IT- und Medienrecht

Wirksamkeit, Vereinbarung, Zusatzvereinbarung, Beteiligung, Anlage, Provision, Streitwert, Rechnung, Bereicherung, Zugang, Klage, Klageschrift, Schriftsatz, Verpflichtung, ungerechtfertigter Bereicherung, vertragliche Vereinbarung, ohne Rechtsgrund

Aktenzeichen  10 HK O 1745/19

Datum:
9.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 55902
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 55.586,47 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet und war daher abzuweisen.
Der Kläger hat keinen begründeten Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe von zuletzt 36.915,49 € aus ungerechtfertigter Bereicherung.
Die streitgegenständliche Zusatzvereinbarung (Anlage K 2) ist nach Auffassung der Kammer wirksam. Die von den Provisionen der Klägerin in Abzug gebrachte Gebührenbeteiligung erfolgte somit nicht ohne Rechtsgrund.
Die streitgegenständliche Regelung ist nicht wegen Verstoßes gegen § 86a Abs. 1, Abs. 3 HGB unwirksam. Denn die Zurverfügungstellung der technischen Voraussetzungen für den Zugang zum bargeldlosen Zahlungsverkehr ist keine Unterlage im Sinne von § 86 a Abs. 1 HGB. Es fehlt an dem erforderlichen Tatbestandsmerkmal der „Erforderlichkeit“. Auf die Erwägungen des BGH im Urteil vom 17.11.2016 – VII ZR 6/16, NJW 2017, 662 ff. wird Bezug genommen.
Ein Rückzahlungsanspruch ist auch nicht gemäß § 87 d HGB gerechtfertigt.
Denn die Klägerin kann gem. § 87d HGB Ersatz ihrer im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandenen Aufwendungen nur verlangen, wenn dies handelsüblich ist. Es liegen schon keine Anhaltspunkte vor, welche die Annahme von Handelsüblichkeit rechtfertigen würde. Zudem haben die Parteien eine von § 87 d HGB abweichende Vereinbarung getroffen, die § 87 d HGB vorgeht (vgl. Baumbach/Hopt HGB § 87 d, Rdnr. 2 und 6, 38. Auflage 2018). § 87 d ist dispositiv in den Grenzen des § 138 BGB. Anhaltspunkte für eine Sittenwidrigkeit der streitgegenständlichen Regelung liegen nicht vor.
Die streitgegenständliche Vereinbarung über die Verteilung der EC-Karten-/Kreditkartengebühren ist auch nicht gemäß §§ 306 Abs. 1 und 2, 307 Abs. 1 und 1 Nr. 1, 310 Abs. 1 BGB unwirksam. Unangemessen benachteiligt werden würde die Klägerin durch die streitgegenständliche vertragliche Vereinbarung nur dann, wenn diese von einem gesetzlichen Leitbild bzw. wesentlichen Rechten und Pflichten abweichen würde.
Die streitgegenständliche Regelung unterliegt der richterlichen Inhaltskontrolle, da es sich nicht um eine Preis- bzw. Preisnebenvereinbarung handelt. Es handelt sich nicht um eine Vergütungsregelung, sondern um eine Kostenumlage.
Es existiert kein gesetzliches Leitbild, wonach es allein der Beklagten obliegen würde, Forderungen aus dem vermittelten Geschäft einzuziehen (vgl. insoweit z.B. § 87 Abs. 4 HGB). § 87b HGB ist nicht tangiert, da die Zusatzvereinbarung nicht die Höhe der Provision der Klägerin selbst regelt. § 86 a HGB enthält eine abschließende Regelung; somit kommt es nicht in Betracht, eine Verpflichtung der Beklagten die Voraussetzungen für den Zugang zum bargeldlosen Zahlungsverkehr kostenlos zur Verfügung zu stellen aus sich aus § 86 BGB ergebenden allgemeinen Treuepflichten herzuleiten.
Selbst wenn man einen Verstoß gegen ein gesetzliches Leitbild annehmen würde, kann eine Abweichung von einem gesetzlichen Leitbild nicht in einem Maße festgestellt werden, die zur Unwirksamkeit der Vereinbarung führen würde.
Die Klägerin hebt darauf ab, dass Kartenzahlungen, obwohl mit einem höheren Aufwand verbunden, gegenüber Barzahlungen geringer provisioniert würden. Tatsächlich handelt es sich aber bei der vorliegenden Regelung nicht um eine Provisionsregelung, sondern um eine Beteiligung an den Kosten und Gebühren, die die Einführung der Kartenbezahlsysteme mit sich bringt.
Selbst die von der Beklagten vorgelegten Studie „Kosten der Bargeldzahlung im Einzelhandel“ (Anl. B 39) berücksichtigt, kann eine Unangemessenheit der streitgegenständlichen Regelung nicht festgestellt werden. Aus der vorgelegten Studie ergibt sich, dass die Dauer eines Bezahlvorgangs von der Höhe des Betrags abhängt und schon bei Zahlbeträgen zwischen 50,00 € und 100,00 € die Bezahlvorgänge bei Barzahlungen und Kartenzahlungen gleich lange dauern. Dass bei einer Autobahntankstelle überwiegend Kleinbeträge unter 10,00 € bezahlt werden, bei denen die Barzahlung deutlich weniger lange dauert als die Kartenzahlung ist nicht vorgetragen und liegt auch nicht nahe. Zudem dürfte die Anzahl von sehr alten Kunden, bei denen ausweislich der Studie Bezahlvorgänge im bargeldlosen Verkehr deutlich länger dauern, an eine Autobahntankstelle eher gering sein. Somit ist es fernliegend, dass der Zeitaufwand der Klägerin infolge der Kartenzahlungen unangemessen hoch ist. Zu berücksichtigen ist auch, dass bei Zahlungen mit der weit verbreiteten EC-Karte die Klägerin lediglich mit einem geringen Gebührenanteil von 0,10 % netto belastet wird. Schließlich profitiert von der Einführung der Kartenbezahlsysteme nicht allein die Beklagte, sondern auch die Klägerin. Zum einen nimmt die Beklagte der Klägerin den Inkassoaufwand bei Kreditkartenzahlungen im Eigengeschäft der Klägerin ab. Zum anderen ist der wirtschaftliche Betrieb einer Autobahntankstelle ohne bargeldlose Zahlungsmöglichkeit wohl nicht möglich, eine Autobahntankstelle, die lediglich Barzahlungen akzeptiert wäre nicht wettbewerbsfähig. Die Klägerin würde ohne die von der Beklagten geschaffene Möglichkeit der bargeldlosen Zahlung selbst mit den entsprechenden Unternehmen Verträge schließen und Zahlungsverpflichtungen eingehen müssen, um ihren Kunden die bargeldlose Zahlung zu ermöglichen.
Zudem werden der Klägerin werden nicht die gesamten infolge der Bereitstellung der Kartenzahlsysteme entstehenden Gebühren und Kosten belastet, sondern nur anteilige Kosten. Dafür, dass diese Kostenverteilung unangemessen oder treuwidrig wäre, liegen keine Anhaltspunkte vor.
Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 91 Abs. 1, 709, 269 Abs. 3 ZPO.
Streitwert: § 3 ZPO.


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