Aktenzeichen 28 W 2118/16
GKG GKG § 68
Leitsatz
Verfahrensgang
5 O 28301/12 2016-07-21 Bes LGMUENCHENI LG München I
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Streithelferin Metall-Glasbau … GmbH gegen den Streitwertbeschluss des Landgerichts München I vom 21.07.2016, Az. 5 O 28301/12, wird verworfen.
2. Auf die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Streithelferin … Dipl.-Ing. P. M. Ingenieurgesellschaft für … mbH wird der Streitwertbeschluss des Landgerichts München I vom 21.07.2016, Az. 5 O 28301/12, in Ziffer III dahingehend abgeändert, dass der Streitwert in Bezug auf die Streithelferin … Dipl.-Ing. P. M. Ingenieurgesellschaft für technische … mbH für die 1. Instanz auf 395.645,25 € festgesetzt wird.
Gründe
I.
Die Klägerin hat die Beklagte auf Kostenvorschuss wegen behaupteter Baumängel bei der Errichtung der streitgegenständlichen Wohnanlage in Anspruch genommen.
Die Beklagte, die die streitgegenständliche Wohnanlage als Bauträgerin errichtet hat, hat mit Schriftsatz vom 25.02.2013 (Bl. 47/48 d.A.) der … Dipl.-Ing. P. M. Ingenieurgesellschaft für technische … mbH, die mit Planungsleistungen hinsichtlich Schallschutz, Bauakustik, Wärmeschutz sowie Bauphysik für das Bauvorhaben beauftragt worden war, den Streit verkündet. Sie begründete dies damit, dass sie für den Fall des Obsiegens der Klägerin gegen die Streitverkündete Ansprüche wegen mangelhafter Planungsleistungen innehätte. Entsprechende Ansprüche der Beklagten könnten sich vor allem bei einer Bestätigung der in der Klageschrift aufgeführten Mängelpositionen MP 004, MP 007, MP 011, MP 027, MP 063, MP 065, MP 068, MP 167/168, MP 175, MP 194, MP 196, Zusatz (siehe insoweit S. 33 der Klageschrift; generelle Fassadenmängel) ergeben.
Die … Dipl.-Ing P. M. Ingenieurgesellschaft für technische … mbH ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin mit Schriftsatz vom 14.03.2013 (Bl. 58 d.A.) beigetreten und hat sich dem Antrag der Klägerin angeschlossen (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.04.2016, S. 4 = Bl. 653 d.A.).
Mit Schriftsatz vom 20.03.2013 (Bl. 72/73 d.A.) hat die Beklagte der Metall-Glasbau … GmbH, die mit Metall- und Fensterbauarbeiten an dem streitgegenständlichen Bauvorhaben beauftragt worden war, den Streit verkündet. Sie begründete dies damit, dass sie für den Fall des Obsiegens der Klägerin gegen die Streitverkündete Ansprüche wegen mangelhafter Bauausführung innehätte. Entsprechende Ansprüche der Beklagten könnten sich vor allem bei einer Bestätigung der in der Klageschrift aufgeführten Mängelpositionen MP 007, MP 021, MP 184, MP 269 mit MP 272 ergeben.
Die Metall-Glasbau … GmbH ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten mit Schriftsatz vom 10.04.2013 (Bl. 85/86 d.A.) beigetreten und hat sich dem Klageabweisungsantrag der Beklagten angeschlossen (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.04.2016, S. 4 = Bl. 653 d.A.).
Das Landgericht hat in dem am 31.05.2016 verkündeten Urteil den Streitwert einheitlich auf 395.645,25 € festgesetzt.
Mit Beschluss vom 21.07.2016 (Bl. 769/773) hat das Landgericht u.a. hinsichtlich der Streithelferin … Dipl.-Ing. P. M. Ingenieurgesellschaft für technische … mbH und hinsichtlich der Streithelferin Metall-Glasbau … GmbH eine gesonderte Streitwertfestsetzung vorgenommen. Es setzte den Streitwert in Richtung der Streithelferin … Dipl.-Ing. P. M. Ingenieurgesellschaft für … mbH auf 181.736,80 € fest. In Richtung der Streithelferin Metall-Glasbau … GmbH setzte es den Streitwert auf 12.685,99 € fest. Der Gegenstandswert i.S.v. § 33 RVG sei nach dem Umfang der jeweiligen Streitverkündung zu bestimmen, die für die Streithelferinnen jeweils konkrete Mangelpunkte enthalte.
Zur Frage der Streitwertfestsetzung für die Streithelfer hatte die Klägerin zuvor mit Schriftsatz vom 11.07.2016 (Bl. 753/754) Stellung genommen.
