IT- und Medienrecht

Zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen die Herstellerin bei vom Diesel-Abgasskandal betroffenem Fahrzeug (hier: VW Touran Trendline Bluemotion Technology 1.6 TDI)

Aktenzeichen  23 O 679/20

Datum:
28.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 39170
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Schweinfurt
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 195, § 199 Abs. 1, § 214, § 826, § 852 S. 1
VO (EG) Nr. 715/2007 Art. 5 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Zur Frage der Verjährung von erst nach 2018 erhobenen Klagen vgl. auch BGH BeckRS 2021, 34797; BeckRS 2021, 22216; BeckRS 2020, 37753; OLG München, BeckRS 2020, 11023; BeckRS 2019, 31911; BeckRS 2020, 3135; OLG Köln BeckRS 2020, 4947; OLG Stuttgart BeckRS 2020, 5743; LG München II BeckRS 2021, 30618; aA: OLG Bamberg BeckRS 2021, 10356; OLG Oldenburg BeckRS 2020, 7000; BeckRS 2020, 6999; BeckRS 2020, 29575; OLG Stuttgart BeckRS 2020, 7263. (redaktioneller Leitsatz)
2. Hat der Käufer eines betroffenen Fahrzeugs bei Bekanntwerden der „VW-Abgasskandal-Thematik“ in den Medien im Jahr 2015 von eben dieser positive Kenntnis erhalten, lagen sämtliche Informationen vor, die er zur Erhebung einer Klage gegen die VW AG benötigte, so dass für ihn die Verjährungsfrist mit Ablauf des 31.12.2015 begann. (Rn. 28 – 29) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die zehnjährige Verjährungsfrist des § 852 S. 1 BGB ist auf Ansprüche des Käufers gegen die Herstellerin nicht anwendbar, da die Herstellerin zum Käufer in keinem Austauschverhältnis oder ähnlichem stand, kraft dessen ihr aus dem Vermögen des Käufers etwas zugeflossen wäre. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
4. Solange Gesichtspunkte des Motor- bzw. Bauteilschutzes als Rechtfertigung ernsthaft angeführt werden können, kann nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass die Herstellerin bzw. deren Verantwortliche in dem Bewusstsein gehandelt haben, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung (hier: Thermofenster) zu verwenden. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Leistung von Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 16.441,33 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegen die Beklagte Anspruch auf Schadensersatz im Zusammenhang mit dem von ihr im Juli 2012 von der Firma Autohaus f GmbH in Bad Neustadt an der Saale gekauften VW Touran Trendline 1.6 TDI.
Autohaus f
Vertragliche Ansprüche bestehen mangels Vertragsbeziehung zwischen den Parteien nicht. Verkäuferin des Touran und somit Vertragspartnerin der Klägerin ist nicht die Beklagte, sondern die GmbH in Bad Neustadt an der Saale.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keine deliktischen Ersatzansprüche. Solch ein durchsetzbarer Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB bzw. Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 715/2007 oder aus § 826 BGB. Vielmehr sind derartige Ansprüche mit Blick auf die ursprüngliche Einrichtung der Motorsteuerungssoftware verjährt und darum gemäß § 214 BGB nicht mehr durchsetzbar (dazu sogleich unter 1.); das in Bezug auf das mit dem Software-Update behauptet aufgespielte Thermofenster begründet hingegen schon nicht die vorgenannten Haftungstatbestände (sodann unter 2.).
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen durchsetzbaren Anspruch auf wirtschaftliche Rückabwicklung des Kaufs mit Blick auf die ursprüngliche Einrichtung der Motorsteuerungssoftware, das heißt unter dem Argument einer initial verbauten unzulässigen Abschalteinrichtung. Hieraus abzuleitende Ansprüche sind verjährt.
a) Gemäß § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist, die mangels abweichender gesetzlicher Bestimmungen auch für den hier mit Ziffer 1.) geltend gemachten Schadensersatzanspruch maßgeblich ist (vgl. Henrich, in: Hau/Poseck [Hrsg.], BeckOK BGB, 58. Edition Stand: 01.05.2021, § 195 Rdnr. 5), drei Jahre.
