Aktenzeichen 3 U 223/15
UWG § 7, § 12 Abs. 1 S. 2
Leitsatz
1 Bei einem Vertrag über eine Eintragung in ein elektronisches Branchenverzeichnis handelt es sich um einen Dienstvertrag mit werkvertraglichen Elementen. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine telefonische Werbung gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung stellt stets eine unzumutbare Belästigung dar, gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer – wie hier – dann, wenn sie ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung erfolgt. Für eine solche mutmaßliche Einwilligung ist erforderlich, dass auf Grund konkreter Umstände ein sachliches Interesse des Anzurufenden am Anruf durch den Anrufer vermutet werden kann. Da eine große Anzahl vergleichbarer Branchenverzeichnisse existiert, ist ein sachliches Interesse eines Unternehmens daran, Angebote eines bestimmten Branchenverzeichnisbetreibers zu erhalten, nicht erkennbar. Angesichts deren Vielzahl müsste eine Vielzahl Anrufe zu befürchten sein, was zu einer empfindlichen Störung des Geschäftsbetriebs führen würde. (Rn. 49 – 51) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
12 O 91/15 2015-11-18 Endurteil LGBAMBERG LG Bamberg
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 18.11.2016 (Az.: 12 O 91/15) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 709,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.03.2014 zu bezahlen.
2. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt,
a) es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Werbezwecken telefonisch Kontakt zu den Beklagten aufzunehmen, ohne dass hierzu eine Einwilligung der Beklagten vorliegt.
b) Der Klägerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorgenannte Verpflichtung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000,00 EUR, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft von sechs Monaten angedroht.
c) Die Klägerin wird verurteilt, die Beklagten von vorgerichtlichen Anwaltskosten für eine Abmahnung durch den Rechtsanwalt A., in Höhe von 413,90 EUR netto freizustellen.
Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Beklagten als Gesamtschuldner 12% und die Klägerin 88%.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Vergütung für eine Eintragung in ein elektronisches Branchenverzeichnis und um Unterlassungsansprüche.
Die Klägerin betreibt unter der Firma „V.“ das elektronische Branchenverzeichnis www. …de.
Bei der Beklagten zu 1) handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die im Gartenbaubereich tätig ist. Die Beklagten zu 2) und 3) sind ihre Gesellschafter.
Am 24.02.2014 rief eine Vertriebsmitarbeiterin der Klägerin beim Beklagten zu 3) unter dessen geschäftlicher Telefonnummer ohne vorangegangenen Kontakt an und bot einen entgeltlichen Eintrag der Beklagten zu 1) in das vorgenannte Branchenverzeichnis www.…de mit einer Laufzeit von 3 Jahren zu einem Preis von 598,00 EUR netto an, zahlbar in zwei Raten zu je 298,00 EUR im April und Juni 2014.
Der Beklagte zu 3) erteilte den Auftrag und bestätigte auf ausdrückliche Nachfrage, dass er befugt sei, für die Beklagte zu 1) zu handeln. Der Beklagte zu 3) wurde auf die AGB der Klägerin hingewiesen.
In der Folge übersandte die Klägerin der Beklagten zu 1) eine auf den 25.02.2014 datierte Rechnung über 596,00 EUR netto (709,24 EUR brutto). Eine Zahlung der Beklagten zu 1) erfolgte nicht. Mit Schreiben vom 20.03.2014 (Anlage B2) kündigten die Beklagten den geschlossenen Vertrag gemäß § 649 Satz 1 BGB sowie hilfsweise ordentlich.
Mit ihrer Klage forderte die Klägerin die Bezahlung der vereinbarten Vergütung nebst Zinsen. Sie hat in erster Instanz im Wesentlichen geltend gemacht, der Vertrag sei unter Einbeziehung ihrer AGB zustande gekommen. Eine Aushändigung sei unter Kaufleuten nicht erforderlich. Alle wesentlichen Rechte und Pflichten („essentialia negotii’) seien bei dem Telefongespräch genannt worden. Eventuelle Lücken könnten durch Vertragsauslegung geschlossen werden. Eine erfolgsbezogene Leistung liege nicht vor. Im Übrigen sei eine Kündigung gemäß § 649 BGB nur bis zur Vollendung des Werkes, hier der Einprogrammierung auf der Internetseite www. ….de, möglich.
