IT- und Medienrecht

Zulässigkeit der Pflicht zur Akkreditierung für Filmaufnahmen im Amateurfußball

Aktenzeichen  17 HK O 12936/15

Datum:
21.7.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 123109
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 3, § 4 Nr. 4, § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1,
GWB § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1 Macht ein Landesfußballverband die Berechtigung zur Anfertigung von Filmaufnahmen bei Amateurfußballspielen von einer Akkreditierung abhängig, stellt dies keine gezielte Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG dar.  (Rn. 11 – 18) (red. LS Dirk Büch)
2 Die Notwendigkeit der Akkreditierung für die Fertigung von Filmaufnahmen bei Amateurfußballspielen stellt auch keinen Verstoß gegen § 19 Abs. 1, 2 Nr. 1 GWB dar.  (Rn. 20 – 22) (red. LS Dirk Büch)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klagepartei trägt die Kosten des Rechtsstreits
III.
Das Urteil ist in Ziffer II vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages.

Gründe

I)
Die zulässige Klage erweist sich nach Auffassung der Kammer aus den folgenden Gründen als unbegründet:
1. Ein Unterlassungsanspruch nach den §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1; 4 Nr. 4 UWG wegen gezielter Behinderung eines Mitbewerbers besteht nach Auffassung der Kammer nicht:
a. In Bezug auf den Markt der Online-Berichterstattung hinsichtlich Bewegtbildern von Spielen der Bayern- und Landesligen stehen die Parteien in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG.
b. Bei dem Abschluss der Vereinbarungen des Beklagten mit den jeweiligen Fußballvereinen unter Zugrundelegung der von der Klägerseite angegriffenen Regelungen handelt es sich um eine geschäftliche Handlung i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Denn diese Maßnahme dient jedenfalls auch dazu, dass Videoaufnahmen von den Spielen in das Videoportal des Beklagten www…tv hochgeladen werden (vgl. Zulassungsunterlagen, Anlage AS 7, dort Hinweise zum Zulassungsverfahren für den Spielbetrieb in den Bayern- und Landesligen, Ziff. 3 b 3. Abs.).
c. Unter Behinderung i.S.v. § 4 Nr. 4 UWG ist die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten eines Mitbewerbers zu verstehen, wobei zu diesen Entfaltungsmöglichkeiten des Mitbewerbers alle Wettbewerbsparameter, also auch der Bezug (von Waren/Dienstleistungen) gehört, wobei die Eignung der geschäftlichen Handlung zur Behinderung ausreichend ist (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015 Rdnr. 10.6 zu § 4).
Unter Berücksichtigung dieser Definition ist die Verwendung der angegriffenen Regelungen durch den Beklagten in Vereinbarungen mit Vereinen der Bayern- und Landesligen durchaus geeignet, die Klägerinnen in der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeit zu behindern, weil diese somit vom Bezug von Bewegtbildberichterstattung über die betreffenden Spiele abgeschnitten werden.
§ 4 Nr. 4 UWG verlangt neben der wettbewerblichen Beeinträchtigung aber auch, dass es sich um eine „gezielte“ Behinderung handelt. Denn grundsätzlich ist jede Förderung des eigenen Absatzes durch ein Unternehmen mit einer Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten von Mitbewerbern verbunden, der Wettbewerb ist gerade darauf angelegt, auf Kosten von Mitbewerbern einen Wettbewerbsvorsprung zu erzielen. Um den Tatbestand des § 4 Nr. 4 UWG zu erfüllen, müssen daher zur Behinderung des Mitbewerbers noch weitere, die Unlauterkeit begründende Umstände hinzutreten (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rdnr. 10.7 zu § 4).
Als „gezielt“ ist eine Behinderung generell dann anzusehen, wenn bei objektiver Würdigung aller Umstände die Maßnahme in erster Linie nicht auf die Förderung der eigenen wettbewerblichen Entfaltung, sondern auf die Beinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung eines Mitbewerbers gerichtet ist. Dabei ist eine gezielte Behinderung im Allgemeinen in zwei Formen möglich, nämlich zum einen dann, wenn die Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit der Mitbewerber der eigentliche Zweck der Maßnahme ist oder, wenn die Maßnahme dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Die Frage, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber zu beurteilen (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rdnr. 10.8 zu § 4).
d. Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Kriterien kann nach Auffassung der Kammer im vorliegenden Falle von einer gezielten Behinderung i.S.v. § 4 Nr. 4 UWG nicht ausgegangen werden.
aa) Davon, dass die Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit der Mitbewerber, und damit auch der Klägerinnen, der eigentliche Zweck der Maßnahme wäre, kann nach Auffassung der Kammer nicht ausgegangen werden. Dies folgt zum einen bereits daraus, dass, wie die Klagepartei selbst ausgeführt hat, durch die besagten Maßnahmen der Beklagte jedenfalls auch sein eigenes Videoportal fördern will. Damit erbringt die ergriffene Maßnahme für den Beklagten aber wirtschaftliche Vorteile, dessen eigene wettbewerbliche Entfaltungsmöglichkeit wird durch die Maßnahme gefördert, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dem Beklagten komme es bei der Verwendung der angegriffenen Regelungen in erster Linie nicht auf die Förderung der eigenen wettbewerblichen Entfaltung an, sondern auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung von Mitbewerbern.
bb) Auch von einer unangemessenen Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers kann nicht ausgegangen werden.
Eine gezielte Behinderung nach § 4 Nr. 4 UWG kann zwar auch dann vorliegen, wenn die Maßnahme unmittelbar der Förderung des eigenen Absatzes oder Bezuges dient, aber dieses Ziel durch eine unangemessene Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers erreicht werden soll. Dabei ist eine solche unangemessene Beeinträchtigung dann anzunehmen, wenn der Mitbewerber seine Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rdnr. 10.10 zu § 4).
Nach Auffassung der Kammer liegt eine solche unangemessene Beeinträchtigung der Entfaltungsmöglichkeiten der Klägerinnen nicht vor. Denn es fehlt jedenfalls an dem Tatbestandsmerkmal der Unangemessenheit. Insoweit ist eine Güter- und Interessenabwägung im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles erforderlich.
Im Rahmen dieser Güter- und Interessenabwägung ist zu berücksichtigen auf Seiten der Klagepartei das ihr grundgesetzlich gesicherte Recht auf Information auch bezüglich Spielen der Amateurliga. Demgegenüber steht auf Seiten des Beklagten der Umstand, dass zunächst grundsätzlich die betreffenden Vereine das Hausrecht über das eigene Stadion haben und auch das Recht, Dritte gegebenenfalls zu Berichterstattungen auch mit Bewegtbildern zuzulassen bzw. diese von bestimmten Voraussetzungen abhängig zu machen. Allerdings haben sich die betreffenden Vereine in einem Dachverband, nämlich dem Beklagten zusammengeschlossen als dessen Mitglieder, wobei sie sich als Vereinsmitglieder auch den jeweiligen Regeln des Vereines unterwerfen. Nach § 22 der Spieleordnung hat der Beklagte das Recht, über Fernseh-, Rundfunk-, Audio- sowie jegliche Form der Online-Übertragungen Verträge zu schließen und die Vergütungen aus solchen Verträgen zu verteilen.
Zwar hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung Hartplatzhelden (BGH, Urteil vom 28.10.2010, Az. 1 ZR 60/09, zitiert nach Juris) ausgeführt, dass anders als bei Fußballveranstaltungen im Profibereich die Vermarktung des Spieles durch Vergabe von Übertragungs- und Aufzeichnungsrechten im Amateurbereich auf der Ebene der von den jeweiligen Landesverbänden durchgeführten Verbandsspiele keine maßgebliche wirtschaftliche Rolle spiele und die Erteilung von Erlaubnissen, die in Rede stehenden Verbandsspiele zu filmen, nicht zum typischen Tätigkeitsbereich der Veranstalter solcher Spiele und damit auch nicht zum wesenseigenen gewerblichen Tätigkeitsbereich eines Landesfußballverbandes gehöre. Auf der anderen Seite hat der BGH in dieser Entscheidung aber in Rdnr. 27 ausdrücklich ausgeführt, dass sich der Fußballverband die ausschließliche wirtschaftliche Verwertung von Bewegtbildberichterstattung dadurch sichern könne, dass er über das Hausrecht des Berechtigten Filmaufnahmen Dritter unterbinde oder nur gegen Entgelt zulasse. Weiter hat der BGH insoweit ausgeführt (Rdnr. 21), dass das Hausrecht des Veranstalters eine Rechtsposition darstellt, mit deren Hilfe der Berechtigte Dritte von der unentgeltlichen Wahrnehmung des von ihm veranstalteten Spiels ausschließen kann. Das Hausrecht diene in diesem Zusammenhang der Sicherung der Verwertung der vom Veranstalter des Sportereignisses erbrachten Leistung.
