 Abs. 2 BV keine entscheidende Rolle, mit welchen Übertragungsmethoden ein Rundfunkprogramm den Hörer erreicht. Maßgeblich ist allein die Zweckbestimmung als Rundfunkprogramm für einen nicht begrenzten Personenkreis. Das Grundrecht der Rundfunkempfangsfreiheit kann als elementares Freiheitsrecht inhaltlich nicht davon abhängen, wie sich die Art und Weise der Programmverbreitung im Lauf der Zeit ändert (VerfGHE 44, 61/77 f.; Stettner in Nawiasky/Schweiger/Knöpfle, Die Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 112 Rn. 14).
b) Durch den nach Art. 2 Abs. 4 BayRG erlaubten Austausch eines in digitaler Technik verbreiteten Hörfunkprogramms gegen ein in analoger Technik verbreitetes Hörfunkprogramm wird der Zugang zu einem – zuvor analog empfangbaren – Programm nicht unzulässig erschwert, da dieses auch bei digitaler Übertragung nach wie vor allgemein zugänglich ist und mittels eines Digitalradios ohne Weiteres von einem unbestimmten Personenkreis empfangen werden kann. Mit welcher Übertragungsmethode (z. B. Terrestrik, Kabel oder Satellit) ein Rundfunkprogramm – wie BR-Klassik – den Hörer erreicht, ist nach Art. 112 Abs. 2 BV ohne Bedeutung (Stettner in Nawiasky/Schweiger/Knöpfle, Die Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 112 Rn. 14). Auch das Erfordernis, ein Digitalradio anzuschaffen, um ein Programm empfangen zu können, ist objektiv nicht dazu geeignet, Interessenten fernzuhalten, da die Anschaffungskosten, wie bereits zu 3. b) dargelegt, nicht sonderlich hoch sind (vgl. zu staatlich festgesetzten Entgelten für den Rundfunk BVerfG vom 6.9.1999 BayVBl 2000, 208; VerfGH BayVBl 2014, 688 Rn. 64). Dass derzeit in vielen Kraftfahrzeugen noch keine für den Empfang von digitalen Hörfunkprogrammen geeigneten Radios eingebaut sind, führt zu keiner anderen Beurteilung.
5. Ein Verstoß gegen die Handlungsfreiheit (Art. 101 BV) liegt nicht vor.
Die Handlungsfreiheit als Auffanggrundrecht ist nicht tangiert, da die in Art. 2 Abs. 4 BayRG vorgesehene Austauschmöglichkeit keinen Eingriff in die private Freiheitssphäre erkennen lässt.
VI.
Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).


Ähnliche Artikel

Unerwünschte Werbung: Rechte und Schutz

Ganz gleich, ob ein Telefonanbieter Ihnen ein Produkt am Telefon aufschwatzen möchte oder eine Krankenkasse Sie abwerben möchte – nervig können unerwünschte Werbeanrufe, -emails oder -schreiben schnell werden. Was erlaubt ist und wie Sie dagegen vorgehen können, erfahren Sie hier.
Mehr lesen

Was tun bei einer negativen Bewertung im Internet?

Kundenbewertungen bei Google sind wichtig für Unternehmen, da sich potenzielle Neukunden oft daran orientieren. Doch was, wenn man negative Bewertungen bekommt oder im schlimmsten Fall sogar falsche? Das kann schädlich für das Geschäft sein. Wir erklären Ihnen, was Sie zu dem Thema wissen sollten.
Mehr lesen

Der Influencer Vertrag

In den letzten Jahren hat sich Influencer Marketing einen starken Namen in der Werbebranche gemacht. Viele Unternehmen setzen auf platzierte Werbeanzeigen durch Influencer. Was jedoch zwischen Unternehmer und Influencer vertraglich im Vorfeld zu beachten ist, werden wir Ihnen im Folgenden erläutern.
Mehr lesen


Nach oben