Die Beklagten sind dem Anspruch entgegengetreten. Sie meinen, die AGB der Klägerin seien nicht wirksam eingezogen worden. Die Möglichkeit der Kenntnisnahme habe nicht bestanden. Es liege schon kein wirksamer Vertragsschluss vor, weil kein bestimmtes und annahmefähiges Angebot unterbreitet worden sei. Dazu sei eine Beschreibung der beiderseitigen Hauptleistungspflichten erforderlich, was nicht geschehen sei. Es komme hier auf einen Erfolg, nämlich die erzielbare Werbewirkung an.
Es fehle es zudem an einer Annahmeerklärung der Klägerin. Deren AGB sähen vor, dass diese binnen fünf Kalendertagen erfolgt. Hier sei eine Annahme aber erst in Gestalt der Rechnung vom 25.02.2014 erfolgt, die gemäß § 150 Abs. 2 BGB als neuer Antrag anzusehen sei. Dies ergebe sich aus dem nicht beauftragen Eintrag „Business“, einer nunmehr vorgesehenen Mindestlaufzeit und dem abweichenden Zahlungsbetrag (596,00 EUR statt 598,00 EUR).
Es liege auch ein Verstoß gegen § 315 BGB vor, da für ein Leistungsbestimmungsrecht der Rahmen eingrenzbar sein müsse.
Wegen der hilfsweisen Vertragskündigung nach § 649 sei die Klägerin zur ordnungsgemäßen Abrechnung gemäß § 649 Satz 2 BGB verpflichtet; – eine solche liege nicht vor. Hilfsweise hat die Beklagte zu 1) in erster Instanz mit einem Schadensersatzanspruch auf der Grundlage des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 7 UWG aufgerechnet. Bei dem Anruf habe es sich um einen unzulässigen „Cold Call“ gehandelt. Die Beklagten haben deshalb widerklagend einen Unterlassungsanspruch geltend gemacht. Eine Wiederholungsgefahr liege vor, da eine geforderte Unterlassungserklärung nicht unterzeichnet worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrags und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. In Hinblick auf die Klage hat das Landgericht angenommen, dass am 24.02.2014 zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) ein Dienstvertrag zustande gekommen ist. Für die daraus resultierenden Verpflichtungen hätten die Beklagten zu 2) und 3) als Gesellschafter mit einzustehen. Der Vertrag sei wirksam. Vereinbart worden sei die Eintragung der Firmendaten der Beklagten zu 1), eine Vertragslaufzeit von 3 Jahren, eine Gebühr von 598,00 EUR netto sowie Zahlungsmodalitäten in Form von zwei Raten zu je 298,00 EUR im April und Juni 2014. Durch den Hinweis auf die von der Internetseite der Klägerin abrufbaren AGB seien diese wirksam einbezogen.
Auf eine Annahme binnen einer Frist von 5 Tagen (§ 2 Abs. 3 der klägerischen AGB) komme es nicht an, da der Vertrag bereits bei dem Telefonanruf zustande gekommen sei.
Entgegen der Auffassung der Beklagten sei ein annahmefähiges Angebot unterbreitet, insbesondere die wesentlichen Vertragsbestandteile genannt worden. Die Angabe der konkreten Größe der Werbeanzeige sei nicht erforderlich gewesen.
Eine Annahme unter einer Abänderung im Sinne von § 150 Abs. 2 BGB liege nicht vor. Die Reduzierung des Preises gegenüber der telefonischen Vereinbarung um 2,00 EUR, von 598,00 EUR auf 596,00 EUR netto, sei unschädlich und nicht als relevante Abänderung anzusehen, zumal es sich um eine Änderung zugunsten der Beklagten handle.
Irrelevant sei auch, dass der Preis von 596,00 EUR netto nur aufgrund eines Sondernachlasses gewährt worden sei und von der Klägerin grundsätzlich ein höherer Rechnungsbetrag gefordert werde. Der reduzierte Preis sei konkret besprochen worden. Wie er zustande komme, sei unerheblich.
Unerheblich sei auch, dass sich der Vertrag automatisch verlängere, sofern nicht 6 Wochen vor Vertragsende gekündigt wird. Dies ergebe sich aus § 6 der einbezogenen AGB der Klägerin. Ein Verstoß gegen § 315 BGB sei nicht feststellbar, da alle wesentlichen Vertragsbestandteile bei dem Telefonat vom 24.02.2014 besprochen worden seien.
