Kosten- und Gebührenrecht

4 BN 6/21

Aktenzeichen  4 BN 6/21

Datum:
16.9.2021
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2021:160921B4BN6.21.0
Spruchkörper:
4. Senat

Verfahrensgang

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 1. Juli 2020, Az: 8 S 2280/18, Urteil

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 1. Juli 2020 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 000 € festgesetzt.

Gründe

1
Die auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist jedenfalls unbegründet.
2
1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragsgegnerin beimisst.
3
Grundsätzlich bedeutsam i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; siehe z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 14. Oktober 2019 – 4 B 27.19 – ZfBR 2020, 173 Rn. 4 und vom 12. Mai 2020 – 4 BN 3.20 – juris Rn. 3).
4
a) Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,
ob im Rahmen einer ökologischen Aufwertung die Möglichkeit hierzu ausreichend ist oder eine tatsächliche Aufwertung vorausgesetzt wird.
5
Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, weil sie sich auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation beantworten lässt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. August 1999 – 4 B 72.99 – BVerwGE 109, 268 ).
6
Nach § 1a Abs. 3 Satz 1 BauGB, der nach § 18 Abs. 1 BNatSchG die Eingriffsregelung der §§ 13 ff. BNatSchG – zusammen mit weiteren Regelungen (siehe insbesondere § 5 Abs. 2a, § 9 Abs. 1a, § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, §§ 135a bis 135c BauGB) – in die Bauleitplanung überführt, sind in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB die Vermeidung und der Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. November 2020 – 4 BN 19.20 – KommJur 2021, 52 ). Gemäß § 1a Abs. 3 Satz 2 BauGB können die Darstellungen und Festsetzungen von Ausgleichsflächen oder Ausgleichsmaßnahmen auch an anderer Stelle als am Ort des Eingriffs erfolgen. Für Ausgleichsmaßnahmen können indessen nur Flächen in Anspruch genommen werden, die sich für diesen Zweck objektiv eignen (BVerwG, Urteil vom 24. März 2011 – 7 A 3.10 – Buchholz 406.400 § 19 BNatSchG 2002 Nr. 7 Rn. 47). Damit kommen nur solche Flächen in Betracht, die aufwertungsbedürftig und -fähig sind; davon geht der Senat auch in seinem von der Beschwerde angeführten Urteil vom 28. Januar 1999 – 4 A 18.98 – (Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 146) aus. Die Flächen müssen in einen Zustand versetzt werden können, der sich im Vergleich mit dem früheren als ökologisch höherwertig einstufen lässt (BVerwG, Urteile vom 10. November 2016 – 9 A 18.15 – juris Rn. 52 , vom 24. März 2011 – 7 A 3.10 – Buchholz 406.400 § 19 BNatSchG 2002 Nr. 7 Rn. 47, vom 11. April 2002 – 4 A 22.01 – juris Rn. 38 und vom 23. August 1996 – 4 A 29.95 – Buchholz 407.4 § 19 FStrG Nr. 8 S. 14). Die festgesetzten Maßnahmen müssen bei prognostischer Betrachtung geeignet sein, die Flächen tatsächlich aufzuwerten; davon geht auch § 15 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG erkennbar aus. Das sieht der Verwaltungsgerichtshof richtig (UA S. 33). Zudem muss der durch die Ausgleichsmaßnahme geschaffene höherwertige Zustand im Grundsatz auf Dauer gewährleistet werden können (Mitschang, in: Berliner Kommentar zum BauGB, Stand Mai 2021, § 1a Rn. 214a). Ob die Festsetzung von Ausgleichsmaßnahmen diesen Anforderungen genügt, beurteilt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Deren Feststellung und Würdigung obliegt dem Tatrichter.
7
Die weitere im Zusammenhang mit der Maßnahme M1 gestellte Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision ebenfalls nicht. Sie ist auf einen Sachverhalt zugeschnitten, den der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt hat. Das Normenkontrollurteil enthält keine Feststellungen zu einer in der Landwirtschaft – auch und gerade in Baden-Württemberg bzw. der vorliegenden Region – üblichen Fruchtfolge bzw. Felderwirtschaft und dazu, welche Nutzpflanzenarten im Ablauf der Vegetationsperioden in zeitlicher Abfolge abwechselnd (über einen Zeitraum von im Regelfall drei Jahren) angebaut werden sowie dazu, ob der Anbau von Wintergetreide Teil einer solchen Fruchtfolge ist. In der Sache wendet sich die Beschwerde nur gegen die tatrichterliche Würdigung, dass die Maßnahme M1 zur Erfüllung des mit ihr allein verfolgten städtebaulichen Zwecks des Ausgleichs von Eingriffen in Natur und Landschaft durch künftige Bebauungspläne ungeeignet ist (UA S. 33 ff.). Das genügt nicht.
8
b) Die zur – vom Verwaltungsgerichtshof beanstandeten – Maßnahmen M18 aufgeworfenen Fragen führen nicht zur Zulassung der Revision; sie sind nicht entscheidungserheblich. Der Verwaltungsgerichtshof ist davon ausgegangen, dass die Unwirksamkeit der Maßnahme M1 zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans führt. Damit können die Ausführungen zur Maßnahme M18 hinweggedacht werden, ohne dass sich am Ausgang des Verfahrens etwas ändert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Juli 2014 – 4 BN 42.13 – juris Rn. 26 ).
9
2. Die Beschwerde legt eine Abweichung des Normenkontrollurteils von dem Urteil des Senats vom 28. Januar 1999 – 4 A 18.98 – (Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 146) nicht dar.
10
Eine Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten, gleichermaßen entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 – 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Eine solche Abweichung zeigt die Beschwerde nicht auf. Einen Rechtssatz, wonach es für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen zwar auf die Aufwertungsfähigkeit der betroffenen Flächen, nicht aber darauf ankommt, dass diese eine ökologische Aufwertung tatsächlich und zeitlich ununterbrochen erfahren, enthält das Urteil vom 28. Januar 1999 nicht.
11
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.


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