IT- und Medienrecht

Wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Bewerbung einer Magnetfeldtherapie

Aktenzeichen  2 HK O 12/15

Datum:
10.5.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
WRP – 2016, 1435
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Aschaffenburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UWG UWG § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1
UWG aF UWG aF § 4 Nr. 11
HWG HWG § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 3 S. 1, S. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

Wird Magnetprodukten in der Werbung eine gesundheitsfördernde und lindernde oder heilende Wirkung bei bestimmten Beschwerden zugeschrieben, liegt eine Irreführung der angesprochenen Verbraucher vor, wenn die Wirksamkeit der Therapie wissenschaftlich nicht abgesichert und fachlich umstritten ist und dies in der Werbung nicht zum Ausdruck kommt.   (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000 € ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen, geschäftlich handelnd für Magnete oder magnetische Produkte wie nachstehend wiedergegeben zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 2:
1.1
„Wir verdanken es hauptsächlich Ihnen, dass es der Magnetfeldtherapie gelungen ist, sich auf dem Gebiet der alternativen Heilmethoden einen Namen zu machen und ihre Wirkung unter Beweis zu stellen.“
und/oder
1.2
„Nach wie vor erreichen uns Zuschriften zufriedener Kunden, die von teils verblüffenden Erfolgserlebnissen oder einfach von der Verbesserung ihrer Lebensqualität berichten.“
und/oder
1.3
„Bei Beschwerden wie chronischen oder schwer behandelbaren Gelenkerkrankungen, sowie Muskelleiden, sind mithilfe der Magnetfeldtherapie nachweislich gute Erfolge zu erzielen.“
und/oder
1.4
„Das Faradaysche Gesetz oder wie der Körper sein eigenes Schmerzmittel produziert.“
und/oder
1.5
„Magnete, es funktioniert! Auszüge einiger Studien
Die Magnetfeldtherapie kann sich positiv auf Ihre Gesundheit auswirken, wie zahlreiche Studien belegen. Im klinischen Bereich wurden gute Ergebnisse bei chronischen und postoperativen Schmerzen, bei Beschwerden des Bewegungsapparates, bei Arthritis, Osteoporose und Narbenbildung sowie bei der Heilung von Knochenbrüchen, Ödemen und Entzündungen erzielt.
Magnetfeldtherapie bei Hypertonie Ter Arkh – Ivanov SG, Smirnov VV, Solvèva FV, Liasheyskaia SP. Selzneva Llu.
Diese Studie zeigt einen positiven Effekt von bipolaren Magneten auf den Blutdruck, ohne Nebenwirkungen. Sie wurde mit Patienten durchgeführt, die an essenzieller Hypertonie (Bluthochdruck ohne direkte Ursachen) leiden. Nach der Anwendung eines von Magneten erzeugten, statischen Magnetfelds konnte nebenwirkungsfrei eine Senkung des Blutdrucks festgestellt werden, wobei gleichzeitig die Gabe von chemischen Blutdrucksenkern reduziert wurde. Außerdem konnte eine wohltuende Wirkung auf die Hämodynamik oder die Mikrozirkulation festgestellt werden.
Der Einsatz von Magneten bei Bluthochdruck kann als wirkungsvoll bezeichnet werden.
Magnete fördern das Knochenwachstum. Auswirkungen statischer Magnetfelder auf die Knochenbildung in Osteablasten-Kulturen bei Ratten Journal of Dental Research – Y. Yarhamoto, Y. Ohsaki, T. Goto, A, Nakasima ans T. Iijim Osteoblasten sind knochenbildende Zellen. Obwohl auf diese Zellen eine stimulierende Wirkung gepulster elektromagnetischer Felder nachgewiesen werden konnte, blieb die Wirkung statischer Magnetfelder durch Dauermagneten unklar. Dennoch wurden Einzelmagnete bei kieferorthopädischen Behandlungen eingesetzt. In dieser Studie haben Autoren die Auswirkungen statischer Magnetfelder auf die osteoblastische Zellteilung untersucht, auf die Vermehrung und Bildung der Knochenvorläuferzellen in Zellkulturen von Rattenschädelknochen. Nach 20 Tagen erhielt man unter dem Einfluss der Magnetfelder eine hohe Anzahl und Größe von Knochenvorläuferzellen. Außerdem konnte eine signifikante Steigerung des Kalziumgehalts festgestellt werden, sowie der Phospate und des Osteocalcin während der Mineralisierung der organischen und anorganischen Knochmatrix. Diese Ergebnisse zeigen, dass ein von Magneten erzeugtes, statisches Magnetfeld die Knochenbildung durch Förderung der osteoplastischen Differenzierung bzw. Aktivierung stimuliert.
