IT- und Medienrecht

Verkehrssicherungspflichten beim Betrieb einer Naturrodelbahn

Aktenzeichen  9 O 2933/16

Datum:
7.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 11249
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München II
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 823

 

Leitsatz

1 Wer in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft oder andauern lässt, hat grundsätzlich die notwendigen Vorkehrungen zum Schutze Dritter zu treffen. Daher trifft auf einer Rodelbahn die Verkehrssicherungspflicht denjenigen, der den Zugang zu ihr schafft oder der die Rodelbahn betreibt. Es gelten insoweit die für eine Sicherungspflicht auf Skipisten entwickelten Grundsätze auch auf Rodelbahnen. Danach ist prinzipiell lediglich vor “atypischen Gefahren” zu warnen, die bei zweckgerechter Benutzung über die mit dem Rodeln normalerweise verbundenen Gefahren hinausgehen. Insbesondere führen vereinzelte Eisstellen auf einer Rodelbahn noch nicht zu einer Haftung des Verkehrssicherungspflichtigen. Eine zu Sicherungsmaßnahmen verpflichtende atypische Gefahr liegt aber dann vor, wenn „Schlüsselstellen“ (zB enge Kurven) einer Rodelbahn derart vereist sind, dass nicht nur ein Sturz wahrscheinlich ist, sondern wenn auch die Gefahr besteht, sich nicht mehr „fangen“ zu können. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2 Zur rechtlichen Differenzierung von Rodelbahntypen. (Rn. 16 – 17) (redaktioneller Leitsatz)
3 Dem Geschädigten obliegt der Nachweis einer Sorgfaltspflichtverletzung. Dabei reicht es allerdings primär aus, wenn er angibt, inwieweit die Warnungen und Sicherungsmaßnahmen seines Erachtens nicht existiert hätten oder nicht ausgereicht hätten. Auf einen entsprechenden Vortrag trifft den Beklagten die sekundäre Darlegungslast, welche konkreten Sicherungsmaßnahmen er vorgenommen hat. Soweit der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast genügt hat, obliegt dem Kläger wiederum der Nachweis, dass entweder diese Warn- und Sicherungsmaßnahmen nicht erfolgt sind oder dass zusätzliche Warn- und Sicherungsmaßnahmen geboten gewesen wären. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin kann weder unter vertraglichen, noch unter deliktischen Gesichtspunkten Schadensersatz von der Beklagten verlangen. Sie hat weder eine Verletzung ihrer Pflichten aus dem Beförderungsvertrag und dem Mietvertrag über die Schlitten, noch eine sonstige Sorgfaltspflichtverletzung nachgewiesen.
Die Beklagte hatte aus den vorstehend genannten Verträgen die Nebenpflicht, für verkehrssichere Verhältnisse auf der streitgegenständlichen Rodelbahn zu sorgen. Eine Verletzung dieser Pflicht steht allerdings nicht fest.
I.
Grundsätzlich hat die notwendigen Vorkehrungen zum Schutze Dritter zu treffen, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft oder andauern lässt. Daher trifft auf einer Rodelbahn die Verkehrssicherungspflicht denjenigen, der den Zugang zu ihr schafft (etwa durch eine Bergbahn) oder der die Rodelbahn „unterhält“, wenn diese – sei es auch unter Inanspruchnahme eines angelegten und auch als Fahr Straße dienenden Weges – ausgebaut und „unterhalten“ wird. Dabei gelten die für eine Sicherungspflicht auf Skipisten entwickelten Grundsätze auch auf Rodelbahnen. Nach der oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung ist im Grundsatz lediglich vor „atypischen Gefahren“ zu sichern oder zu warnen, also vor denen, die bei zweckgerechter Benutzung über die mit dem Rodeln normalerweise verbundenen Gefahren hinausgehen. Insbesondere führen vereinzelte Eisstellen auf einer Rodelbahn noch nicht zu einer Haftung des Verkehrssicherungspflichtigen. Eine zu Sicherungsmaßnahmen verpflichtende atypische Gefahr liegt aber dann vor, wenn „Schlüsselstellen“ einer Rodelbahn derart vereist sind, dass nicht nur ein Sturz wahrscheinlich ist, sondern wenn auch die Gefahr besteht, sich nicht mehr „fangen“ zu können. Eine derartige Stelle ist aber jedenfalls in einer starken Kurve gegeben (vgl. OLG München, Urteil vom 20.04.1978 – 1 U 4285/77 mwN.).