Von der Ausübung des Hausrechtes haben die Vereine zusammen mit dem Beklagten aufgrund der getroffenen Vereinbarung Gebrauch gemacht.
Damit scheidet jedenfalls eine unangemessene Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung der Antragstellerin aus.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Klägerinnen sehr wohl noch in der Lage sind, ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung in angemessener Weise zur Geltung zu bringen. Denn es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Beklagte die Medien nicht vollständig von der Bewegtbildberichterstattung ausschließt, sondern diese lediglich von der Einhaltung bestimmter Bedingungen abhängig macht. Dies bedeutet, dass die Klägerinnen sehr wohl noch Bildberichterstattung erbringen könnten, entweder wenn sie für die Erlangung des Zutrittsrechtes ein Entgelt bezahlen oder alternativ sogar kostenlos filmen können, wenn sie dem von dem Antragsgegner betriebenen Videoportal …v die Berichte unentgeltlich zur Verfügung stellen. Damit kann jedenfalls von einer unangemessenen Beeinträchtigung nicht die Rede sein. Denn letztendlich wird insoweit das allgemein gültige marktwirtschaftliche Prinzip umgesetzt, dass eine bestimmte Leistung eines anderen nur gegen Entgelt oder eine andere Gegenleistung zu erhalten ist.
Damit scheidet ein Unterlassungsanspruch nach § 4 Nr. 10 UWG aus.
3. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht aus § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB:
a. Die zweite Alternative von § 19 Abs. 2 Nr. 1 UWG scheidet aus, weil die Klägerinnen von dem Beklagten nicht anders behandelt werden als gleichartige Unternehmen, weil die Zulassungsbeschränkungen, die sich aus den verwendeten Regelungen ergeben, sich auf alle gleichartigen Unternehmen gleich auswirken.
b. auch der Tatbestand von § 19 Abs. 2 Nr. 1 1. Alt. GWB ist nach Auffassung der Kammer nicht erfüllt:
Es kann bereits von einer unbilligen Behinderung nicht ausgegangen werden, wobei insoweit auf die obigen Ausführungen Bezug genommen wird.
Darüber hinaus ist auch von einem sachlich gerechtfertigten Grund auszugehen. Der Beklagte organisiert den gesamten Spielbetrieb. Wenn durch die entsprechenden Regelungen der Beklagte für alle betreffenden Vereine gleiche Regeln aufstellen und die Vereine dabei unterstützen will, dass auch diese Werte aus den Spielen schöpfen, handelt es sich dabei um ein anerkanntes berechtigtes Interesse des Beklagten. Dafür, dass hinter dieser Regelung die Vereine nicht stehen würden, diese den entsprechenden Regelungen nur unter Zwang zustimmen würden, fehlt für die Kammer der entsprechende Nachweis. Aus den von dem Beklagten vorgelegten Abstimmungsergebnissen (Anlage B 6) ergibt sich vielmehr das Gegenteil. Die Vereine sind in dem Antragsgegner freiwillig organisiert. Einem einzelnen Verein, der mit den in Rede stehenden Regelungen nicht einverstanden ist, bleibt es unbenommen, die entsprechende Vereinbarung mit dem Beklagten nicht zu unterzeichnen (mit möglicher Weise sich daraus ergebenden Konsequenzen, mit denen er sich durch freiwilligen Beitritt zum Beklagten einverstanden erklärt hat).
Damit scheidet auch ein Verstoß gegen § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB aus.
Da somit die mündliche Verhandlung zu dem Ergebnis geführt hat, dass die von den Klägerinnen geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht begründet sind, war die Klage abzuweisen.
II)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
III)
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 S. 1, S. 2 ZPO.


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