Die zehnjährige Verjährungsfrist des § 852 S. 1 BGB ist demgegenüber nicht anwendbar, da diese Vorschrift das funktionale Äquivalent zur condictio ex iniusta causa des gemeinen Rechts darstellt, mithin also zunächst einmal voraussetzt, dass der Anspruchsgegner durch die streitgegenständliche Handlung Vorteile erlangt hat (vgl. Wagner, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 852 Rdnrn. 1 und 2; siehe ferner OLG Karlsruhe, Endurteil vom 31.03.2021, Az. 13 U 693/20, BeckRS 2021, 6366 Rdnr. 35; LG Ansbach, Endurteil vom 29.03.2021, Az. 3 O 16/21, BeckRS 2021, 6742 Rdnr. 49; LG Osnabrück, Urteil vom 03.07.2020, Az. 6 O 842/20, BeckRS 2020, 17605, Rdnr. 40). Dies wird vorliegend aber weder vorgetragen noch ist dies ersichtlich. Denn durch den Kauf des VW Touran hat nicht etwa die Beklagte etwas erlangt, sondern allenfalls die Vertragspartnerin der Klägerin. Die Beklagte stand in keinem Austauschverhältnis oder ähnlichem, kraft dessen ihr aus dem Vermögen der Klägerin etwas zugeflossen wäre. Allein die Firma Autohaus K. GmbH hat aus dem streitgegenständlichen Geschehen einen Vermögensvorteil erlangt, und zwar die vertraglich erbrachte Kaufpreiszahlung.
Die dreijährige Regelverjährungsfrist beginnt mit dem Schluss desjenigen Jahres zu laufen, in welchem der Anspruch entstanden ist und in dem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen sowie der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen, § 199 Abs. 1 BGB.
b) Gemessen an diesen Anforderungen ist von einer Kenntnis der Klägerin im Jahr 2015 auszugehen.
aa) So hat die Beklagte bereits am 22.09.2015 in der Adhoc-Mitteilung zur „Abgasskandal-Thematik“’ öffentlich erklärt, dass in ihrem Dieselmotor EA 189 eine Software installiert ist, die die Stickoxidwerte im Prüfstand optimiert und dass davon die Fahrzeuge ihres Konzerns betroffen sind. Zugleich hat die Beklagte am 02.10.2015 darüber informiert, dass sie eine Internetseite bereitgestellt habe, auf welcher durch Eingabe der Fahrzeugidentifikationsnummer überprüft werden kann, ob ein konkretes Fahrzeug mit der Motorsoftware ausgerüstet sei. Der Vorgang um die hier streitbefangene Motorsoftware war außerdem Gegenstand ausführlicher, fortlaufender und allgegenwärtiger Berichterstattung in sämtlichen denkbaren Medien und der öffentlichen Diskussion. Es ist deshalb schlicht undenkbar, dass die Klägerin später als im Jahr 2015 von den Vorwürfen gegen die Beklagte erfahren haben könnte. Nur ein Mitteleuropäer, der sich in einer absoluten Ausnahmesituation befunden hat, kann von den Vorgängen keine Kenntnis erlangt haben. Weder solch eine Ausnahmesituation noch eine fehlende Kenntnis trägt die Klägerin indes vor.
Zudem ist zu beachten, dass die Klägerin sich zumindest grobe Fahrlässigkeit vorwerfen lassen müsste, wollte sie – ohne sich in einer Sondersituation befunden zu haben – entgegen der öffentlichen Erklärungen der Beklagten sowie der allgegenwärtigen Berichterstattung sich im Jahr 2015 nicht über die Internetseite der Beklagten darüber erkundigt haben, ob es sich bei ihrem VW Touran um einen solchen handelt, bei dem ein Motor mit einer Abschalteinrichtung verbaut ist. Es hätte der Klägerin oblegen, sich Aufdrängendes nicht außer Acht zu lassen; es hätte der Klägerin weder Kosten noch Mühe gekostet, in Erfahrung zu bringen, ob ihr Pkw von dem Abgasskandal betroffen ist. Auf der Hand liegender Erkenntnismöglichkeiten darf sich die Klägerin nicht verschließen.
bb) Die Klägerin hat auch bestätigt, bereits im Jahr 2015 von der Diesel-Abgas-Thematik der Beklagten erfahren zu haben. Im Termin vom 14.06.2021 (Blatt 204 [205] der Akte) hat sie in ihrer informatorischen Anhörung ausgeführt, über die seinerzeitige Medienberichte von dem Abgasskandal erfahren zu haben, dies aber zunächst nicht auf sich bezogen zu haben. Ihre Betroffenheit von der Angelegenheit habe sie erst im Zuge der an sie ergangenen Mitteilung realisiert, wonach sie ebenfalls betroffen sei.
Vor diesem Hintergrund steht fest, dass die Klägerin bei Bekanntwerden der „VW-Abgasskandal-Thematik“ in den Medien im Jahr 2015 von eben dieser positive Kenntnis erhalten hatte.
