Kosten- und Gebührenrecht

keine Prozesskostenhilfe im Prozesskostenhilfeverfahren

Aktenzeichen  15 W 646/19 Rae

Datum:
26.7.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 22906
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 78 Abs. 3, § 114, § 569 Abs. 3 Nr. 2
BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2
GKG § 45 Abs. 1 S. 3

 

Leitsatz

1. Im Prozesskostenhilfeverfahren kann grds. keine Prozesskostenhilfe gewährt werden (BGHZ 91, 311 = BeckRS 9998, 101451). (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Prozesskostenhilfeverfahren ist eine Erfolgsaussicht bereits dann gegeben, wenn der vom Antragsteller vertretene Rechtsstandpunkt zumindest vertretbar erscheint und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit einer Beweisführung besteht (BGH BeckRS 9998, 95149). (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

30 O 2838/19 2019-05-10 LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Der Antrag des Antragstellers vom 27.05.2019 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Der Antragsteller beabsichtigt die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen seine früheren Prozessbevollmächtigten.
Der Antragsteller wurde als Beklagter in dem Klageverfahren 3 O 5928/08 des Landgerichts München I durch die Rechtsanwälte Prof. Dr. T. Prof. H. H. W. P. vertreten. Das Mandat wurde von dem Antragsgegner zu 2) bearbeitet. Dieser erhob mit Schriftsatz vom 03.06.2008 für den Antragsteller Widerklage auf Zahlung von 300.000,00 €. Das Verfahren endete durch Vergleich vom 16.10.2008. Mit Beschluss vom 18.11.2008 setzte das Landgericht den Streitwert entsprechend der Angabe in der Klageschrift auf 305.300,00 € fest. Wegen Verstößen gegen die im Vergleich enthaltene Unterlassungsverpflichtung beantragte die damalige Klägerin im weiteren Verlauf die Androhung und Verhängung von Ordnungsmitteln gegen den Antragsteller.
Mit Schreiben vom 25.03.2018 hat der Antragsteller die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur klageweisen Rückforderung zuviel bezahlten Anwaltshonorars und zu hoher Gerichtsgebühren wegen Verschuldens des Antragsgegners zu 2), handelnd in Vertretung der Partnerschaft, beantragt. Verklagt werden sollen die Mitglieder der Partnerschaft persönlich; die Partnerschaft selbst ist nicht mehr existent.
Mit Beschluss vom 10.05.2019 hat das Landgericht den Antrag mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt. In den Gründen wird ausgeführt, dass die Streitwertfestsetzung zutreffend sei. Eine anwaltliche Pflichtverletzung sei nicht schlüssig dargelegt. Einem etwaigen Schadensersatzanspruch stünde zudem die bereits erhobene Einrede der Verjährung entgegen. Der Beschluss wurde dem Antragsteller am 18.05.2019 zugestellt.
Mit Schreiben vom 27.05.2019 hat der Antragsteller Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt, um gegen den Beschluss des Landgerichts sofortige Beschwerde einlegen zu können. Hinsichtlich der Begründung wird auf Bl. 408/410 d.A. und die ergänzenden Ausführungen in den beiden Schreiben vom 01.06.2019 Bezug genommen.
Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 14.06.2019 ergänzend Stellung genommen, der Antragsgegner zu 2) mit Schriftsatz vom 12.07.2019.
II.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren liegen nicht vor.
1. Gegenstand des beabsichtigten Beschwerdeverfahrens ist ein im Prozesskostenhilfeverfahren ergangener Beschluss des Landgerichts. Im Prozesskostenhilfeverfahren kann grundsätzlich keine Prozesskostenhilfe gewährt werden, da unter Prozessführung im Sinne des § 114 ZPO das eigentliche Streitverfahren zu verstehen ist (BGHZ 91, 311). Dies gilt nicht für eine zugelassene Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts im Prozesskostenhilfeverfahren, für die Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann, weil hier eine Vertretung durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt erforderlich ist (BGH, Beschluss vom 19.12.2002 – III ZB 33/02, Rn. 10 bei juris; vom 25.02.2016 – IX ZB 61/15, Rn. 12; vom 14.07.2016 – IX ZA 9/16, Rn. 6; vom 24.06.2019 – II ZA 10/19, Rn. 6). Anders als die Rechtsbeschwerde kann die sofortige Beschwerde vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden, § 569 Abs. 3 Nr. 2 ZPO; Anwaltszwang besteht nach § 78 Abs. 3 ZPO hierfür nicht. Der Antragsteller ist daher zur Durchsetzung seiner Rechte im Beschwerderechtszug nicht auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts angewiesen.
2. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers wäre im Übrigen auch ohne Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO). Das Landgericht hat die Prozesskostenhilfe zu Recht versagt, weil die beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Zwar sind an die Voraussetzung der hinreichenden Erfolgsaussicht keine überspannten Anforderungen zu stellen. Sie ist bereits dann gegeben, wenn der vom Antragsteller vertretene Rechtsstandpunkt zumindest vertretbar erscheint und in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit einer Beweisführung besteht (BGH, Beschluss vom 14.12.1993 – VI ZR 235/92, NJW 1994, 1160). Dies lässt sich hier jedoch auch nach Auffassung des Senats nicht annehmen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen, denen sich der Senat anschließt. Die Ausführungen des Antragstellers zur Begründung seines Antrags gebieten keine abweichende Beurteilung.
a) Eine Verletzung des Antragstellers in seinen Verfahrensrechten ist nicht festzustellen. Insbesondere ist der Anspruch der Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs gewahrt. Der am 09.05.2019 eingegangene Schriftsatz des Antragsgegners zu 2) beinhaltet keine ergänzende inhaltliche Stellungnahme, zu der dem Antragsteller vor Erlass der angefochtenen Entscheidung hätte rechtliches Gehör gewährt werden müssen. Der darin enthaltene Fristverlängerungsantrag wurde ausdrücklich nur gestellt, soweit das Gericht weitere Ausführungen und Nachweise seitens des Antragsgegners für erforderlich hält. Dies war ersichtlich nicht der Fall. Im Übrigen wäre durch die Nichtgewährung der Fristverlängerung allenfalls das rechtliche Gehör des Antragsgegners betroffen.
b) An einer schlüssigen Darlegung der einen Schadensersatzanspruch begründenden Voraussetzungen fehlt es nach wie vor.
aa) Der Antragsgegner zu 2) hat zur Begründung des mit der Widerklage geltend gemachten Zahlungsanspruchs unter Darlegung der für die Widerbeklagte im Einzelnen erbrachten Tätigkeiten und der hierfür zugesagten großzügigen Abfindung schlüssig vorgetragen und die Anspruchshöhe von 300.000,00 € nach dem geschätzten Zeitaufwand nachvollziehbar dargestellt. Eine Pflichtverletzung durch unzureichenden Sachvortrag ist ihm insoweit nicht vorzuwerfen.
bb) Was in der Widerklage zu dem behaupteten Honorarbetrug durch US-amerikanische Rechtsanwälte zum Nachteil der damaligen Klägerin vorzutragen gewesen wäre, wie die Behauptungen zu beweisen gewesen wären und was sich bei entsprechendem Vortrag in rechtlicher Hinsicht an der Bewertung des Gerichts ändern würde, trägt der Antragsteller nicht vor. Sein Vorbringen beschränkt sich im Kern darauf, er habe den Betrug aufgedeckt und der damaligen Klägerin hierdurch einen Vermögensvorteil verschafft, was die Widerklageforderung rechtfertigen würde. Dies genügt den Anforderungen an einen schlüssigen Klagevortrag im Regressprozess nicht.
cc) Für die Streitwertfestsetzung war ausschließlich die Klage maßgebend. Dem Antragsteller ist zuzugestehen, dass die Streitwertangabe in der Klageschrift auf seiner vorgerichtlichen Geltendmachung des Betrages von 300.000,00 € beruht. Indessen stellt der Antragsteller nicht in Frage, dass ihm seiner Ansicht nach ein Anspruch in dieser Höhe zustand und die vorgerichtliche und gerichtliche Geltendmachung daher aus seiner Sicht berechtigt war. Da Klage und Widerklage in Höhe von 300.000,00 € denselben Gegenstand betrafen, wirkte die Widerklage nicht streitwerterhöhend, § 45 Abs. 1 Satz 3 ZPO. Dementsprechend vermochte auch unterbliebenes Widerklagevorbringen nicht zu einer Minderung des Streitwerts zu führen. Eine Mitteilung des Antragsgegners zu 2) gegenüber dem Gericht war insoweit nicht veranlasst.
dd) Überdies fehlt es am Vorbringen zur Schadenshöhe. Es erschließt sich daher nicht, in welcher Höhe die Antragsgegner auf Ersatz von Anwaltshonorar und Gerichtsgebühren in Anspruch genommen werden sollen.
c) Das Landgericht hat richtigerweise auch die vom Antragsgegner zu 2) vorsorglich erhobene Verjährungseinrede für durchgreifend erachtet. Auf die Frage, wann sich der Antragsteller worüber bewusst geworden ist, kommt es für den Verjährungsbeginn nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht an.
Aus der Abtrennung des hiesigen Prozesskostenhilfeverfahrens durch die Richterin des Ausgangsverfahrens 3 O 5928/08 ergibt sich keine abweichende Beurteilung. Die Richterin hat über den Prozesskostenhilfeantrag in der Sache nicht entschieden. Sie war daher auch nicht verpflichtet, die Verjährung des Anspruchs zu prüfen. Dies gilt umso mehr, als zum Zeitpunkt der Abtrennung die Verjährungseinrede noch nicht erhoben war. Ein entsprechender Hinweis hätte daher nach den Erfahrungen der Vergangenheit unweigerlich einen weiteren Befangenheitsantrag des Antragstellers gegen sie nach sich gezogen.
III.
Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, § 118 Abs. 1 Satz 4 und 5 ZPO (Seiler in: Thomas/Putzo, ZPO, 40. Aufl., § 127 Rn. 1).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.


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