Kosten- und Gebührenrecht

Erstattung von Kosten im Widerspruchsverfahren

Aktenzeichen  L 7 AS 131/21 NZB

Datum:
17.2.2022
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 4653
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB X § 63 Abs. 1

 

Leitsatz

Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten hat der Widerspruchsführer konkret nachzuweisen.

Verfahrensgang

S 11 AS 463/19 KO 2021-02-10 Urt SGLANDSHUT SG Landshut

Tenor

I. Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 10. Februar 2021 wird zurückgewiesen.
II. Der Beschwerdeführer trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdegegners.

Gründe

I.
Im erstinstanzlichen Klageverfahren war streitig die Höhe der zu erstattenden Aufwendungen des Klägers und Beschwerdegegners (Kläger) im Widerspruchsverfahren.
Mit Schreiben vom 29.1.2018 beantragte der Kläger eine Heizungsbeihilfe in Höhe von 505 €. Mit Bescheid vom 31.1.2018 bewilligte der Beklagte und Beschwerdeführer (Beklagter) 274 €. Mit Schreiben vom 4.2.2018 legte der Kläger mittels Einschreiben und Rückschein Widerspruch ein. Aus dem in den Akten befindlichen Briefumschlag geht hervor, dass der Kläger hierfür ein Briefporto von 6,10 € entrichtet hat. Der Widerspruch umfasste 6 Seiten Begründung sowie weitere 3 Seiten mit Angeboten für Hartholzbriketts. Dem Widerspruch half der Beklagte mit Abhilfebescheid vom 19.2.2018 in vollem Umfang ab. Ferner teilte er mit, dass die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten erstattet werden, soweit sie notwendig waren und nachgewiesen werden.
Am 14.3.2018 beantragte der Kläger die Erstattung von insgesamt 19,10 € (5,25 € für Einschreiben und Rückschein ohne Kassenbeleg; 6,10 € für Einschreiben und Rückschein für den Eilantrag vom 15.2.2018 zum Sozialgericht wegen des nicht verbeschiedenen Widerspruchs; 5,25 € für ein Einschreiben und Rückschein für die Rücknahme des Eilantrags; 2,50 € geschätzte Kosten für Büromaterialien wie Briefumschläge, Kopierpapier, anteilige Druckerpatronen für Ausdruck, anteilig Datenvolumen Internetrecherchen über LTE) .
Mit streitigem Bescheid vom 11.4.2019 erstattete der Beklagte 1,45 €. Die Widerspruchseinlegung mit einfachem Standardbrief wäre ausreichend gewesen. Die Kosten für Büromaterialien seien nicht nachgewiesen. Den dagegen gerichteten Widerspruch vom 6.5.2019, in welchem die geforderte Erstattungssumme nunmehr auf 22,10 € wegen der erforderlichen Erinnerungen an die Kostenfestsetzung infolge behördlicher Untätigkeit erhöht wurde, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.5.2019 als unbegründet zurück.
Auf die hiergegen erhobene Klage verurteilte das Sozialgericht Landshut den Beklagten zur Erstattung von weiteren 9,65 € und wies die Klage im Übrigen als unbegründet ab. Angesetzt wurden für das Einschreiben mit Rückschein, wie auf dem Umschlag ausgewiesen, Portogebühren von 6,10 € sowie 0,50 € für jede Seite einschließlich des Briefumschlags, insgesamt 11,10 €. Von diesem Betrag wurden die bereits erstatteten 1,45 € abgezogen. Das Einschreiben diene dem Nachweis des Zugangs des Widerspruchs und sei nicht unverhältnismäßig. Häufig werde auch über den Zugang von Schriftstücken gestritten. Für die Anfertigung von Kopien und Ausdrucken würden nach § 7 Abs. 2 JVEG 0,50 € ersetzt. Diese Vorschrift sei entsprechend anzuwenden. Für die Anwendung spreche auch, dass der Beklagte über § 25 Abs. 5 Satz 3 SGB X Kosten für Ausdrucke geltend machen könne. Als Orientierung könne, sofern keine eigenen Arbeitsanweisungen der Behörde bestünden, das RVG Anlage 1 Teil 7 herangezogen werden. Dort seien ebenfalls 0,50 € für die ersten 50 Seiten vorgesehen. Das Urteil wurde dem Beklagten am 16.2.2021 und dem Kläger am 17.2.2021 zugestellt.
