Kosten- und Gebührenrecht

Antrag auf Prozesskostenhilfe, isolierte Zwangsgeldandrohung

Aktenzeichen  W 5 K 21.709

Datum:
14.7.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 31004
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 166 Abs. 1 S. 1
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1
VwZVG Art. 29

 

Leitsatz

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat keinen Erfolg.
Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter auf Antrag Prozesskostenhilfe nur dann, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Kammer kann es vorliegend dahinstehen lassen, ob der Anspruch des Klägers auf Prozesskostenhilfe ggf. auch deshalb scheitert, weil es ihm aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zuzumuten ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Der Prozesskostenhilfeantrag war jedenfalls deshalb abzulehnen, weil die begehrte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Hinreichend ist die Erfolgsaussicht dann, wenn die Entscheidung von einer schwierigen, ungeklärten Rechtsfrage abhängt oder wenn der vom Beteiligten vertretene Rechtsstandpunkt zumindest vertretbar erscheint (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 22.1.2016 – 9 C 15.2201 – juris; B.v. 4.12.2017 – 9 C 17.2034 – juris m.w.N.). Zwar dürfen im Rahmen der Prüfung hinreichender Erfolgsaussichten nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO die eigentliche Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht aus dem Hauptsacheverfahren in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorverlagert und die Anforderungen nicht überspannt werden (BVerfG, B.v. 28.1.2013 – 1 BvR 274/12 – juris). Die Klärung problematischer Rechts- oder Tatsachenfragen hat grundsätzlich nicht im Prozesskostenhilfeverfahren, sondern im Hauptsacheverfahren zu erfolgen; sofern eine Beweiserhebung ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Klägers ausgehen wird, ist grundsätzlich Prozesskostenhilfe zu gewähren BVerfG, B.v. 28.8.2014 – 1 BvR 3001/11 – juris). Der Erfolg muss als Voraussetzung der Gewährung von Prozesskostenhilfe mithin nicht gewiss sein; es genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, die bereits gegeben ist, wenn ein Obsiegen ebenso infrage kommt wie ein Unterliegen (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 166 Rn. 26).
Nach diesen Maßstäben bietet die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage gegen die mit Bescheid der Beklagten vom 13. April 2021 ausgesprochene Zwangsgeldandrohung in Höhe von 2.000,00 EUR keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 13. April 2021 ist nach Aktenlage rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Gemäß Art. 29 Abs. 1 VwZVG können Verwaltungsakte, mit denen die Vornahme einer Handlung, Duldung oder Unterlassung gefordert wird, mit Zwangsmitteln vollstreckt werden. Als Zwangsmittel nennt das Gesetz in Absatz 2 Nr. 1 das Zwangsgeld und bestimmt in Absatz 3 Satz 1, dass das Zwangsmittel in angemessenem Verhältnis zu seinem Zweck stehen muss. Die Vollstreckung setzt voraus, dass der zu einer sonstigen Handlung, einer Duldung oder einer Unterlassung Verpflichtete seine Verpflichtung nicht rechtzeitig erfüllt (Art. 19 Abs. 2 VwZVG). Einzelheiten zum Zwangsgeld sind in Art. 31 VwZVG geregelt. Nach Art. 31 Abs. 1 VwZVG kann die Vollstreckungsbehörde, wenn die Pflicht zu einer Handlung nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit erfüllt wird, den Pflichtigen durch ein Zwangsgeld zur Erfüllung anhalten. Das Zwangsgeld beträgt mindestens 15,00 EUR und höchstens 50.000,00 EUR und soll das nach Ermessen zu schätzende wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen (Art. 31 Abs. 2 VwZVG). Art. 36 