Behandlung von Schlafstörungen mit einem statischen Magnetfeld
International Journal of Electronic Healthcare – Department of Rediological Sciences, School of Medicine, UCIrvine Medical Center, USA, Shieh YY, Tsai FY
In dieser Studie berichten die Autoren über positive Vorergebnisse bei der Behandlung von Schlafstörungen mit Hilfe magnetischer Kopfkissen, magnetischer Einlegesohlen und Armbändern. Die Analyse beruht auf objektiven Daten, die mittels Aktigraphie und Polysomnographie erhoben wurden. Als Erklärung zur Minderung der Schlafstörungen durch leichte, statische Magnetfelder nimmt man einen schnelleren Übergang von der Wachin die Schlafphase an. Anhand einer Magnetresonanztomographie wird die Stichhaltigkeit dieser Theorie untersucht.
Weitere aussagefähige Studien finden Sie unter www.aurismagnetic.de“
und/oder
1.6
„Wohlbefinden für Gelenke und Muskeln Enspannt bewegen … In der Regel unsere Gelenke ohne Probleme, bis zu dem Tag an dem sie anfangen zu schmerzen. Gelenkschmerzen, Arthrose, Arthritis, Rheuma, Sehnenentzündungen, Gicht… betreffen nicht Wenige von uns und auch immer Jüngere. Deshalb ist es Zeit unsere Gesundheit auf natürliche Weise zu schützen.“
und/oder
1.7
„Frau …
„… Wie Sie ja wissen, wurde Ende Juni Borreliose bei mir festgestellt. Ich litt unter starken Gelenk-, Arm- und Beinschmerzen. Aufgrund Ihrer Empfehlung erwarb ich von Ihnen den Gürtel. Und ich muß sagen, innerhalb von ein paar Minuten waren schon die Schmerzen in der Hüfte verschwunden. Wenn ich jetzt wieder einen Schub bekomme, nehme ich die Bandage und bin schmerzfrei …““
und/oder
1.8
„Frau …
„… Ich habe schon länger einen Magnetgürtel getragen, muss jedoch feststellen, dass mir Ihr Gürtel – durch stärkere Magnete und anderer Anordnung – mehr Erleichterung bringt. Mein Schmerztablettenkonsum ist dadurch gesunken …““
und/oder
1.9
„Familie …
„… Da Bandscheibenschäden in unserer Familie ein Thema sind, haben wir sehr gute Erfahrung mit dem Leibgürtel und der Rumpfbandage Actiflux gemacht. Es ist eine deutliche Minderung der Schmerzen zu spüren …““
und/oder
1.10
„Herr …
„… Begonnen hat meine Magnetbehandlung mit Ihrer Magnetkniebandage. Schon nach kurzer Tragezeit war mein Knie abgeschwollen und ich konnte wieder unbeschwert Tennis, Tischtennis und Squash spielen. Seitdem trage ich die Kniebandage bei allen Sportaktivitäten …““
und/oder
1.11
„Frau …
„… von Ihnen gelieferte Sprunggelenk-Magnet-Bandagen. Seit ich diese trage, kann ich auf die Hälfte meiner Schmerzmittel (abendliche Einnahme) verzichten …““
und/oder
1.12
„Dank der 14 leistungsstarken Neodymmagnete gehören Schmerzen und Verspannungen bald der Vergangenheit an.“
und/oder
1.13
„Wenn der Hals steif ist und jede Kopfbewegung immer schmerzhafter wird, ist das Nackenband unverzichtbar. Die sechs Neodymmagnete sind ideal, um ausstrahlende Schmerzen im Nacken- und Schulterbereich und der hiermit verbundenen Ausstrahlung in die Arme wirksam zu bekämpfen.“
und/oder
1.14
„12 Magnete wirken auf den Kopfbereich wo sich viele Nervenenden befinden. Diese helfen sich wohl und entspannt zu fühlen und lindern Kopfschmerzen.“
und/oder
1.15
„Ideal zur Linderung von Kopfschmerzen“
und/oder
1.16
„Ob Trauma, Entzündung oder Abnutzungserscheinungen, die Schulterbandage Wondermag bringt Erleichterung und Entspannung.“
und/oder
1.17
„Die Rückenstütze sorgt für eine korrekte Körperhaltung und hilft Muskelverspannungen zu lösen. Sie korrigiert Fehlhaltungen, unterstützt den Rücken und hält die Schultern gerade. Acht leistungsstarke Neodymmagnete entlang der Wirbelsäule fördern die Entspannung und lindern Schmerzen.“