Dabei ist grundlegend zu unterscheiden zwischen der bloßen Zurverfügungstellung einer Rodelbahn ggf. mit Bewirtungsmöglichkeit, wie es herkömmlicherweise bei Berghütten anzutreffen ist, und einer Eröffnung der Bahn für weitergehende Verkehrskreise. Herkömmliche Rodelbahnen werden nur von Personen benutzt, die entweder über ein eigenes Rodelgerät verfügen oder die sich in einem Sportgeschäft oder von Bekannten einen Schlitten ausleihen und bei dieser Gelegenheit über dessen Benutzung instruiert werden. Darüber hinaus lernen Nutzer einer herkömmlichen Rodelbahn den Streckenverlauf, die Bahnbeschaffenheit, die unterschiedlichen Neigungen der Bahn sowie die Steilheit der Kurven kennen. Ihre Muskulatur sowie ihr Kreislauf erwärmt sich beim Zustieg und vor allem erfahren sie an steilen und glatten Stellen körperlich die Beschaffenheit der Strecke, indem sie zurückrutschen. Sie beobachten entgegenkommende Rodler und erkennen, wie schnell diese rodeln und wo es gefährlich sein könnte. Sie registrieren schließlich, wo sie gut bremsen und ggf. eine Pause machen können. Wenn ihnen die Strecke zu gefährlich erscheint, können sie jederzeit umkehren. Die Risiken des Rodelsports, der an steilen Strecken, die im oberbayerischen Alpenraum zuhauf anzutreffen sind, gerichtsbekanntermaßen durchaus – je nach Streckenbeschaffenheit – in nicht unerheblichem Maße verletzungsträchtig sein kann (hierfür braucht man nicht einmal zu einer der „längsten und sportlichsten Rodelbahnen in Deutschland“ bei der Beklagten gehen), werden auf diese Weise noch einigermaßen vertretbar und insbesondere für den Rodler überschaubar und kontrollierbar gehalten.
Grundlegend anders ist es, wenn der Verkehr – wie hier – für Rodler eröffnet wird, die die Strecke zuvor nicht zu Fuß hochgelaufen sind. Die Beklagte erzielt Einnahmen u. a. damit, dass sie einen Bahntransport nach oben anbietet und dort auch noch Schlitten verleiht. In solchen Konstellationen ist es im Einzelfall nicht nur erforderlich, Rodler vor Gefahren zu warnen. Wo dies nicht ausreicht, sind darüber hinaus Sicherungsmaßnahmen veranlasst.
II.
Es besteht kein Zweifel, dass es sich bei der streitgegenständlichen Kurve angesichts der Beschaffenheit der Bahn zum Unfallzeitpunkt um eine Schlüsselstelle in dem vorgenannten Sinne handelte, in Bezug auf welche die Beklagte besondere Warnpflichten und – sofern Warnungen nicht ausreichten – auch Sicherungspflichten traf.
1. Bei der Kurve handelte es sich um die mit dem engsten Kurvenradius, vor der noch dazu ein so steiles Stück ist, wie es sonst nicht auf der Rodelbahn zu finden ist.
2. Die Strecke war auf dem Abschnitt vor der streitgegenständlichen Kurve hart, denn einerseits zeigt das Bild 8100 Schneekristalle, deren Zustand von vormaligem Auftauen und erneutem Anfrieren gekennzeichnet sind. Zudem sind auf den Bildern als Folge des Bremsens der Rodler keine tiefen, sondern nur oberflächliche Rillen zu erkennen.
III.
Die Klägerin hat im konkreten Fall aber nicht nachgewiesen, dass sie unzureichend gewarnt worden wäre oder dass die Warnungen nicht ausreichten, weil es nicht mehr möglich gewesen wäre, bei besonnener Fahrweise seinen Schlitten auf dem streitgegenständlichen Streckenabschnitt zu kontrollieren.
