Aktenzeichen M 13 M 17.48462
VV-RVG Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2
Leitsatz
Tenor
I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Das Hauptsacheverfahren (M 13 K 17.31183) wurde am 31. Juli 2017 vom Verwaltungsgericht München durch Gerichtsbescheid beendet. Der Gerichtsbescheid gab der Klage statt. Der Bevollmächtigte des Klägers stellte mit Schriftsatz vom 7. September 2017 einen Kostenfestsetzungsantrag in Höhe vom 925,23 Euro.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14. September 2017 setzte der Urkundsbeamte die dem Kläger im Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht München entstandenen notwendigen Aufwendungen auf insgesamt 492,54 Euro fest. Darin enthalten ist nicht die beantragte fiktive 1,2 Terminsgebühr (Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 2 Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV-RVG)) in Höhe von 363,60 Euro.
Am 28. September 2017 beantragt der Kläger die Entscheidung des Gerichts gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14. September 2017. Zur Begründung wird ausgeführt, dass entgegen der Auffassung des Urkundsbeamten des Bayerischen Verwaltungsgerichts München die beantragte 1,2 Terminsgebühr als erstattungsfähig festzusetzen sei. Auf die Begründung wird im Übrigen verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2017 äußert sich die Beklagte dahingehend, dass die beantragte „fiktive“ Terminsgebühr gemäß Abs. 1 Nr. 2 der Anmerkung zu Nr. 3104 VV-RVG nicht angefallen sei. Auf die Begründung im Übrigen wird verwiesen.
Mit Schreiben vom 9. Oktober 2017 hat der Urkundsbeamte der Kostenerinnerung nicht abgeholfen und die Kostensache mit der Bitte um Entscheidung dem Gericht vorgelegt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag auf Entscheidung des Gerichts gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Kostenbeamten beim Bayerischen Verwaltungsgericht München vom 14. September 2017 ist unbegründet.
Der Antrag auf Entscheidung des Gerichts gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ist gemäß §§ 165, 151 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig. Insbesondere ist er fristgerecht innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe erhoben worden, §§ 165 S. 2, 151 S. 3, 147 Abs. 1 S. 1 VwGO.
Gemäß §§ 165, 151 VwGO entscheidet über Erinnerungen das Gericht, dessen Urkundsbeamter gemäß § 164 VwGO die Kosten festzusetzen hat. Nachdem die der Kostenfestsetzung zugrundeliegende Kostenentscheidung durch den Einzelrichter getroffen wurde, entscheidet das Gericht über die Erinnerung ebenfalls in einer Einzelrichterentscheidung (vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 165 Rn. 7).
Eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV-RVG ist nicht entstanden, da keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat.
Der Urkundsbeamte hat in seinem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14. September 2017 zu Recht auch eine fiktive Terminsgebühr (Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV-RVG) nicht als eine dem Kläger erwachsene notwendige und zu erstattende Aufwendung festgesetzt.
Nach Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV-RVG entsteht die Terminsgebühr auch, wenn nach § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO oder § 105 Abs. 1 SGG durch Gerichtsbescheid entschieden wird und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann. Vorliegend wurde zwar durch einen Gerichtsbescheid entschieden, es fehlt jedoch an der weiteren Voraussetzung, dass durch den Kläger (nur) eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann.
Nach § 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO können die Beteiligten zwar grundsätzlich statt eines Antrags auf Zulassung der Berufung auch mündliche Verhandlung beantragen. Diese bloße Möglichkeit der Beantragung einer mündlichen Verhandlung (neben einem Antrag auf Zulassung der Berufung als Rechtsmittel) ließ nach der Rechtslage vor dem 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (2. KostRModG) die Geltendmachung und Erstattung einer fiktiven Terminsgebühr zu, unabhängig davon, ob mündliche Verhandlung zulässigerweise (nur wenn Beschwer gegeben durch vorangegangenen Gerichtsbescheid und fristgerechter Antrag auf mündliche Verhandlung, vgl. VG Regensburg, B.v. 30.3.2015 – RO 9 K 15.50006 – juris) überhaupt beantragt werden konnte und wurde, und unabhängig davon, ob Antrag auf Zulassung der Berufung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gestellt wurde (vgl. insgesamt VG Regensburg, B.v. 27.6.2016 – RO 9 M 16.929 – juris Rn. 11).
Durch die ergänzende Formulierung: „…und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann…“ durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz sollte eine gesetzgeberische Absicht zum Ausdruck gebracht werden, auch im Sinne einer transparenteren und einfacheren Gestaltung der Kostenregelungen, die eine klar umsetzbare inhaltliche Veränderung gegenüber dem alten Rechtszustand herbeiführen soll (ausführlich VG Regensburg, B.v. 27.6.2016 – RO 9 M 16.929 – juris Rn. 12 bis 14). Die Terminsgebühr sollte nur anfallen, wenn im Verfahren kein Rechtsmittel gegeben ist bzw. zugelassen wird und deshalb nur mehr mündliche Verhandlung beantragt werden kann. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sind das die Fälle des § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (VG Regensburg, B.v. 27.6.2016 – RO 9 M 16.929 – juris Rn. 12).
Es ist daher sachgerecht, eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 2 VV-RVG bereits aus dem Grunde zu versagen, da kein Fall des § 84 Abs. 2 Nr. 5 VwGO im vorliegenden Fall gegeben ist.
Teilweise wird in der Rechtsprechung darauf abgestellt, dass ein obsiegender Kläger mangels Beschwer (vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 84 Rn 20, 21) keine mündliche Verhandlung nach Erlass eines Gerichtsbescheides beantragen kann und daher die Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV-RVG nicht entstanden ist. Mit den verschiedenen Alternativen der Nr. 3104 Abs. 1 VV-RVG soll eine fiktive Terminsgebühr konsequent auf die Fälle beschränkt werden, in denen ein Anwalt durch sein Prozessverhalten eine mündliche Verhandlung erzwingen kann (vgl. Bundestagsdrucksache 17/11471, Begründung zu Nr. 28 Buchstabe a); VG Wiesbaden, B.v. 28.8.2017 – 3 O 359/17.WI.A – juris Rn. 5; so auch VG Berlin, B. v. 7.9.2017 – 14 KE 29.17 – juris; VG Schleswig-Holstein, B. v. 6.7.2017 – 12 A 945/16 – juris; a.A. VG Oldenburg, B. v. 27.7.2017 – 1 E 5687/17 – juris). Auch unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung fällt die fiktive Terminsgebühr nach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 2 VV-RVG im vorliegenden Fall nicht an, da die Klagepartei im Hauptsacheverfahren vollständig obsiegt hat.
Die Erinnerung war danach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 1, § 154 VwGO. Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).