VwZVG regelt sodann die Androhung der Zwangsmittel. Nach Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG ist eine erneute Androhung eines Zwangsmittels – wie sie vorliegend gegeben ist – erst dann zulässig, wenn die vorausgegangene Androhung des Zwangsmittels erfolglos geblieben ist. Die Beitreibung des zunächst angedrohten Zwangsgeldes ist demgegenüber nicht Voraussetzung für die Androhung eines erneuten Zwangsgeldes, denn die Beugewirkung des Zwangsgeldes tritt bereits mit dessen Androhung ein (BayVGH, B.v. 12.1.2012 – 10 ZB 10.2439 – juris). Zwangsmittel können nur in der Form einer erneuten selbstständigen Androhung wiederholt und gegebenenfalls gesteigert werden. Nach Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG können sie so oft und so lange angewendet werden, bis die zu Grunde liegende Verpflichtung erfüllt ist.
Die Vorschrift des Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG schränkt die Anfechtung isolierter Zwangsgeldandrohungen, die nicht mit dem zugrundeliegenden Verwaltungsakt verbunden sind, wesentlich ein. Diese können nur insoweit angefochten werden, als eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst behauptet wird. Einwendungen gegen den unanfechtbaren Verwaltungsakt sind demnach ausdrücklich ausgeschlossen (BayVerfGH, E.v. 24.1.2007 – Vf. 50-VI-05 – BayVBl 2007, 306; OVG RhPf, U.v. 20.11.1996 – 8 A 13546/95 – NVwZ 1997, 1009). Möglich ist nur noch die Rüge von Rechtsverletzungen, die die gesetzlichen Voraussetzungen der Zwangsmittelandrohung als solche betreffen (vgl. etwa Art. 31, 36 VwZVG; BayVerfGH, E.v. 24.1.2007, a.a.O.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die weitere Zwangsgeldandrohung in Höhe von 2.000,00 EUR nicht zu beanstanden. Eine Rechtsverletzung durch die (erneute) Androhung eines Zwangsgeldes ist hier nicht einmal ansatzweise ersichtlich. Insbesondere hat die Beklagte der Regelung des Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG Rechnung getragen, da der Kläger seiner Verpflichtung aus dem unanfechtbaren Grundlagenbescheid vom 13. Januar 2020 ungeachtet eines angedrohten und mit Schreiben vom 25. Januar 2021 für fällig erklärten Zwangsgelds in Höhe von 1.000,00 EUR bislang nicht nachgekommen ist. Die erneute, isolierte Zwangsgeldandrohung ist verhältnismäßig. Soweit der Kläger behauptet, grundsätzlich nicht in der Lage zu sein, das Zwangsgeld aufzubringen, ist dies nicht näher dargelegt worden und steht gerade nicht fest, weshalb das angedrohte Beugemittel nicht von vornherein als ungeeignet und damit als unverhältnismäßig anzusehen ist. Dagegen spricht im Übrigen die Möglichkeit der Beklagtenseite, für die Beitreibungsebene gegebenenfalls eine Ratenzahlung in Aussicht zu stellen. Eine Unverhältnismäßigkeit ergibt sich auch nicht in Anbetracht der Höhe des angedrohten Zwangsgelds; vielmehr liegt der Betrag in Höhe von 2.000,00 EUR im Bereich des Angemessenen.
Der Kläger hat gegen die Zwangsgeldandrohung keine substantiierten Einwendungen erhoben. Sein eigentlicher Haupteinwand, es liege keine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit i.S.v. Art. 54 Abs. 4 BayBO vor, richtet sich allein gegen den bauaufsichtlichen Grundlagenbescheid vom 13. Januar 2020 und hat damit nach den vorzitierten Maßstäben von vornherein unberücksichtigt zu bleiben. Soweit sich der Kläger ferner noch durch die „laufenden Bescheide“ der Beklagten in seiner Gesundheit beeinträchtigt sieht, vermag dies die Rechtswidrigkeit der Zwangsgeldandrohung ebenfalls ersichtlich nicht zu begründen.
Nach alldem fehlen der eingelegten Klage hinreichende Erfolgsaussichten, so dass der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen war.


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