IT- und Medienrecht

Verstoß gegen das Erkennbarkeitsgebot von Werbung im Fernsehprogramm

Aktenzeichen  M 17 K 17.1664

Datum:
8.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
AfP – 2019, 273
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RStV § 7 Abs. 3, § 35 Abs. 9 S. 3, S. 4, § 38 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Für die Begründungspflicht nach § 35 Abs. 9 S. 3 und 4 RStV kann auch eine Verweisung oder Bezugnahme auf eine Beschlussvorlage oder -empfehlung genügen, sofern die Verweisung und der Wille, sich die Begründung zu eigen zu machen, aus der Niederschrift klar und unmissverständlich hervorgehen. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Während nach dem Erkennbarkeitsgebot Werbung als solche leicht erkennbar und vom redaktionellen Inhalt unterscheidbar sein muss, fordert § 7 Abs. 3 S. 3 RStV (vgl. auch Art. 19 Abs. 1 S. 2 AVMD-Richtlinie) mit dem sogenannten Trennungsgebot eine eindeutige Absetzung der Werbung von anderen Sendungsteilen durch optische oder akustische Mittel oder räumlich. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
3. Den Erfordernissen der leichten Erkennbarkeit der Werbung als solcher und der Trennung – d.h. der eindeutigen Absetzung vom Programm – kommt jeweils eigenständige inhaltliche Bedeutung zu (wie BVerwG BeckRS 2015, 55086). (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
4. Aus einer etwaigen Einhaltung des Trennungsgebots folgt nicht zwangsläufig auch eine Erkennbarkeit der Werbung als solcher, zumal der Werbecharakter dem durchschnittlichen Zuschauer nicht nur unmissverständlich, sondern „leicht“ erfassbar sein muss, sich diesem also ohne besonderen kognitiven Aufwand unmittelbar erschließen muss; die konkrete Gestaltung des Werbespots ist insofern im Rahmen einer fallbezogenen Gesamtbetrachtung anhand verschiedener Bewertungsfaktoren in den Blick zu nehmen und zu bewerten. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 10. März 2017, der einen anfechtbaren feststellenden Verwaltungsakt darstellt, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
Die Beklagte hat die erfolgte Ausstrahlung des beanstandeten Werbespots durch die Klägerin in ihrem Programm SPORT1 am 7. April 2016 zu Recht beanstandet (I.). Verfahrensfehler sind weder vorgetragen noch ersichtlich (1.1). Die Ausstrahlung des Werbespots wurde zu Recht als Verstoß gegen das in § 7 Abs. 3 Satz 1 RStV geregelte Erkennbarkeitsgebot beanstandet (I.2). Ermessensfehler sind nicht ersichtlich (I.3) und auch die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr in Höhe von 1.000,- € ist nicht zu beanstanden (II.).
Das Gericht legt seiner Entscheidung die Vorschriften des Staatsvertrags für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag – RStV) i.d.F. d. Bek. v. 27. Juli 2001 (GVBl S. 502), geändert durch den neunzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 6. April 2016 zugrunde. Diese Vorschriften sind am 1. Oktober 2016 in Kraft getreten und galten somit in dem für die gerichtliche Überprüfung maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses (vgl. BayVGH, U.v. 9.3.2015 – 7 B 14.1605 – juris Rn. 25).
I. Die Beklagte hat die erfolgte Beanstandung zu Recht erlassen. Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Beanstandungsverfügung ist § 38 Abs. 2 RStV. Nach § 38 Abs. 2 Satz 1 RStV trifft die zuständige Landesmedienanstalt die erforderlichen Maßnahmen, wenn sie feststellt, dass ein Anbieter gegen die Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrages verstoßen hat. Zu den Maßnahmen gehört nach § 38 Abs. 2 Satz 2 RStV u.a. die Beanstandung. Durch diese Regelung wird die zuständige Landesmedienanstalt im Falle eines Rechtsverstoßes zum Einschreiten verpflichtet, die Wahl des konkreten Aufsichtsmittels jedoch in ihr Ermessen gestellt (h.M., vgl. BVerwG, U.v. 22.6.2016 – 6 C 9/15 – juris Rn. 9 m.w.N.).