Am 16.3.2021 legte der Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde ein. Die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung, weil die Rechtsfrage, welche Voraussetzungen Naturalbeteiligte zu erfüllen haben bzw. welche Nachweise zu erbringen seien, um Kosten des Verfahrens erstattet verlangen zu können, höchstrichterlich noch nicht entschieden sei. Der Beklagte habe ein abstraktes Interesse an der Klärung der Rechtsfrage, da in einer Vielzahl von Fällen Naturalbeteiligte betroffen seien. § 63 SGB X begründe nur den Anspruch auf Erstattung konkreter und tatsächlich entstandener und nachgewiesener Einzelkosten des Widerspruchsführers. Zudem sei das Gebot einer sparsamen Prozessführung zu beachten.
Erstattungsfähig seien danach nur solche Aufwendungen, die Beteiligte zur Zeit der Vornahme verständlicherweise für notwendig halten durften. Jeder Verfahrensbeteiligte habe die Pflicht, die Kosten nach Möglichkeit gering zu halten. Es stünden günstigere Postzustellmöglichkeiten, wie zum Beispiel ein Einwurfeinschreiben zur Verfügung. Der Auslieferungsbeleg diene nach der Rechtsprechung des BGH als Nachweis, dass das Einschreiben beim Empfänger eingeworfen worden sei. Der Kläger habe keine Nachweise für Papier und Briefumschlag vorgelegt. Es fehle ein unmittelbarer Verfahrensbezug, da in einem durchschnittlichen Haushalt Papier und Briefumschlag vorrätig seien. Für eine pauschale Erstattung von Aufwendungen ohne Nachweis mangle es an einer gesetzlichen Grundlage. Die analoge Anwendung des JVEG komme nicht in Betracht, da der Kläger nicht in dessen Anwendungsbereich falle. Eine vergleichbare Regelung zu § 191 SGG fehle. Dies sei eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung. Eine Regelungslücke bestehe nicht.
Mit Schreiben vom 20.4.2021 beantragte der Kläger zunächst die Abweisung der Nichtzulassungsbeschwerde. Mit Schreiben vom 16.6.2021, 19.6.2021, 27.6.2021 und 6.9.2021 nahm er seinen Antrag auf Abweisung der Nichtzulassungsbeschwerde ausdrücklich zurück und beantragte stattdessen „die Zulassung der Nichtzulassungsbeschwerde“. Auch auf Seiten der Leistungsempfänger bestehe ein berechtigtes Interesse an der Klärung der strittigen Rechtsfragen und es bestehe eine grundsätzliche Bedeutung. Der Beklagte habe in grob fahrlässiger Weise eine vermeidbare akute Notsituation heraufbeschworen. Der Kläger legte in seinen Schreiben desweiteren umfangreich die Notwendigkeit des von ihm geführten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens, als auch die Notwendigkeit der von ihm geltend gemachten Kosten im Detail dar. Nach seiner Auffassung sind Pauschalierungen rechtlich zulässig. Sie hätten eine für alle Beteiligte verfahrensvereinfachende, zeit- und kostensparende Wirkung. Das Erfordernis von Einzelnachweisen sei unzumutbar und unverhältnismäßig. Ein Einschreiben mit Rückschein sei wegen des Zugangsnachweises erforderlich. Beigefügt waren Rechnungen von büroshop24 von 2017 bis 2019 und von Telekom vom 20.2.2018.
Auf die gerichtlichen Schreiben vom 9.12.2021, 23.12.2021 und 11.1.2022 teilte der Kläger mit Schreiben vom 15.12.2021, 2.1.2022 und 26.1.2022 mit, dass er selbst keine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt habe. Gleichwohl sei er der Auffassung, dass die durch den Beklagten im Rahmen dessen Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfenen Fragen auch für die Leistungsberechtigten von grundsätzlicher Bedeutung seien. Der Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten sei daher stattzugeben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 10.2.2021 zuzulassen.
Der Kläger beantragt ausdrücklich,
der Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten stattzugeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten des Sozialgerichts und des Beklagten Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 SGG fristgerecht eingelegte Beschwerde des Beklagten ist unbegründet.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes einer Klage, die wie hier eine Geldleistung betrifft, insgesamt 750 € nicht übersteigt. Dieser Gegenstandswert wird nicht erreicht. Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 9,65 €.
Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten ist ausschließlich die Frage, ob ein Zulassungsgrund vorliegt, der nach § 144 Abs. 2 SGG die Zulassung der Berufung rechtfertigt.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn
