IT- und Medienrecht

Wirksamkeit von Zahlungsanweisungen für ein Online-Glücksspiel

Aktenzeichen  2 C 22/21

Datum:
21.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 21491
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Weiden
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 134, § 675 c Abs. 1, § 675 f Abs. 1, § 670
GlüStV § 4 Abs. 1

 

Leitsatz

Ein Zahlungsdiensterahmenvertrag ist nicht gem. § 134 BGB iVm § 4 Abs. 1, 4 GlüStV wegen Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel verboten, auch wenn die beauftragten Zahlungen dem Online-Glücksspiel dienen, da es nicht Aufgabe des Zahlungsinstituts ist, die Legalität etwaiger Zahlungen zu überprüfen. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 310,44 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.10.2017 sowie weitere 81,00 E nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.10.2017 sowie weitere 1,39 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.02.2021 zu zahlen.
lm Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Beschluss.
Der Streitwert wird auf 325,96 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
Das Amtsgericht Weiden i.d. OPf. ist nach Art. 18 Abs. 2 EuGWO i.V.m. § 13 ZPO örtlich zuständig.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Aufwendungsersatz in Höhe von 310,44 € gemäß §§ 675 c Abs. 1, 675 f Abs. 1, 670 BGB zu. Die Klägerin ist aktivlegitimiert, da die Ansprüche der S. Ltd. gegen den Beklagten an sie abgetreten wurden.Zwischen den Parteien ist ein Zahlungsdiensterahmenvertrag im Sinne des § 675 f Abs. 1 BGB zustande gekommen. Der Zedentin sind Aufwendungen zum Zwecke der Ausführung dieses Vertrages entstanden, indem sie auf Grundlage der vom Beklagten gemäß § 675j Abs. 1 S. BGB autorisierten Zahlungsanweisungen dessen S.-Konto auf Grund von vier Aufladungen zunächst einen Betrag von 311,40 € gutschrieb und diesen Betrag dann an das Unternehmen Mr. Gr. weiterleitete.
Der Zahlungsdiensterahmenvertrag ist nicht nach § 134 BGB nichtig, da ein Verbotsgesetz im Hinblick auf das Anweisungsverhältnis zwischen der Zedentin und dem Beklagten nicht vorliegt. Zwar ist gemäß § 4 Abs. 1, 4 GlüStV auch die Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel verboten, es ist allerdings nicht Aufgabe des Zahlungsinstituts die Legalität etwaiger Zahlungen zu überprüfen (BGH, Urteil vom 24.04. 2012 – XI ZR 96/11). Vielmehr ist dies nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 GlüStV Aufgabe der Glückspielaufsicht des jeweiligen Bundeslandes. Erst wenn die Glückspielaufsicht das Zahlungsinstitut auf die unerlaubte Mitwirkung an einem verbotenen Glücksspiel hingewiesen hat, kann auch dem Zahlungsinstitut die Mitwirkung an unerlaubtem Glücksspiel untersagt werden (OLG München, Verfügung vom 06.02.2019 – 19 U 793/18). Eine derartige Bekanntgabe der Glücksspielaufsicht an die Zedentin in Bezug auf Mr. Gr. ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, sodass die Überweisungen der Zedentin an Mr. Gr. nicht gegen § 4 Abs. 1, 4 GlüStV verstießen und somit der Zahlungsdiensterahmenvertrag nicht nach § 134 BGB nichtig war.
Die Annahme der Nichtigkeit des ZahIungsdiensterahmenvertrages würde zudem dem Schutzzweck des § 1 des GlüStV zuwiderlaufen, wonach das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht verhindert und der natürliche Spieltrieb in geordnete und überwachte Bahnen gelenkt werden soll, um sicherzustellen, dass auch die mit Glücksspielen verbundene Begleitkriminalität abgewehrt wird. Dieses Ziel würde aber gerade in sein Gegenteil verkehrt werden, wenn die Autorisierung von Zahlungsvorgängen auf Grund des GlüStV für nichtig erklärt werden würde. Denn durch das Überweisen der Beträge an das Glücksspielunternehmen, ohne dass diese Aufwendungen dem Zahlungsinstitut erstattet würden, könnte der Spieler ohne eigene Mittel hierzu aufzuwenden Einsätze beim Glücksspielunternehmen tätigen und so das Glücksspiel ohne jegliches fnanzielle Risiko ausführen. Dadurch würde der Anreiz an Glücksspielen teilzunehmen sogar noch gesteigert, ebenso wie der Anreiz hinzukommen würde, das Zahlungsinstitut vorsätzlich und regelmäßig ohne den Einsatz eigener Mittel zu einer Zahlung an das Glücksspielunternehmen zu bewegen und sich auf diese Weise strafbar zu machen (LG München, Urteil vom 28.02.2018 – 27 O 11716/17).
Der Zahlungsdiensterahmenvertrag ist auch nicht etwa mangels Anmeldung der Zedentin bei der BaFin unwirksam. Die Zedentin ist ein in England eingetragenes und zugelassenes Zahlungsinstitut, das berechtigt ist, im EU-Raum seine Dienste anzubieten, ohne bei der BaFin gelistet sein zu müssen.