1. Der streitgegenständliche Bescheid ist formell rechtmäßig. Verfahrensfehler sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Beklagte, die der Klägerin die Zulassung als Veranstalterin des bundesweit verbreiteten Fernsehprogramms SPORT1 erteilt hatte, ist die gem. § 35 Abs. 1 Satz 1, § 36 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 RStV für den Erlass der Beanstandungsverfügung zuständige Landesmedienanstalt. Sie bediente sich dabei nach § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 36 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 RStV der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) als Organ der Beklagten. Der Beschluss der ZAK ist ordnungsgemäß begründet i.S.d. § 35 Abs. 9 Sätze 3 und 4 RStV. Nach der Rechtsprechung kann der Begründungspflicht auch eine Verweisung oder Bezugnahme auf eine Beschlussvorlage oder -empfehlung genügen, sofern die Verweisung und der Wille, sich die Begründung zu eigen zu machen, aus der Niederschrift klar und unmissverständlich hervorgehen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 29.4.2014 – 2 A 10894/13 – juris Rn 36 ff. m.w.N.; VG Hannover, U.v. 17.11.2016 – 7 A 280/15 – juris Rn 23; VG Neustadt a.d. Weinstraße, U.v. 21.2.2018 – 5 K 772/17.NW – juris Rn. 30 f). So verhält es sich hier. Die ZAK hat sich das Votum und die Begründung der Beschlussvorlage zu eigen gemacht (vgl. Bl. 48 d.BA.). Die der Beklagten von der ZAK gesetzte Umsetzungsfrist von sechs Wochen hat die Beklagte eingehalten.
2. Der Bescheid ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Die Gestaltung des streitgegenständlichen Werbespots verstößt gegen das Erkennbarkeitsgebot im Sinne des § 7 Abs. 3 Satz 1 RStV und wurde daher zu Recht beanstandet.
2.1 Die Beanstandung erfolgte (allein) in Hinblick auf einen Verstoß gegen das Erkennbarkeitsgebot des § 7 Abs. 3 Satz 1 RStV und ist insoweit hinreichend bestimmt. Darauf, ob (auch) ein Verstoß gegen das Trennungsgebot anzunehmen sein könnte, kommt es damit vorliegend nicht entscheidungserheblich an.
Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts, zumal die Möglichkeit und damit auch die Notwendigkeit der Konkretisierung je nach dem Inhalt der Verpflichtung unterschiedlich ist. Bestimmbarkeit als solche ist ausreichend (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2010 – 10 CS 09.1734 – juris Rn. 17 m.w.N.). Auch Gesetzeswiederholende Verfügungen sind nicht per se rechtswidrig, sondern dann berechtigt, wenn im Einzelfall Anlass besteht, besonders auf die Pflicht zur Beachtung einer gesetzlichen Bestimmung hinzuweisen und ein konkreter Bezug zu einem bestimmten Lebenssachverhalt hergestellt wird (vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2010, a.a.O.).
Mit dem streitgegenständlichen Bescheid wurde beanstandet, dass die Klägerin am 7. April 2016 um ca. 20.30 Uhr innerhalb der Sendung „Fußball Live – UEFA Europa League Countdown“ im Programm SPORT1 entgegen § 7 Abs. 3 RStV Werbung ausgestrahlt habe, die nicht vom redaktionellen Inhalt unterscheidbar sei. Bereits dieser an den Wortlaut des § 7 Abs. 3 Satz 1 RStV angelehnten Entscheidungsformel ist deutlich zu entnehmen, dass ein Verstoß gegen das in § 7 Abs. 3 Satz 1 RStV geregelte Erkennbarkeitsgebot beanstandet wurde. Auch in der Begründung wird darauf abgestellt, dass eine Unterscheidbarkeit vom redaktionellen Programm und damit eine Erkennbarkeit der Werbung als solche im vorliegenden Fall nicht im ausreichenden Umfang gegeben sei. Auch der lediglich ergänzende, im Konjunktiv formulierte Hinweis in Bezug auf das Trennungsgebot des § 7 Abs. 3 Satz 3 RStV („In Kombination mit dem Umstand, dass […], ließe sich auch ein Verstoß gegen das Gebot der eindeutigen Absetzung der Werbung von anderen Sendungsteilen begründen, da […]“ verdeutlicht, dass sich die Beanstandung nicht auch gegen das Trennungsgebot des § 7 Abs. 3 Satz 3 RStV richtete. Der konkret streitgegenständliche Werbespot wurde in der Entscheidungsformel zudem zeitlich und nach dem Sendeplatz eindeutig bezeichnet; die die Beanstandung inhaltlich tragenden Erwägungen lassen sich der Bescheidsbegründung ohne Weiteres entnehmen. Dass die Verfügung in Ziff. 1 des Bescheids im Übrigen im Wesentlichen den Gesetzeswortlaut des § 7 Abs. 3 Satz 1 RStV wiederholt, ist demgegenüber unschädlich, zumal sich die Beanstandungsverfügung – anders als eine Untersagung – lediglich auf einen konkreten, abgeschlossenen Sachverhalt in der Vergangenheit bezieht.