Der Klägerin obliegt (vertragsrechtlich) der Nachweis einer Pflichtverletzung (bzw. deliktsrechtlich der Nachweis einer Sorgfaltspflichtverletzung. Dabei reicht es allerdings primär aus, wenn sie angibt, inwieweit die Warnungen und Sicherungsmaßnahmen ihres Erachtens nicht existiert hätten oder nicht ausgereicht hätten. Auf einen entsprechenden Vortrag trifft die Beklagte die sekundäre Darlegungslast, welche konkreten Sicherungsmaßnahmen sie vorgenommen hat. Soweit die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast genügt hat, obliegt der Klägerin der Nachweis, dass entweder diese Warn- und Sicherungsmaßnahmen nicht erfolgt wären oder dass zusätzliche Warn- und Sicherungsmaßnahmen geboten gewesen wären. Die Klägerin vermochte jedoch nicht nachzuweisen, dass die beklagtenseits vorgetragenen Sicherungs- und Warnmaßnahmen unzureichend gewesen wären.
1. Die Klägerin hatte nach ihrem eigenen Bekunden vor Beginn der Fahrt Kenntnis davon, dass die Beklagte ihre Rodelbahn als eine der längsten und sportlichsten Naturrodelbahnen Deutschlands bezeichnet (vgl. S. 3 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2018). Die Klägerin hatte nach eigenem Bekunden Vorerfahrung im Rodeln und taugliches Schuhwerk. Es deuteten mithin aus Sicht der Beklagten bei Übergabe des Schlittens keinerlei Anhaltspunkte darauf hin, dass die Klägerin nicht in der Lage wäre, den Schlitten sicher zu beherrschen. Der Zeuge O… hat glaubhaft bekundet, dass er und die Klägerin durch einen Mitarbeiter der Beklagten zu einer vorsichtigen Fahrweise ermahnt worden wären (vgl. S. 8 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2018). Die Klägerin hat selbst angegeben, dass sie sich schon frühzeitig über die besondere Glätte der Bahn und den ungesicherten Abgrund neben der Bahn gewundert habe (vgl. S. 3 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2018). Zu diesem Zeitpunkt hätte die Klägerin ohne weiteres die Fahrt abbrechen können, nahm aber – u. a. aus sportlichem Ehrgeiz – hiervon Abstand (vgl. hierzu die dies konzedierende Angabe der Klägerin auf S. 4 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2018 sowie die Angabe des Zeugen O…, die Klägerin und er hätten Spaß an der Gefährlichkeit der Fahrt gehabt und gelacht, S. 8 des Protokolls). Vor der streitgegenständlichen Kurve befand sich ein Warnschild mit der Aufschrift „Langsam – Slow“, welches die Klägerin auch bemerkt hatte (vgl. S. 3 und 7 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2018).
2. Auch steht nicht fest, dass es bei besonnener Fahrweise nicht möglich gewesen wäre, den Schlitten vor und in der streitgegenständlichen Kurve zu kontrollieren. Insbesondere ist nicht ausgeschlossen, dass es bei sorgsamem Bremsen nach Erkennbarkeit des Langsam-Banners noch möglich war, den Schlitten anzuhalten.
a. Blankeis war nach den Bekundungen aller Beteiligter zweifelsfrei nicht dort.
b. Über Nacht kann die planierte Fläche zwar theoretisch so hart angefroren sein, dass der Schlitten nicht mehr abzubremsen war. Der Nachweis, dass es tatsächlich so war, ist aber nicht geführt.
aa. Die Bilder lassen einen harten Schnee, aber keine vollständig vereiste Fläche erkennen, welche die von den Füßen ausgehende Bremsenergie kaum noch aufnehmen würde. Die Bilder zeigen vielmehr, dass sich die Schneeauflage durchaus noch – oberflächlich – verformen ließ:
(Ausschnitt aus dem Bild IMG_8101 (002) _1.JPG, welches die Situation nahe der Unfallkurve zeigt)
bb. Aus dem Unfall der Klägerin ergibt sich ebenfalls nicht, dass bei umsichtiger Fahrweise der Schlitten nicht mehr zu kontrollieren war. Der Zeuge O… hat glaubhaft bekundet, die Klägerin habe ihn öfter vorfahren lassen und dann aber immer wieder überholt (vgl. S. 11 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2018). Die Klägerin hat selbst von sportlichem Ehrgeiz gesprochen (vgl. S. 4 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2018).