Gegen den Beschluss des Landgerichts vom 21.07.2016 wendet sich der Beschwerdeführer, der Prozessbevollmächtigte der Firma … Dipl.-Ing. P. M. Ingenieurgesellschaft für technische … mbH, mit seiner Beschwerde vom 27.07.2016 (Bl. 783/785 d.A.). Da die Streitverkündung gegenüber der Firma … Dipl.-Ing. P. M. Ingenieurgesellschaft für technische…. mbH unbeschränkt erfolgt sei und sich damit auf das gesamte Verfahren erstreckt habe, gelte der in der Hauptsache festgesetzte Streitwert auch für die Streithelferin.
Gegen den Beschluss des Landgerichts vom 21.07.2016 wendet sich auch die Beschwerdeführerin Firma Metall-Glasbau … GmbH mit ihrer Beschwerde vom 27.07.2016 (Bl. 776/777 d.A.). Da die Streitverkündung gegenüber der Firma Metall-Glasbau … GmbH unbeschränkt erfolgt sei und sich damit auf das gesamte Verfahren erstreckt habe, gelte der in der Hauptsache festgesetzte Streitwert auch für die Streithelferin.
Das Landgericht hat der Streitwertbeschwerde der Beschwerdeführerin Metall-Glasbau … GmbH mit Beschluss vom 28.07.2016 (Bl. 779/780 d.A.) nicht abgeholfen.
Mit Beschluss vom 01.08.2016 (Bl. 787/788 d.A.) hat das Landgericht auch der Streitwertbeschwerde des Prozeßbevollmächtigten der Firma … Dipl.-Ing. P. M. Ingenieurgesellschaft für technische … mbH nicht abgeholfen.
II.
Die sofortige Beschwerde der Firma Metall-Galsbau … GmbH ist zu verwerfen, da sie mangels Beschwer unzulässig ist.
1. Ausweislich des Schriftsatzes vom 27.07.2016 (Bl. 776/77 d.A.) wurde die Beschwerde ausdrücklich namens und im Auftrag der Streithelferin Firma Metall-Glasbau … GmbH erhoben.
Eine Partei kann nach allgemeiner Meinung in Rechtssprechung und Schrifttum eine Streitwertfestsetzung jedoch nur mit dem Ziel der Herabsetzung, nicht aber der Erhöhung anfechten (BGH NJW-RR 1986, 737; WuM 2012, 114; OLG München, JurBüro 1983, 890 und Beschl. v. 07.07.1999 3 W 1987/99 sowie Beschl. v. 27.03.2014 – 10 W 411/14; OLG Koblenz, JurBüro 2002, 310; OLG Brandenburg, MDR 2005, 47; Hartmann, Kostengesetze, 43 Aufl., § 68 GKG Rn. 5).
An der Erhöhung des Streitwerts hat eine Partei regelmäßig kein schutzwürdiges Interesse.
Anhaltspunkte dafür, dass der Streithelfer im konkreten Fall anders als eine Partei zu behandeln sein sollte, ergeben sich weder aus dem Vortrag der Beschwerdeführerin noch aus den Umständen.
2. Zwar kann ein Anwalt im eigenen Namen eine sog. Erhöhungsbeschwerde gem. § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG einlegen, weil er beschwert ist, wenn das Gericht den Wert zu niedrig festgesetzt hat (BGH NJW-RR 1986, 737; BayObLG WoM 1992, 334; BayObLGZ 2003, 87; OLG Köln, NJW-RR 1999, 1303; OLG München, Beschl. V. 07.07.1999 – 3 W 1987/99; Meyer, GKG, 11. Aufl., § 68 Rn. 7; Hartmann, a.a.O. § 68 GKG Rn. 5 und § 32 RVG Rn. 14) Dies gilt jedoch nicht, wenn er, wie hier, namens seines Mandanten handelt (Binz/Dörndorfer/Zimmermann, a.a.O., § 68 Rn. 17).
III.
Auf die zulässige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Streithelferin … Dipl.-Ing. P. M. Ingenieurgesellschaft für technische … mbH hin ist der Streitwert für die erste Instanz in Richtung der Streithelferin … Dipl.-Ing. P. M. Ingenieurgesellschaft für technische … mbH auf 395.645,25 € abzuändern.
1. Die gem. §§ 63 Abs. 1, 68 Abs. 1 GKG statthafte Beschwerde ist zulässig.
Insbesondere ist sie statthaft, da sie der Prozessbevollmächtigte der Streithelferin … Dipl.-Ing. P. M. Ingenieurgesellschaft für technische … mbH im eigenen Namen erhoben hat. Die Beschwerde wurde innerhalb der Frist des § 68 Abs. 1 S. 3, 63 GKG eingelegt. Die Beschwerdeschrift entspricht den Anforderungen des § 569 Abs. 2 ZPO.