2.2 Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 RStV (vgl. auch Art. 19 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 – AVMD-Richtlinie – ABl. Nr. L 95 S. 1) muss Werbung als solche leicht erkennbar und vom redaktionellen Inhalt unterscheidbar sein (Erkennbarkeitsgebot). Die Regelung des § 7 Abs. 3 Satz 3 RStV (vgl. auch Art. 19 Abs. 1 Satz 2 AVMD-Richtlinie) fordert hingegen mit dem sogenannten Trennungsgebot eine eindeutige Absetzung der Werbung von anderen Sendungsteilen durch optische oder akustische Mittel oder räumlich. Erkennbarkeitsgebot und Trennungsgebot verfolgen zwar dieselben Ziele und dienen vor allem dem Schutz des Publikums vor Irreführung über die Bedeutung des Sendegeschehens (BVerwG, U.v. 14.10.2015 – 6 C 17/14 – juris Rn. 11). Beiden Erfordernissen – dem der leichten Erkennbarkeit der Werbung als solcher und dem der Trennung, d.h. der eindeutigen Absetzung vom Programm – kommt jedoch jeweils eigenständige inhaltliche Bedeutung zu. Erkennbarkeitsgebot und Trennungsgebot sind in jeweils gesonderten Regelungen mit eigenen Tatbestandsmerkmalen aufgeführt (vgl. BVerwG, U.v. 14.10.2015 – 6 C 17/14 – juris Rn. 13; BayVGH, U.v. 6.6.2018 – 7 BV 17.661 – juris Rn 20).
Zur Auslegung der Vorschrift hat das BVerwG in seinem grundlegenden Urteil vom 14. Oktober 2015 – 6 C 17/14 – juris Rn. 11 ff. weiter ausgeführt:
„Wie die Formulierung „als solche leicht erkennbar“ zeigt, stellt das Erkennbarkeitsgebot des § 7 Abs. 3 Satz 1 RStV Anforderungen an die Gestaltung geschäftlicher Werbung. Dem Fernsehpublikum muss sich beim Zusehen erschließen, dass gerade Werbung läuft. Das Erkennbarkeitsgebot steht programmintegrierter Werbung, d.h. der Einbeziehung von Werbung in das redaktionelle Programm, nicht entgegen, solange nur hervorgehoben wird, dass gerade Werbung gesendet wird (vgl. § 7 Abs. 7 Satz 3 und 4 RStV).