Vieles spricht dafür, dass die Angabe des Zeugen O… zutrifft, die Klägerin habe öfter vorfahren lassen und anschließend überholt (vgl. S. 11 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2018). Soweit die Klägerin hierzu im Rahmen der im Anschluss an die Beweisaufnahme erfolgten Gespräche über eine gütliche Einigung (ohne dass dies protokolliert ist) erklärte, das sei allenfalls einmal der Fall gewesen, bestehen Zweifel, ob die Erinnerung der Klägerin insoweit zutrifft. Der Einzelrichter hat angesichts seines persönlichen Eindrucks von der Klägerin keinen Zweifel daran, dass die Klägerin heute davon überzeugt ist, vorsichtig gefahren zu sein. Das lässt aber nicht den Schluss zu, dass sich die Klägerin damals tatsächlich auch umsichtig und langsam auf ihrem Schlitten gefahren ist. Die menschliche Erinnerung ist ein Produkt von Wahrnehmen, Speichern, Erinnern, Wiedergeben und Verstehen (Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellungen vor Gericht, 4. Aufl. 2014, Rn. 3). Dabei ist die menschliche Erinnerungsfähigkeit nicht nur den natürlichen Grenzen der Sinne ausgesetzt, sondern eine bloß selektive Erinnerung einzelner Geschehnisse aus der Gesamtheit aller wahrnehmbaren Vorgänge ist die Regel (Bühring-Uhle/Eidenmüller/Nelle, Verhandlungsmanagement, 2009, 27; Bender/Nack/Treuer aaO. Rn. 61 ff.). Zunächst erinnerte Vorgänge bleiben nicht dauerhaft im Gedächtnis, sondern werden mit dem Zeitablauf vergessen und durch neue Wahrnehmungen und Schlussfolgerungen ergänzt bzw. verändert. Details verschmelzen, die Reihenfolge gerät durcheinander und das Erinnerungsbild wird in allen Punkten immer unklarer; frühere Erfahrungen aus ähnlichen Situationen oder Wunschbilder, wie es gewesen sein soll, füllen die entstandenen Lücken. Vergessenes Randgeschehen wird in der Meinung hinzuerfunden, es handele sich um Erinnerung. Insbesondere bei der Wahrnehmung von Folgen schlussfolgern wir auf die Ursachen, häufig ohne unterscheiden zu können, was wir wahrgenommen und was wir geschlussfolgert haben; je länger das Ereignis zurückliegt, desto weniger kann man diese Punkte trennen. Womit diese Lücken gefüllt werden, bemisst sich nach der Selbstwahrnehmung, den Wünschen und Erwartungen (Bender/Nack/Treuer aaO., Rn. 11, 42, 66, 70, 92– 94, 99, 120, 122, 130 und 154). In Folge unseres Strebens nach kognitiver Konsonanz behalten wir dabei bevorzugt solche Umstände in Erinnerung, welche sich mit unseren bestehenden Überzeugungen und Werten decken (BühringUhle/Eidenmüller/Nelle, Verhandlungsmanagement, 2009, 41). Unsere Gedanken werden weiter in sublimer Weise durch innere Voraktivierungen beeinflusst (Bauer, Selbststeuerung, 5. Aufl., S. 99 –102). In besonderem Maße ist unsere Erinnerung Verzerrungen ausgesetzt, wenn der betreffende Sachverhalt emotionale Bedeutung für uns hat (Hüther, Was wir sind und was wir sein könnten, 6. Aufl. 2013, 76 f.; Stauss, Selbstvergebung durch Schuldkompetenz, 2015, 300 f.; ähnlich: Holler, Trainingsbuch Gewaltfreie Kommunikation, 5. Aufl. 2010, S. 46; Hüther/Korittko/Wolfrum/Besser, Trauma & Gewalt 2010, 18, 20). Das ist insbesondere in Konstellationen mit massiven Unfallfolgen – wie hier – der Fall. Denn das Erfahren der körperlichen und/oder psychischen Versehrtheit greift uns massiv in unserem Selbstbild und auch in unserem Selbstwert an (vgl. Bauer, Selbststeuerung, 5. Aufl. S. 130).
