Kosten- und Gebührenrecht

Kostenerinnerung – Pauschale für Post- und Telekommunikationsleistungen

Aktenzeichen  M 17 M 18.30098

Datum:
29.1.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 31750
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 151, § 162 Abs. 2 S. 3, § 165 S. 2
VV RVG Nr. 7002 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Die Pauschale für Post- und Telekommunikationsleistungen nach § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO iVm Nr. 7002 VV RVG kann nicht verlangt werden, wenn sich die juristische Personen des öffentlichen Rechts bzw. die Behörde (hier: BAMF) im Erkenntnisverfahren nicht geäußert hat.  (Rn. 10 – 11) (redaktioneller Leitsatz)
2 Innerbehördliche Betriebs- und Personalkosten, d.h. allgemeine Geschäftskosten des Behördenbetriebs, sind keine Aufwendungen für tatsächlich entstandene Kosten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens

Gründe

I.
Mit Urteil vom 25. Juli 2017 (M 17 K 17.34235) hat das Verwaltungsgericht München den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 27. Februar 2017 in den Nrn. 4 bis 6 aufgehoben und die Antragstellerin verpflichtet festzustellen, dass bei dem Antragsgegner die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Afghanistan vorliegen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Kosten hat das Gericht dem Antragsgegner zu ¾ und der Antragstellerin zu ¼ auferlegt. Im Klageverfahren hat das Bundesamt lediglich die elektronische Asylakte übermittelt, sich aber ansonsten nicht geäußert.
Auf Kostenausgleichsantrag des Antragsgegners erging am 20. September 2017, der Antragstellerin am 25. September 2017 zugestellt, Kostenfestsetzungsbeschluss, in dem die dem Antragsgegner im Klageverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen auf 925,23 € festgesetzt wurden, sodass die Antragstellerin 1/4 = 231,31 € zu tragen hat. Aufwendungen der Antragstellerin wurden nicht angesetzt.
Hiergegen beantragte die Antragstellerin am 5. Oktober 2017 die Entscheidung des Gerichts. Es wurde beantragt, Postauslagen entsprechend § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO in Höhe von 20,- € zu berücksichtigen. Zur Begründung wurde vorgetragen, dass auch die elektronische Bearbeitung von Verwaltungsvorgängen Ausgaben/Kosten (Gehalt der Mitarbeiter, technische Ausstattung, Sachausgaben, Miete, Anschaffung, Strom etc.) verursache, die gerade in die Postauslagen entsprechend § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO einflössen. Auch die Übersendung des Prozesskostenausgleichs, die Erinnerung und die Stellungnahme erfolgten postalisch, sodass damit Porti entstünden.
Der Urkundsbeamte half dem Antrag nicht ab und legte den Vorgang dem Gericht zur Entscheidung vor. Den Beteiligten wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis 26. Januar 2018 gegeben.
Der Bevollmächtigte des Antragsgegners teilte mit Schriftsatz vom 26. Januar 2018 im Wesentlichen mit, dass gegen die Rechtsauffassung des Kostenbeamten keine Einwände bestehen. Die Antragstellerin äußerte sich bis zur Entscheidung nicht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und im Verfahren M 17 K 17.34235 verwiesen.
II.
Die Erinnerung hat keinen Erfolg.
Die innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Kostenfestsetzungsbeschlusses erhobene, statthafte (§ 165 Satz 2 i.V.m. § 151 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO) Kostenerinnerung, über die der auch für die Hauptsache zuständige Einzelrichter zur Entscheidung berufen ist (vgl. BVerwG, B.v. 14.2.1996 – 11 VR 40/95 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 03.12.2003 – 1 N 01.1845 – juris Rn. 9 ff.), ist zulässig, aber unbegründet.
Der Urkundsbeamte hat die Festsetzung der Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen i.H.v. 20,- € zu Recht abgelehnt.
Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf eine Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG). Nach § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO können Behörden den Höchstsatz der Pauschale nur „an Stelle ihrer tatsächlich notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen“ fordern. Auch nach Nr. 7002 Abs. 1 VV RVG besteht der Anspruch auf die erhöhte Pauschale nur „an Stelle der tatsächlichen Auslagen nach Nummer 7001“. Der nach § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO zugunsten der Behörde vorgesehene Rückgriff auf die Geltendmachung eines Pauschhöchstbetrages als Auslagenersatz anstelle der Geltendmachung und des Nachweises der Einzelauslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen ändert nichts an der Tatsache, dass für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen tatsächlich (notwendige) Aufwendungen im Rahmen des Prozessverfahrens seitens der Behörde stattgefunden haben müssen. Die Behörde wird lediglich von der Verpflichtung, Einzelnachweise für die jeweiligen Aufwendungen zu erbringen, entbunden (vgl. a. VG München, B.v. 4.1.2018 – M 24 M 17.48673 m.w.N.).
Das Bundesamt hatte hier aber mangels Äußerung im Klageverfahren keine Aufwendungen oder Auslagen. Während des Erkenntnisverfahrens erfolgte kein postalischer Schriftverkehr an das Gericht. Die Behördenakte des Bundesamtes wurde nicht mit Hilfe eines Postdienstleisters (unter Entgeltaufwendung) an das Gericht übermittelt. Eine Übersendung der Kostennote im Klageverfahren kann einen Anspruch auf Festsetzung der Pauschale ebenso wenig begründen wie der Antrag auf Entscheidung des Gerichts im Erinnerungsverfahren. Denn gemäß § 162 Abs. 1 VwGO müssen die Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig gewesen sein. Die Beschränkung auf die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung bewirkt, dass die Aufwendungen während des eigentlichen Prozessverfahrens, hier also des Klageverfahrens, angefallen sein müssen (vgl. a. VG München, B.v. 4.1.2018 – M 24 M 17.48673). Innerbehördliche Betriebs- und Personalkosten, d.h. allgemeine Geschäftskosten des Behördenbetriebs, sind keine Aufwendungen für tatsächlich entstandene Kosten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen. Bei Behörden sind Generalkosten, die allgemein mit der Prozessführung verbunden sind, nicht zu erstatten (vgl. VG München, B.v. 9.1.2018 – M 17 M 17.47881; B.v. 9.1.2018 – M 19 M 17.48581; B.v. 2.1.2018 – M 19 M 17.49875; B.v. 5.1.2018 – M 24 M 17.46144; B.v. 4.1.2018 – M 24 M 17.48673; Schmidt in Eyermann, VwGO, Kommentar 14. Aufl. 2014, § 162 Rn. 7; Gerold/Schmidt, RVG Kommentar, 23. Auflage, Vorb. 7 VV RVG Rn. 10).
Auch eine Gebühr nach Nr. 7000 Nr. 2 VV RVG kann die Antragstellerin nicht geltend machen, weil sich juristische Personen des öffentlichen Rechts auf diese Dokumentenpauschale nicht berufen können (vgl. § 1 RVG; VG München, B.v. 2.1.2018 – M 19 M 17.49875; SG Fulda, B.v. 4.4.2016 – S 4 SF 45/15 E – juris Rn. 18).
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar (vgl. VGH BW, B.v. 28.2.2017 – A 2 S 271/17 – juris Rn. 3).

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