und/oder
1.18
„Die einseitigen Mikrobewegungen mit der Maus belasten die Hand- und Fingergelenke und häufig sind Schmerzen oder Taubheitsgefühle die Folge. Die Bürokollektion von Aufis versucht mit ihren Produkten diesen Problemen mit Hilfe von Magneten vorzubeugen oder bereits bestehende Schwierigkeiten zu beseitigen.“
und/oder
1.19
„Empfohlen bei Tennisarm, hoher Beanspruchung, Schmerzen oder schwachem Ellenbogen.“
und/oder
1.20
„Frau …
„… Auch meine Hände, die rechte Hand konnte ich fast nicht mehr gebrauchen, haben sich gebessert und langsam kehrt die Kraft auch wieder zurück. Auf alle Fälle hätte ich vor Beginn der Magnetfeldtherapie diesen Brief nicht schreiben können …““
und/oder
1.21
„Die Einengung des Nervus medianus im Karpaltunnel entsteht meist durch Druck von geschwollenem oder entzündetem Gewebe. Schwäche beim Zupacken, leichte Taubheit und Schmerzen sind meist die Folgen. Die von Aufis entwickelte Bandage soll den Betroffenen helfen.“
und/oder
1.22
„Drei Bänder, drei Längen und vier Actiflux Kapseln sind die praktische und magnetische Lösung um Sprunggelenk, Handgelenk oder Kopf zu behandeln. Zusätzliche Actiflux Kapseln ermöglichen die gleichzeitige Behandlung von verschiedenen Körperpartien: Sprunggelenk, Wade, Bein, Oberschenkel, Handgelenke, Arme, Kopf.“
und/oder
1.23
„Die sechs leistungsstarken, frei positionierbaren Actiflux Kapseln ermöglichen eine punktgenaue und dem jeweiligen Bedarf angepasste Behandlung des schmerzenden Körperbereichs.“
und/oder
1.24
„Die Magnete im Sitzbezug lösen Muskelverspannungen entlang der Wirbelsäule, im Schulterbereich, im Kreuz, im Gesäß und in den Oberschenkeln. Ihre Wirkung reicht bis in den Bereich der Prostata und den Ischiasnervs.“
und/oder
1.25
„Ideal, um Verspannungen zu lösen und Schmerzen zu lindern.“
und/oder
1.26
„Sie leiden unter schweren Beinen, geschwollenen Knöcheln oder Füßen? … Die Magnete sorgen außerdem für Entspannung, Stabilisierung des Kreislaufs und mehr Energie.“
und/oder
1.27
„Therapeutische Magnete
Die einfache Benutzung und die bemerkenswerte Effektivität machen die Magnete Medimag® zu Ihren besten Begleitern bei Gelenk- und Muskelbeschwerden und für Ihr Wohlbefinden.“
und/oder
1.28
„Wie wähle ich die richtigen Medimag® Magnete? Alle unsere therapeutischen Magnete sind von sehr hoher Qualität kombiniert mit Stärke, Effektivität und einer einfachen Anwendung. Es gibt keinen Medimag® der effektiver wirkt als ein anderer. Mann muss nur den Durchmesser und die Anzahl der Paare an der zu behandelnden Fläche anbringen und die Magnete für 2-3 Tage wirken lassen. Für einen Daumen oder Fußzeh nimmt man zum Beispiel Medimag® Titanium 11 mm, für einen Arm oder ein Bein die Medimag® Titanium 15 mm, für die Schulter oder den Rücken den Medimag® Titanium 25 mm und für eine noch intensivere und tiefen wirkende Anwendung die Medimag® Quantum. Zur Behandlung verschiedener Körpverpartien Medimag® Mixte und für die ganze Familie den Coffret Medimag®.“
und/oder
1.29
„Das magnetische Feld dringt in das Blut ein und wirkt auf die leitende Flüssigkeit, elektrische Ladungen regen die Produktion von schmerzlindernden Substanzen an.“
und/oder
1.30
„Das ist abhängig von der Intensität Ihrer Schmerzen und Ihrer Sensibilität für die Magnetfeldtherapie, Alter und Lebensgewohnheiten spielen ebenfalls eine Rolle. Als Anhaltspunkt für das Eintreten einer spürbaren Wirkung gilt die Anwendungsdauer von plusminus zwei bis drei Tagen.
