Kosten- und Gebührenrecht

1500 IN 968/21

Aktenzeichen  1500 IN 968/21

Datum:
11.5.2022
Fundstelle:
ZInsO – 2022, 1532
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Die Festsetzung der Auslagen ist erst ab der 11. Zustellung zu bewilligen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des Insolvenzverwalters Rechtsanwalt X, werden wie folgt festgesetzt:
Betrag in EUR
Betrag in EUR
Vergütung
1.400,00
zuzüglich 19% Umsatzsteuer
266,00
Vergütung insgesamt
1.666,00
zu erstattende Auslagen
259,00
zuzüglich 19% Umsatzsteuer
49,21
Auslagen insgesamt
308,21
Gesamtbetrag Vergütung und Auslagen
1.974,21 in Worten: eintausendneunhundertvierundsiebzig 21/100

Gründe

Die Festsetzung der Vergütung und der Auslagen, einschließlich Umsatzsteuer, erfolgt gemäß Antrag des Insolvenzverwalters vom 02.05.2022.
Bei der Festsetzung der Vergütung war von dem der Insolvenzverwaltung unterliegenden Vermögenswert in Höhe von 0,00 EUR auszugehen.
Die Mindestvergütung war gemäß § 2 Abs. 2 der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung (InsVV) in Höhe von 1.400,00 EUR festzusetzen.
Die Umsatzsteuer war gem. § 7 InsVV in der derzeit gültigen Höhe von 19% hinzuzusetzen.
Der Berechnung der Auslagenpauschale gem. § 8 Abs. 3 InsVV wurde eine Regelvergütung in Höhe von 1.400,00 EUR zugrunde gelegt.
Die Auslagenpauschale von 15% der Regelvergütung für das erste Jahr der Tätigkeit sowie von 10% für jedes weitere Jahr gem. § 8 Abs. 3 InsVV wurde – unter Beachtung der maximalen Monatspauschale in Höhe von 350,00 EUR und der Höchstgrenze des § 8 Abs. 3 Satz 2 InsVV – festgesetzt. Die Umsatzsteuer war gem. § 7 InsVV in der derzeit gültigen Höhe von 19% hinzuzusetzen.
Die dem Insolvenzverwalter entstandenen Kosten für die Zustellungen gem. § 4 Abs. 2 S. 2 InsVV waren in Höhe von 49,00 EUR festzusetzen.
Der Verwalter beantragt hier gem. § 4 Abs. S. 2 InsVV iVm. KV 9002 GKG auch für die ersten 10 Zustellungen die Erstattung der Auslagen iHv. 3,50 EUR je Zustellung mit der Begründung, dass der Anspruch nach Sinn und Zweck schon für die ersten 10 rückwirkend gelten müsse. Der Ansicht ist nicht zu folgen, nach einhelliger Rechtsanwendung des KV 9002 GKG gilt die Erstattung erst ab der 11. Zustellung. So wird auch in Übereinstimmung mit örtlichen Bezirksrevisoren bei der Zugrundelegung der Auslagenberechnung, beispielsweise in Zwangsversteigerungssachen, davon Gebrauch gemacht.
Für eine Abweichung von dem Kostentatbestand in Insolvenzverfahren für die Vergütung des Verwalters besteht dabei kein Anlass. Nach derzeit überwiegender Ansicht sind in jedem Insolvenzverfahren insgesamt die ersten zehn Zustellungen im Rahmen der Vergütung des Verwalters abzusetzen. Es ist dabei davon auszugehen, dass dieser Abzug in die zeitgleich angepassten Gebühren und in die Höhe der Auslagen eingepreist wurde, der Gesetzgeber also bewusst eine Kürzung vorgenommen hat und dies im Blick hatte, so Lissner in ZInsO – Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht 2022, S. 574, 577. Dies kann dem Argument, der Verwalter würde durch den Auftrag des Gerichts gem. § 8 Abs. 3 InsO ohne besondere Erstattung der „Mehrarbeit“ pro bono arbeiten, entgegengehalten werden. Der Verlust auf der einen Seite wurde mit der Reform durch das SanInsFoG damit wieder kompensiert, sodass der Verwalter hier auch nicht mit eigenen Mitteln die Leistung erbringen muss.
Aus der Aus der Drucksache 19/24181 (bundestag.de) ergibt sich zudem:
„Zu Nummer 2 […] Durch die Neuregelung wird ein einheitlicher Satz von derzeit 3,50 Euro festgelegt. Eine weitere Folge der entsprechenden Anwendung von Nummer 9002 der Anlage 1 zu § 3 Absatz 2 des Gerichtskostengesetzes besteht darin, dass ein Anspruch auf Auslagenersatz erst ab der 11. Zustellung im Verfahren besteht. Die Regelung entspricht den gemeinsamen Vorschlägen der Berufsverbände und wird auch vom Bundesarbeitskreis Insolvenzgerichte e. V. sowie nahezu einhellig von den Ländern befürwortet.“
Der gesetzgeberische Wille ist demnach klar formuliert worden. Nach bestimmten Mindermeinungen (z.B. Graeber/Graeber, InsVV-Online, § 4 Rn. 31) ist dies nicht analog auf den Verwalter anwendbar. Gleichzeitig wird dabei jedoch klargestellt, dass ein Insolvenzverwalter einen Ersatz von Zustellungskosten gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 InsVV dann nicht mehr verlangen kann, wenn er hinsichtlich des generellen Auslagenersatzes die Möglichkeit einer Pauschalierung gem. § 8 Abs. 3 InsVV gewählt hat, so AG Potsdam, Beschluss vom 27.01.2022 – 6.50 IK 110/21, ZInsO 2022, 549.
Dieser Ansicht ist zwar nicht zu folgen, da mittlerweile nach a.M. eine besondere Erstattung der Auslagen gem. § 4 Abs. 2 S. 2 InsVV neben der Auslagenpauschale nach § 8 Abs. 3 InsVV zulässig und begründet ist. Allerdings ist in der Gesamtschau nach obiger Ansicht und wohl herrschenden Rechtsanwendung des KV 9002 GKG die Festsetzung der Auslagen erst ab der 11. Zustellung zu bewilligen. Insofern wird sich AG Hannover, Beschluss vom 3.1.2022 – 904 IK 40/21-3, ZInsO 2022, 547; Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren, 5. Aufl. 2021, § 14 Rn. 49; Kübler/Prütting/Bork/Stoffler, InsVV, Stand 5/21, § 4 Rn. 10a; NK-GK/Janssen, 3. Aufl 2021, InsVV § 4 Rn. 4a; Stephan/Riedel, InsVV, 2. Aufl. 2021, § 4 Rn. 6; § 8 Rn. 46; HambKomm/Forster, 9. Aufl. 2022, § 4 Rn. 38; AG Dresden, Beschluss vom 24.1.2022 – 549 IK 920/21; AG Hamburg, ZVI 2022, 86, 87; AG Leipzig, Beschluss vom 21.12.2021 – 401 IK 351/21; AG Ludwigshafen, Beschluss vom 14.2.2022 – 3b IK 26/21 Lu; AG Norderstedt, Beschluss vom 21.12.2021, Az. 65 IK 27/21 angeschlossen.
Die Umsatzsteuer war gem. § 7 InsVV in der derzeit gültigen Höhe von 19% hinzuzusetzen.
Aufgrund der dem Schuldner bewilligten Kostenstundung hat der Insolvenzverwalter einen Anspruch gegen die Staatskasse auf Erstattung des festgesetzten Betrages.


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