Kosten- und Gebührenrecht

Gerichtsvollzieher, Erinnerung, Zustellung, Stellungnahme, Vermittlung, Anlage, Rechnung, Partei, Einbeziehung, Zusammenhang, Rechtsprechung, Fehlen, Gerichtskostengesetz, Drucksache

Aktenzeichen  1513 M 4871/21

Datum:
25.8.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 35804
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

Die Erinnerung des … vom 20.05.2021 wird zurückgewiesen.

Gründe

Die Erinnerung ist zulässig, aber unbegründet.
Der Gläubigervertreter legte mit Schreiben vom 20.05.2021 Erinnerung nach § 5 Abs. 2 GvKostG gegen die Kostennote des Gerichtsvollziehers im Verfahren 12 DR 696/21 ein und beantragte, diese im Hinblick auf die Dokumentenpauschale KV 700 um 10,00 Euro zu kürzen. Bezüglich der Einzelheiten wird Bezug genommen auf Bl. 1/3 d.A. Der zuständige Gerichtsvollzieher lehnte dies ab und half auch der Erinnerung nicht ab (Bl. 4 d.A.). Er begründete dies im Wesentlichen damit, dass kostenrechtlich der Gerichtsvollzieher nicht den Gerichten gleichstehen würde. Auch wenn der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss dem Vollstreckungsgericht mittels EGVP zugegangen sein mag, sei der Einwand gegenüber dem Gerichtsvollzieher unbegründet. Kopierkosten im Sinne des KV 700 seien angefallen und auch von der Gläubigerseite, die sich der Zustellung über den Gerichtsvollzieher bediente, zu tragen.
Seitens des Gerichts wurde eine Stellungnahme der Bezirksrevisorin erholt. Diese empfiehlt mit Schreiben vom 29.07.2021, die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Zustellung im Parteibetrieb sei keine Vollstreckungsmaßnahme. Die Vorschriften der §§ 130 ff ZPO würden daher keine Anwendung finden. Der Gerichtsvollzieher hat die fehlenden Kopien selbst zu erstellen, soweit diese von der Partei nicht mit eingereicht werden. Sie schließt sich den Ausführungen im Beschluss des Amtsgerichts Schwäbisch Hall vom 16.06.21 (1 M 624/21) sowie der Stellungnahme der Zentralen Prüfbeamtin für Gerichtsvollzieher beim Landgericht Heilbronn vom 08.06.2021 an.
Der Gläubigervertreter nahm die Erinnerung nicht zurück und bezog sich dabei auf die anderslautende Stellungnahme der Bezirksrevisorin des LG Flensburg sowie den Beschluss des Amtsgerichts Bayreuth vom 26.07.2021 (2 M 1071/21).
Die Erinnerung der Gläubigerin ist zulässig gemäß § 5 Abs. 2 GvKostG i.V.m. § 766 ZPO. Sie ist jedoch unbegründet.
Das Gericht schließt sich der Auffassung des Amtsgerichts Schwäbisch Hall im Beschluss vom 16.06.2021 sowie den Gründen im Beschluss des Amtsgerichts Gießen vom 13.07.2021 an.
Nach hiesiger Auffassung ist die Entscheidung zur Dokumentenpauschale nach Nr. 9000 KV GKG – OLG Nürnberg, Beschluss v. 25.03.2001 – 2 U 3607/20 hier nicht maßgeblich, da sie sich auf die Zustellung im Parteiverkehr bezieht. Die Kommentarstelle in Winterstein, Gerichtsvollzieherkostenrecht, KV-Nr. 100-102 GVKostG, S. 13, ist ebensowenig mit Rechtsprechung belegt wie die Kommentarstelle Schröder-Kay (14. Auflage), KV-Nr. 700 GVKostG, RN 33.
Das Gericht schließt sich der Rechtsprechung des Amtsgerichts Schwäbisch Hall im Beschluss vom 16.06.2021 (1 M 624/21), des Amtsgerichts Gießen im Beschluss vom 13.07.2021 (41 M 10813/21) jeweils unter Einbeziehung der Ausführungen der Bezirksrevisoren, insbesondere auch der Stellungnahme der Bezirksrevisorin des Amtsgerichts München vom 29.07.2021 an, wonach die Kosten nach KV 700 GVKostG i.H.v. 10,00 Euro zu ersetzen sind.
Maßgeblich ist nach hiesiger Auffassung, dass es sich bei der Fertigung von Kopien des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gerade nicht um einen Zwangsvollstreckungsauftrag i.S.d. § 133 Abs. 1 Satz 2 ZPO handelt, sondern lediglich um die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner sowie an den Schuldner, sodass §§ 130a ff ZPO keine Anwendung finden.
Der Gerichtsvollzieher wurde gemäß § 192 Abs. 3 S. 1 ZPO vom Gläubigervertreter beauftragt, die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses unter Vermittlung der Geschäftsstelle des Vollstreckungsgerichts München durchzuführen nach § 192 Abs. 3 S. 2 ZPO. Nach § 192 Abs. 2 S. 1 ZPO übergibt die Partei dem Gerichtsvollzieher das zuzustellende Schriftstück mit den erforderlichen Abschriften, die der Gerichtsvollzieher sodann beglaubigt. Fehlen diese, kann der Gerichtsvollzieher diese selber fertigen nach § 192 Abs. 2 S. 2 ZPO und gemäß Zif. 1 der Anlage zum GvKostG in Rechnung stellen.
Entscheidend ist, dass zwar der Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses per beA beim Amtsgericht München eingereicht wurde, nicht aber das Dokument, welches schließlich erst vom Rechtspfleger zu erlassen ist und anschließend zugestellt wird.
Die Gesetzesbegründung (Drucksache 15/4067) lässt keinen Rückschluss auf die vorliegend zu treffende Entscheidung zu.
Es geht zwar daraus hervor, dass für elektronisch eingereichte Dokumente, die zugestellt werden sollen, Abschriften nicht eingereicht werden müssen und damit die Verpflichtung zur Zahlung von Auslagen nach Nummer 9000 Ziff. 1 des Gerichtskostengesetzes und von Auslagen für den Medientransfer nach Nummer 9000 Ziffer 2 des Gebührenverzeichnisses des Gerichtskostengesetzes entfällt.
Der Gerichtsvollzieher erhebt jedoch keine Kosten nach dem Gerichtskostengesetz (GKG), sondern nach dem Gerichtsvollzieherkostengesetz (GvKostG), das in der Gesetzesbegründung in diesem Zusammenhang nicht aufscheint.
Weder der Auftrag zur Zustellung an den Drittschuldner noch das zuzustellende Schriftstück, der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurden per beA beim Gerichtsvollzieher eingereicht. Auch steht den Gerichtsvollziehern der Weg über beA nicht zur Verfügung, sie benutzen EGVP. Die zitierten Vorschriften regeln die Zustellung unter den Parteien. In der Gesetzesbegründung (Drucksache 15/4067) werden lediglich die Partei und der Prozessgegner genannt. Der Gerichtsvollzieher ist jedoch nicht Gericht, Partei oder Prozessgegner i.S.d. genannten Vorschriften. Die Drittschuldnerin ist auch nicht Verfahrensbeteiligte.
Die Erinnerung war daher zurückzuweisen.
Aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen der befassten Vollstreckungsgerichte sowie der Bezirksrevisoren war die Beschwerde zuzulassen (§ 69 GKG i.V.m. § 5 GVKostG).


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