Die durch die Überweisungen an Mr. Gr. angefallenen Aufwendungen durfte die Zedentin auch für erforderlich halten. Diese hätte die Aufwendungen nur dann nicht für erforderlich halten dürfen, wenn ihr bekannt wäre, dass sie rechtsmissbräuchlich in Anspruch genommen wurde, was wiederum nur dann der Fall ist, wenn offensichtlich und liquide beweisbar ist oder sich der Verdacht aufdrängen muss, dass dem Empfänger der überwiesenen Beträge eine Forderung aus dem Valutaverhältnis gegen den Beklagten wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nicht zusteht (BGH NJW 2002, 3698).Dass es sich hier um Forderungen aus illegalem Glücksspiel gehandelt hat, war für die Zedentin nicht offenkundig erkennbar, da es in Deutschland auch legale Glücksspielanbieter gibt und von ihr nicht erwartet werden kann, die Empfänger ihrer Überweisungen stets mit der White-List der deutschen Bundesländer abzugleichen, um sich zu vergewissern, dass sie Geld nicht an illegale Glücksspielanbieter überweist. Ein solcher Prüfaufwand würde über die normale Bearbeitung von Zahlungsvorgänge hinausgehen. Die Zedentin konnte vielmehr von einem rechtstreuen Verhalten ihres Kunden ausgehen. Auch ist es für das Zahlungsinstitut nicht erkennbar, ob jedes einzelne vom ihrem Kunden wahrgenommene Spiel tatsächlich unerlaubtes Glücksspiel darstellt (LG München, Urteil vom 28.02.2018 – 27 O 11716/17).
Die Enıveiterung der Klage auf den Feststellungsantrag war nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig. Das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem berechtigten Interesse der Klägerin, dass mit Blick auf § 184 Abs. 2 InsO und eine mögliche Verbraucherinsolvenz des Beklagten festgestellt wird, dass die Forderung auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht. Der Feststellungsantrag ist allerdings unbegründet. Einen Vorsatz des Beklagten hinsichtlich der Begehung eines Eingehungsbetrugs bzw. einer sittenwidrigen Schädigung hat die Klägerin nicht hinreichend dargelegt. Allein aus der Tatsache, dass die Überweisung seitens der Bank des Beklagten an die Zedentin mangels Kontodeckung nicht klappte, lässt nicht auf eine Kenntnis des Beklagten von seiner mangelnden Kontodeckung und damit auf einen Vorsatz des Beklagten schließen.
Der Zinsanspruch hinsichtlich der Hauptforderung folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 BGB. Verzug hinsichtlich der Hauptforderung ist mit Ablauf der im Schreiben des lnkassodienstleisters vom 21.09.2017 zum 05.10.2017 gesetzten Frist am 06.10.2017 eingetreten. Die Voraussetzungen einer Selbstmahnung sind weder schlüssig vorgetragen noch ersichtlich. Sie liegen insbesondere nicht mit der Vornahme einer Rückbuchung vor, zumal die Klägerin nicht von einer Rückbuchung, sondern von einer fehlenden Überweisung durch die Bank des Beklagten mangels Deckung ausgeht.
Die Klägerin hat weiter aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher lnkassokosten in Höhe von 81,00 E sowie der Kosten von 1,39 € für die Einholung einer Bonitätsauskunft. Die diesbezüglichen Zinsforderungen folgen aus §§ 288 Abs. 1, 286, 291 BGB.
Hinsichtlich der weiter geltend gemachten Rechtsanwaltskosten in Höhe von 70,20 € steht der Klägerin kein Erstattungsanspruch aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB zu, weil sie nach erfolgloser Beauftragung eines Inkassodienstleisters die Beauftragung eines Rechtsanwalts für eine weitere vorgerichtliche Tätigkeit nicht mehr für erforderlich halten durfte.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zahlung von 10,00 € Rückbuchungsgebühr aus Ziffer 8.3 ihrer AGB, weil nach ihrem eigenen Vortrag keine Rückbuchung erfolgt ist, sondern davon auszugehen ist, dass die Bank des Beklagten die Ausführung der Überweisung hinsichtlich des streitgegenständlichen Aufladungsbetrages mangels Deckung des Kontos des Beklagten verweigerte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Die Berufung gegen das Urteil war nicht nach § 511 Abs. 4 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache weder über eine grundsätzliche Bedeutung verfügt, noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung der Entscheidung eines Berufungsgerichts erforderlich ist.
Der Streitwert wird gemäß § 3 ZPO auf 325,96 € festgesetzt. Hierbei hat der Feststellungsantrag zu einer Erhöhung um 5% geführt.


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