cc) Der Klägerin lagen mithin 2015 sämtliche Informationen vor, die sie zur Erhebung einer Klage gegen die Beklagte benötigt hat (vgl. auch OLG München, Beschluss vom 10.03.2020, Az. 3 U 7392/19, BeckRS 2020, 3135 oder auch Hinweisbeschluss vom 03.12.2019, Az. 20 U 5741/19, BeckRS 2019, 31911; ferner OLG Köln, Beschluss vom 04.03.2020, Az. 26 U 73/19, BeckRS 2020, 4947; so auch schon LG Schweinfurt, Urteile vom 20.07.2020 zum Az. 23 O 969/19, vom 06.07.2020 zum Az. 23 O 1045/19, vom 14.01.2020 zum Az. 24 O 839/18 oder vom 22.10.2019 zum Az. 24 O 154/19 – jeweils unveröff.). Das auf diese Weise vorhandene Wissen um die anspruchsbegründenden tatsächlichen Voraussetzungen reicht aus, den Gang der Verjährungsfrist auszulösen. Eine hieran anschließende rechtliche Würdigung durch die Klägerin ist demgegenüber gerade nicht erforderlich (vgl. BGHZ 105, 172 [186]; BGH, NJW 1993, 648 [650]), so dass es nicht darauf ankommt, ob die Klägerin seinerzeit auch die rechtlichen Implikationen des Vorgangs für sich erkannt haben mag. Die Medienberichterstattung hat der Klägerin ausreichend Anlass gegeben, bspw. durch Eingabe der FIN ihres Touran auf der von der Beklagten bereitgestellten Homepage, abzuklären ob sie von dem Vorgang betroffen ist. Soweit sie diese Erkenntnisquelle nicht genutzt hat, hindert dies nicht den Beginn der Verjährungsfrist.
c) Die auf diese Weise am 01.01.2016 angelaufene Verjährungsfrist endete daher mit dem 31.12.2018., ohne dass es bis dahin zu einer Unterbrechung oder Hemmung des Laufs der Verjährungsfrist gekommen wäre.
Insbesondere Umstände, die den Lauf der Verjährungsfrist rechtzeitig gehemmt haben (§ 204 BGB), konnte die Klägerin nicht dartun. Dies geht zu ihren Lasten, da sie die Voraussetzungen der Hemmung vorzutragen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen hat (siehe etwa Dörner, in: Schulze, Bürgerliches Gesetzbuch, 10. Auflage 2019, § 204 Rdnr. 11). Die Klägerin hat keine verjährungshemmenden Maßnahmen ergriffen, sich insbesondere nicht vor Ablauf der Verjährungsfrist der Musterfeststellungklage angeschlossen (vgl. Blatt 206 der Akte).
d) Die erst im Jahr 2020 erhobene Klage erfolgte mithin nach dem am 31.12.2018 eingetretenen Ablauf der (nicht gehemmten) Verjährungsfrist.
2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Schadenersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt, dass im Rahmen des Software-Updates eine (weitere) unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne eines Thermofensters auf ihren Touran aufgespielt worden wäre.
a) Den Sachvortrag der Klägerin als zutreffend unterstellt, könnte solch ein Vorgang keine eigenständige Haftung der Beklagten gemäß §§ 826, 31 BGB begründen.
Dies deshalb nicht, weil dieser Vorgang unter Berücksichtigung und Wertung des sonstigen Verhaltens der Beklagten nach dem 22.09.2015 nicht als sittenwidrig beurteilt werden kann. Denn das Aufspielen des Updates in Absprache und mit Billigung des KBA stellt eine nach dem Kauf erfolgte Nachbesserungsmaßnahme dar, um die Gefahr einer Betriebsuntersagung zu bannen (siehe BGH, ZVertriebsR 2021,184 [186]). Die Entwicklung des Updates und dessen Aufspielen stellen eigenständige, vom Inverkehrbringen des Motors EA189 unabhängige Handlungen dar, die nicht geeignet sind, einen Anspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zu begründen. Selbst wenn das Update seinerseits gesetzlichen Bestimmungen nicht genügen sollte, liegt auf Grund des mit dem KBA abgestimmten Vorgehens allenfalls eine fahrlässige Handlung der Beklagten vor, die den Schluss auf ein sittenwidriges Verhalten nicht rechtfertigt {OLG Bamberg, Beschluss vom 05.11.2020, Az. 6 U 40/20, unveröff.).
Unabhängig hiervon fehlt es für einen hieraus abzuleitenden Schadensersatzanspruch der Klägerin an einem kausalen Schaden im Sinne des Abschlusses des zur Rückabwicklung begehrten Kaufvertrags. Denn die erst nach dem Kauf auf das Fahrzeug aufgespielte Softwarekonfiguration begründet keinen zu einem eigenständigen Anspruch gemäß § 826 BGB führenden Schaden, sondern hätte lediglich zur Folge, dass ein ursprünglicher Schaden schlicht nicht beseitigt worden wäre {OLG Bamberg, Beschluss vom 05.11.2020, Az. 6 U 40/20, unveröff.).