2. In der Sache ist die Streitwertbeschwerde begründet.
a) Der Streitwert ist entsprechend dem mit der Klage verfolgtem Interesse gem. §§ 48 ff. GKG, 3 ZPO nach freiem Ermessen zu bestimmen (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 3 Rn. 2).
Streitig ist, wie das Interesse im Fall der Streithilfe zu bewerten ist.
Es werden hierzu im Wesentlichen zwei Meinungen vertreten.
aa) Nach einer Ansicht kommt es – unabhängig von den gestellten Anträgen – auf das zu schätzende wirtschaftliche Interesse des Streithelfers an (so z.b. OLG Köln MDR 2004, 1025; OLG Stuttgart OLGR Stuttgart 2002, 55; KG Berlin, NJW-RR 2003, 133; OLG Rostock Beschluss vom 24.10.209 – 3 W 50/08, IBR 2010, 1023; Zöller/Herget, a.a.O., § 3 Rn. 16 Nebenintervention).
bb) Nach anderer Ansicht deckt sich der Streitwert der Nebenintervention mit dem Wert der Hauptsache jedenfalls dann, wenn sich der Streithelfer den Anträgen der unterstützten Partei angeschlossen hat (so jedenfalls BGH Beschluss v. 11.12.2012, Az. II ZR 233/09; OLG München Beschluss v. 29.01.2010 – 13 W 634/10, IBR 2011, 121; OLG München Beschluss v. 19.09.2016 – 9 W 1577/16 Bau; OLG Hamm Beschluss v. 4.5.2011 – 20 W 4/11, Runds. 2013, 632; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 37. Auflage, § 3 Rn. 108).
cc) Der Senat vertritt hierzu die Auffassung, dass für die Höhe des Streitwerts der Nebenintervention das Interesse des Streithelfers am Ausgang des Rechtsstreits – nicht etwa von vorneherein und ohne weiteres nur dessen wirtschaftliches Interesse außerhalb des Rechtsstreits – als maßgeblich anzusehen ist. Dabei ist der Umfang der Streitverkündung und das jeweilige Interesse der Streithelfer am Obsiegen der Hauptpartei zu Grunde zu legen und im Kern auf den Wert der vom Streithelfer erbrachten Leistung abzustellen, soweit diese für die Mängelbehauptung relevant ist (Senat in st. Rspr., u.a. Beschluss v. 24.04.2007 – 28 W 1334/07, JurBüro 2007, 426, Beschluss v. 09.11.2009 – 28 W 1975/09, IBR 2010, 191, Beschluss vom 31.01.2011, 28 W 2759/10).
b) Danach ist vorliegend der Streitwert der Streithilfe mit 395.645,25 € zu bemessen.
aa) Zwar beläuft sich vorliegend das Regressrisiko der Streithelferin möglicherweise nur auf 181.736,80 € €. Gleichwohl war für die Streithelferin der Klägerin von Interesse, dass die Klage erfolgreich ist und der Klage in vollem Umfang stattgegeben wird.
bb) Denn der Streithelferin wurde umfänglich und nicht begrenzt auf einzelne Aspekte der Streit verkündet.
Zwar hat die Beklagte in dem Streitverkündungsschriftsatz vom 25.02.2013 (Bl. 47/48 d.A.) zur Begründung ihres Anspruchs wegen mangelhafter Planungsleistung einzelne Mängel genannt. Sie hat dabei jedoch ihren Anspruch vor allem auf die genannten Mängel gestützt, aber gerade nicht ausschließlich. Vielmehr hat sie die einzelnen Mängel exemplarisch und nach dem Wortlaut nicht abschließend aufgeführt. Sie hat den Streit damit unbeschränkt verkündet.
cc) Die Streithelferin hat sich im Verfahren den Anträgen der unterstützten Partei angeschlossen und damit diese vollständig unterstützt. Anhaltspunkte dafür, dass die Streithelferin die Klägerin nur hinsichtlich eines Teils unterstützen wollte, ihr Interesse also hinter dem der Hauptpartei zurückblieb, sind nicht gegeben. Weder wurde der Beitritt beschränkt, noch lediglich ein eingeschränkter Antrag gestellt, noch sonst wie zum Ausdruck gebracht, dass sich das Vorbringen auf das eigene Interesse (Regressrisiko) beschränken sollte.
c) Aufgrund des umfassenden Entscheidungsinteresses der Streithelferin scheidet vorliegend ein Abweichen Streithelferstreitwerts vom Streitwert der Hauptsache aus. Es verbleibt daher auch für die Streithelferin bei dem Streitwert der Hauptsache.
IV.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Verfahren nach § 68 Abs. 3 GKG ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.