1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Der Beklagte macht ausschließlich eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend betreffend die Notwendigkeit einer Übermittlung des Widerspruchs mit Einschreiben und Rückschein und die pauschalierte Kostenerstattung für Schreibpapier und Briefumschlag.
Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG ist gegeben, wenn die Streitsache – über den Einzelfall hinaus – eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei das Vorliegen eines Individualinteresses nicht ausreichend ist (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar,13. Auflage 2020, § 144 Rn 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand von Rechtsprechung und Literatur nicht ohne weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (Meyer-Ladewig, a.a.O. § 160 Rn 8 ff).
Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist vorliegend zu verneinen. Eine abstrakte Klärungsbedürftigkeit liegt nicht vor. Die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen natürlichen Personen ohne Bevollmächtigten Kosten im Widerspruchsverfahren zu erstatten sind, ergibt sich aus dem Gesetz und nach dem Stand von Rechtsprechung und Literatur. Auch aus den umfangreichen Darlegungen des Klägers, insbesondere zur Unzumutbarkeit und Unverhältnismäßigkeit des Einzelnachweises resultiert keine klärungsbedürftige Rechtsfrage. Allein ein Interesse der Leistungsberechtigten an dieser Rechtssache rechtfertigt nicht die Annahme einer grundsätzlichen, über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung der Angelegenheit.
Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist.
Wie sich aus seiner amtlichen Überschrift ergibt, betrifft § 63 SGB X die „Erstattung von Kosten im Vorverfahren“. Da Absatz 1 Satz 1 dieser Vorschrift dem gleichlautenden § 80 Abs. 1 Satz 1 VwVfG nachgebildet worden ist (vgl. dazu die Begründung des Gesetzentwurfs zum SGB – Verwaltungsverfahren, BT-Drucks 8/2034 S. 36 zu § 61 des Entwurfs), der wiederum an den weitgehend mit § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 193 Abs. 2 SGG übereinstimmenden § 162 Abs. 1 VwGO anknüpft (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs zum VwVfG, BT-Drucks 7/910 S. 91 zu § 76 des Entwurfs), ist davon auszugehen, dass die Grenzen der Erstattungsfähigkeit von Kosten in § 63 SGB X grundsätzlich nicht weitergezogen sind als in den genannten Regelungen der anderen Verfahrensordnungen. Mithin können die von der Rechtsprechung dazu entwickelten Grundsätze hier entsprechend angewandt werden (BSG vom 25.11.1999, B 13 RJ 23/99 R).
„Aufwendungen“ ist ein Oberbegriff. Dazu gehören Gebühren aufgrund eines Gebührengesetzes und Auslagen (vgl. Schütze, SGB X, 9. Auflage 2020, § 63 Rn 15). Erstattungsfähig sind die tatsächlich entstandenen Auslagen; hierzu zählen Kosten, die für die Vorbereitung und Durchführung des Vorverfahrens entstanden sind, wie z.B. Postgebühren, Fotokopien, Übersetzungen, beschaffte Urkunden (vgl. Knickrehm/Kreikebohm/ Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 7. Auflage 2021, § 63 Rn 6). Erstattet werden die Aufwendungen, die ein verständiger, weder besonders ängstlicher noch besonders unbesorgter Beteiligter im Hinblick auf die Bedeutung sowie rechtliche oder sachliche Schwierigkeit der Sache, die Gegenstand des Verfahrens ist, vernünftigerweise für erforderlich halten durfte. Es gilt aber auch hier der Grundsatz, dass jeder Verfahrensbeteiligte die Pflicht hat, die Kosten im Rahmen des Verständigen nach Möglichkeit niedrig zu halten -Verbilligungsgrundsatz- (vgl. Schütze, a.a.O., Rn 16).
Der sog. Verbilligungsgrundsatz ist nicht in dem Sinne zu verstehen, dass gleichsam automatisch stets die kostengünstigste Alternative gewählt werden muss. Maßstab ist vielmehr, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im damaligen Zeitpunkt als sachdienlich ansehen durfte (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 40. Auflage 2019, § 91 Rn 9). Von diesem Grundsatz geht auch der BGH in seiner Entscheidung 2.5.2007, XII ZB 156/06, Rn 12, aus. Danach ist jede Prozesspartei verpflichtet, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle ihres Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt.