Demgegenüber enthält das Trennungsgebot des § 7 Abs. 3 Satz 3 RStV mit seiner Forderung nach einer Absetzung der Werbung vom Programm Anforderungen an den Sendeplatz der Werbung, d.h. an Ort und Zeit ihrer Ausstrahlung. […]“
Weiter führt das Bundesverwaltungsgericht in Hinblick auf das Trennungsgebot und die Formulierung, wonach die Absetzung „eindeutig“ sein müsse, aus, dass § 7 Abs. 3 Satz 3 RStV insoweit keine zwingenden Vorgaben mache, weshalb darauf abgestellt werden müsse, ob das verwendete Mittel aufgrund des Gesamteindrucks zu einer eindeutigen Zäsur führe. Dem Normzweck des Publikumsschutzes trage dabei ein Maßstab Rechnung, der für das Fernsehen auf einen durchschnittlichen, nicht übermäßig konzentrierten Zuschauer abstelle, der das Programm an sich vorbeiziehen lasse, wobei für das Nachmittags- und Vorabendprogramm jugendliche und alte Zuschauer einzubeziehen seien. Die Anwendung des maßgebenden gesetzlichen Erfordernisses der Eindeutigkeit der Absetzung der Werbung vom Programm setze voraus, dass fallbezogen die Bedeutung einer begrenzten Zahl von Bewertungsfaktoren ermittelt und in ein Verhältnis zueinander gesetzt werde (vgl. BVerwG, U.v. 14.10.2015 – 6 C 17/14 – juris Rn. 22-24, 37). Diese Rechtsprechung lässt sich ohne weiteres auf die Vorgabe der „leichten“ Erkennbarkeit der Werbung als solcher übertragen.
Insgesamt ist damit festzustellen, dass aus einer etwaigen Einhaltung des Trennungsgebots damit nicht zwangsläufig auch eine Erkennbarkeit der Werbung als solcher folgt, zumal der Werbecharakter dem durchschnittlichen Zuschauer nicht nur unmissverständlich, sondern „leicht“ erfassbar sein muss, sich diesem also ohne besonderen kognitiven Aufwand unmittelbar erschließen muss. Die konkrete Gestaltung des Werbespots ist insofern im Rahmen einer fallbezogenen Gesamtbetrachtung anhand verschiedener Bewertungsfaktoren in den Blick zu nehmen und zu bewerten. Dabei können abstrakt und isoliert betrachtet zulässige Gestaltungsmittel in der Gesamtschau – entgegen der Klägerauffassung – durchaus dazu führen, dass der durchschnittliche, nicht übermäßig konzentrierte Zuschauer beim Zusehen nicht oder jedenfalls nicht leicht erkennt, dass gerade Werbung läuft. So liegt der Fall hier.
Der beanstandete Werbespot genügt nicht den Anforderungen des § 7 Abs. 3 Satz 1 RStV.
Durch die Abmoderation der Sendung ([…] und N… S… hat noch weitere Infos für Sie) und den Auftritt einer von der Klägerin unstrittig auch als Sportmoderatorin eingesetzten Werbesprecherin in einer formalen Moderationsrolle, die zudem unmittelbar die angekündigten Hintergrundinformationen zu dem anstehenden Spiel lieferte, konnte bei einem nicht übermäßig konzentrierten Zuschauer trotz des vorangegangenen Werbetrenners ohne Weiteres der Eindruck entstehen, es sei vom Spielfeld zwecks weiterer Hintergrundinformationen in eine Sportmoderation aus dem Studio umgeschaltet worden. Zusätzlich verstärkt wird dieser Eindruck durch Elemente wie die Einblendung des Namens der Moderatorin, die Bereithaltung von Moderations-Textkarten und insbesondere auch den in Werbesendungen eher unüblichen Zusatz „LIVE“. Zwar darf Werbung unstrittig auch informierend sein, sodass eine Vermischung redaktioneller und werblicher Inhalte nicht per se unzulässig ist. Der Auftritt von Frau N… S… wurde seitens der Beklagten dementsprechend auch nicht als Verstoß gegen die Regelung des § 7 Abs. 8 RStV gewertet. Die Beklagte durfte diese – für sich gesehen zulässigen – Gestaltungsmittel jedoch sehr wohl als Faktoren in eine Gesamtbetrachtung einbeziehen und in ihrem Zusammenwirken bewerten.
Die von der Klägerseite für eine Erkennbarkeit des Werbecharakters des Spots angeführten Gestaltungsmittel führen weder für sich, noch in der Gesamtschau betrachtet dazu, dass sich einem durchschnittlichen, nicht übermäßig konzentrierten Zuschauer beim Zusehen ohne besonderen kognitiven Aufwand unmittelbar erschließt, dass gerade Werbung läuft. Auch sonst ist nicht ersichtlich, woraus sich für den durchschnittlichen Zuschauer vorliegend eine leichte Erkennbarkeit der Werbung als solche ergeben sollte.
