Kosten- und Gebührenrecht

Erinnerung gegen die Kostenrechnung

Aktenzeichen  M 5 M 20.3059, M 5 M 20.3058

Datum:
18.8.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 21869
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 39, § 66 Abs. 1 S. 1
VwGO § 93

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Verfahren M 5 M 20.3058 und M 5 M 20.3059 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Erinnerungen werden zurückgewiesen.

Gründe

I.
Mit Schriftsatz vom … Januar 2020, eingegangen beim Verwaltungsgericht Berlin am 3. Januar 2020, hat die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt beantragt,
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Stellen von zwei Vorsitzenden Richterinnen am Bundespatentgericht mit den ausgewählten Bewerberinnen zu besetzen, bevor nicht zwei Wochen nach Entscheidung über den Widerspruch vergangen sind bzw. das Widerspruchsverfahren sich in sonstiger Form erledigt.
Mit Beschluss vom 15. Januar 2020 erklärte sich das Verwaltungsgericht Berlin für örtlich unzuständig und verwies die Streitsache an das Verwaltungsgericht München. Hier wurde das Verfahren zunächst unter dem Aktenzeichen M 5 E 20.241 geführt.
Mit Beschluss vom 5. Februar 2020 wurden die beiden ausgewählten Bewerberinnen zum Verfahren beigeladen. Mit weiterem Beschluss vom 7. Februar 2020 wurde das Verfahren betreffend die Besetzung einer Stelle mit einer anderen Bewerberin von diesem Verfahren abgetrennt und unter dem Aktenzeichen M 5 E 20.468 fortgeführt.
Der Antrag mit dem Aktenzeichen M 5 E 20.241 wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 17. April 2020 abgelehnt, die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen. Dieser Beschluss ist rechtskräftig.
Der unter dem Aktenzeichen M 5 E 20.468 geführte Antrag wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 18. Mai 2020 abgelehnt, die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen. Hiergegen wurde Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (6 CE 20.1351) eingelegt, über die – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden ist.
Im Verfahren M 5 E 20.241 erließ die Urkundsbeamtin am 8. Juni 2020 eine Kostenrechnung über 501,50 EUR. Darin wird von der Antragstellerpartei eine Verfahrensgebühr 1. Instanz (1,5-facher Satz) aus einem Streitwert von 51.948,78 Anteil: 50% in Höhe von 499,50 EUR gefordert sowie eine Dokumentenpauschale (4 Kopien) in Höhe von 2,– EUR.
Im Verfahren M 5 E 20.468 erließ die Urkundsbeamtin ebenfalls am 8. Juni 2020 eine Kostenrechnung über 499,50 EUR. Darin wird von der Antragstellerpartei eine Verfahrensgebühr 1. Instanz (1,5-facher Satz) aus einem Streitwert von 51.948,78 Anteil: 50% in Höhe von 499,50 EUR gefordert.
Mit gleichlautenden Schriftsätzen vom 22. Juni 2020 legte der Bevollmächtigte der Antragspartei in beiden Verfahren Erinnerung gegen die Kostenrechnungen ein. Der Streitwert sei in jedem Verfahren auf 25.974,39 EUR festgesetzt worden. Die Kostenrechnungen gingen von einem unzutreffenden Streitwert in Höhe von 51.948,78 EUR aus.
Die Urkundsbeamtin half der Erinnerung nicht ab und legte sie dem Gericht zur Entscheidung vor. Sie vertritt die Ansicht, dass die Verfahrensgebühr (Nr. 5210 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz) mit dem Zeitpunkt des Eingangs des Antrags entstehe. Zu diesem Zeitpunkt seien zwei Stellen in einem Antrag streitbefangen gewesen. Daran ändere sich durch die Abtrennung nichts. Die Verfahrensgebühr sei aus dem Gesamtstreitwert des ursprünglichen und abgetrennten Verfahrens anteilig zur Hälfte zu berechnen.
Der Antragsgegner hat sich zum Verfahren nicht geäußert.
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Akten der vorliegenden Verfahren sowie die Beschlüsse vom 17. April 2020 im Verfahren M 5 E 20.241 und vom 18. Mai 2020 im Verfahren M 5 E 20.468 verwiesen.
II.
1. Es ist prozessual sinnvoll, die beiden Verfahren M 5 M 20.3058 und M 5 M 20.3059 zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden (§ 93 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO).
2. Die Erinnerungen – über die nach § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 des Gerichtskostengesetzes/GKG ein Mitglied des Gerichts als Einzelrichter entscheidet – sind unzulässig. Denn es fehlt an einer Beschwer der Antragstellerpartei.