b) Unbeschadet dessen kann im geltend gemachten Thermofenster keine zur deliktischen Haftung führende unzulässige Abschalteinrichtung gesehen werden. Denn ein „Thermofenster“ ist gemäß Art. 5 Abs. 2 S. 2 Buchst, a) der VO (EG) 715/2007 nicht grundsätzlich verboten, sondern jedenfalls dann zulässig, „wenn die Einrichtung notwendig ist, um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten“. Hieraus folgt, dass bei Abschalteinrichtungen, die vom Grundsatz her im normalen Fährbetrieb in gleicher Weise arbeiten wie auf dem Prüfstand, ohne konkrete Anhaltspunkte nicht ohne Weiteres angenommen werden kann, dass die Beklagte bzw. deren Verantwortliche in dem Bewusstsein gehandelt haben, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Jedenfalls solange Gesichtspunkte des Motor- bzw. Bauteilschutzes als Rechtfertigung ernsthaft angeführt werden können, scheidet solch eine Annahme aus (vgl. BGH, ZVertriebsR 2021, 184 [187]; OLG Bamberg, Hinweisbeschluss vom 31.03.2020, Az. 3 U 57/19, BeckRS 2020, 9901; OLG Bran denburg, Urteil vom 19.12.2019, Az. 5 U 103/18, BeckRS 2019, 33351; OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 13.11.2019, Az. 13 U 274/18, BeckRS 2019, 29281, sowie Hinweisbeschluss vom 17.02.2020, Az. 12 U 353/19, BeckRS 2020, 2626; OLG Stuttgart, NZV 2019, 579 [583]; vgl. auch LG Stuttgart, Urteil vom 17.03.2021, Az. 52 O 52/21, BeckRS 2021, 6473 Rdnr. 66). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Kriterien, aus denen sich eine aus Bauteilschutzgesichtspunkten zulässige Abschaltvorrichtung ergibt, nicht eindeutig bestimmt und in Rechtsprechung wie Literatur umstritten sind (vgl. dazu umf. OLG Brandenburg, Urteil vom 19.12.2019, Az. 5 U 103/18, BeckRS 2019, 33351 oder OLG Nürnberg, Endurteil vom 19.07.2019, Az. 5 U 1670/18, BeckRS 2019, 19559). Zu dieser Einschätzung ist auch die vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur eingesetzte Untersuchungskommission Volkswagen gelangt. Danach liegt ein Gesetzesverstoß durch die von allen Autoherstellern eingesetzten Thermofenster angesichts der „Unschärfe“ der Regelung jedenfalls nicht eindeutig vor (Bericht, S. 123). Vor diesem Hintergrund kommt ein sittenwidriges Handeln der Beklagten nur unter der Voraussetzung in Betracht, dass sie vorsätzlich und in einer besonders verwerflichen Art und Weise diese rechtliche Grauzone überschritten hat (so auch OLG Bamberg, Frankfurt a.M. und Stuttgart wie zuvor). Greifbare Anhaltspunkte für solch ein vorsätzliches und in einer besonders verwerflichen Art und Weise erfolgtes Überschreiten dieser rechtlichen Grauzone hat die Klägerin allerdings nicht vorgetragen. Vielmehr ist das Software-Update durch das KBA geprüft worden, ohne dass die von der Klägerin nunmehr geltend gemachten Beanstandungen erhoben worden sind. Es kommt hinzu, dass eine von der Beklagten eingesetzte temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung das tatsächliche Abgasverhalten des Fahrzeugs der Klägerin im Straßenverkehr nicht verschleiert, weil das Thermofenster sowohl auf dem Prüfstand als auch im realen Straßenverkehr – bei gleichen Umgebungstemperaturen – in gleicher Weise funktioniert, so dass gegen die Beklagte aus diesem Grund der Vorwurf eines manipulativen Vorgehens nicht erhoben werden kann.
Eine deliktische Haftung kommt zuletzt auch nicht unter dem Blickwinkel in Betracht, dass mit dem Thermofenster die Haftungsvoraussetzungen des § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV oder Art. 5 Abs. 2 S. 2 Buchst, a) der VO (EG) 715/2007 erfüllt wären. Dies schon deshalb nicht, weil auch dies Vorsatz zumindest im Hinblick auf die Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung voraussetzt, ohne die das Schutzgesetz nicht verletzt ist. Unabhängig davon kommt §§ 6 Abs. 1,27 Abs. 1 EG-FGV und auch Art. 5 VO (EG) Nr. 715/2007 kein Schutzgesetzcharakter zu Gunsten eines Autokäufers zu {BGH, NJW 2020, 2798 [2799] und 1962 [1971]).
B.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
C.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 63 Abs. 2, 48 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO. Hierbei ist dem Feststellungsantrag zu 2.) ebenso wenig ein eigenständiger Wert zuzumessen (OLG Naumburg, NJW-RR 2012, 1213 [LS]) wie dem Antrag zu 3.) als Nebenforderung im Sinne des § 43 Abs. 1 GKG.


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