Kosten- und Gebührenrecht

Gebühr für Versagung eines kleinen Waffenscheins

Aktenzeichen  M 7 K 16.3006

Datum:
10.5.2017
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG WaffG § 6 Abs. 1, Abs. 2, § 10 Abs. 4 S. 4, § 50 Abs. 1
KG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 S. 1, Art. 8, Art. 16 Abs. 5

 

Leitsatz

Die Waffenbehörde ist gesetzlich verpflichtet, Tatsachen nachzugehen, die für die Annahme einer mangelnden persönlichen Eignung sprechen und ggf. dem Antragsteller aufzugeben, auf seine Kosten ein Eignungsgutachten beizubringen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Nach den Ausführungen in der Klageschrift, die keinen bestimmten Klageantrag enthält, und dem sonstigen Akteninhalt ist die Klage nach § 88 VwGO zweckgerecht als Anfechtungsklage im Sinne von § 42 Abs. 1 VwGO gegen Nummer 2 des Ablehnungsbescheides vom 29. Juni 2016 auszulegen, soweit die behördliche Kostenfestsetzung 29,64 EUR übersteigt, nämlich die vom Landratsamt der Klägerin in Aussicht gestellte Gebühr im Falle der Rücknahme ihres Antrags auf Erteilung eines kleinen Waffenscheins in Höhe von 25,- EUR zuzüglich der Auslagen in Höhe von 4,64 EUR. Denn der Einwand der Klägerin, dass ihr eine Antragsrücknahme zur Ermäßigung der Verwaltungsgebühr nicht ermöglicht worden sei, richtet sich ausschließlich gegen die Gebührenforderung für die förmliche Antragsablehnung, nicht aber gegen die Höhe der in Aussicht gestellten Rücknahmegebühr und gegen die Auslagen für die beiden angefallenen Postzustellungsaufträge gem. Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 KG. Die Kostenentscheidung, ein Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG (vgl. Rott/Stengel, Verwaltungskostenrecht, Stand: April 2016, Art. 12 Erl. 3), ist gem. Art. 12 Abs. 3 KG selbständig anfechtbar.
Die Gebührenfestsetzung des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Gebührenfestsetzung in Nummer 2 des insoweit angefochtenen Ablehnungsbescheides war § 50 Abs. 1 Waffengesetz – WaffG – in der zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides am 29. Juni 2016 und bis 13. August 2016 gültigen Fassung in Verbindung mit den landesrechtlichen Regelungen des Kostengesetzes – KG – (vgl. hierzu Rott/Stengel, aaO, Art. 1 Erl. I.; Gerlemann/Heinrich in Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 50 Rn 8) in Verbindung mit Nr. 2.II. 7/16 der Anlage 1 des Kostenverzeichnisses zum Kostengesetz – KVz – vom 12. Oktober 2001 (GVBl. S. 766). Nach § 50 Abs. 1 WaffG in der bis 13. August 2016 gültigen Fassung wurden für Amtshandlungen, Prüfungen und Untersuchungen nach dem Waffengesetz und nach hierauf beruhenden Rechtsvorschriften Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Desgleichen gilt nach Art. 1 Abs. 1 Satz 1 KG, dass die staatlichen Behörden für Tätigkeiten, die sie wie vorliegend in Ausübung hoheitlicher Gewalt vornehmen (Amtshandlungen), Kosten (Gebühren und Auslagen) nach den Vorschriften dieses Abschnitts des Kostengesetzes erheben. Die förmliche Versagung eines kleinen Waffenscheins stellt eine Amtshandlung nach dem Waffengesetz (§ 10 Abs. 4 Satz 4 WaffG i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 3 Nr. 2 und 2.1) dar. Zur Zahlung der Gebühr ist nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 KG verpflichtet, wer die Amtshandlung, wie hier die Klägerin durch einen entsprechenden Antrag, veranlasst hat. Die Höhe der Gebühren bemisst sich gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 KG nach dem Kostenverzeichnis (KVz). Nach Nr. 2.II.7/16 der Anlage 1 des Kostenverzeichnisses zum Kostengesetz beträgt der Gebührenrahmen für die Erteilung eines kleinen Waffenscheins 30,- bis 150,- EUR. Bei Ablehnung eines Antrags kann die für die beantragte Amtshandlung festzusetzende Gebühr gem. Art. 8 Abs. 1 Satz 1 KG bis auf ein Zehntel ermäßigt werden. Erfordert die Ablehnung der Amtshandlung einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand, kann die Gebühr bis zum doppelten Betrag der für die beantragte Amtshandlung festzusetzenden Gebühr erhöht werden (Art. 8 Abs. 1 Satz 2 KG). Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben, des sich aus den Akten ergebenden Verwaltungsaufwandes und der Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin ist die Höhe der vom Landratsamt vorgesehenen Ablehnungsgebühr von 100,- EUR, die sich innerhalb des gesetzlichen Rahmens bewegt, rechtlich nicht zu beanstanden. Auch kann gegen die Festsetzung der Gebühr nicht eingewandt werden, die Amtshandlung sei zu Unrecht erfolgt. Denn die Klägerin wandte sich mit ihrer Klage nicht gegen die Versagung des kleinen Waffenscheins und hat Nummer 1 des Ablehnungsbescheides nicht angefochten, so dass der Bescheid mit Ablauf der Klagefrist am 2. August 2016 insoweit bestandskräftig geworden ist. Ansonsten ist eine unrichtige Sachbehandlung durch die Behörde, die gem. Art. 16 Abs. 5 KG zu einer Kostenermäßigung führen könnte, nicht erkennbar. Insbesondere konnte die von der Klägerin am 28. Juni 2016 unterzeichnete Rücknahmeerklärung bei der Gebührenfestsetzung nicht mehr berücksichtigt werden, weil sie dem Landratsamt erst nach Erlass des Bescheides am 29. Juni 2016, nämlich am 11. Juli 2016, zugegangen ist.
In ihrer Klageschrift beanstandet die Klägerin auch nicht die Höhe der vom Landratsamt üblicherweise festgesetzten Gebühr für die Versagung eines kleinen Waffenscheins, sondern macht allein geltend, dass ihr nicht ausreichend Gelegenheit zur Vermeidung bzw. Ermäßigung dieser Gebühr gem. Art. 8 Abs. 2 und 3 KG durch Rücknahme ihres Antrags eingeräumt worden sei. Nach Art. 8 Abs. 2 KG sind im Falle der Rücknahme des Antrages – je nach dem Fortgang der Sachbehandlung – Gebühren von einem Zehntel bis zu drei Viertel der für die beantragte Amtshandlung festzusetzenden Gebühr, mindestens jedoch 15,- EUR und höchstens die Gebühr für die Vornahme der Amtshandlung, sowie die Auslagen zu erheben. Nach Art. 8 Abs. 3 KG kann die Gebühr unter bestimmten Umständen ganz entfallen. Vorliegend hatte das Landratsamt bei Rücknahme des Antrags eine Erhebung von nur 25,- EUR in Aussicht gestellt.
Diesem Einwand der Klägerin kann das Gericht nicht folgen. Denn es trifft nicht zu, dass sie keine Gelegenheit zur Rücknahme ihres Antrags hatte. Bereits mit Schreiben vom 14. April 2016 hatte das Landratsamt sie um ein persönliches Gespräch wegen des Vorfalls vom 25. Oktober 2013 gebeten. Dem sachlich abgefassten Anschreiben sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass sie, wie sie meint, „vorgeführt“ werden sollte. Das Gespräch sollte einer Erörterung des ermittelten Sachverhalts und einer Erläuterung der Rechtslage dienen. Die Waffenbehörde kann einen derartigen Vorfall nicht ignorieren, sondern ist gesetzlich verpflichtet, Tatsachen nachzugehen, die für die Annahme einer mangelnden persönlichen Eignung, hier im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 und 3 WaffG, sprechen, und ggf. dem Antragsteller aufzugeben, auf seine Kosten ein Eignungsgutachten beizubringen (§ 6 Abs. 2 WaffG). Weiter war die Waffenbehörde auch gem. Art. 28 BayVwVfG verpflichtet, die Klägerin als Betroffene einer ablehnenden Entscheidung anzuhören. Dabei handelt es sich nicht um einen übertriebenen Verwaltungsaufwand, weil eine sachgerechte Entscheidung, zumal wenn die individuelle waffenrechtliche Eignung in Frage steht, die Kenntnis der Umstände des Einzelfalls voraussetzt, die teilweise nur dem Betroffenen bekannt sind. Der Möglichkeit einer Stellungnahme hat sich die Klägerin begeben, indem sie auf das Gesprächsangebot nicht reagiert hat. Sie hat in Kenntnis des laufenden Verwaltungsverfahrens die Waffenbehörde auch nicht von ihrer urlaubsbedingten Abwesenheit unterrichtet, so dass eine auf ihre Urlaubspläne Rücksicht nehmende Verfahrensgestaltung nicht möglich war. Weiter hätte sie nach Rückkehr aus dem Urlaub am 26. Juni 2017, als sie das Anhörungsschreiben vom 13. Juni 2016 vorgefunden hatte, noch ausreichend Zeit zur Rücknahme des Antrages, ggf. anlässlich einer persönlichen Vorsprache oder unter Nutzung der modernen Kommunikationsmittel, gehabt, zumindest aber die Möglichkeit, telefonisch eine Fristverlängerung zu erbitten. Der Inhalt des Anhörungsschreibens war einfach gelagert, so dass zu dessen Verständnis und zur Abwägung der Handlungsmöglichkeiten keine fachliche Beratung erforderlich war. Die Klägerin ist aber, worauf die Waffenbehörde zu Recht hingewiesen hat, erst nach Zugang des Ablehnungsbescheides tätig geworden.
Nach allem war die Klage daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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