Mit der Erinnerung können Einwendungen erhoben werden, die sich gegen den Kostenansatz selbst richten (§ 66 Abs. 1 S. 1 GKG), also gegen den Ansatz einzelner Kosten oder deren Höhe.
a) Aus den Kostenrechnungen kann keine Beschwer (vgl. VG München, B.v. 18.12.2018 – M 8 M 18.5440 – juris Rn. 23; Zimmermann in Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 4. Aufl. 2019, § 66 GKG Rn. 29;) für die Antragstellerpartei abgeleitet werden. Aus den Schriftsätzen des Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 22. Juni 2020 geht hervor, dass er den von der Urkundsbeamtin für die Berechnung der Verfahrensgebühr herangezogenen Streitwert in Höhe von 51.948,78 EUR für unzutreffend hält, da in den Beschlüssen vom 17. April 2020 (M 5 E 20.241) und 18. Mai 2020 (M 5 E 20.468) jeweils ein Streitwert von 25.974,39 EUR festgesetzt worden war.
Die von der Urkundsbeamtin vorgenommene Berechnung für die von der Antragstellerpartei zu zahlenden Gerichtskosten stellt die für den Kostenpflichtigen günstigste Variante dar.
Eine Gebühr aus einem Streitwert vom 51.948,78 EUR beträgt nach Anlage 2 zum Gerichtskostengesetz 666 EUR, die 1,5-fache Gebühr 999 EUR. Diesen Betrag hat die Kostenbeamtin in den streitgegenständlichen Kostenrechnungen jeweils zur Hälfte im Verfahren M 5 E 20.241 und M 5 E 20.468 als zu erstattende Gerichtskosten festgesetzt. In jedem Verfahren wurden damit 499,50 EUR an Gerichtskosten von der kostenpflichtigen Partei gefordert.
Würde – wie von Antragstellerseite geltend gemacht – die Verfahrensgebühr aus dem in jedem Verfahren festgesetzten Streitwert von 25.974,39 EUR selbständig berechnet, fiele für jedes Verfahren eine 1,5-fache Gebühr aus einem Streitwert von 25.974,39 EUR an. Dieser Streitwert ist mit einem einfachen Wert von 406 EUR belegt, der 1,5-fache Wert beträgt damit 604 EUR. Die von der Antragstellerpartei angeregte Berechnung wäre damit für diese ungünstiger.
b) Vor diesem Hintergrund muss nicht entschieden werden, ob gegen die Berechnungsmethode der Urkundsbeamtin rechtliche Einwände bestehen könnten. Für den Standpunkt, dass die Verfahrensgebühr aus dem Streitwert vor der Trennung von Verfahren zu berechnen ist, mag sprechen, dass die Anhängigkeit des Verfahrens der maßgebliche Zeitpunkt für das Entstehen der Verfahrensgebühr (Nr. 5210 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz) ist (so: Schindler in Dörndorfer/Neie/Wendtland/Gerlach, Beck OK Kostenrecht, Stand: 1.6.2020, § 39 GKG Rn. 24; Elzer in Hartmann/Toissant, Kostenrecht, 50. Auflage 2020, Anhang I zu § 48 GKG „Trrennung“; OLG Dresden, B.v. 16.1.2019 – 8 W 8/19 – MDR 2019, 510, juris Rn. 8). Andererseits ist zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kein Streitwert für die zunächst in einem Antrag geltend gemachten Konkurrentenanträge bezüglich der Besetzungsentscheidung von zwei Stellen durch das Gericht festgesetzt wurde. Hier könnte die in der Rechtsprechung der Finanzgerichte verbreitete Ansicht zum Tragen kommen, dass im Fall der Verfahrenstrennung kostenrechtlich davon auszugehen sei, dass von Anfang an mehrere Verfahren vorgelegen hätten. Entsprechend sei dann für jeden Verfahrensteil rückwirkend auf den Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung ein Einzelstreitwert auszuwerfen, aus dem sich die Gerichtsgebühren berechnen (Finanzgericht Baden-Württemberg, B.v. 7.3.2014 – 8 KO 3052/12 – juris Rn. 18 m.w.N.).
c) Andere Unrichtigkeiten der Kostenrechnungen sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019 § 151 Rn 6), da das Verfahren gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden (§ 66 Abs. 8 GKG).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar. Erst ab einer Beschwer von 200,– EUR ist eine Beschwerde gegen diesen Beschluss statthaft (§ 66 Abs. 2 Satz 1 GKG). Für eine Beschwer ist nichts ersichtlich, da die von der Urkundsbeamtin gewählte Berechnung – die mit diesem Beschluss aufrecht erhalten bleibt – die Variante mit den geringsten Gerichtskosten für die kostenpflichtige Antragstellerpartei darstellt.


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