Bei einer objektivierten ex-ante-Betrachtung ist die Wahl eines Übergabe-Einschreibens (mit Rückschein) für die Versendung eines fristwahrenden Widerspruchs als sachdienlich zu bewerten. Der erforderliche Zugang des Widerspruchs wird mit Hilfe des Rückscheins, in welchem die Übergabe des Schriftstücks durch den Empfänger bestätigt wird, im Vollbeweis nachgewiesen. Bei Behörden ist gerade nicht zu befürchten, dass sie den Zugang vereiteln. Demgegenüber ist der Beweiswert eines Einwurf-Einschreibens geringer und wird in der Rechtsprechung zudem unterschiedlich beurteilt. Während der BGH in seiner Entscheidung vom 22.9.2016, XII ZR 298/14 beim Einwurf-Einschreiben von einem Anscheinsbeweis hinsichtlich des Zugangs ausgeht, lehnen dies Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit mitunter ab (vgl. u.a. LAG Rheinland-Pfalz vom 23.9.2013, 5 Sa18/13; LAG Baden-Württemberg vom 17.9.2020, 3 Sa 38/19; Johann Ante, Der Zugangsnachweis bei Einwurf-Einschreiben, NJW 2020, 3487).
Ob dem Kläger die Kosten in Höhe von 6,10 € tatsächlich entstanden sind, ist eine Tatsachenfeststellung, die das Sozialgericht aufgrund des in den Beklagtenakten befindlichen Briefumschlags als erwiesen angesehen hat.
Die Frage, ob dem Kläger darüberhinaus ein Aufwendungsersatz gemäß § 63 Abs. 1 SGB X für die Verwendung von Schreibpapier und Briefumschlag in Form von Pauschalen zusteht, ist nicht klärungsbedürftig. Wie oben bereits dargelegt, sind die tatsächlichen entstandenen Auslagen erstattungsfähig, wie z.B. für Porto und Kopierkosten. Die Auslagen sind zu belegen, eine Vergütung von Pauschalbeträgen ist dagegen gesetzlich nicht vorgesehen (vgl. Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, Verwaltungsgerichtsordnung, 7. Auflage 2018, § 162 Rn 7; VG Frankfurt vom 31.7.2015, 9 O 2997/15.F, Rn 4). Eine Pauschalvergütung gemäß RVG oder JVEG ist nicht zulässig. Denn der Kläger unterfällt nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 RVG und § 1 JVEG. In § 191 SGG hat der Gesetzgeber eine gesetzliche Regelung geschaffen, die die Anwendung der Vorschriften des JVEG in bestimmten Fallkonstellationen auf Beteiligte, die natürliche Personen sind, ausdehnt. Hieraus ist zu schließen, dass der Anwendungsbereich in § 1 RVG und § 1 JVEG abschließend definiert worden ist und ein planwidrige Regelungslücke im Übrigen nicht besteht.
Soweit das Sozialgericht dem Kläger dennoch auf der Grundlage des JVEG bzw. RVG 4,50 € zugesprochen hat, ist die Entscheidung materiell-rechtlich unzutreffend. Allein die materiell-rechtliche Unrichtigkeit der Entscheidung führt jedoch nicht zur Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache.
Die Vorlage von Rechnungen im Beschwerdeverfahren rechtfertigt im Ergebnis keine abweichende Beurteilung der (fehlenden) grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit. Die materiell-rechtliche Frage, ob es dem Kläger nunmehr gelungen ist, einen konkreten Kostennachweis zu erbringen, ist im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens gerade nicht zu überprüfen und daher auch nicht entscheidungserheblich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Beschwerde des Beklagten ohne Erfolg blieb. Der Antrag des Klägers, auf die Beschwerde des Beklagten die Berufung zuzulassen, ist unzulässig. In Bezug auf die erfolgte Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 9,65 € ist der Kläger nicht beschwert. Für die Kostenentscheidung ist der unzulässige Antrag des Klägers im Ergebnis jedoch ohne Bedeutung. Denn über die Beschwerde des Beklagten war von Amts wegen auch ohne einen Antrag des Klägers zu entscheiden.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.


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