Die hilfsweise erklärte Vertragskündigung gemäß § 649 BGB greife nicht durch. Der Schwerpunkt des Vertrages liege im dienstvertraglichen Bereich. Ein wesentlicher werkvertraglicher Erfolg sei nicht geschuldet, insbesondere keine besondere Werbewirkung oder eine Suchmaschinenoptimierung. Ein aufrechenbarer Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 7 UWG stehe den Beklagten nicht zu. Ausweislich des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung (BT-Drucksache 15/1487 vom 22.08.2003) stelle das UWG kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB dar. Auch ein rechtswidriger Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Beklagten sei nicht ersichtlich, da der Beklagte zu 3) den Vertrag für die Beklagte zu 1) abgeschlossen hat und damit eine Einwilligung in das Telefonat abgegeben habe. Schließlich könne auch nicht mit einem Schadenersatzanspruch wegen vorvertraglicher Pflichtverletzungen aufgerechnet werden.
Die Widerklage der Beklagten sei zwar zulässig, aber unbegründet.
Ein Anspruch auf Unterlassung einer telefonischen Kontaktaufnahme durch die Klägerin bestehe nicht. Auf den Anruf vom 24.02.2014 könne der Anspruch nicht gestützt werden, weil der Beklagte zu 3) durch den wirksamen Vertragsschluss zum Ausdruck gebracht habe, dass er in das Telefongespräch einwillige. Auf die Frage einer mutmaßlichen Einwilligung komme es nicht an.
Mit ihrer Berufung verfolgen die Beklagten ihre erstinstanzlichen Anträge weiter. Sie beanstanden eine fehlerhafte Rechtsanwendung.
Sie meinen weiterhin, ein etwaiges mündliches Vertragsangebot der Klägerin vom 24.02.2014 sei zu unbestimmt und damit nicht annahmefähig gewesen.
Entgegen der Ansicht des Landgerichts lasse sich dem Auftragsgespräch (wiedergegeben im Schriftsatz der Klägerin vom 19.11.2014 Seiten 3 und 4 = Bl. 9, 10 d.A.) keine Annahmeerklärung der Mitarbeiterin der Klägerin entnehmen.
Die Erwägungen des Landgerichts zu § 150 Abs. 2 BGB seien weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht unzutreffend.
Wesentlicher Bestandteil des Auftrags sei die Herstellung eines Eintrages auf der Webseite EBVZ und der Vorhaltung dieser Webseite mit dem Eintrag für die Vertragslaufzeit von 3 Jahren gewesen. Nach der Rechtsprechung des BGH sei ein Vertrag der vorliegenden Art als Werkvertrag zu qualifizieren und als solcher jederzeit kündbar.
Die Widerklage sei deshalb zu Unrecht abgewiesen worden. Von einer mutmaßlichen Einwilligung der Beklagten habe die Klägerin nicht ausgehen dürfen. Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr werde durch das festgestellte rechtsverletzende Verhalten der Klägerin indiziert.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 540 Abs. 2 i.V.m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist weitestgehend begründet, soweit sie sich gegen die Abweisung ihrer Widerklage richtet. Soweit die Beklagten sich gegen ihre Verurteilung auf die Klage der Klägerin wenden, bleibt ihr Rechtsmittel dagegen ohne Erfolg.
1. Das Landgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Senat schließt sich insoweit den Gründen der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen an. Nur ergänzend ist auszuführen:
a) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist ein Vertrag zustande gekommen.
Die Mitarbeiterin der Klägerin hat eine Auftragserteilung bestätigt und die Übersendung der Rechnung angekündigt (vgl. Gesprächsprotokoll Bl. 10 d.A.).
Der Hinweis der Beklagten auf die AGB der Klägerin geht fehl. § 2 Abs. 2 der AGB (Anlage K5 = Bl. 17 d.A.) sieht alternativ mehrere Möglichkeiten des Zustandekommens eines Vertrages vor. Die dort angesprochene Annahmefrist betrifft lediglich den Fall eines Angebots unter Abwesenden und konkretisiert die in § 147 Abs. 2 BGB vorgesehene Annahmefrist. Hier liegt jedoch der Fall eines Angebots unter Anwesenden (§ 147 Abs. 1 BGB) vor.
Auf § 150 Abs. 2 BGB kommt es nicht an. Die Vorschrift ist hier nicht einschlägig. Der Vertrag war bereits bei dem Telefonat geschlossen worden. Der Inhalt des Vertrages wurde durch die wirksam einbezogenen AGB konkretisiert.
Ob die in den AGB enthaltene Verlängerungsklausel wirksam ist, kann dahinstehen. Die Klägerin beruft sich darauf nicht. Streitgegenständlich ist ausschließlich die Vergütung für die auch mündlich vereinbarte Vertragslaufzeit von 3 Jahren.