Wenn Sie schmerzfrei sind, können sie die Magnete beiseite legen und jederzeit wieder darauf zurückgreifen, sollte der Schmerz wieder auftreten.“
und/oder
1.31
„Frau …
„… Durch das Anwenden der Magnete habe ich endlich, endlich Rettung gefunden, und die Beschwerden sind (je nach Biorhythmus) oft nur noch geringfügig störend. Eine Hilfe, die ich früher nie erhalten habe …““
und/oder
1.32
„Frau …
„… Vorher hatte ich es mit Schmerzsalbe und Bandagen probiert – aber nichts hatte geholfen. Sogar beim Physiotherapeuten war ich gewesen. Er hatte mein Knie erfolglos getapt. Nur die Magnete hatten geholfen …““
und/oder
1.33
„Frau …
„… wenn meine Gelenke geschwollen sind oder ich mir wieder den Fuß verstaucht habe. Die Schwellungen gehen zurück, die Schmerzen gehen weg …““
1.34
„Frau …
„… Damit kann meine Frau sich bei Verspannungen im Schulterbereich und ich auch bei Rückenschmerzen gut helfen. Sie braucht keine Schmerzmittel, nur 2 Ihrer Magnete, die helfen schon nach kurzer Zeit …““
und/oder
1.35
„Herr …
„… Selbst zum Magnetisieren von Wasser habe ich dementsprechende Magnethüllen bezogen. Ich kann nur sagen, in allen Fällen trat und tritt eine enorme Verbesserung der Beweglichkeit ein. Die Schmerzen wurden weniger bzw. waren ganz verschwunden …““
2. an den Kläger 246,10 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (28.07.2015) zu zahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist in Ziffer 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 € vorläufig vollstreckbar, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 15.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.
I. Zulässigkeit der Klage
1. Zuständigkeit
Das angerufene Gericht ist gemäß §§ 13, 14 Abs. 1 UWG, §§ 94, 95 Abs. 1 Nr. 5 GVG zuständig, da die Beklagte im Landgerichtsbezirk Aschaffenburg ihre gewerbliche Niederlassung hat.
2. Prozessführungsbefugnis
Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt. Nach dieser Vorschrift kann ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen ein Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 UWG zustehen, soweit ihm eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, soweit er insbesondere nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande ist, seine satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen seiner Mitglieder berührt. Die Prozessführungsbefugnis des Klägers ist zwischen den Parteien nicht im Streit.
II. Begründetheit der Klage
Die Klage ist in vollem Umfang begründet.
1. Unterlassungsanspruch
Der Kläger kann von der Beklagten Unterlassung der beanstandeten Werbung verlangen.
a) Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 UWG Der Kläger kann von der Beklagten gemäß §§ 8 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 UWG Unterlassung der beanstandeten Werbung verlangen.
Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG kann derjenige, der eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Gemäß § 3 Abs. 1 UWG sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt. Eine geschäftliche Handlung ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG u.A. irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder zur Täuschung geeignete Angaben über die wesentlichen Merkmale einer Ware wie Vorteile, Zwecktauglichkeit und Verwendungsmöglichkeit enthält.
Bei der Bewerbung von Produkten in dem Katalog handelte es sich um eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, da die Beklagte hiermit den Absatz ihrer Produkte fördern wollte.
Hinsichtlich der Beurteilung der Frage, wie die angesprochenen Werbeaussagen durch die angesprochenen Verkehrskreise verstanden werden, ist abzustellen auf einen durchschnittlich informierten, situationsbedingt aufmerksamen und verständigen Verbraucher. Die Werbung der Beklagten spricht gesundheitsbewusste Kunden an, insbesondere auch solche, die sich eine Linderung gesundheitlicher Beschwerden wie zum Beispiel von Gelenkerkrankungen, Muskelleiden, chronischenoden oder postoperativen Schmerzen, Bluthochdruck, Schlafstörungen, Bandscheibenproblemen, Kopfschmerzen oder Ähnliches erhoffen.
Die beanstandeten Werbeaussagen sind allesamt irreführend. Sie sind dahingehend zu verstehen, dass den Magnetprodukten der Beklagten eine gesundheitsfördernde, zum Teil auch lindernde oder heilende Wirkung der oben aufgezählten Beschwerden zugeschrieben wird.