Es erscheint daher nicht unwahrscheinlich, zumindest aber nicht ausschließbar, dass die Klägerin trotz des Warnbanners zunächst noch darauf vertraute, sie würde bei einer sportlichen Geschwindigkeit den Schlitten noch beherrschen können.
cc. Aus dem Sturz des Zeugen O… ergibt sich gleichfalls nicht eine zu eisige Bahn. Er hielt den Schlitten nur an den Schnüren, weil er zugleich eine Kamera in der Hand hielt (vgl. S. 13 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2018). Darüber hinaus hat der Zeuge O… angegeben, dass er und die Klägerin vor der Unfallkurve schnell gefahren seien, wobei er die Klägerin nicht habe aufholen können; von stärkeren Bremsversuchen zu Beginn der steilen, geraden und glatten Strecke vor der Unfallkurve war in der Schilderung des Zeugen O… keine Rede. Stattdessen hatte er davon berichtet, dass er und die Klägerin noch unmittelbar zuvor Spaß an den gefährlichen Situationen gehabt und hierüber gelacht hätten. Erst, als der – erstmals auf einem Schlitten sitzende und zudem noch eine Kamera in der Hand haltende – Zeuge O… in Anbetracht des klägerischen Unfalls stark zu bremsen versuchte, kam es zu einem Sturz vom Schlitten (vgl. S. 8 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2018; vgl. ergänzend S. 12 des Protokolls, hier differenziert der Zeuge zwischen konstantem und starkem Bremsen).
dd. Der nachfolgend beobachtete Zusammenstoß einer Mutter mit ihrem Kind lässt ebenfalls nicht auf atypische Gefahren schließen. Sie haben dabei gelacht (vgl. die glaubhafte Angaben des Zeugen O…, S. 11 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2018). Es steht daher nicht fest, dass es sich um eine besonders gefährliche Situation gehandelt hätte. Dasselbe gilt für die Kinder, die in dieser Kurve ineinander fuhren.
ee. Darüber hinaus hat der Zeuge O… bekundet, dass es andere Fahrer gegeben habe, die ihren Schlitten an der streitgegenständlichen Stelle rechtzeitig hätten anhalten können (vgl. S. 11 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2018).
ff. Bemerkenswert ist auch, dass der Zeuge O… offensichtlich nicht die Gefahr gesehen hat, dass weitere Rodler so unkontrolliert auf den Schneehügel zurasen könnten, dass sie nicht anhalten oder die Schlitten noch steuern können. Denn er gab an, dass er gemeinsam mit einem weiteren Helfer die verletzte Klägerin auf denselben Schneehaufen gesetzt hat, über den die Klägerin katapultiert worden war (vgl. S. 13 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2018).
gg. Zudem hat der Zeuge Ka… glaubhaft bekundet, dass er die Strecke nochmals ausbessern hätte lassen, wenn sie morgens zu hart gewesen wäre (vgl. S. 14 – 17 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2018).
3. Angesichts dessen war es nicht erforderlich, neben den Warnschildern zusätzliche Sicherungsmaßnahmen anzubringen, wie von der Klägerin mit Schriftsatz vom 09.05.2018 gefordert. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war für den Rodler schon relativ frühzeitig erkennbar, dass es sehr gefährliche Folgen nach sich ziehen kann, wenn man aus einer Kurve hinausfliegt. Die Klägerin hat selbst angegeben, sich über die Glätte und Steilheit sowie die ungesicherten Abgründe neben der Bahn frühzeitig gewundert zu haben. Zusätzliche Sicherungsmaßnahmen neben der Anbringung von Warnschildern können im Einzelfall erforderlich sein, wo Warnschilder nicht ausreichen. Dass eine solche Situation vorliegend gegeben war, ist aber nicht ersichtlich, denn für den Nutzer der Rodelbahn war die Gefährlichkeit eines Absturzes erkennbar, vor der streitgegenständlichen Kurve war eine Warnung angebracht und es ist nicht widerlegt, dass sich der Schlitten vor der Kurve bei umsichtiger Fahrweise anhalten ließ. Hinzu kommt, dass auch nicht feststeht, dass die Verletzungsgefahr geringer gewesen wären, wenn in der streitgegenständlichen Kurve Strohballen oder ein Fangnetz angebracht gewesen wäre; im Gegenteil: solche Maßnahmen können sogar eine tatsächlich gar nicht gegebene Sicherheit suggerieren. Erhebliche Verletzungen sind auch bei einem Aufprall gegen solche Einrichtungen mit der entsprechenden Geschwindigkeit denkbar.
IV.
Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1 ZPO.


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