Ungeachtet des hier nicht anwendbaren § 150 Abs. 2 BGB kann in der Vertragsbestätigung (Rechnung) vom 25.02.2014 ein Angebot gesehen werden, den bereits geschlossenen Vertrag abzuändern. Da die Beklagten dem nicht zugestimmt haben, verbleibt es in jedem Fall bei dem bereits geschlossenen Vertrag.
b) Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt kein jederzeit kündbarer Werkvertrag vor.
Die von der Berufung genannten Entscheidungen betreffen den nicht vergleichbaren Fall der Erstellung und Unterhaltung einer Internetpräsenz (BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 – VII ZR 133/10, veröffentlicht u.a. in BGHZ 188, 149-157; BGH, Urteil vom 04. März 2010 – III ZR 79/09, veröffentlicht u.a. in BGHZ 184, 345-357).
Darum geht es hier nicht.
Hier geht es ausschließlich um einen Verzeichniseintrag. Dabei handelt es sich – wie das Landgericht zutreffend angenommen hat – um einen Dienstvertrag mit werkvertraglichen Elementen (so auch Landgericht Bonn, Urteil vom 05. August 2014 – 8 S 46/14, veröffentlicht in JURIS in einem ebenfalls die Klägerin betreffenden Fall, ersichtlich gebilligt vom BGH, vgl. Urteil vom 21. April 2016 – I ZR 276/14 – Lebens-Kost, veröffentlicht in JURIS).
c) Eine Aufrechnung mit einem Schadenersatzanspruch machen die Beklagten nach dem Hinweis des Senats auf die vorgenannte BGH-Entscheidung nicht länger geltend. Ein solcher Anspruch steht ihnen auch nicht zu.
Nach der Rechtsprechung des BGH (a.a.O.) erfasst ein auf eine unzulässige Telefonwerbung gemäß § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG gestützter Schadensersatzanspruch nur solche Schäden, die vom Schutzbereich dieser Bestimmung erfasst sind. Bei der Verurteilung der Beklagten hat es daher zu verbleiben.
2. Die Widerklage hat das Landgericht zu Unrecht abgewiesen.
a) Die Beklagten haben Anspruch auf Unterlassung von Werbeanrufen gemäß § 1004 BGB.
Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 21. April 2016 a.a.O. Rdnr.16 m.w.Nachw.) kommt die Bestimmung des § 7 UWG zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen auch im Rahmen der Prüfung eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823 Abs. 1 BGB zur Anwendung.
Damit kann mit einer Verletzung des § 7 UWG auch ein Unterlassungsanspruch auf der Grundlage des § 1004 BGB begründet werden.
Gegenstand des Schutzes des § 7 UWG ist die Verhinderung des Eindringens des Werbenden in die Privatsphäre des Verbrauchers und die geschäftliche Sphäre, insbesondere die Ungestörtheit der Betriebsabläufe des sonstigen Marktteilnehmers. Es soll verhindert werden, dass dem Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer Werbemaßnahmen gegen seinen erkennbaren oder mutmaßlichen Willen aufgedrängt werden.
Gemäß § 7 Abs. 1, 2 Nr. 2 UWG stellt eine telefonische Werbung gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung stets eine unzumutbare Belästigung dar, gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer – wie hier – dann, wenn sie ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung erfolgt.
Für eine mutmaßliche Einwilligung ist erforderlich, dass „auf Grund konkreter Umstände ein sachliches Interesse des Anzurufenden“ am Anruf durch den Anrufer vermutet werden kann (BGH, Urteil vom 25. Januar 2001 – I ZR 53/99 – Telefonwerbung für Blindenwaren, veröffentlicht u.a. in NJW-RR 2002, 326-329).