Zwischen den Parteien ist jedoch unstreitig, dass bereits die Wirksamkeit der Magnettherapie wissenschaftlich nicht abgesichert und fachlich umstritten ist (Bl. 231). Dies wird aus der Werbung aber auch für die angesprochenen Verkehrskreise gerade nicht deutlich.
Die Beklagte kann sich auch nicht auf ihren auf jeder Seite hinzugefügten „rechtlichen Hinweis“ berufen. Hierbei kommt es bereits nicht darauf an, ob ein kleingedruckter Hinweis am Ende der jeweiligen Seite überhaupt ausreichend ist, um den zuvor erweckten Eindruck einer Wirkung wieder zu entkräften. Der rechtliche Hinweis „Die Wirkweise ist in der Schulmedizin fachlich umstritten.“ selbst ist nämlich bereits irreführend. Die Verwendung des Wortes „Wirkweise“ impliziert gerade, dass die Magnettherapie eine Wirkung habe, es jedoch fachlich umstritten sei, wie es zu der Wirkung komme.
Dieser Eindruck ist jedoch – wie bereits ausgeführt – gerade nicht zutreffend.
Bei einem Wettbewerbsverstoß wird die Wiederholungsgefahr tatsächlich vermutet (Köhler/Bornkamm/Bornkamm, UWG, 30. Auflage 2012, § 8 UWG Rz. 1.32). Diese Wiederholungsgefahr kann durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden (Kölhler/Bornkamm/Bornkamm, a.a.O., § 8 UWG Rz. 1.34), die die Beklagte jedoch vorliegend nicht abgegeben hat.
b) Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 HWG Ein Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte besteht auch gemäß §§ 8 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 HWG.
Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt insbesondere unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Hierzu gehört auch die Vorschrift des § 3 HWG (Köhler/Bornkamm/Köhler, a.a.O., § 4 UWG Rz. 11.132, 11.135).
Nach § 3 Satz 1 HWG ist eine irreführende Werbung unzulässig. Diese liegt gemäß § 3 Satz 2 Nr. 1 HWG insbesondere dann vor, wenn Arzneimitteln, Medizinprodukten, Verfahren, Behandlungen, Gegenständen oder anderen Mitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben.
Vorliegend ist das Heilmittelwerbegesetz gemäß § 1 Nr. 2 HWG anwendbar. Hiernach findet das Gesetz u.A. Anwendung auf die Werbung für Verfahren, Behandlungen und Gegenstände, soweit sich die Werbeaussage auf die Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden bei Menschen handelt.
Die beanstandeten Werbeaussagen beziehen sich dabei darauf, dass den Produkten der Beklagten eine therapeutsiche Wirkung beigemessen wird, die zur Beseitigung bzw. Linderung von krankhaften Beschwerden bei den Anwendern führen soll.
Wenn in der Werbung auf die Gesundheit Bezug genommen wird, gelten strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Aussagen. Maßstab für die Richtigkeit der Aussagen ist dabei der Stand gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis, dem die Werbebehauptungen entsprechen müssen.
Vorliegend ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Wirksamkeit der Magnettherapie wissenschaftlich nicht abgesichert und fachlich umstritten ist.
Dem entsprechen die Werbeaussagen jedoch auch nicht, auch nicht unter Berücksichtigung des „rechtlichen Hinweises“. Auf die Ausführungen unter Ziffer II. 1. a) wird Bezug genommen.
2. Aufwendungsersatzanspruch
Der Kläger kann von der Beklagten Aufwendungsersatz für die berechtigte Abmahnung gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG verlangen. Die Höhe des Aufwendungsersatzes wurde von der Beklagten nicht bestritten.
III. Prozessuale Nebenentscheidungen
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 As. 1 Satz 1 ZPO, 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
Die zu bestimmende Sicherheitsleistung gemäß § 709 Satz 1 ZPO bestimmt sich nach dem Nachteil, der der Beklagten bei einer evtl. Abänderung des für vorläufig vollstreckbaren Urteils gemäß § 717 Abs. 2 ZPO entstehen könnte. Das Gericht hat diesen Nachteil hinsichtlich des Tenors Ziffer 1. auf 10.000 € geschätzt.
IV. Streitwert
Der Gebührenstreitwert wird gemäß §§ 43 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG, §§ 2, 3 ZPO auf 15.000 € festgesetzt. Dabei ist das Gericht davon ausgegangen, dass die in der Klageschrift enthaltene Wertangabe dem objektiven Interesse des Klägers an der Unterlassung zukünftiger Verstöße zutreffend widerspiegelt.


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