Dies gilt zunächst für den von Klägerseite vorgebrachten Kontrast zur LIVE-Berichterstattung durch die „künstlichen“ Stadionbilder im Hintergrund des Werbespots und die neben der Moderatorin eingeblendeten überdimensionalen elektronischen Geräte. Die nur schematische Darstellung eines Fußballstadions bedeutet zwar durchaus eine Änderung gegenüber den Bildern der LIVE-Berichterstattung aus dem realen Stadion, ein derartiger Hintergrund könnte jedoch ebenso in einem redaktionellen Sportstudiobeitrag eingeblendet werden und ist damit bereits nicht eindeutig werbetypisch. Auch die Einblendung der elektronischen Geräte ist optisch zwar deutlich wahrnehmbar, dem durchschnittlichen Zuschauer dürfte sich hieraus jedoch der Werbecharakter des Beitrags ohne besonderen kognitiven Aufwand nicht unmittelbar erschließen, zumal der Inhalt der leicht bewegten Displays selbst für einen konzentrierten Zuschauer nur schwer lesbar sein dürfte.
Gleiches gilt für die von Klägerseite vorgetragene Gestaltung im Corporate Design der Firma „bwin“ mit entsprechender Farbgestaltung (schwarz, weiß, gelb)“. Insoweit kann bereits nicht vorausgesetzt werden, dass dem durchschnittlichen Zuschauer das Corporate Design der Firma „bwin“ überhaupt bekannt ist; ungeachtet dessen ist die Farbgestaltung des Werbespots jedenfalls nicht so auffallend und eindeutig (beispielsweise sind auch gedeckte Grüntöne des Spielfeldes zu sehen), dass sich daraus eine ausschließliche Zuordnung zur Firma „bwin“ ergeben würde. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass auf den Banden des schematisch dargestellten Stadions ausschließlich das Logo der Firma „bwin“ zu sehen ist. Diese – leicht verschwommen dargestellte – einheitliche Bandenwerbung fügt sich vielmehr in den insgesamt nur schematisch dargestellten und homogenen, in dunkleren Farben gehaltenen Bildhintergrund des Spots ein. Es genügt den gesetzlichen Vorgaben nicht, wenn eine Erkennbarkeit des Werbecharakters „nicht auszuschließen“ oder lediglich „möglich“ ist, vielmehr wird vom Gesetzwortlaut eine „leichte“ Erkennbarkeit gefordert. Selbst wenn einem durchschnittlichen Zuschauer die Einheitlichkeit der schematischen Bandenwerbung bewusst werden sollte, kann jedoch nicht unterstellt werden, dass dieser hieraus ohne besonderen kognitiven Aufwand unmittelbar auf den Werbecharakter des Sendebeitrags schließen würde.
Dem Umstand, dass die Klägerin während des Werbespots den Hashtag „DONNERSTAG“ unter dem Senderlogo ausblendete, kann bereits keine maßgebliche Bedeutung für die Erkennbarkeit der Werbung beimessen werden. Hashtags kommen heute in unterschiedlicher Art und Weise – auch in der Werbung – zum Einsatz. Es kann nicht unterstellt werden, dass dem durchschnittlichen Zuschauer bekannt ist, dass der Hashtag zur Diskussion über das redaktionelle Programm der Klägerin hätte anregen sollen. Insbesondere in der Zusammenschau mit dem Zusatz „LIVE“ dürfte der Ein- bzw. Ausblendung Hashtags vom durchschnittlichen Zuschauer eine eher geringere Aufmerksamkeit beigemessen worden sein. Die (Nicht-)Verwendung des Hashtags „DONNERSTAG“ macht die Werbung als solche für einen nicht übermäßig konzentrierten Zuschauer damit nicht erkennbar.
Soweit von Klägerseite auf die Einblendung des werbetypischen Glücksspiel-Warnhinweises hingewiesen wurde, ist festzustellen, dass dieser Hinweis in sehr kleiner, halbtransparenter Schrift und zudem nur zeitweise eingeblendet war, nämlich während der Einblendung der grafischen Übersichten zu den Wettquoten. Da die Aufmerksamkeit der Zuschauer zu diesem Zeitpunkt auf die Darstellungen der Grafiken gezogen wurde, dürfte einem ohnehin nicht übermäßig konzentrierten Zuschauer dieser Warnhinweis höchstwahrscheinlich entgangen sein. Jedenfalls kann in dem Hinweis vorliegend kein maßgeblicher Beitrag zur Erkennbarkeit des Werbecharakters gesehen werden.