Eine solche mutmaßliche Einwilligung kommt hier nicht in Betracht. Es existiert gerichtsbekanntermaßen eine große Anzahl vergleichbarer Branchenverzeichnisse. Dies ist auch der Klägerin bekannt. Ein sachliches Interesse der Beklagten daran, Angebote von einer Vielzahl von Branchenverzeichnisbetreibern zu erhalten ist nicht einmal ansatzweise erkennbar. Angesichts deren Vielzahl müssten die Beklagten eine Vielzahl vergleichbarer Anrufe befürchten, was zu einer empfindlichen Störung des Geschäftsbetriebs führen würde (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 20. September 2007 – I ZR 88/05 – Suchmaschineneintrag, veröffentlicht u.a. in GRUR 2008, 189-191). Auch der BGH ist in seiner Entscheidung vom 21.04.2016 erkennbar davon ausgegangen, dass keine mutmaßliche Einwilligung angenommen werden kann. Andernfalls hätte die Entscheidung wesentlich einfacher damit begründet werden können, dass ein aufrechenbarer Gegenanspruch schon deswegen nicht gegeben ist, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 UWG nicht erfüllt bzw. nicht hinreichend festgestellt sind. Tatsächlich hat der BGH die Annahme des Berufungsgerichts, dass § 7 UWG verletzt sei, nicht beanstandet.
Aus dem Umstand, dass sich die Kläger zu einem Vertragsabschluss haben bewegen lassen, kann entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht der Schluss gezogen werden, dass der Anruf in ihrem mutmaßlichen Einverständnis erfolgt ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage einer mutmaßlichen Einwilligung ist der Zeitpunkt vor dem ersten Anruf (BGH a.a.O. Rdnr. 17 zit. n. JURIS). Mangels ausdrücklicher oder mutmaßlicher Einwilligung war dieser Anruf rechtswidrig.
Die Wiederholungsgefahr wurde durch den rechtswidrigen ersten Anruf indiziert und ist auch nicht weggefallen. Dass sich die Beklagten ausdrücklich mit weiteren Werbeanrufen einverstanden erklärt haben, ist nicht ersichtlich. Die entstandene geschäftliche Beziehung genügt dafür nicht (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Auflage, § 3 Rdnr. 146a mit Nachw. aus der BGH-Rspr.). Ob daraus ein – aus Sicht der Klägerin – mutmaßliches Einverständnis abgeleitet werden kann, kann offenbleiben, weil die Beklagten bereits durch Anwaltsschreiben vom 20.03.2014 (Anlage B2 = Bl. 44 d.A.) klargestellt haben, dass mit weiterer Telefonwerbung kein Einverständnis besteht und erfolglos die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gefordert haben. Bei der hier gegebenen Sachlage haben die Beklagten sogar ein gesteigertes Interesse daran, nicht nochmals durch rechtswidrige Akquisitionsmethoden in ein Vertragsverhältnis gedrängt zu werden. Selbstverständlich ist die Klägerin berechtigt, mit den Beklagten telefonisch Kontakt aufzunehmen, wenn und soweit es um die Durchführung oder Abwicklung des bestehenden Vertrages geht. Etwas anderes gilt aber für Anrufe zu „Werbezwecken“.
Der Unterlassungsanspruch der Beklagten ist daher begründet. Die Ordnungsmittelandrohung beruht auf § 890 Abs. 2 ZPO.
b) Die Beklagten haben ferner Anspruch auf Freistellung von den durch ihre Abmahnung entstandenen Kosten.
§ 12 Abs. 1 Satz 2 UWG ist im Verhältnis der Parteien nicht anwendbar.
Der Anspruch der Beklagten ergibt sich aber auf der Grundlage des § 823 Abs. 2 BGB wegen eines Eingriffs in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.
Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 21.04.2016 Lebens-Kost, a.a.O. Rdnr. 15) ist im Rahmen des § 7 UWG nur der Schaden ersatzfähig, der in den Schutzbereich der Norm fällt, also gerade dadurch entstanden ist, dass ein unbefugtes Eindringen in die geschäftliche Sphäre erfolgt ist. Damit sind auch die Kosten für die Abwehr solcher Handlungen erfasst.
Ein Zahlungsanspruch der Beklagten besteht allerdings nicht. Schon aus dem Antrag ergibt sich, dass die Abmahnkosten gegenüber den Beklagten noch nicht einmal abgerechnet, geschweige denn von ihnen bezahlt worden sind.
Dementsprechend ist – unter Abweisung im Übrigen – nur dem Freistellungsanspruch stattzugeben. Der Gegenstandswert der Abmahnung ist mit 5.000,00 EUR zutreffend angenommen und führt zu einem Freistellungsanspruch in Höhe von 413,90 EUR.
Mit dieser Maßgabe hat die Berufung der Beklagten Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet und zurückzuweisen.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit erging aufgrund der §§ 708 Ziffer 10, 711, 713 ZPO.
3. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO) liegen nicht vor. Der Senat weicht nicht von der Rechtsprechung des BGH oder anderer Obergerichte ab. Auch eine grundsätzliche Bedeutung ist nicht ersichtlich.