Zu einer anderen Bewertung führt schließlich auch nicht die durchgehende Einblendung des Logos der Firma „bwin“ in der rechten oberen Bildecke des Werbespots. Ungeachtet der Frage, ob diese Marke dem durchschnittlichen Zuschauer bekannt und eine Markeneinblendung überhaupt zur Kennzeichnung von Werbung „als solcher“ geeignet ist, erscheint es aufgrund des stark werbegeprägten Umfelds von Fußballspielen bereits nicht völlig ausgeschlossen, dass ein nicht übermäßig konzentrierter Zuschauer die Einblendung des zusätzlichen Logos nicht mit dem laufenden Werbespot sondern mit allgemeinem Sponsoring assoziiert. Wie bereits ausgeführt, genügt es jedenfalls nicht, dass dem durchschnittlichen Zuschauer eine Erkennbarkeit der Werbung „möglich“ ist. Vorliegend erachtet das Gericht die Verwischung der Grenze zwischen Werbung und Programm in der Gesamtschau der genannten übrigen Faktoren als so ausgeprägt, dass die zusätzliche Marken-Einblendung für eine nicht nur unmissverständliche, sondern „leichte“ Erkennbarkeit der Werbung nicht genügte.
Die Klägerin, ein größeres Medienunternehmen, das in erheblichem Umfang Werbung in seinen Medien schaltet und dessen Mitarbeiter in der Werbeabteilung über entsprechende Sachkenntnisse verfügen, hatte es ohne Weiteres in der Hand, durch eine Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten und insbesondere auch die Wahl einer eindeutigen Kennzeichnung (z.B. Einblendung des Schriftzugs „Werbung“) für eine leichte Erkennbarkeit der Werbung zu sorgen. Sie hat, wie ausgeführt, jedoch nicht durch geeignete Maßnahmen sichergestellt, dass der Werbespot vom Zuschauer nicht dem redaktionellen Programm zugeordnet wird. Der streitgegenständliche Werbespot erfüllt damit nicht die Anforderungen des § 7 Abs. 3 Satz 1 RStV, da sich für einen durchschnittlichen, nicht übermäßig konzentrierten Zuschauer beim Zusehen aufgrund der konkreten Gestaltung des Sports vorliegend nicht bzw. jedenfalls nicht „leicht“ erschließt, dass es sich bei dem Sendungsbeitrag um Werbung handelte.
3. Die streitgegenständliche Beanstandung ist auch verhältnismäßig und ermessensgerecht. Die Beklagte hat ihr Ermessen bei der Auswahl der Maßnahme beanstandungsfrei ausgeübt, § 114 VwGO. Die Beanstandung ist nach § 38 Abs. 2 Satz 2 RStV die mildeste förmliche Aufsichtsmaßnahme, weshalb sie keinen Bedenken im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit und das Auswahlermessen begegnet.
II. Schließlich ist auch die Festsetzung einer Verwaltungsgebühr i.H.v. 1.000,- € rechtmäßig. Gemäß § 35 Abs. 11 RStV i.V.m. § 2 Abs. 1 der Satzung der Beklagten zur Erhebung von Kosten im Bereich des bundesweiten privaten Rundfunks vom 19. November 2009 (StAnz. Nr. 48), geändert durch Satzung vom 8. Dezember 2011 (StAnz. Nr. 50) i.V.m. Nr. 1.7 des Kostenverzeichnisses beträgt der Gebührenrahmen für die angefochtene Aufsichtsmaßnahme 250,- € bis 5.000,- €. Die festgesetzte Gebühr beträgt nur 1/5 der zulässigen Höchstgebühr und ist bereits im Hinblick auf die Bedeutung der Sache für die Beklagte nicht zu hoch gegriffen. Einwendungen wurden nicht vorgetragen.
Nach alledem war die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.

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